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BOTSCHAFT VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMERINNEN AM GENERALKAPITEL DER DIENERINNEN DER KRANKEN VOM HL. CAMILLO DE LELLIS

 

An die Ehrwürdige Mutter 
Schwester Tomasina Gheduzzi, 
Generaloberin der Kongregation der 
Dienerinnen der Kranken vom hl. Camillo de Lellis 

1. Anläßlich des Generalkapitels, zu dem Sie und die delegierten Mitschwestern in diesen Tagen versammelt sind, ist es mir eine Freude, meinen herzlichen Gruß an eine jede von Euch zu richten und Euch meiner geistigen Nähe zu versichern. 

Ihr kommt aus verschiedenen Ländern Europas, Lateinamerikas, Afrikas und Südostasiens: Durch jede von Euch möchte ich alle Eure Mitschwestern begrüßen sowie die kirchlichen Gemeinschaften, in denen sie im Dienst an den Kranken und Leidenden wirken. 

Die Kapitelsversammlung ist ein willkommener Anlaß zum Gebet und zum Nachdenken über die Herausforderungen, vor denen die Kirche und die Welt in diesem besonderen Abschnitt der Geschichte stehen. Außerdem bietet sie Euch Gelegenheit zur steten Vertiefung des Charismas, das Euch auszeichnet, und zur Anpassung dieses Charismas an die gegenwärtigen Bedürfnisse. 

In dieser Hinsicht gehen meine Gedanken unmittelbar zum 6. Mai 1995 zurück, als ich die Freude hatte, Eure Gründerin, Mutter Maria Domenica Brun Barbantini, seligzusprechen. Mit großer Genugtuung habe ich erfahren, daß dieses Gnadenereignis für Eure ganze Kongregation der Anlaß zu neuer Inspiration war und Euch dazu angeregt hat, die Kenntnis Eures Charismas und Eurer Spiritualität zu erweitern, damit das tägliche Leben und Wirken seine Kraft aus diesen Wurzeln zieht und von ihnen belebt und erleuchtet wird. 

2. In diesem Zusammenhang ist das Thema, das Ihr für das 32. Generalkapitel gewählt habt – »Auf dem Weg zu einer neuen Lebensregel«–, besser zu verstehen. Das Neue, das Ihr anstrebt, besteht gewiß nicht in einer Veränderung der ursprünglichen Ausrichtung, sondern es ist vielmehr Ergebnis einer ernsthaften und gründlichen Quellenerforschung, ein Ergebnis, das – wenn möglich – eine immer größere Treue zu seinen Wurzeln anstrebt, also zu dem Geschenk, das der Herr zum Wohl der Kirche und der Menschheit der sel. Maria Domenica und ihren Gefährtinnen anvertraut hat. Aus der kleinen Gruppe von Frauen, die sich mit Maria Domenica den Namen »Oblaten im Krankendienst« gaben, hat sich – auch dank der Weitsicht und der Ermutigung durch die Hirten der Kirche – ein Institut entwickelt, das heute in neun Ländern auf drei Kontinenten vertreten ist. 

Der Heilige Geist, der stets aus den unerschöpflichen Reichtümern Christi »schöpft«, um in der Kirche neue Gaben des Lichts und der Gnade zu verteilen (vgl. Joh 16, 14), legte ins Herz und ins Leben der Gründerin eine einzigartige Berufung zum Krankendienst, um den Auftrag Christi selbst nachzuahmen und fortzusetzen, der sich über die menschlichen Gebrechen beugte, um sie mit seiner göttlichen Kraft zu heilen (vgl. Lk 10, 30–35; Mt 4, 23). In seinem überreichen Erbarmen hat der Gottessohn sich uns genähert, sich selbst zum »leidenden Knecht« gemacht, um uns zu heilen. Deshalb ist er im geringsten unserer Brüder und Schwestern, die sich in Schwierigkeiten befinden, gegenwärtig und erwartet, daß wir ihm unser Herz öffnen. Wenn wir ihm das »wenige« anbieten, was wir sind und haben, erhalten wir dafür das »Alles«, das er ist. 

3. Wie die selige Gründerin in ihren Regeln schrieb, sollen die Schwestern in diesem Geist handeln: Sie »werden unserem Herrn in den Personen der armen Kranken mit Großherzigkeit und reinen Absichten dienen und immer bereit sein, aus Liebe zu Jesus, der für uns am Kreuz starb, ihr eigenes Leben hinzugeben« (I, 11). Um stets an dieser Berufung festzuhalten, ist es unerläßlich, das Leben durch das Gebet zu nähren, insbesondere durch eine fromme Teilnahme an der heiligen Eucharistie, in der Jesus jeden Tag das heilbringende Wunder seines Leidens, seines Todes und seiner Auferstehung im Sakrament vergegenwärtigt. Durch eine tiefe Verbindung zu ihm und durch die Angleichung an ihn könnt Ihr nach dem leuchtenden Vorbild des hl. Camillo de Lellis Christi Hände, Blick und Herz für viele Brüder und Schwestern sein. 

Eure Kongregation, liebe Schwestern, soll ständig darum bemüht sein, die Nächstenliebe zu bezeugen, eine Nächstenliebe, die keine Grenzen kennt und die Sprache jeder Region des Erdballs spricht. Die heutige Menschheit, die von altem und neuem Elend und Armut auf eine harte Probe gestellt wird, braucht heute mehr denn je die Erfahrung der Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Sie muß sich geliebt fühlen, um zu lieben und das Leben aufzunehmen. Ihr arbeitet dort, wo es leider nicht an schweren Übergriffen gegen das Leben von seiten einer Kultur des Todes fehlt; diese breitet sich in unseren vom Materialismus und dem hedonistischem Konsumismus geprägten Gesellschaften immer mehr aus. Diese apostolische »Front« soll Euch auch in Zukunft am Herzen liegen, liebe Schwestern, und Ihr sollt auf diesem Gebiet weiterhin hochherzig wirken. Es handelt sich um eine pastorale Notwendigkeit, die mit professioneller Kompetenz und apostolischem Engagement in Angriff genommen werden muß. 

4. Zur Erfüllung dieses anspruchsvollen Auftrags ist also eine breitangelegte Ausbildung nötig, und Euer Kapitel will zu Recht den Akzent auf diese vorrangige Aufgabe legen. Erforderlich ist eine Förderung des Lebens im Geiste und, in weisem Einklang hiermit, der kulturellen und beruflichen Dimension, der apostolischen Dimension und der Dimension des Charismas (vgl. Apostolisches Schreiben Vita consecrata, 71). Außerdem muß der gemeinschaftliche Aspekt gepflegt werden, denn er ist wesentlicher und entscheidender Bestandteil des kirchlichen Zeugnisses, vor allem in den Gemeinschaften des geweihten Lebens, die dazu berufen sind, ein prophetisches Zeichen innerhalb des Gottesvolkes zu sein. 

Ihr Lieben, ich begleite diese Überlegungen mit meinem besonderen Gebetsgedenken, damit das Licht des Heiligen Geistes auf jede von Euch und auf die Arbeit des Kapitels herabkomme, Euch stärke und Zuversicht schenke. 

Die Jungfrau Maria, Heil der Kranken, unterstütze Euch und lasse jede Eurer Initiativen Frucht bringen. Sie schenke Euch die Freude und die Liebe, wenn Ihr im bedürftigen Nächsten ihrem göttlichen Sohn dient. Außerdem ermutige Euch mein Apostolischer Segen, den ich Euch und Eurer gesamten religiösen Familie von ganzem Herzen erteile. 

Aus Castelgandolfo, 12. September 2002 

IOANNES PAULUS II

 



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