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PAPST FRANZISKUS

ANGELUS

Petersplatz
Sonntag, 11. August 2019

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Im heutigen Abschnitt aus dem Evangelium (vgl. Lk 12,32-48) ruft Jesus seine Jünger zu ständiger Wachsamkeit auf. Warum? Um die Gegenwart Gottes im eigenen Leben zu erfassen, weil Gott stets im Leben gegenwärtig ist. Und er zeigt, auf welche Weise man diese Wachsamkeit gut leben kann: »Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen!« (V. 35). Das ist die richtige Weise. Zunächst: »Eure Hüften sollen gegürtet sein.« Dieses Bild erinnert an die Haltung des Pilgers, der bereit ist, sich auf den Weg zu machen. Es geht darum, sich nicht in bequemen und Sicherheit vermittelnden Orten niederzulassen,  sondern sich hinzugeben, einfach und vertrauensvoll offen zu sein für die Gegenwart Gottes in unserem Leben, für den Willen Gottes, der uns zum nächsten Ziel führt. Der Herr geht immer mit uns und begleitet uns, er nimmt uns oft an die Hand, um uns zu führen, damit wir auf diesem so schwierigen Weg nicht in die Irre gehen. Tatsächlich wissen jene, die auf Gott vertrauen, dass das Glaubensleben nichts Statisches, sondern dynamisch ist! Das Glaubensleben ist ein beständiger Weg, auf dem wir uns immer neuen Etappen zuwenden, die der Herr selbst uns Tag für Tag zeigt. Denn er ist der Herr der Überraschungen, der Herr der Neuheiten, aber der wahren Neuheiten. Und dann – die erste Weise war: »Eure Hüften sollen gegürtet sein« – wird von uns verlangt: Lasst »eure Lampen brennen«, um die Dunkelheit der Nacht erhellen zu können. Wir sind also aufgefordert, einen echten und reifen Glauben zu leben, der die vielen »Nächte« des Lebens zu erhellen vermag. Wir kennen das. Wir alle hatten Tage, die wahre geistliche Nächte waren. Die Lampe des Glaubens muss ständig gespeist werden, durch die Begegnung mit Jesus von Herz zu Herz im Gebet und beim Hören seines Wortes. Ich greife etwas auf, was ich euch schon oft gesagt habe: Tragt immer ein kleines Evangelium in der Tasche, in der Handtasche, um darin zu lesen.

Es ist eine Begegnung mit Jesus, mit dem Wort Jesu. Diese Lampe der Begegnung mit Jesus im Gebet und in seinem Wort ist uns zum Wohle aller anvertraut: Keiner darf sich daher in reiner Innerlichkeit in die Gewissheit um das eigene Heil zurückziehen, ohne sich für die anderen zu interessieren. Es ist ein Fantasiegespinst zu meinen, dass man sich alleine innerlich erleuchten kann. Nein, das ist reine Fantasie. Der wahre Glaube öffnet das Herz für den Nächsten und spornt an zu konkreter Gemeinschaft mit unseren Brüdern und Schwestern, besonders mit denen, die in Not sind.

Und um uns diese Haltung verstehen zu lassen, erzählt Jesus uns das Gleichnis von den Knechten, die auf den Herrn warten, der von der Hochzeit zurückkehrt (V. 36-40), und legt uns damit einen weiteren Aspekt der Wachsamkeit dar: bereit zu sein für die letzte und endgültige Begegnung mit dem Herrn. Jeder von uns wird ihm begegnen, wird diesen Tag der Begegnung erleben. Jeder von uns hat den eigenen Termin für die endgültige Begegnung. Der Herr sagt: »Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! […] Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie« (V. 37-38). Mit diesen Worten ruft uns der Herr in Erinnerung, dass das Leben ein Weg zur Ewigkeit ist; deshalb sind wir aufgefordert, alle Talente, die wir haben, Früchte tragen zu lassen, ohne jemals zu vergessen: »Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir suchen die zukünftige« (Hebr 13,14). In dieser Hinsicht ist jeder Augenblick kostbar, daher muss man auf dieser Erde leben und tätig sein und dabei Sehnsucht nach dem Himmel haben: die Füße auf der Erde, auf der Erde unterwegs sein, auf der Erde arbeiten, auf der Erde Gutes tun, und sich mit dem Herzen nach dem Himmel sehnen.

Wir können nicht wirklich verstehen, worin diese höchste Freude besteht, aber Jesus lässt es uns erahnen durch das Gleichnis vom Herrn, der die Knechte wach findet, wenn er kommt: »Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen« (V. 37). So wird die ewige Freude des Paradieses offenbar: Die Situation wird auf den Kopf gestellt, und es werden nicht mehr die Knechte – also wir – sein, die Gott dienen, sondern Gott selbst wird sich in unseren Dienst stellen. Und das tut Jesus schon jetzt: Jesus betet für uns, Jesus schaut auf uns und bittet den Vater für uns, Jesus dient uns jetzt, er ist unser Knecht. Und das wird die endgültige Freude sein. Der Gedanke an die endgültige Begegnung mit dem Vater, der reich ist an Barmherzigkeit, erfüllt uns mit Hoffnung und spornt uns an zum ständigen Bemühen um unsere Heiligung und zum Aufbau einer gerechteren und brüderlicheren Welt. Möge die Jungfrau Maria durch ihre mütterliche Fürsprache unsere Bemühungen stützen.


Nach dem Angelus:

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich grüße euch alle, Römer sowie Pilger aus verschiedenen Ländern: Familien, Pfarrgruppen, Vereinigungen. Auch heute sind zahlreiche Kinder und Jugendliche anwesend. Ich grüße euch sehr herzlich! Besonders die Jugendlichen aus Saccolongo und auch jene aus Creola und die Jugendpastoralgruppe aus Verona sowie die jungen Menschen aus Cittadella. Allen wünsche ich einen schönen Sonntag. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!

 



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