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CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH I

ALLGEMEINE NORMEN (Cann. 1 – 6)

 

TITEL IV

VERWALTUNGSAKTE FÜR EINZELFÄLLE (Cann. 35 – 93)

 

 

KAPITEL IV

PRIVILEGIEN

Can. 76 — § 1. Ein Privileg, d. h. ein durch einen besonderen Rechtsakt gewährter gnaden-erweis zugunsten bestimmter physischer oder juristischer Personen, kann vom Gesetzgeber wie auch von der ausführenden Autorität gewährt werden, welcher der Gesetzgeber diese Vollmacht übertragen hat.

§ 2. Ein hundertjähriger oder unvordenklicher Besitz begründet die Rechtsvermutung, daß das Privileg gewährt wurde.

Can. 77 — Ein Privileg ist gemäß can.36, § 1 auszulegen; aber es ist immer jene Auslegung anzuwenden, durch welche die durch das Privileg Begünstigten tatsächlich irgendeinen Gnadenerweis erlangen.

Can. 78 — § 1. Ein Privileg wird als dauernd vermutet, wenn nicht das Gegenteil nachgewiesen wird.

§ 2. Ein persönliches, d. h. das einer Person anhaftende Privileg erlischt mit dieser.

§ 3. Ein dingliches Privileg entfällt durch den gänzlichen Untergang der Sache oder des Ortes? ein örtliches Privileg aber lebt wieder auf, wenn der Ort innerhalb von fünfzig Jahren wiederhergestellt wird.

Can. 79 — Ein Privileg entfällt durch Widerruf seitens der zuständigen Autorität gemäß Can. 47, unbeschadet der Vorschrift des can.81.

Can. 80 — § 1. Ein Privileg entfällt durch Verzicht nur, wenn dieser von der zuständigen Autorität angenommen ist.

§ 2. Auf ein Privileg, das nur zu ihren Gunsten gewährt wurde, kann jede physische Person verzichten.

§ 3. Auf ein Privileg, das einer juristischen Person oder das aufgrund des Ansehens eines Ortes oder einer Sache verliehen wurde, können Einzelpersonen nicht verzichten; ebenso steht es der juristischen Person selbst nicht frei, auf ein ihr gewährtes Privileg zu verzichten, wenn sich der Verzicht zum Nachteil der Kirche oder anderer auswirkt.

Can. 81 — Wenn das Recht des Verleihers entfällt, erlischt ein Privileg nicht, außer es wurde mit der Klausel nach unserem Gutdünken oder einer anderen gleichbedeutenden Klausel gegeben.

Can. 82 — Durch Nichtgebrauch oder gegenteiligen Gebrauch entfällt kein Privileg, das für andere nicht nachteilig ist; ein Privileg aber, das für andere eine Belastung mit sich bringt, geht verloren, wenn rechtmäßige Verjährung hinzukommt.

Can. 83 — § 1. Ein Privileg entfällt mit Ablauf der Zeit oder mit dem Erschöpfen der Zahl der Fälle, für die es gewährt wurde, unbeschadet der Vorschrift des can. 142, § 2.

§ 2. Es entfällt auch, wenn sich nach dem Urteil der zuständigen Autorität im Laufe der Zeit die Verhältnisse derart geändert haben, daß es schädlich geworden ist oder sein Gebrauch unerlaubt wird.

Can. 84 — Wer eine ihm durch Privileg verliehene Vollmacht mißbraucht, verdient, daß ihm das Privileg selbst entzogen wird; deshalb soll der Ordinarius einem, der ein von ihm selbst gewährtes Privileg in schwerer Weise mißbraucht, dieses nach vergeblicher Mahnung des Privilegierten entziehen; wenn das Privileg vom Apostolischen Stuhl gewährt wurde, ist der Ordinarius gehalten, diesen zu benachrichtigen.