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ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.
AN HERRN HIDEKAZU YAMAGUCHI,  
NEUER BOTSCHAFTER JAPANS BEIM HEILIGEN STUHL

Samstag, 27. November 2010

 

Exzellenz!

Ich freue mich, Sie anläßlich der Überreichung des Beglaubigungsschreibens zu empfangen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter Japans beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Grüße, die Sie mir im Namen Seiner Majestät des Kaisers ausgesprochen haben. Im Gegenzug möchte ich Sie bitten, ihm meine herzlichen Wünsche zu übermitteln und ihn meines Gebets für seine Gesundheit und die der Mitglieder der kaiserlichen Familie zu versichern. Gerne möchte ich auch der Regierung und der ganzen japanischen Bevölkerung meinen Gruß aussprechen. Der Heilige Stuhl ist froh über die ausgezeichneten Beziehungen, die er immer zu Ihrem Land unterhalten hat, seitdem diese Beziehungen vor fast 60 Jahren aufgenommen wurden. Sie waren stets durch Herzlichkeit und gegenseitiges Verständnis geprägt. Durch Ihre Exzellenz möchte ich Seiner kaiserlichen Majestät sowie der Regierung versichern, daß der Heilige Stuhl sich bemühen wird, diese Beziehungen weiterzuführen und zu verstärken.

Japan ist seit seinem Eintritt in die Vereinten Nationen ein wichtiger Akteur auf der regionalen und internationalen Bühne und hat auf entscheidende Weise zum Ausbau des Friedens, der Demokratie und der Menschenrechte im Fernen Osten und weit darüber hinaus beigetragen, vor allem in den Entwicklungsländern. Der Heilige Stuhl hat durch seine in diesen Staaten vorhandenen diplomatischen Missionen die von Ihrem Land für die Entwicklung bewilligten Finanzierungshilfen sowie weitere Hilfsmaßnahmen erfreut zur Kenntnis genommen. Sie wirken sich unmittelbar auf die Begünstigten aus, das ist richtig, doch sie stellen sicherlich auch eine wesentliche Grundlage dar für die Errichtung eines dauerhaften Friedens und des Wohlstands in der Gemeinschaft der Nationen der Welt.

Indem Sie so, durch die internationale Zusammenarbeit, zum Aufbau der Einheit der Menschheitsfamilie beitragen, helfen Sie, eine Weltwirtschaft zu errichten, in der jeder den ihm angemessenen Platz einnehmen und wie nie zuvor von den weltweiten Ressourcen profitieren kann. Erlauben Sie mir, Ihre Regierung zu ermutigen, ihre Politik der Zusammenarbeit für die Entwicklung fortzusetzen, vor allem in den Bereichen, die die Ärmsten und Schwächsten betreffen. Dieses Jahr wird geprägt durch den 65. Jahrestag des tragischen Atombombenabwurfs auf die Bevölkerung von Hiroshima und Nagasaki.

Die Erinnerung an diese düstere Episode in der Geschichte der Menschheit wird jedes Jahr schmerzlicher, in dem Maße, in dem die direkten Zeugen dieses entsetzlichen Ereignisses allmählich immer weniger werden. Diese Tragödie ruft uns eindringlich in Erinnerung, wie notwendig es ist, uns weiterhin beharrlich für die Nichtverbreitung von Atomwaffen und für die Abrüstung einzusetzen. Atomwaffen verursachen weiterhin große Besorgnis. Ihr Besitz und die Gefahr ihres möglichen Einsatzes rufen Spannungen und Mißtrauen in vielen Teilen der Welt hervor. Ihr Land, Herr Botschafter, muß als Vorbild angeführt werden für seine ständige Unterstützung bei der Suche nach politischen Lösungen, die nicht nur erlauben, die Verbreitung von Nuklearwaffen zu verhindern, sondern auch vermeiden, daß der Krieg als ein Weg zur Lösung von Konflikten zwischen Nationen und Völkern betrachtet wird. Der Heilige Stuhl, der mit Japan das Anliegen einer Welt ohne Atomwaffen teilt, ermutigt alle Nationen, geduldig die wirtschaftlichen und politischen Verbindungen des Friedens zu knüpfen, die sich wie ein Bollwerk gegen jeden Vorwand erheben, zu den Waffen zu greifen, und die es erlauben, die ganzheitliche menschliche Entwicklung aller Völker zu fördern (vgl. Generalaudienz, 5. Mai 2010). Ein Teil der Mittel, die für Waffen bewilligt werden, könnte stattdessen Projekten der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, der Bildung und der Gesundheit zugeführt werden. Dies würde zweifellos zur inneren Stabilität der Länder und zur Stabilität zwischen den Völkern beitragen (vgl. Caritas in veritate, 29).

In diesen Zeiten der Instabilität der Märkte und der Beschäftigung bleibt also die Notwendigkeit, sichere Finanzierungshilfen für die Entwicklung zu finden, eine ständige Sorge. Von den mit der derzeitigen globalen Rezession verbundenen Schwierigkeiten ist kein Land verschont geblieben. Dennoch bleibt Japans Rolle in der internationalen Wirtschaft sehr wichtig und aufgrund der zunehmenden Globalisierung des Handelssystems und der Kapitalbewegungen – die eine Realität darstellt – werden sich die von Ihrer Regierung getroffenen Entscheidungen weiterhin weit über die Landesgrenzen hinaus auswirken. Mögen die Völker guten Willens in der derzeitigen internationalen Wirtschaftskrise einen »Anlaß zu Unterscheidung und neuer Planung« sehen (Caritas in veritate, n. 21), einer Planung, die sich durch die Liebe in der Wahrheit, durch Solidarität und durch den Einsatz zugunsten einer ethisch ausgerichteten Wirtschaft auszeichnet (vgl. ebd., 36).

Ihr Land, Exzellenz, genießt seit vielen Jahren Gewissensfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung, so daß die katholische Kirche in Japan die Möglichkeit hat, in Frieden und Brüderlichkeit mit allen zu leben. Ihren Mitgliedern steht es nicht nur frei, sich in der japanischen Kultur und Gesellschaft zu engagieren, sondern sie können im heutigen Japan vor allem durch ihre Universitäten, Schulen, Krankenhäuser und karitativen Einrichtungen, die sie gerne in den Dienst der gesamten Gemeinschaft stellen, eine wichtige und aktive Rolle spielen. In letzter Zeit haben sich diese Institutionen auch um die Bedürfnisse der Migranten gekümmert, die nach Japan gekommen sind und deren Situation sicherlich kluge Umsicht und wirksame Hilfe seitens der gesamten Gesellschaft erfordert.

Darüber hinaus möchte ich hervorheben, daß die Mitglieder der katholischen Kirche in Japan seit langem einen offenen und respektvollen Dialog mit den anderen Religionen führen, insbesondere solchen, die in Ihrem Land verwurzelt sind. Die Kirche hat stets die Achtung vor der menschlichen Person in ihrer Integrität und ihrer spirituellen Dimension gefördert, als ein wesentliches, allen Kulturen gemeinsames Element, das in der persönlichen Suche nach dem Heiligen und in der religiösen Praxis zum Ausdruck kommt. »Gott ist der Garant der wahren Entwicklung des Menschen, denn da er ihn nach seinem Bild geschaffen hat, begründet er auch seine transzendente Würde und nährt sein Grundverlangen, ›mehr zu sein‹« (ebd., 29). Ich möchte das japanische Volk des hohen Respekts versichern, mit dem die katholische Kirche den interreligiösen Dialog führt und ihn dafür einsetzt, das gegenseitige Vertrauen sowie Verständnis und Freundschaft im Interesse der gesamten Menschheitsfamilie zu fördern.

Erlauben Sie mir schließlich, Herr Botschafter, Ihnen für den Erfolg Ihrer Mission meine besten Wünsche auszusprechen und Sie meines Gebetes zu versichern wie auch der bereitwilligen Unterstützung der verschiedenen Ämter der Römischen Kurie bei der Ausübung Ihrer Aufgaben. Für Ihre Exzellenz, Ihre Familie und die Bevölkerung in Japan erbitte ich von Herzen Gottes reichen Segen.

 

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