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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN RROK LOGU,
NEUER BOTSCHAFTER VON ALBANIEN BEIM HL. STUHL

Apostolischer Palast in Castelgandolfo
Freitag, 29. September 2006

 

Herr Botschafter!

Zu Ihrem Amtsantritt heiße ich Sie herzlich willkommen und danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet, sowie für die Empfindungen der Hochachtung, die Sie gegenüber dem Heiligen Stuhl zum Ausdruck gebracht haben. Ich bitte Sie, den Herrn Präsidenten der Republik wissen zu lassen, daß ich seine Grüße herzlich erwidere, während ich meinen Gruß auf das ganze albanische Volk ausweite, dessen Streben nach Wahrheit und Freiheit, wie Sie zu Recht gesagt haben, auch durch die lange und harte kommunistische Diktatur nicht ausgelöscht wurde, von der es erst seit wenigen Jahren befreit ist. Damit eine Atmosphäre echter Freiheit wachsen kann, bedarf es eines angemessenen ethischspirituellen Umfeldes, das in seiner Auffassung das Wesen und die Berufung des Menschen und der Welt widerspiegelt. Europa war gewiß mit seinem überaus reichen geistigen und institutionellen Erbe im Verlauf dieser beiden Jahrtausende ein vorrangiges »Laboratorium« der Zivilisation, wenn auch unter großen und vielfältigen Mühsalen. Wie viele Kriege! Bis hin zu jenen des vergangenen Jahrhunderts, die das Ausmaß von Weltkriegen angenommen haben. Albanien strebt danach, sich auch institutionell in die europäischen Nationen zu integrieren, da es sich mit ihnen nicht nur aus geographischen, sondern auch und vor allem aus historisch-kulturellen Gründen bereits verbunden weiß. Ich kann nur wünschen, daß jenes Streben eine wirksame und vollkommene Umsetzung finden möge und zu einem harmonischen Prozeß der Einigung Europas auf besondere Weise beitragen kann.

Herr Botschafter, ich habe mich sehr gefreut, daß Sie im Hinblick sowohl auf die Vergangenheit als auch auf die Gegenwart hervorgehoben haben, wie wichtig die Anwesenheit und das Wirken der katholischen Kirche in Albanien ist – für die Förderung des Glaubens und der geistlichen Werte sowie für die Hilfe, die die Kirche in Notsituationen vieler Art leistet. In diesem Zusammenhang möchte ich an Mutter Teresa erinnern, die im Jahre 2003 durch meinen verehrten Vorgänger Johannes Paul II. seliggesprochen wurde. Mit dem Zeugnis eines Lebens aus dem Geist des Evangeliums und mit dem entwaffnenden Mut ihrer Taten, ihrer Worte und ihrer Schriften hat diese auserwählte Tochter Albaniens allen verkündet, daß Gott Liebe ist und daß er jeden Menschen liebt, besonders die Armen und Verlassenen. In der Tat ist die Liebe die wahre revolutionäre Kraft, die die Welt verändert und sie zu ihrer Erfüllung fortschreiten läßt; von dieser Liebe möchte die Kirche Zeugnis geben durch ihre Erziehungsarbeit und ihre Hilfswerke, die nicht nur den Katholiken offenstehen, sondern allen Menschen. Das ist der Stil, den Jesus Christus gelehrt hat: Das Gute muß um seiner selbst willen getan werden und nicht mit anderen Zielen. Indem ich diesen Einsatz der Kirche für die Umsetzung der dem Evangelium entsprechenden Liebe unterstreiche, möchte ich daran erinnern, daß eine wichtige Form der Nächstenliebe die Tätigkeit im Bereich der Politik ist, wenn sie als Dienst an der »polis«, an der »öffentlichen Sache« gelebt wird, unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls. Diesen Dienst auszuüben, fühlen sich die Katholiken berufen, besonders die Laien, unter Achtung der rechtmäßigen Autonomie der Politik und in Zusammenarbeit mit allen Bürgern für den Aufbau einer blühenden, brüderlichen und solidarischen Nation. In diesem Augenblick steht Albanien vielen Herausforderungen gegenüber. Ich möchte daraus das Problem der Auswanderung vieler seiner Söhne und Töchter herausgreifen. Wenn es einerseits notwendig ist, die Ursachen dieses Phänomens zu bekämpfen, so müssen jedoch auch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß diejenigen, die es wünschen, in ihre Heimat zurückkehren können. Und ich möchte hier meine Wertschätzung den Albanern aussprechen, die den besten Werten ihrer Tradition treu sind und in Italien, in Europa und anderen Ländern der Erde hochgeachtet werden.

Was darüber hinaus die offiziellen Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Staat betrifft, so heiße ich die von Ihnen erwähnte Vereinbarung gut, die mit dem Ziel getroffen wurde, das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Albanien aus dem Jahr 2002 zur Anwendung zu bringen. Ich wünsche, daß entsprechende Vereinbarungen folgen mögen, um auch die wirtschaftlichen Aspekte zu regeln, die eine nicht geringe Bedeutung besitzen. Der Heilige Stuhl will auf diese Weise zur Konsolidierung des Rechtsstaates in Albanien und zur Schaffung der notwendigen juridischen Rahmenbedingungen für die wirkliche Ausübung der Bürgerrechte im religiösen Bereich beitragen. Das wird darüber hinaus das Zusammenleben der verschiedenen religiösen Bekenntnisse unterstützen, die es in Ihrem Land gibt und die bisher ein Musterbeispiel gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit gegeben haben, das es zu bewahren und zu fördern gilt.

Herr Botschafter, ich bringe Ihnen meine besten Wünsche zum Ausdruck für eine friedvolle und gewinnbringende Sendung und versichere Sie der herzlichen Mitarbeit derer, die in den verschiedenen Dikasterien des Apostolischen Stuhls tätig sind. Am Ende dieser Reflexionen möchte ich gerne noch einmal den hoffnungsvollen Wunsch wiederholen, den der Diener Gottes Johannes Paul II. während des historischen Besuchs am 25. April 1993 an das geliebte albanische Volk richtete, das heißt »vereint und entschlossen den Weg weiterzugehen, der … zur vollen Freiheit in Achtung vor allen führt, wenn ihr den euch vertrauten Fußstapfen des friedlichen Zusammenlebens sowie der offenen Zusammenarbeit und Absprache unter den verschiedenen ethnischen, kulturellen und geistigen Gruppen folgt« (Ansprache bei der Ankunft auf dem Flugplatz Rinas/Tirana; in O.R. dt., Nr. 18, 7.5.1993, S. 9). Auf diesem Weg wird Albanien auf die Unterstützung durch die katholische Kirche und insbesondere durch den Heiligen Stuhl zählen können. Dessen versichere ich Sie ebenso wie meines Gebetsgedenkens, während ich den himmlischen Segen auf Sie und Ihre Familie, auf den Präsidenten der Republik und auf das ganze albanische Volk herabrufe.

 

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