Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • DRITTER TEIL DAS LEBEN IN CHRISTUS
    • ZWEITER ABSCHNITT DIE ZEHN GEBOTE
      • ERSTES KAPITEL „DU SOLLST DEN HERRN, DEINEN GOTT, LIEBEN MIT GANZEM HERZEN, GANZER SEELE UND MIT ALL DEINER KRAFT"
        • ARTIKEL 1 DAS ERSTE GEBOT
          • III „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben"
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III „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben"

 

2110 Das erste Gebot verbietet, neben dem einen Herrn, der sich seinem Volk geoffenbart hat, noch andere Götter zu verehren. Es untersagt Aberglauben und Unglauben. Der Aberglaube ist gewissermaßen ein abartiges Zuviel an Religiosität, der Unglaube ein Zuwenig, ein der Tugend der Gottesverehrung widersprechendes Laster.

 

Aberglaube

 

2111 Der Aberglaube ist eine Entgleisung des religiösen Empfindens und der Handlungen, zu denen es verpflichtet. Er kann sich auch in die Verehrung einschleichen, die wir dem wahren Gott erweisen. So wenn z. B. bestimmten, im übrigen berechtigten oder notwendigen Handlungen eine magische Bedeutung beigemessen wird. Wer die Wirksamkeit von Gebeten oder von sakramentalen Zeichen dem bloß äußerlichen Verrichten zuschreibt und dabei von den inneren Haltungen, die sie erfordern, absieht, verfällt dem Aberglaube [Vgl. Mt 23,16-22].

 

 

Götzendienst

 

2112 Das erste Gebot verurteilt die Vielgötterei. Es verlangt vom Menschen, nur an Gott, nicht an andere Götter zu glauben und außer dem einen Gott keine anderen Gottheiten zu verehren. Die Schrift mahnt beständig zur Zurückweisung der Götzen. Diese „sind nur Silber und Gold, ein Machwerk von Menschenhand. Sie haben einen Mund und reden nicht, Augen und sehen nicht." Diese kraftlosen Götzen machen kraftlos: „Die sie gemacht haben, sollen ihrem Machwerk gleichen, alle, die den Götzen vertrauen" (Ps 115,4_5.8) [Vgl. Jes 44,9-10; Jer 10,1-16; Dtn 14,1-30: Bar 6; Weish 13,1-15,19]. Gott hingegen ist der „lebendige Gott" (z. B. Jos 3,10 und Ps 42,3), der Leben schafft und in die Geschichte eingreift.

 

2113 Götzendienst kommt nicht nur in den falschen Kulten des Heidentums vor. Er bleibt auch für den Glauben eine beständige Versuchung. Es ist Götzendienst, wenn der Mensch anstelle Gottes etwas Geschaffenes ehrt und verehrt, ob es sich nun um Götter oder Dämonen (z. B. im Satanismus) oder um Macht, Vergnügen, Rasse, Ahnen, Staat, Geld oder ähnliches handelt. „Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon", sagt Jesus (Mt 6,24). Zahlreiche Märtyrer starben, weil sie „das Tier" nicht anbeteten [Vgl. Offb 13-14]; sie weigerten sich sogar, es auch nur zum Schein zu verehren. Götzendienst läßt Gott nicht als den einzigen Herrn gelten; er schließt also von der Gemeinschaft mit Gott aus [Vgl. Gal 5,20; Eph 5,5].

 

2114 In der Anbetung des einzigen Gottes wird das menschliche Leben zu einer Einheit. Das Gebot, den einen Herrn allein anzubeten, macht den Menschen einfach und rettet ihn vor unendlicher Zersplitterung. Der Götzendienst ist eine Perversion des dem Menschen angeborenen religiösen Empfindens. Den Götzen dient, „wer seinen unzerstörbaren Sinn für Gott auf etwas anderes als auf Gott richtet" (Origenes, Cels. 2,40).

 

 

Wahrsagerei und Magie

 

2115 Gott kann seinen Propheten und anderen Heiligen die Zukunft offenbaren. Die christliche Haltung besteht jedoch darin, die Zukunft vertrauensvoll der Vorsehung anheimzustellen und sich jeglicher ungesunder Neugier zu enthalten. Wer es an notwendiger Voraussicht fehlen läßt, handelt verantwortungslos.

 

2116 Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft „entschleiern" [Vgl. Dtn 18,10; Jer 29,8.]. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, die Geschichte und letztlich über die Menschen, sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen. Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden.

 

2117 Sämtliche Praktiken der Magie und Zauberei, mit denen man sich geheime Mächte untertan machen will, um sie in seinen Dienst zu stellen und eine übernatürliche Macht über andere zu gewinnen - sei es auch, um ihnen Gesundheit zu verschaffen -‚ verstoßen schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung. Solche Handlungen sind erst recht zu verurteilen, wenn sie von der Absicht begleitet sind, anderen zu schaden, oder wenn sie versuchen, Dämonen in Anspruch zu nehmen. Auch das Tragen von Amuletten ist verwerflich. Spiritismus ist oft mit Wahrsagerei oder Magie verbunden. Darum warnt die Kirche die Gläubigen davor. Die Anwendung sogenannter natürlicher Heilkräfte rechtfertigt weder die Anrufung böser Mächte noch die Ausbeutung der Gutgläubigkeit anderer.

 

Verfehlungen gegen die Gottesverehrung

 

2118 Das erste Gebot Gottes verwirft die Sünden gegen die Gottesverehrung. Dazu gehören in erster Linie: Gott in Worten oder Handlungen zu versuchen, Sakrileg und Simonie.

 

2119 Gott zu versuchen bedeutet, daß man seine Güte und Allmacht durch Worte oder Taten auf die Probe stellt. So wollte Satan Jesus dazu bringen, sich vom Tempel hinabzustürzen und dadurch Gott zum Eingreifen zu zwinge [Vgl. Lk 4,9.]. Jesus hält ihm das Wort Gottes entgegen: „Ihr sollt den Herrn, euren Gott, nicht auf die Probe stellen" (Dtn 6,16). Die Herausforderung, die in einem solchen Ansinnen an Gott liegt, verletzt die Ehrfurcht und das Vertrauen, die wir unserem Schöpfer und Herrn schulden. Dies schließt immer einen Zweifel an der Liebe, der Vorsehung und der Macht Gottes ein [Vgl. 1 Kor 10,9; Ex 17,2-7; Ps 95,9 ].

 

2120 Ein Sakrileg begeht, wer Sakramente oder andere liturgische Handlungen, gottgeweihte Personen, Dinge oder Orte entweiht oder verunehrt. Eine besonders schwere Sünde ist das Sakrileg dann, wenn es sich gegen die Eucharistie richtet, denn in diesem Sakrament ist der Leib Christi substantiell gegenwärtig [Vgl. CIC, cann.  1367; 1376].

 

 

2121 Simonie besteht im Kauf oder Verkauf geistlicher Dinge. Zu Simon dem Zauberer, der die geistliche Macht kaufen wollte, die er in den Aposteln am Werk sah, sagte der hl. Petrus: „Dein Silber fahre mit dir ins Verderben, wenn du meinst, die Gabe Gottes lasse sich für Geld kaufen" (Apg 8,20). Er hielt sich an das Wort Jesu: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben" (Mt 10,8) [Vgl. schon Jes 55,1.]. Man kann sich nicht geistliche Güter aneignen und so tun, als wäre man deren Besitzer oder Herr, denn sie kommen von Gott. Man kann sie nur als Geschenk von ihm empfangen.

 

2122 „Der Spender [von Sakramenten] darf außer den von der zuständigen Autorität festgesetzten Stolgebühren für die Sakramentenspendung nichts fordern; er hat immer darauf bedacht zu sein, daß Bedürftige nicht wegen ihrer Armut der Hilfe der Sakramente beraubt werden" (CIC, can. 848). Die zuständige Autorität setzt „Stolgebühren" fest, kraft des Grundsatzes, daß das christliche Volk für den Unterhalt der kirchlichen Amtsträger aufzukommen hat. „Denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Unterhalt" (Mt 10,10) [Vgl. Lk 10,7; 1 Kor 9,5-18; 1 Tim 5,17-18.].

 

 

Atheismus

 

2123 „Viele von unseren Zeitgenossen erkennen ... [die] innigste und lebenskräftige Verbindung mit Gott überhaupt nicht oder verwerfen sie ausdrücklich, so daß der Atheismus zu den ernstesten Gegebenheiten dieser Zeit zu rechnen ... ist" (GS 19,1).

 

2124 Der Begriff „Atheismus" kann sehr verschiedene Phänomene bezeichnen. Eine häufige Form ist der praktische Materialismus, der seine Bedürfnisse und Anliegen auf den Raum und die Zeit beschränkt. Der atheistische Humanismus ist der falschen Ansicht, „daß der Mensch sich selbst Ziel und alleiniger Gestalter und Schöpfer seiner eigenen Geschichte sei" (GS 20, 1). Eine weitere Form des heutigen Atheismus erwartet die Befreiung des Menschen durch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Befreiung. „Dieser Befreiung steht, so behauptet er, die Religion ihrer Natur nach im Wege, insofern sie die Hoffnung des Menschen auf ein künftiges und trügerisches Leben richte und ihn dadurch vom Aufbau der irdischen Gesellschaft abschrecke" (GS 20,2).

 

2125 Da der Atheismus die Existenz Gottes leugnet oder ablehnt, ist er eine Sünde gegen die Tugend der Gottesverehrung [Vgl. Röm 1,18.]. Absichten und Umstände können die Verantwortlichkeit für dieses Vergehen stark einschränken. An der Entstehung und Verbreitung des Atheismus können „die Gläubigen einen nicht geringen Anteil haben, insofern man sagen muß, daß sie durch Vernachlässigung der Glaubenserziehung, durch mißverständliche Darstellung der Lehre oder auch durch die Mängel ihres religiösen, sittlichen und gesellschaftlichen Lebens das wahre Antlitz Gottes und der Religion eher verhüllen als offenbaren" (GS 19,3).

 

2126 Oft basiert der Atheismus auf einer falschen Auffassung von der menschlichen Autonomie, die so weit geht, daß sie jegliche Abhängigkeit von Gott leugnet [Vgl. GS 20,1]. Es ist jedoch so, „daß die Anerkennung Gottes der Würde des Menschen keineswegs widerstreitet, da diese Würde in Gott selbst gründet und vollendet wird" (GS 21,3). Die Kirche weiß, „daß ihre Botschaft mit den verborgensten Wünschen des menschlichen Herzens übereinstimmt" (GS 21,7).

 

Agnostizismus

 

2127 Der Agnostizismus hat mehrere Formen. In manchen Fällen weigert sich der Agnostiker, Gott zu leugnen, und postuliert sogar die Existenz eines transzendenten Wesens; dieses könne sich aber nicht offenbaren und niemand könne etwas über es aussagen. In anderen Fällen nimmt der Agnostiker zur Existenz Gottes gar nicht Stellung, da es unmöglich sei, diese zu beweisen, ja auch nur zu bejahen oder zu leugnen.

 

2128 Im Agnostizismus kann zuweilen ein gewisses Suchen nach Gott liegen; er kann aber auch auf Gleichgültigkeit beruhen, auf einer Flucht vor der letzten Daseinsfrage und einer Trägheit des Gewissens. Allzuoft kommt der Agnostizismus dem praktischen Atheismus gleich.

 

 





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