Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • VIERTER TEIL DAS CHRISTLICHE GEBET
    • ERSTER ABSCHNITT DAS GEBET IM CHRISTLICHEN LEBEN
      • DRITTES KAPITEL DAS GEBETSLEBEN
        • ARTIKEL 7 FORMEN DES GEBETES
          • III Inneres Gebet
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III Inneres Gebet

 

2709 Was ist inneres Gebet? Die hl. Theresia von Jesus antwortet: „Meiner Ansicht nach ist das innere Gebet nichts anderes als ein freundschaftlicher Umgang, bei dem wir oftmals ganz allein mit dem reden, von dem wir wissen, daß er uns liebt" (vida 8,5).

 

Das innere Gebet sucht den, „den meine Seele liebt" (Hld 1,7) [Vgl. Hld 3,1-4.]: Jesus, und in ihm den Vater. Wir suchen nach ihm, weil das Verlangen nach ihm der Beginn der Liebe zu ihm ist. Wir suchen nach ihm in reinem Glauben, in dem Glauben, der uns aus ihm geboren sein und in ihm leben läßt. Man kann auch im inneren Gebet noch meditieren, doch richtet sich der Blick bereits auf den Herrn.

 

2710 Die Wahl der Zeit und die Dauer des inneren Gebetes beruhen auf einem entschlossenen Wollen, in dem sich das Verborgene des Herzens offenbart. Man betet nicht, wenn man Zeit hat, sondern man nimmt sich die Zeit, um für den Herrn da zu sein. Man tut dies mit dem festen Entschluß, ihm diese Zeit nicht wieder wegzunehmen, auch wenn die Begegnung mühevoll und trocken sein mag. Man kann nicht immer meditieren. Es ist jedoch immer möglich, in das innere Gebet einzutreten, unabhängig von Gesundheitszustand, Arbeitsbedingungen und Gemütslage. In Armut und im Glauben ist das Herz der Ort der Suche und der Begegnung.

 

2711 Der Eintritt in das innere Gebet ist der Eröffnung der Eucharistiefeier vergleichbar: Unter dem Antrieb des Heiligen Geistes „sammeln" wir unser Herz und unser ganzes Wesen, leben wir bewußt in der Wohnung des Herrn, die wir selbst sind, und beleben wir den Glauben, um in die Gegenwart dessen einzutreten, der uns erwartet. Wir lassen unsere Masken fallen und wenden unser Herz wieder dem uns liebenden Herrn zu, um uns ihm als eine Opfergabe, die gereinigt und verwandelt werden soll, zu übergeben.

 

2712 Das innere Gebet ist das Gebet des Kindes Gottes, des Sünders, der Vergebung gefunden hat und gewillt ist, die Liebe, mit der er geliebt wird, zu empfangen, und sie durch noch größere Liebe zu erwidern [Vgl. Lk 7,36-50; 19,1-10]. Aber er weiß, daß seine Gegenliebe vom Heiligen Geist stammt, der sie seinem Herzen eingießt. Denn alles ist Gnade von Gott her. Das innere Gebet ist demütige und arme Hingabe an den liebenden Willen des Vaters in immer tieferer Vereinigung mit seinem geliebten Sohn.

 

2713 So ist das innere Gebet der einfachste Ausdruck des Mysteriums des Betens. Es ist ein Geschenk und eine Gnade, die nur in Demut und Armut empfangen werden kann. Das innere Gebet ist eine Beziehung des Bundes, die Gott in den Grund unseres Wesens gesenkt hat [Vgl. Jer 31,33.]. Es ist eine Gemeinschaft, in der die heiligste Dreifaltigkeit den Menschen, das Abbild Gottes, sich „ähnlich" gestaltet.

 

2714 Das innere Gebet ist der Höhepunkt des Betens überhaupt. In ihm rüstet uns der Vater durch seinen Geist mit Kraft aus, damit in uns der „innere Mensch" gestärkt werde, Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohne und wir „in der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet" seien (Eph 3,16-17).

 

2715 Die „Beschauung" [Kontemplation] ist gläubiges Hinschauen auf Jesus. „Ich schaue ihn an, und er schaut mich an", sagte ein Bauer von Ars, der vor dem Tabernakel betete, zu seinem heiligen Pfarrer. Dieses aufmerksame Schauen auf Jesus ist Verzicht auf das „Ich", denn der Blick Jesu reinigt das Herz. Das Licht seines Antlitzes erleuchtet die Augen unseres Herzens und läßt uns alles im Licht seiner Wahrheit und seines Mitleids mit allen Menschen sehen. Die Kontemplation sieht auf die Mysterien des Lebens Christi und lernt auf diese Weise „die innere Erkenntnis des Herrn", um ihn mehr zu lieben und ihm besser nachzufolgen [Vgl. lgnatius. ex. spir. 104].

 

2716 Das innere Gebet ist Hören auf das Wort Gottes. Dieses Hören ist keineswegs untätig, sondern ist ein Gehorchen des Glaubens, ein bedingungsloses Empfangen des Knechtes und liebendes Einwilligen des Kindes. Es nimmt teil am „Ja" des Sohnes, der Knecht geworden ist, und am „Fiat" der demütigen Magd des Herrn.

 

2717 Das innere Gebet ist Schweigen. Es ist „Symbol der kommenden Welt" (Isaak v. Ninive, tract. myst. 66) und „schweigsame Liebe" (Johannes vom Kreuz). Beim inneren Gebet sind die Worte kein langes Reden, sie sind wie Reisig, das das Feuer der Liebe anfacht. In diesem für den „äußeren" Menschen unerträglichen Schweigen spricht der Vater zu uns sein menschgewordenes Wort, das für uns leidet, stirbt und aufersteht; der Geist der Sohnschaft läßt uns am Beten Jesu teilnehmen.

 

2718 Insofern das innere Gebet am Mysterium Christi teilhaben läßt, ist es Vereinigung mit dem Beten Jesu. Das Mysterium Christi wird von der Kirche in der Eucharistie gefeiert; im inneren Gebet läßt es der Heilige Geist aufleben, damit es durch die tätige Liebe offenbar werde.

 

2719 Das innere Gebet ist eine Gemeinschaft der Liebe. Es trägt Leben für viele in sich, wenn es einwilligt, in der Nacht des Glaubens zu verharren. Die österliche Auferstehungsnacht wird durch die Nacht der Todesangst und jene des Grabes vorbereitet. Diese drei Nächte prägen die Stunde Jesu. Der Geist Jesu, und nicht das „Fleisch, das schwach ist", läßt diese Stunde im inneren Gebet verbringen. Es gilt, „eine Stunde" mit ihm zu wachen [Vgl. Mt 26,40.].

 

 





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