Index

Back Top Print

CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH II

VOLK GOTTES

 

TEIL III

INSTITUTE DES GEWEIHTEN LEBENS UND GESELLSCHAFTEN DES APOSTOLISCHEN LEBENS

 

SEKTION I

INSTITUTE DES GEWEIHTEN LEBENS

 

TITEL II

ORDENSINSTITUTE (Cann. 607 – 709)

 

KAPITEL VI

TRENNUNG DER MITGLIEDER VOM INSTITUT

Artikel 3

ENTLASSUNG VON MITGLIEDERN

Can. 694 — § 1. Ein Mitglied gilt als ohne weiteres aus dem Institut entlassen, das:

1° offenkundig vom katholischen Glauben abgefallen ist;

2° eine Ehe geschlossen oder den Abschluß einer solchen, wenn auch nur in Form der Zivilehe, versucht hat.

§ 2. In diesen Fällen hat der höhere Obere mit seinem Rat unverzüglich nach Sammlung der Beweise den Tatbestand festzustellen, damit die Entlassung rechtlich feststeht.

Can. 695 — § 1. Ein Mitglied muß aufgrund der in den cann. 1397, 1398 und 1395

genannten Straftaten entlassen werden, außer der Obere ist bei den in can. 1395, § 2 genannten Straftaten der Ansicht, daß eine Entlassung nicht unbedingt nötig ist und daß für die Besserung des Mitglieds, für die Wiederherstellung der Gerechtigkeit und für die Wiedergutmachung des Ärgernisses anderweitig hinreichend gesorgt werden kann.

§ 2. In diesen Fällen hat der höhere Obere, nachdem die Beweise in bezug auf die Tatbestände und die Zurechenbarkeit erhoben sind, dem zu entlassenden Mitglied die Anklage und die Beweise zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung zu geben. Alle Akten sind vom höheren Oberen und vom Notar zu unterzeichnen und zusammen mit den von dem Mitglied schriftlich abgefaßten und von ihm selbst unterschriebenen Stellungnahmen dem obersten Leiter zu übersenden.

Can. 696 — § 1. Ein Mitglied kann auch wegen anderer Gründe entlassen werden, vorausgesetzt, sie sind schwerwiegend, nach außen in Erscheinung getreten, zurechenbar und rechtlich bewiesen, wie etwa: ständiges Vernachlässigen der Verpflichtungen des geweihten Lebens; wiederholte Verletzungen der heiligen Bindungen; hartnäckiger Ungehorsam gegenüber den rechtmäßigen Anordnungen der Oberen in einer schwerwiegenden Angelegenheit; schweres, aus einem schuldhaften Verhalten des Mitglieds entstandenes Ärgernis; hartnäckiges Festhalten oder Verbreiten von durch das Lehramt der Kirche verurteilten Lehren; öffentliche Anhängerschaft an vom Materialismus oder Atheismus angesteckte Ideologien; unrechtmäßige, sich über ein halbes Jahr hinziehende Abwesenheit gemäß can. 665, § 2; andere Gründe ähnlicher Schwere, die etwa im Eigenrecht des Instituts festgelegt sind.

§ 2. Für die Entlassung eines Mitglieds mit zeitlichen Gelübden genügen auch weniger schwere, im Eigenrecht des Instituts festgelegte Gründe.

Can. 697 — Wenn der höhere Obere bei den in can. 696 angeführten Fällen nach Anhören seines Rates der Ansicht ist, den Entlassungsprozeß einleiten zu müssen, hat er:

1° die Beweise zu erheben bzw. zu ergänzen;

2° das Mitglied schriftlich oder vor zwei Zeugen unter ausdrücklicher Androhung der im Falle nicht eintretender Besserung folgenden Entlassung zu verwarnen, wobei der Entlassungsgrund klar zu bezeichnen und dem Mitglied die uneingeschränkte Möglichkeit zur Verteidigung zu geben ist; bleibt die Verwarnung erfolglos, so hat er nach einem Zeitraum von mindestens fünfzehn Tagen eine weitere Verwarnung vorzunehmen;

3° falls auch diese Verwarnung ergebnislos bleibt und der höhere Obere mit seinem Rat zu der Ansicht gekommen ist, daß die Unverbesserlichkeit hinreichend feststeht und die Verteidigungsgründe des Mitgliedes unzureichend sind, nach ergebnislosem Ablauf von fünfzehn Tagen ab der letzten Verwarnung alle vom höheren Oberen selbst sowie vom Notar unterzeichneten Akten zusammen mit den vom Mitglied selbst unterschriebenen Stellungnahmen dem obersten Leiter zu übersenden.

Can. 698 — In allen Fällen der cann. 695 und 696 bleibt das Recht des Mitglieds stets gesichert, mit dem obersten Leiter in Verbindung zu treten und ihm seine Verteidigungsgründe direkt zu unterbreiten.

Can. 699 — § 1. Der oberste Leiter hat mit seinem Rat, der zur Gültigkeit aus mindestens vier Mitgliedern bestehen muß, bei der genauen Abwägung der Beweise, der Argumente und der Verteidigungsgründe, kollegial vorzugehen, und wenn durch geheime Abstimmung so entschieden wurde, hat er das Entlassungsdekret auszustellen, wobei zu seiner Gültigkeit die Rechts- und Tatsachengründe wenigstens summarisch zum Ausdruck gebracht sein müssen.

§ 2. Bei den in can. 615 genannten rechtlich selbständigen Klöstern kommt es dem Diözesanbischof zu, über die Entlassung zu entscheiden; ihm hat der Obere die von seinem Rat überprüften Akten vorzulegen.

Can. 700* — Das Entlassungsdekret hat keine Rechtskraft, wenn es nicht vom Heiligen Stuhl bestätigt worden ist, dem das Dekret und sämtliche Akten zuzuleiten sind;

handelt es sich um ein Institut diözesanen Rechts, so steht die Bestätigung dem Bischof der Diözese zu, in der die Niederlassung liegt, welcher der Ordensangehörige zugeordnet ist. Das Dekret muß aber zu seiner Gültigkeit einen Hinweis auf das dem Entlassenen zustehende Recht enthalten, innerhalb von zehn Tagen nach Empfang der Bekanntgabe Beschwerde an die zuständige Autorität einzulegen. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Can. 701 — Mit der rechtmäßig erfolgten Entlassung erlöschen ohne weiteres die Gelübde und die aus der Profeß hervorgehenden Rechte und Pflichten. Ist jedoch das Mitglied Kleriker, so darf er die heiligen Weihen so lange nicht ausüben, bis er einen Bischof findet, der ihn nach einer angemessenen Prüfung in seine Diözese nach Maßgabe von can. 693 aufnimmt oder ihm zumindest die Ausübung der heiligen Weihen gestattet.

Can. 702 — § 1. Wer rechtmäßig aus einem Ordensinstitut austritt oder aus ihm rechtmäßig entlassen wurde, kann für jegliche in ihm geleistete Arbeit von demselben nichts verlangen.

§ 2. Das Institut jedoch soll Billigkeit und evangelische Liebe gegenüber dem ausgeschiedenen Mitglied walten lassen.

Can. 703 — Im Falle eines schweren äußeren Ärgernisses oder eines sehr schweren, dem Institut drohenden Schadens kann ein Mitglied unverzüglich vom höheren Oberen bzw., wenn Gefahr im Verzug ist, vom Hausoberen mit Zustimmung seines Rates aus der Ordensniederlassung gewiesen werden. Der höhere Obere hat nötigenfalls für die Einleitung eines Entlassungsprozesses nach Maßgabe des Rechtes Sorge zu tragen oder die Angelegenheit dem Apostolischen Stuhl zu unterbreiten.

Can. 704 — Die auf irgendeine Weise vom Ordensinstitut getrennten Mitglieder sind in dem Bericht zu erwähnen, der nach can. 592, § 1 an den Apostolischen Stuhl zu leiten ist.