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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Wie die beiden Emmausjünger

Dienstag, 2. Mai 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 20, 19. Mai 2017)

 

Jeder von uns muss Protagonist sein in einem »Dialog zu dritt«, einem direkten Dialog »von Angesicht zu Angesicht« mit Jesus und der Ehebrecherin – einer Sünderin, aber auch Opfer der »harten Herzen«schlechthin. Dabei sollen wir uns von der »Zärtlichkeit Gottes« überwältigen lassen, die uns, wie es bei den beiden Emmaus-Jüngern der Fall gewesen ist, »das Herz brennen lässt« und die Augen öffnet. Dazu forderte der Papst in der Morgenmesse am Dienstag, 2. Mai, in Santa Marta auf: nämlich sich nicht in der »Rigidität « zu verschließen, die letztlich dazu führen kann, »die Augen zuzuhalten und mit den Zähnen zu knirschen«, um den Heiligen Geist nicht durchzulassen.

»Vergangene Woche haben wir über das Christsein nachgedacht«, rief Franziskus in Erinnerung, und »wir haben gesehen, dass der Christ ein Zeuge aus Gehorsam ist«, gerade wie Jesus, »der bis zum Tod gehorsam war, bis zum Tod am Kreuz«. Und »heute lässt uns die erste Lesung in Stephanus einen weiteren Zeugen aus Gehorsam sehen«, erklärte der Papst, der dabei auf den Abschnitt aus der Apostelgeschichte (7,51-8,1) einging. Er »wird verfolgt, angeklagt, und zwar mit derselben Bosheit, wie dies bei Jesus der Fall gewesen war, weil er die Wahrheit sagt, weil er ein Zeuge aus Gehorsam ist«. Das »lässt mich an verschiedene Weisen denken, das Wort Gottes nicht zu verstehen, denn jene Leute, die Stephanus steinigten, verstanden das Wort Gottes nicht«.

So führte der Papst vor allem das Beispiel der »Emmaus-Jünger« an, die nicht verstanden und unterwegs waren. Doch »was sagt Jesus zu ihnen? ›Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch zu verstehen‹«, und dann »beginnt er: sie waren nicht verschlossen, doch sie verstanden nicht«. Gewiss, gab der Papst zu, »es ist kein Lob, wenn gesagt wird ›Begreift ihr denn nicht‹; doch es ist dies nicht so stark wie das, was Stephanus zu diesen Leuten sagt«, die so weit gehen, ihn zu steinigen: sie nämlich »nennt er ›halsstarrig‹ ›unbeschnitten im Herzen und in den Ohren‹, und sie ›unbeschnitten‹ zu nennen ist, als nenne er sie ›Heiden‹«.

Jesus nennt die Emmaus-Jünger »nicht ›Heiden‹«, sondern »er heißt sie ›Halbgläubige‹: ›Ihr glaubt, ihr glaubtet, jetzt nicht, ihr seid im Zweifel.‹ « Jene dagegen, die Stephanus steinigten, erklärte Franziskus, »sind nicht überzeugt: sie sind Heiden«. Die Emmaus-Jünger »verstanden nicht, sie waren auch ängstlich, da sie keine Probleme wollten, Abstand nahmen von Jerusalem: sie hatten Angst. Doch sie waren gut. Mit ihren Grenzen, aber gut: sie waren offen für die Wahrheit.«

Jene dagegen, die Stephanus anklagen und steinigen, »sind gegenüber der Wahrheit verschlossene Leute, Verschlossene; und als Stephanus sie mit harten Worten tadelt – ›wie eure Väter, so seid auch ihr‹ – waren sie wutentbrannt in ihrem Herzen ›und knirschten mit den Zähnen gegen Stephanus‹«. Die Emmaus-Jünger hatten  ihrerseits eine andere Haltung gegenüber dem Tadel und »hörten zu, sie ließen die Worte Jesu eintreten, und ihr Herz brannte«. Die Apostelgeschichte, so der Papst weiter, berichtet dann: »Als Stephanus sagt, Jesus in der Herrlichkeit zu sehen, hielten sich seine Verfolger die Ohren zu: sie wollten nicht hören – sie wollten nicht!« Und »das ist das Drama der Verschlossenheit: der Verschlossenheit des Herzens; das harte Herz, die Härte des Herzens«.

»Der Herr mahnt sein Volk im Psalm 95: ›Verhärtet euer Herz nicht wie in Meríba‹«, so der Papst eindringlich. Und »dann macht er im Buch  des Propheten Ezechiel eine wunderschöne Verheißung: ›Ihr habt ein Herz aus Stein, doch ich werde euch ein Herz aus Fleisch geben‹, das heißt ein Herz, das zu hören vermag, das zuzuhören vermag, das das Zeugnis aus Gehorsam zu empfangen vermag, und dass das Wort Fleisch geworden ist«. Doch »das lässt die Kirche so sehr leiden: die verschlossenen Herzen, die Herzen aus Stein, die Herzen, die sich nicht öffnen wollen, die nicht hören wollen; die Herzen, die nur die Sprache des Verurteilens kennen«. Sie »verstehen es zu verurteilen« und »vermögen nicht zu sagen: ›Nun, erklär mir, warum sagst du das? Warum das? Erklär es mir.‹ Nein, sie sind verschlossen.

Sie wissen alles. Sie brauchen keine Erklärungen.« Und »wie Stephanus sie tadelt, so hatte sie auch Jesus getadelt: ›Was habt ihr mit den Propheten gemacht? Ihr habt sie getötet, da sie das sagten, was euch nicht gefallen hat.‹« Somit »war in ihrem Herzen kein Platz für den Heiligen Geist«. Dagegen »sagt uns die heutige Lesung, dass Stephanus, erfüllt vom Heiligen Geist, alles verstanden hatte: er war aus Gehorsam Zeuge des Fleisch gewordenen Wortes, und das wirkt der Heilige Geist«. Und wenn Stephanus »erfüllt war, so lässt ein verschlossenes Herz, ein halsstarriges Herz, ein heidnisches Herz den Geist nicht eintreten und meint, sich selbst zu genügen«.

Franziskus riet dazu, den Blick auf »diese beiden Gruppen zu richten: Die beiden Emmaus-Jünger sind wir, mit vielen Zweifeln, viele Male sind wir feige und wollen vom Kreuz, von den Prüfungen Abstand nehmen. Doch wir machen Platz, um Jesus zu hören, der uns das Herz brennen lässt. Und wir bitten um die Gnade, wie sie zu sein.« »Schauen wir auf die andere Gruppe«, mahnte der Papst dann, auf die Gruppe, die sich aus jenen zusammensetzt, »die sich die Augen zuhielten, die nicht hören wollten: selbstgenügsam, verschlossen in der Rigidität des Gesetzes«. Zu diesen »hat Jesus oft gesprochen und ihnen Hässlicheres gesagt als das, was Stephanus sagte«. Und »wir können mit einem Dialog enden, mit einem Dialog zu dritt: ein jeder von uns tritt in den Dialog zwischen Jesus und dem Opfer der steinernen Herzen ein, der Ehebrecherin«. Schriftgelehrte und Pharisäer »wollten sie steinigen: sie war eine Sünderin, eine Sünderin«. Doch »Jesus antwortet nur: ›Schaut in euer Inneres.‹« Und so, erklärte der Papst, »wollen wir auf diese Zärtlichkeit Jesu blicken: der Zeuge aus Gehorsam, der große Zeuge Jesus, der sein Leben hingegeben hat und uns die Zärtlichkeit Gottes sehen lässt: uns, unseren Sünden, unseren Schwächen gegenüber«.

»Wir wollen in diesen Dialog treten«, riet Franziskus, »und um die Gnade bitten, dass der Herr das Herz dieser Rigiden etwas erweiche, dieser Leute, die immer im Gesetz verschlossen sind und alles verurteilen, was außerhalb des Gesetzes ist: sie wissen nicht, dass das Wort Fleisch geworden ist, dass das Wort Zeuge aus Gehorsam ist; sie wissen nicht, dass die Zärtlichkeit Gottes fähig ist, ein Herz aus Stein wegzunehmen und an seine Stelle ein Herz aus Fleisch zu setzen.«

 



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