Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • DRITTER TEIL DAS LEBEN IN CHRISTUS
    • ZWEITER ABSCHNITT DIE ZEHN GEBOTE
      • ZWEITES KAPITEL „DU SOLLST DEINEN NÄCHSTEN LIEBEN WIE DICH SELBST"
        • ARTIKEL 7 DAS SIEBTE GEBOT
          • IV Wirtschaftsleben und soziale Gerechtigkeit
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IV Wirtschaftsleben und soziale Gerechtigkeit

 

2426 Die Entfaltung des Wirtschaftslebens und die Steigerung der Produktion haben den Bedürfnissen der Menschen zu dienen. Das wirtschaftliche Leben ist nicht allein dazu da, die Produktionsgüter zu vervielfachen und den Gewinn oder die Macht zu steigern; es soll in erster Linie im Dienst der Menschen stehen: des ganzen Menschen und der gesamten menschlichen Gemeinschaft. Die wirtschaftliche Tätigkeit ist - gemäß ihren eigenen Methoden - im Rahmen der sittlichen Ordnung und der sozialen Gerechtigkeit so auszuüben, daß sie dem entspricht, was Gott mit dem Menschen vorhat.

 

2427 Die menschliche Arbeit ist das unmittelbare Werk der nach dem Bilde Gottes geschaffenen Menschen. Diese sind dazu berufen, miteinander das Schöpfungswerk fortzusetzen, indem sie über die Erde herrschen [Vgl. Gen 1,28; GS 34; CA 31]. Die Arbeit ist somit eine Pflicht: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen" (2 Thess 3, 10) [Vgl. 1 Thess 4,11]. Die Arbeit ehrt die Gaben des Schöpfers und die empfangenen Talente. Sie kann auch erlösend sein. Indem der Mensch in Vereinigung mit Jesus, dem Handwerker von Nazaret und dem Gekreuzigten von Golgotha, die Mühen der Arbeit [Vgl. Gen 3,14-19] auf sich nimmt, arbeitet er gewissermaßen mit dem Sohn Gottes an dessen Erlösungswerk mit. Er erweist sich als Jünger Christi, indem er bei der Tätigkeit, die er auszuführen hat, Tag für Tag sein Kreuz auf sich nimmt [Vgl. LE 27]. Die Arbeit kann ein Mittel der Heiligung sein und die irdische Wirklichkeit mit dem Geiste Christi durchdringen.

 

2428 Bei der Arbeit übt und verwirklicht der Mensch einen Teil seiner natürlichen Fähigkeiten. Der Hauptwert der Arbeit kommt vom Menschen selbst, der sie vollzieht und für den sie bestimmt ist. Die Arbeit ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für die Arbeit [Vgl. LE 6].

Jeder soll aus der Arbeit die Mittel gewinnen können, um für sich und die Seinen zu sorgen und sich für die menschliche Gemeinschaft nützlich zu erweisen.

 

2429 Jeder hat das Recht auf wirtschaftliche Unternehmung; jeder darf und soll seine Talente nutzen, um zu einem Wohlstand beizutragen, der allen zugute kommt, und um die gerechten Früchte seiner Mühe zu ernten. Er soll darauf bedacht sein, sich dabei an die Regelungen zu halten, die rechtmäßigen Autoritäten zugunsten des Gemeinwohls erlassen haben [Vgl. CA 32; 34].

 

2430 Im Wirtschaftsleben sind verschiedene Interessen im Spiel, die einander oft widersprechen. Daraus ergeben sich die Konflikte, die es kennzeichnen [Vgl. LE 11]. Man soll sich bemühen, sie auf dem Weg von Verhandlungen zu lösen, die den Rechten und Pflichten jedes Sozialpartners Rechnung tragen:

denen der Unternehmensleiter, denen der Lohnempfänger und ihrer Vertreter, z. B. der Gewerkschaften, und gegebenenfalls denen der staatlichen Behörden.

 

2431 Die Verantwortung des Staates. „Die Wirtschaft, insbesondere die Marktwirtschaft, kann sich nicht in einem institutionellen, rechtlichen und politischen Leerraum abspielen. Im Gegenteil, sie setzt die Sicherheit der individuellen Freiheit und des Eigentums sowie eine stabile Währung und leistungsfähige öffentliche Dienste voraus. Hauptaufgabe des Staates ist es darum, diese Sicherheit zu garantieren, so daß der, der arbeitet und produziert, die Früchte seiner Arbeit genießen kann und sich angespornt fühlt, seine Arbeit effizient und redlich zu vollbringen ... Eine andere Aufgabe des Staates besteht darin, die Ausübung der Menschenrechte im wirtschaftlichen Bereich zu überwachen und zu leiten. Aber die erste Verantwortung auf diesem Gebiet liegt nicht beim Staat, sondern bei den Einzelnen und bei den verschiedenen Gruppen und Vereinigungen, in denen sich die Gesellschaft artikuliert" (CA 48).

 

2432 Die Unternehmensleiter sind gegenüber der Gesellschaft für die wirtschaftlichen und ökologischen [Vgl. CA 37] Folgen ihrer Tätigkeiten verantwortlich. Sie sind verpflichtet, auf das Wohl der Menschen und nicht nur auf die Steigerung der Gewinne Bedacht zu nehmen. Gewinne sind jedoch notwendig. Sie ermöglichen Investitionen, die die Zukunft des Unternehmens und die Arbeitsplätze sichern.

 

2433 Ohne ungerechte Zurücksetzung sollen alle, Männer und Frauen, Gesunde und Behinderte, Einheimische und Fremdarbeiter Zugang zur Arbeit und zum Berufsleben haben [Vgl. LE 19; 22-23]. Die Gesellschaft soll den Umständen entsprechend den Bürgern helfen, sich Arbeit und Anstellung zu verschaffen [Vgl. CA 48].

 

2434 Der gerechte Lohn ist die rechtmäßige Frucht der Arbeit. Ihn zu verweigern oder zurückzubehalten ist eine schwere Ungerechtigkeit [Vgl. Lev 19,13: Dtn 24,14-15; Jak 5,4] Zur Berechnung des gerechten Entgelts sind sowohl die Bedürfnisse als auch die Leistungen eines jeden zu berücksichtigen. Die Arbeit ist „so zu entlohnen, daß dem Arbeiter die Mittel zu Gebote stehen, um sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten - gemäß der Funktion und Leistungsfähigkeit des Einzelnen, der Lage des Unternehmens und unter Rücksicht auf das Gemeinwohl" (GS 67,2). Das Einverständnis der Parteien allein genügt nicht, um die Höhe des Lohns sittlich zu rechtfertigen.

 

2435 Streik ist sittlich berechtigt, wenn er ein unvermeidliches, ja notwendiges Mittel zu einem angemessenen Nutzen darstellt. Er wird sittlich unannehmbar, wenn er von Gewalttätigkeiten begleitet ist oder wenn man mit ihm Ziele verfolgt, die nicht direkt mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängen oder die dem Gemeinwohl widersprechen.

 

2436 Es ist ungerecht, den Institutionen der Sozialversicherung die von den Zuständigen Autoritäten festgesetzten Beiträge nicht zu entrichten.

Arbeitslosigkeit verletzt fast immer die Würde dessen, den sie trifft, und droht, sein Leben aus dem Gleichgewicht zu bringen. Außer dem Schaden, den er persönlich erleidet, bringt sie auch zahlreiche Gefahren für seine Familie mit sich [Vgl. LE 18].

 

 





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