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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK BEIM HL. STUHL,
STEN ERIK MALMBORG LILHOLT*

Donnerstag, 1. Dezember 2005

 

Herr Botschafter!

Mit Freude heiße ich Sie im Vatikan willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, mit dem Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter des Königreichs Dänemark beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte und die Grüße, die Sie von Königin Margrethe II. überbracht haben. Bitte übermitteln Sie Ihrer Majestät meine hochachtungsvollen und guten Wünsche und versichern Sie sie meines Gebets für das Wohlergehen Ihrer Nation.

Seit 1982 stehen der Heilige Stuhl und Dänemark in offiziellen diplomatischen Beziehungen zueinander, was zu einem vielversprechenden Maß an Kontakten und Zusammenarbeit im Dienst des Friedens und der Gerechtigkeit vor allem in der Dritten Welt geführt hat. Hinsichtlich dieser Tatsache freut es mich, daß Ihr Land nach wie vor einen äußerst großzügigen Einsatz beim Abbau der Armut in aller Welt und bei der Förderung der Entwicklung auf internationaler Ebene zeigt. Der Heilige Stuhl weiß die Bedeutung zu schätzen, die die dänische Regierung dem Erreichen der »Millennium Development Goals« beimißt, insbesondere im Hinblick auf den Beitrag reicherer Staaten, die 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts dem internationalen Hilfsfonds zukommen lassen sollen. Ich möchte Sie in jeder Weise ermutigen, diesen Weg zu einer gerechteren Verteilung globaler Ressourcen zielstrebig weiterzugehen, und ich hoffe inständig, daß viele andere Nationen von der Führungsrolle, die Ihr Land in dieser Hinsicht übernommen hat, inspiriert werden mögen.

Neben der materiellen Armut unserer Brüder und Schwestern in den Entwicklungsländern bestehen auch noch andere Formen der Entbehrung, die in der modernen Gesellschaft Anlaß zur Sorge geben. In Dänemark gibt es wie in zahlreichen weiteren europäischen Ländern zur Zeit viele Debatten über Fragen, die mit der Einwanderung zusammenhängen. Ich möchte das dänische Volk bestärken, die Zuwanderer in seiner Mitte aufzunehmen, und ich bin auch zuversichtlich, daß diejenigen, die in Dänemark ein neues Zuhause gefunden haben, die Werte und Empfindungen ihres Gastlandes achten werden. Das Zusammenleben verschiedener Völker verlangt von jeder Gruppe, auf ausgewogene Weise die eigene Identität geltend zu machen und der Identität der anderen Raum zu geben (vgl. Botschaft zum Welttag der Migranten und Flüchtlinge 2005, 2), und ich weiß, daß Ihre Regierung erkennt, wie wichtig es ist, diese unterschiedlichen Elemente miteinander in Einklang zu bringen. Ich hoffe, daß die verschiedenen Gruppen, aus denen sich die dänische Gesellschaft zusammensetzt, auch weiterhin friedlich zusammenleben und anderen Nationen ein Vorbild sein mögen für die gegenseitige Bereicherung, die Gastländer und Einwanderer füreinander darstellen können.

Ganz besonders wichtig ist diese Zusammenarbeit in den Bereichen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs. Auch wenn die katholische Gemeinschaft in Dänemark lediglich einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung umfaßt, versichere ich Ihnen, daß sie danach verlangt, zu diesen wichtigen Initiativen ihren Teil beizutragen. Ich hoffe inständig, daß der ökumenische Dialog mit der Lutherischen Staatskirche von nun an bedeutende Fortschritte machen wird, und ich bin zuversichtlich, daß Sie alles tun werden, was in Ihrer Macht steht, um ihn zu unterstützen. Darüber hinaus gewinnt im Hinblick auf das Phänomen der Einwanderung der interreligiöse Dialog zunehmend an Bedeutung. Die katholische Kirche ist bemüht, ihre große Erfahrung und Kompetenz auf diesem Gebiet zur Verfügung zu stellen, um die gegenseitige Achtung und das Einvernehmen unter den Anhängern der verschiedenen religiösen Traditionen Ihres Landes zu fördern.

Wie weite Teile Europas, so hat auch die dänische Gesellschaft heute eine zunehmend säkulare Weltanschauung. Die Kirche hat das Recht und die Pflicht, auf die Gefahren hinzuweisen, die sich ergeben, wenn die göttliche Herkunft und Bestimmung des Menschen ignoriert oder geleugnet wird. Die nunmehr tausendjährige christliche Glaubenstradition Ihres Landes hat es zu dem gemacht, was es heute ist. Die Grundsätze, die die westliche Zivilisation geprägt haben, entspringen der ihr zugrundeliegenden Weltanschauung, die der christliche Glauben verkündet. Wir dürfen nicht vergessen, daß ihre Verbindlichkeit nicht auf bloßem Konsens gründet, sondern auf göttlicher Offenbarung.

Daher ist es notwendig, alle aufkommenden gesellschaftlichen Neuentwicklungen eingehend zu untersuchen, auch wenn sie allgemeine Zustimmung erhalten oder vielversprechend zu sein scheinen. Die Verteidigung des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod beispielsweise und die Stabilität des Ehe- und Familienlebens sind Werte, die in jeder Gesellschaft geschützt werden müssen, wie laut auch immer die Kräfte sich zu Wort melden mögen, die sie zu untergraben versuchen. Sie gehören zur objektiven sittlichen Ordnung und können nie verworfen werden, ohne dabei das Gemeinwohl ernsthaft zu gefährden. Gleichermaßen sollten wissenschaftliche und technologische Fortschritte stets nach gesunden ethischen Kriterien beurteilt werden, und nichts, was die dem Menschen innewohnende Würde verletzt, sollte jemals toleriert werden. Nur wenn wir an diesen unveränderlichen Wahrheiten festhalten, kann die Gesellschaft die Bedingungen schaffen, unter denen die Menschheit wachsen und gedeihen kann.

Exzellenz, ich bin zuversichtlich, daß die diplomatische Mission, die Sie heute antreten, die bereits fruchtbaren Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Ihrem Land weiterhin stärken wird. Ich versichere Ihnen, daß die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie stets bereitwillig ihre Hilfe und Unterstützung bei der Ausübung Ihres Amtes anbieten werden. Mit meinen aufrichtigen guten Wünschen erbitte ich für Sie, Ihre Angehörigen und das ganze dänische Volk Gottes reichen Segen.


*L'Osservatore Romano 2006 n. 4 p. 9.

 

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