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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Die Schlange, die tötet und die Schlange, die rettet

Dienstag, 15. März 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 12/13, 25. März 2016

 

Wenn wir die »Geschichte unserer Erlösung« verstehen wollen, müssen wir auf das Kreuz blicken. Die Predigt von Papst Franziskus in der heiligen Messe am Morgen des 15. März drehte sich um das »Geheimnis« des Leidens und Sterbens Jesu, der für das Heil der Menschen »zur Sünde geworden« ist. Im Mittelpunkt der Gedanken des Papstes stand das den Lesungen vom Tag entnommene Bild der Schlange, das eine »Botschaft « beinhalte.

Die Schlange »ist das erste Tier, das im Buch Genesis erwähnt wird«, so der Papst, und sie werde als das »schlaueste« Tier bezeichnet. Erneut tauche dieses Tier in der Bibel im Buch Numeri (21,4-9) auf, dem die erste Lesung entnommen war. Dort werde berichtet, wie sich das Volk in der Wüste gegen Gott und Mose auflehnt: »Da schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk. Sie bissen die Menschen, und viele Israeliten starben. « Dann habe sich das Volk bekehrt, um Vergebung gebeten und Gott habe zu Mose gesagt: »Mach dir eine Schlange, und häng sie an einer Fahnenstange auf! Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht.« Franziskus merkte an: »Das ist seltsam: Der Herr lässt die Schlangen nicht sterben, er lässt sie weiter da sein. Aber wenn eine von ihnen einen Menschen beißt, dann soll dieser auf die Kupferschlange blicken und er wird geheilt werden.« Die Schlange werde also an einer Stange aufgehängt, um das Heil zu erlangen.

Der Papst nahm anschließend Bezug auf das Evangelium vom Tage (Joh 8,21-30), in dem Jesus mit den Schriftgelehrten diskutiere und ihnen ganz klar sage: »Wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr in euren Sünden sterben. Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, dann werdet ihr erkennen, dass Ich es bin.« Franziskus erläuterte: »›Ich bin‹ ist der Name Gottes. Als Mose Gott die Frage stellt: Wenn das Volk wissen will, wer mich gesandt hat, wenn es fragt: Wer schickt dich, um uns zu befreien? Wie lautet sein Name? – ›Ich bin.‹« Und dann: »Den Menschensohn erhöhen! Wie die Schlange…« Einige Kapitel zuvor habe Jesus »dasselbe zu den Schriftgelehrten gesagt: ›Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, gerettet wird.‹« Die Schlange »ist Symbol für die Sünde: die Schlange, die tötet. Aber eine Schlange rettet. Und das ist das Geheimnis Christi«, fuhr der Papst fort.

Auch der heilige Paulus »spricht über dieses Geheimnis und sagt, dass Jesus sich selbst entäußert hat, sich erniedrigt hat, um uns zu retten«. Und der Apostel gebrauche eine noch eindrücklichere Formulierung: »Er ist für uns zur Sünde geworden. « Wenn man das biblische Symbol verwenden wolle, könne man sagen: »Er ist zur Schlange geworden.« Das sei »die prophetische Botschaft der Lesungen vom Tage«, unterstrich der Papst: »Der Menschensohn, der wie eine Schlange – zur Sünde geworden – erhöht wird, um uns zu retten.«

Daher müssten wir »auf den Gekreuzigten und auf dieses Geheimnis blicken: ein Gott, der sich seiner Gottheit vollkommen entäußert hat, um uns zu retten«. Franziskus fragte: »Wer ist diese Schlange, die Jesus auf sich nimmt, um sie zu besiegen?« Die Antwort stehe im Buch der Offenbarung des heiligen Johannes, wo das Wort wieder auftauche. Im Übrigen sei die Schlange in der Bibel »das Tier, das als erstes erwähnt wird, und vielleicht auch als letztes«. Im letzten Buch der Bibel sei zu lesen, dass »die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt«, besiegt worden sei. Die Sünde sei also »das Werk Satans, und Jesus besiegt Satan, ›indem er zur Sünde wird‹«. Vom Kreuz her »erhöht er uns alle«. Daher sei »das Kreuz kein Schmuck, kein Kunstwerk mit vielen Edelsteinen, wie man das manchmal sehen kann. Das Kreuz ist das Geheimnis der ›Erniedrigung‹ Gottes aus Liebe.«

Die Schlange, so Franziskus weiter, »prophezeit in der Wüste das Heil«: denn »sie wird erhöht, und jeder, der auf sie blickt, wird geheilt«. Aber dieses Heil sei nicht »mit dem Zauberstab von einem Gott bewirkt worden, der auf diese Weise die Dinge zurechtrückt«. Vielmehr sei das Heil »durch das Leiden des Menschensohns, durch das Leiden Jesu Christi« gewirkt worden. Ein Leiden, das so groß gewesen sei, dass Jesus den Vater gebeten habe: »Vater, bitte, wenn es möglich ist, möchte ich diesen Kelch nicht trinken.« Hier werde »die Angst« deutlich, die allerdings begleitet werde von den Worten: »Aber dein Wille geschehe.«

Dies sei »die Geschichte unserer Erlösung, die Geschichte der Liebe Gottes«, unterstrich der Papst. Und »wenn wir die Liebe Gottes kennenlernen wollen, dann sollten wir auf das Kreuz blicken«. Dort begegneten wir »einem gequälten, getöteten Menschen, der Gott ist, ›seiner Gottheit entäußert‹, beschmutzt, ›zur Sünde geworden‹«. Abschließend bat Franziskus: »Der Herr möge uns die Gnade schenken, dieses Geheimnis ein wenig besser zu verstehen.«

 



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