Index

Back Top Print

CODEX DES KANONISCHEN RECHTES

 

BUCH VII

PROZESSE


 

TEIL IV

STRAFPROZESS (Cann. 1717 – 1731)

KAPITEL I

VORUNTERSUCHUNG

 

Can. 1717 — § 1. Erhält der Ordinarius eine wenigstens wahrscheinliche Kenntnis davon, daß eine Straftat begangen worden ist, so soll er selbst oder durch eine andere geeignete Person vorsichtig Erkundigungen über den Tatbestand, die näheren Umstände und die strafrechtliche Zurechenbarkeit einziehen, außer dies erscheint als gänzlich überflüssig.

§ 2. Es muß vorgebeugt werden, daß nicht aufgrund dieser Voruntersuchung jemandes guter Ruf in Gefahr gerät.

§ 3. Der Voruntersuchungsführer hat dieselben Vollmachten und Pflichten wie der Vernehmungsrichter im Prozeß; in einem späteren Strafprozeß kann er nicht als Richter tätig sein.

Can. 1718 — § 1. Wenn genügend Anhaltspunkte gesammelt sind, hat der Ordinarius zu entscheiden, ob:

1° ein Verfahren zum Zweck der Verhängung oder der Feststellung einer Strafe eingeleitet werden kann;

2° dies unter Beachtung von can. 1341 tunlich ist;

3° ein gerichtliches Verfahren stattfinden muß oder ob, falls gesetzlich nicht verboten, mittels eines außergerichtlichen Dekretes vorzugehen ist.

§ 2. Der Ordinarius soll das in § 1 erwähnte Dekret aufheben oder ändern, wenn ihm aufgrund neuer Anhaltspunkte richtig erscheint, eine andere Entscheidung zu treffen.

§ 3. Bei Erlaß der in §§ 1 und 2 erwähnten Dekrete soll der Ordinarius, falls er dies für klug erachtet, zwei Richter oder andere rechtskundige Personen anhören.

§ 4. Bevor der Ordinarius ein Dekret nach § 1 erläßt, soll er überlegen, ob es, um nutzlose Verfahren zu vermeiden, zweckmäßig ist, daß er persönlich oder der Voruntersuchungsführer mit Einverständnis der Beteiligten die Schadensersatzfrage nach billigem Ermessen entscheidet.

Can. 1719 — Die Voruntersuchungsakten und die Dekrete des Ordinarius, mit denen die Voruntersuchung eingeleitet oder abgeschlossen wird, sowie alle Vorgänge, die der Voruntersuchung vorausgehen, sind, falls sie für einen Strafprozeß nicht notwendig sind, im Geheimarchiv der Kurie abzulegen.