Index

Back Top Print

CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VII

PROZESSE

 

TEIL I

GERICHTSWESEN IM ALLGEMEINEN (Cann. 1400 – 1403)

 

TITEL IV

PROZESSPARTEIEN (Cann. 1476 – 1490)

 

 

KAPITEL II

PROZESSBEVOLLMÄCHTIGTE UND ANWÄLTE

Can. 1481 — § 1. Einer Partei steht es frei, für sich einen Anwalt und einen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen; sie kann aber, außer in den Fällen der §§ 2 und 3, auch selbst klagen und sich verantworten, sofern der Richter nicht die Mitwirkung eines Prozeßbevollmächtigten oder Anwaltes für notwendig erachtet.

§ 2. In einem Strafverfahren muß der Angeklagte stets einen Anwalt haben, der entweder von ihm selbst bestellt oder ihm vom Richter beigegeben ist.

§ 3. In einem Streitverfahren, bei dem es sich um Minderjährige oder um das öffentliche Wohl, ausgenommen Ehesachen, handelt, hat der Richter von Amts wegen für jene Partei einen Verteidiger zu bestellen, die keinen Beistand hat.

Can. 1482 — § 1. Jeder darf für sich nur einen Prozeßbevollmächtigten bestellen, der sich nicht durch einen anderen vertreten lassen kann, außer es ist ihm eine ausdrückliche Ermächtigung erteilt worden.

§ 2. Wenn dennoch von einer Partei aus besonderer Veranlassung mehrere Prozeßbevollmächtigte bestellt werden, sind sie so zu bestimmen, daß jener die Vertretung übernimmt, der als erster handelt.

§ 3. Es ist jedoch zulässig, mehrere Anwälte zugleich zu bestellen.

Can. 1483 — Prozeßbevollmächtigter und Anwalt müssen volljährig und gut beleumundet sein; der Anwalt muß außerdem katholisch sein, sofern der Diözesanbischof davon nicht eine Ausnahme macht, und Doktor im kanonischen Recht oder sonst wirklich sachkundig sein, und er muß vom Diözesanbischof zugelassen sein.

Can. 1484 — § 1. Prozeßbevollmächtigter und Anwalt müssen vor Übernahme ihres Dienstes eine authentische Vollmacht bei Gericht hinterlegen.

§ 2. Um aber zu verhindern, daß ein Rechtsanspruch erlischt, darf der Richter einen Prozeßbevollmächtigten auch ohne Vorlage einer Vollmacht zulassen, gegebenenfalls nach Leistung einer geeigneten Sicherheit; der Akt entbehrt jedoch jeder Wirksamkeit, wenn der Prozeßbevollmächtigte nicht innerhalb einer vom Richter zu bestimmenden Ausschlußfrist ordnungsgemäß seine Vollmacht vorlegt.

Can. 1485 — Ohne besonderen Auftrag kann ein Prozeßbevollmächtigter nicht gültig auf eine Klage, eine Instanz oder auf Prozeßhandlungen verzichten, ebenso nicht einen Vergleich vornehmen, einvernehmliche Regelungen treffen, sich auf Schiedsrichter einigen und überhaupt etwas tun, wofür das Recht einen besonderen Auftrag verlangt.

Can. 1486 — § 1. Damit der Widerruf der Vollmacht für einen Prozeßbevollmächtigten oder Anwalt rechtswirksam ist, muß ihnen das mitgeteilt, und es müssen, falls die Streitfestlegung bereits stattgefunden hat, auch der Richter und die Gegenpartei von dem Widerruf verständigt werden.

§ 2. Der Prozeßbevollmächtigte ist berechtigt und verpflichtet, gegen ein Endurteil Berufung einzulegen, sofern sein Auftraggeber nicht widerspricht.

Can. 1487 — Prozeßbevollmächtigter und Anwalt können vom Richter durch Dekret von Amts wegen wie auch auf Antrag einer Partei ihres Dienstes enthoben werden, jedoch nur aus schwerwiegendem Grund.

Can. 1488 — § 1. Beiden ist es verboten, die Streitsache der Partei abzukaufen oder sich vertraglich einen übermäßigen Vorteil oder einen Anteil am Streitobjekt sichern zu lassen. Wenn sie dies tun, ist die Vereinbarung nichtig, und sie können vom Richter mit einer Geldstrafe belegt werden. Darüber hinaus kann ein Anwalt seines Dienstes enthoben werden und, wenn er rückfällig ist, von dem Bischof, der Gerichtsherr ist, aus der Anwaltsliste gestrichen werden.

§ 2. Auf gleiche Weise können Anwälte und Prozeßbevollmächtigte mit Strafen belegt werden, die in betrügerischer Absicht Sachen den zuständigen Gerichten entziehen, damit sie von anderen Gerichten günstiger entschieden werden.

Can. 1489 — Anwälte und Prozeßbevollmächtigte, die durch Annahme von Geschenken, durch Versprechungen oder auf irgendeine andere Weise ihren Dienst mißbraucht haben, sind von der Ausübung ihres Beistandsauftrages zu suspendieren und mit Geldstrafen oder anderen angemessenen Strafen zu belegen.

Can. 1490 — Bei jedem Gericht sollen nach Möglichkeit vom Gericht entlohnte Parteibeistände fest bestellt werden, die den Dienst eines Anwaltes oder Prozeßbevollmächtigten vornehmlich in Ehesachen für jene Parteien ausüben, die sich ihrer bedienen wollen.