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CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VII

PROZESSE


 

TEIL II

STREITVERFAHREN


 

SEKTION I

ORDENTLICHES STREITVERFAHREN

 

TITEL IV

BEWEISE (Cann. 1526 – 1586)

 

KAPITEL I

PARTEIAUSSAGEN

Can. 1530 — Um die Wahrheit möglichst geeignet zu erforschen, kann der Richter Parteien stets befragen; er muß dies sogar auf Antrag einer Partei oder zum Beweis einer Tatsache tun, deren Klarstellung im öffentlichen Interesse liegt.

Can. 1531 — § 1. Die rechtmäßig befragte Partei muß antworten und die Wahrheit unverfälscht darlegen.

§ 2. Verweigert eine Partei die Antwort, so ist es Sache des Richters zu beurteilen, was daraus für den Beweis der Tatsachen entnommen werden kann.

Can. 1532 — In den Fällen, in denen das öffentliche Wohl betroffen ist, hat der Richter den Parteien den Voreid, die Wahrheit sagen zu wollen, oder wenigstens den Nacheid, die Wahrheit gesagt zu haben, abzunehmen, sofern nicht ein schwerwiegender Grund etwas anderes geraten erscheinen läßt; in anderen Fällen steht die Forderung der Eidesleistung in seinem klugen Ermessen.

Can. 1533 — Die Parteien, der Kirchenanwalt und der Bandverteidiger können dem Richter Fragepunkte vorlegen, über die eine Partei befragt werden soll.

Can. 1534 — Bezüglich der Befragung der Parteien sind die Bestimmungen der cann. 1548, § 2, n. 1, 1552 und 1558—1565 über die Zeugenbefragung entsprechend anzuwenden.

Can. 1535 — Gerichtliches Geständnis ist die schriftliche oder mündliche Erklärung vor dem zuständigen Richter über einen Sachverhalt, die von einer Partei hinsichtlich der Streitmaterie aus eigenem Antrieb oder auf richterliches Befragen gegen sich selbst abgegeben worden ist.

Can. 1536 — § 1. Das gerichtliche Geständnis nur einer Partei befreit die übrigen Beteiligten von der Beweislast, wenn es sich um eine private Angelegenheit handelt und das öffentliche Wohl nicht betroffen ist.

§ 2. In Sachen jedoch, die das öffentliche Wohl betreffen, können das gerichtliche Geständnis und die Parteierklärungen, die keine Geständnisse sind, eine Beweiskraft haben, die vom Richter zusammen mit den übrigen Umständen des Falles zu würdigen ist; volle Beweiskraft hingegen kann ihnen nicht zuerkannt werden, sofern nicht weitere Beweiselemente hinzukommen, die sie ganz und gar bekräftigen.

Can. 1537 — Bezüglich des in einem Verfahren vorgebrachten außergerichtlichen Geständnisses ist es Sache des Richters, unter Abwägung aller Umstände zu würdigen, welcher Beweiswert ihm beizumessen ist.

Can. 1538 — Das Geständnis oder irgendeine andere Erklärung einer Partei sind ohne jeden Beweiswert, wenn feststeht, daß sie auf Irrtum über einen Sachverhalt beruhen oder unter Einfluß von Zwang oder schwerer Furcht zustande gekommen sind.