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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Auf dem Weg der Demut

Montag, 14. September  2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 25. September 2015

 

Wenn man Jesus am Kreuz betrachten will, dann sollte man sich nicht vor allzu schönen Gemälden aufhalten, die allerdings die brutale Realität dieser qualvollen Hinrichtungsart nicht zu veranschaulichen vermögen. Das empfahl der Papst, wobei er auch das Bild der »bösen Schlange« wieder zur Sprache brachte, um diese Meditation noch anschaulicher und wirksamer werden zu lassen. Daher standen gerade das Kreuz und die Schlange im Mittelpunkt der Predigt, die er am Montag, 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung, während der Frühmesse in der Kapelle des Hauses Santa Marta hielt und an der die Mitglieder des Kardinalsrats teilnahmen. »Es scheint, dass der Protagonist der heutigen Schriftlesungen gerade die Schlange ist, und das ist eine Botschaft«, so merkte Franziskus gleich zu Beginn an. Ja, »in dieser Zur-Schau-Stellung der Schlange«, die, wie er erläuterte, »das erste Tier war, das dem Menschen vorgestellt wurde,das erste, von dem in der Bibel die Rede ist, liegt eine tiefgründige Prophezeiung. Sie wird als das »schlauste der wilden Tiere« definiert, »die der Herr geschaffen hatte«. Und »die Gestalt der Schlange ist nicht schön, sie ruft stets Angst hervor «: auch wenn »die Schlangenhaut schön ist«, so bleibe doch die Tatsache, dass »die Schlange ein Verhalten an den Tag legt, das Angst erregt«.

Die Genesis, so bekräftigte der Papst, »sagt, dass sie ›schlauer war als alle Tiere‹«, aber auch, dass sie »zu verführen und zu faszinieren versteht, dass sie dich zu blenden versteht«. Mehr noch als das: »Sie ist verlogen, ist voller Neid, denn durch den Neid des Teufels, der Schlange, ist die Sünde in die Welt gekommen«. Aber »sie vermag zu verführen, um uns zu verderben: sie verspricht dir unzählige Dinge, aber am Zahltag zahlt sie schlecht, sie ist ein schlechter Zahlmeister «. Aber, so betonte der Papst, die Schlange verfüge »über diese Fähigkeit zur Verführung, zur Betörung«.

Paulus beispielsweise »ärgert sich über die Christen in Galatien, die ihm viel Mühe bereiteten «, und sage zu ihnen: »Ihr unvernünftigen Galater, wer hat euch verblendet? Wer hat euch, die ihr freigekauft wurdet, verblendet?« Es sei gerade die Schlange gewesen, die sie verblendet habe, »und das ist keineswegs neu: das war im Bewusstsein des Volkes Israel präsent«. Unter Verweis auf die dem Buch Numeri entnommene Schriftlesung zum Tage (21,4-9) erinnerte Franziskus daran, dass »der Herr, um das  Volk vor dem Gift der Schlangen zu retten, Mose befiehlt, eine Kupferschlange anzufertigen: wer diese Schlange ansah, blieb am Leben«. Und »das ist eine Figur, es ist eine Prophezeiung, es ist eine Verheißung: eine Verheißung, die nicht leicht verständlich ist«. Das Tagesevangelium (Joh 3, 13-17) erzähle uns dann, dass »Jesus selbst dem Nikodemus ein wenig mehr« über diese Geste des Mose erläutere: tatsächlich müsse so, »wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, [auch] der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat«. Der Papst sagte, dass »diese Kupferschlange« praktisch »eine Darstellung Jesu war, der am Kreuz erhöht wurde«. Aus welchem Grund, so fragte Franziskus, »hat der Herr diese so hässliche, so böse Gestalt angenommen?« Ganz einfach deshalb, so lautete seine Antwort, »weil er gekommen ist, um unsere Sünden auf sich zu nehmen« und dadurch »zum größten Sünder wurde, ohne irgendeine Sünde begangen zu haben«. So sage uns Paulus, dass Jesus »sich für uns zur Sünde gemacht hat: das ist der Sinn der Botschaft der heutigen Wortliturgie«. Genau das sei »der Weg Jesu: Gott wurde Mensch und nahm die Sünde auf sich«.

Im Brief an die Philipper (2,6-11), der Gegenstand der Ersten Lesung war, erläutere Paulus dieses Geheimnis, auch deshalb, weil er, wie der Papst anmerkte, sie sehr geliebt habe: »Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.« Also, so wiederholte Franziskus, »entäußerte er sich: er wurde für uns zur Sünde, er, der keine Sünde kannte«. Das aber »ist das Geheimnis « und wir »können sagen: Er wurde wie eine Schlange, so hässlich, dass es einen mit Abscheu erfüllt, um es einmal so zu formulieren«. Es gebe sehr viele schöne Gemälde, so versicherte Franziskus, die uns dabei helfen, »Jesus am Kreuz« zu betrachten, »die Wirklichkeit sei aber völlig anders: er war ganz zerfleischt, blutüberströmt wegen unserer Sünden«. Im Übrigen »ist das der Weg, den Er eingeschlagen hat, um die Schlange auf ihrem eigenen Terrain zu besiegen «. Also, so regte der Papst an, müsse man stets »auf das Kreuz Jesu schauen, nicht aber auf jene hochkünstlerischen, schön gemalten Kreuze«: man solle vielmehr »die Wirklichkeit anschauen, das, was das Kreuz zu jener Zeit war«. Und »seinen Weg betrachten« und sich daran erinnern, dass »er sich entäußerte, dass er sich erniedrigte, um uns zu retten«.

»Auch das ist der Weg des Christen«, so fuhr der Papst fort. Tatsächlich »muss sich ein Christ, wenn er auf dem Weg des christlichen Lebens vorankommen will, erniedrigen, so wie sich Jesus erniedrigt hat: es ist der Weg der Demut«, der vorsehe, dass man »die Demütigungen auf sich nimmt, wie Christus sie auf sich genommen hat«. Genau das, so beharrte der Papst, »ist es, was uns die heutige Liturgie an diesem Fest der Kreuzerhöhung sagt«. Und der Herr, so schloss er, »möge uns die Gnade schenken, um die wir die Muttergottes zu Füßen des Kreuzes bitten: die Gnade, weinen zu können, Tränen der Liebe zu weinen, Tränen der Dankbarkeit dafür, dass unser Gott uns so sehr geliebt hat, dass er seinen Sohn gesandt hat, damit er sich erniedrige und entäußere, um uns zu retten«.

 

 



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