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ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.
beim Neujahrsempfang für die Mitglieder des beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps

Apostolischer Palast, Sala Regia
Montag, 7. Januar 2013

[Video]

 

Exzellenzen!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist mir eine Freude, Sie, geschätzte Mitglieder des beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps, wie zu Beginn eines jeden neuen Jahres zu empfangen und Ihnen meine persönlichen Grüße und Wünsche auszusprechen. Darin schließe ich gerne die Nationen ein, die Sie vertreten und die ich meines fortwährenden Gedenkens und meines Gebetes versichere. Ich danke besonders dem Doyen Botschafter Alejandro Valladares Lanza sowie dem Vize-Doyen Botschafter Jean-Claude Michel für die ehrerbietigen Worte, die sie in Ihrer aller Namen an mich gerichtet haben. Insbesondere möchte ich dann diejenigen begrüßen, die zum ersten Mal an dieser Begegnung teilnehmen. Ihre Anwesenheit ist ein bedeutsames und geschätztes Zeichen für die fruchtbaren Beziehungen, welche die katholische Kirche auf der ganzen Welt mit den staatlichen Autoritäten unterhält. Es handelt sich um einen Dialog, dem das ganzheitliche Wohl jedes Menschen – das geistige und das materielle – ein Anliegen ist und der danach strebt, überall dessen transzendente Würde zu fördern. Wie ich in meiner Ansprache anläßlich des letzten öffentlichen ordentlichen Konsistoriums zur Kreierung neuer Kardinäle gesagt habe, „ist die Kirche von Anfang an kat’holon ausgerichtet, sie umfaßt das ganze Universum“ und mit ihm alle Völker, Kulturen und Traditionen. Diese „Ausrichtung“ stellt keine Einmischung in das Leben der verschiedenen Gesellschaften dar, sondern dient vielmehr dazu, das rechte Gewissen ihrer Bürger zu erleuchten und sie einzuladen, für das Wohl jedes Menschen und den Fortschrift der Menschheit zu arbeiten. In dieser Perspektive und um die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat im Dienst am Gemeinwohl zu fördern, wurden im vergangenen Jahr bilaterale Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und Burundi wie auch mit Äquatorialguinea unterzeichnet, und jenes mit Montenegro wurde ratifiziert. In demselben Geist beteiligt sich der Heilige Stuhl an den Arbeiten verschiedener internationaler Organisationen und Institutionen. Diesbezüglich freue ich mich, daß im vergangenen Dezember sein Antrag auf einen extraregionalen Beobachterstatus beim Zentralamerikanischen Integrationssystem angenommen wurde, auch aufgrund des Beitrags, den die katholische Kirche in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft in dieser Region leistet. Die Besuche einiger Staats- und Regierungschefs im Laufe des vergangenen Jahres wie auch die unvergeßlichen Apostolischen Reisen nach Mexiko und Kuba sowie in den Libanon waren günstige Gelegenheiten, um das staatsbürgerliche Engagement der Christen in diesen Ländern zu stärken wie auch die Würde des Menschen und die Grundlagen des Friedens zu fördern.

An dieser Stelle möchte ich auch gerne die wertvolle Arbeit erwähnen, die von den Päpstlichen Vertretern im ständigen Dialog mit Ihren Regierungen geleistet wird. Ich erinnere besonders an die Wertschätzung, der sich der Apostolische Nuntius in Elfenbeinküste Erzbischof Ambrose Madtha erfreute, der vor einem Monat zusammen mit seinem Chauffeur auf tragische Weise bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist.

Meine Damen und Herren Botschafter! Das Lukasevangelium berichtet, daß die Hirten in der Weihnachtsnacht die Engelschöre gehört haben, die Gott lobten und den Frieden für die Menschheit verkündeten. Der Evangelist hebt so die enge Beziehung zwischen Gott und dem sehnlichen Wunsch der Menschen aller Zeiten hervor, die Wahrheit zu kennen, die Gerechtigkeit zu üben und in Frieden zu leben (vgl. sel. Johannes XXIII., Enzyklika Pacem in terris: AAS 55 [1963], 257). Heute ist man manchmal verleitet zu denken, daß Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden Utopien seien und sich gegenseitig ausschließen. Die Wahrheit zu kennen scheint unmöglich, und die Anstrengungen, sie zu bekräftigen, scheinen oft in Gewalt zu münden. Andererseits besteht nach einer inzwischen weitverbreiteten Auffassung das Engagement für den Frieden nur in der Suche nach Kompromissen, die das Zusammenleben zwischen den Völkern oder unter den Bürgern innerhalb einer Nation gewährleisten. Aus christlicher Sicht hingegen gibt es eine enge Verbindung zwischen der Verherrlichung Gottes und dem Frieden der Menschen auf Erden, so daß der Friede nicht von einem bloß menschlichen Bemühen kommt, sondern Teilnahme an der Liebe Gottes selbst ist. Und es ist gerade die Gottvergessenheit und nicht seine Verherrlichung, die Gewalt erzeugt. Wenn man nämlich aufhört, sich auf eine objektive und transzendente Wahrheit zu beziehen, wie ist es dann möglich, einen echten Dialog zu führen? Wie kann man in diesem Fall vermeiden, daß offene und versteckte Gewalt zur letzten Regel der menschlichen Beziehungen werden? Ohne eine Offenheit auf das Transzendente hin wird der Mensch tatsächlich leicht zur Beute des Relativismus, und dann fällt es ihm schwer, gerecht zu handeln und sich für den Frieden einzusetzen.

Zu den Ausdrucksformen der Gottvergessenheit kann man jene hinzufügen, die auf die Unkenntnis seines wahren Gesichts zurückzuführen sind. Diese ist die Ursache eines schädlichen Fanatismus religiösen Ursprungs, der auch im Jahr 2012 in einigen hier vertretenen Ländern Opfer gefordert hat. Wie ich schon einmal gesagt habe, handelt es sich um eine Verzerrung der Religion selbst, da diese doch im Gegenteil danach strebt, den Menschen mit Gott zu versöhnen, die Gewissen zu erleuchten und zu reinigen und deutlich zu machen, daß jeder Mensch ein Abbild des Schöpfers ist.

Wenn also die Verherrlichung Gottes und der Friede auf Erden eng miteinander verbunden sind, so scheint es offensichtlich, daß der Friede zugleich Gabe Gottes und Aufgabe des Menschen ist, weil dieser seine freie und bewußte Antwort erfordert. Aus diesem Grund habe ich die jährliche Botschaft zum Weltfriedenstag mit dem Titel „Selig, die Frieden stiften“ überschrieben. Vor allem auf den Vertretern des öffentlichen und politischen Lebens liegt die große Verantwortung, für den Frieden zu arbeiten. Sie sind als erste aufgerufen, die zahlreichen Konflikte zu lösen, die fortwährend die Menschheit mit Blut überziehen, angefangen bei der im Plan Gottes privilegierten Region des Nahen Ostens. Ich denke zunächst an Syrien, das unablässig von Massakern zerrissen wird und Schauplatz schrecklicher Leiden unter der Zivilbevölkerung ist. Ich erneuere meinen Aufruf, die Waffen niederzulegen, damit so bald wie möglich der konstruktive Dialog maßgebend wird, um einen Konflikt zu beenden, in dem es keine Sieger, sondern nur Verlierer geben wird und der, wenn er andauert, nur ein Feld von Ruinen zurücklassen wird. Meine Damen und Herren Botschafter, ich bitte Sie, Ihre Regierungen weiter dafür zu sensibilisieren, daß dringend die unerläßlichen Hilfen bereitgestellt werden, um der ernsten humanitären Lage entgegenzutreten. Sehr aufmerksam schaue ich sodann auf das Heilige Land. Im Anschluß an die Zuerkennung des Beobachterstatus als Nichtmitgliedsstaat der Vereinten Nationen an Palästina wiederhole ich den Wunsch, daß mit der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft Israelis und Palästinenser sich für ein friedliches Zusammenleben im Rahmen zweier souveräner Staaten einsetzen, wo die Einhaltung der Gerechtigkeit und die legitimen Bestrebungen beider Völker gewahrt und garantiert werden. Jerusalem, werde was dein Name bedeutet! Stadt des Friedens und nicht der Spaltung; Prophetie des Reiches Gottes und nicht Botschaft der Instabilität und des Gegeneinanders!

Meine Gedanken gehen ferner zur geschätzten irakischen Bevölkerung. Ich wünsche, daß sie den Weg der Versöhnung geht, um zur ersehnten Stabilität zu gelangen.

Im Libanon, dessen verschiedene gesellschaftliche Kräfte ich im vergangenen September kennengelernt habe, möge die Vielfalt an religiösen Traditionen von allen als ein wahrer Reichtum für das Land und die ganze Region gepflegt werden und mögen die Christen ein wirksames Zeugnis geben für den Aufbau einer Zukunft in Frieden mit allen Menschen guten Willens.

Auch in Nordafrika ist die Zusammenarbeit aller Teile der Gesellschaft vorrangig. Jedem von ihnen muß das volle Bürgerrecht garantiert werden, die Freiheit, öffentlich seine Religion zu bekennen, und die Möglichkeit, zum Gemeinwohl beizutragen. Ich versichere allen Ägyptern meine Nähe und mein Gebet in dieser Zeit, da neue Institutionen eingesetzt werden.

Mit Blick auf das Afrika südlich der Sahara ermutige ich die Bemühungen, den Frieden aufzubauen, besonders dort, wo die Wunden der Kriege noch offen sind und wo die Last der humanitären Folgen groß ist. Ich denke besonders an die Region am Horn von Afrika wie auch an den Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo die Gewalt von neuem aufgeflammt ist und viele Menschen gezwungen hat, ihre Häuser, ihre Familien und Lebensbereiche zu verlassen. Gleichzeitig kann ich andere Bedrohungen nicht unerwähnt lassen, die sich am Horizont abzeichnen. In regelmäßigen Abständen ist Nigeria Schauplatz terroristischer Attentate, die Opfer fordern – vor allem unter Christen, die zum Gebet versammelt sind, so als wolle der Haß die Stätten des Gebets und des Friedens in ebenso viele Orte der Angst und der Spaltung verwandeln. Mit großer Trauer habe ich vernommen, daß selbst in den Tagen, an denen wir Weihnachten feiern, Christen auf barbarische Weise umgebracht wurden. Auch Mali wird von Gewalt zerrüttet und von einer tiefen institutionellen und gesellschaftlichen Krise heimgesucht, die eine effiziente Wachsamkeit seitens der internationalen Gemeinschaft auslösen muß. Ich hoffe, daß in der Republik Zentralafrika die für die kommenden Tage angekündigten Verhandlungen die Stabilität wiederherstellen und der Bevölkerung ersparen, die Furcht des Bürgerkrieges wieder zu erleben.

Der Aufbau des Friedens geht immer wieder neu über den Schutz des Menschen und seiner Grundrechte. Dieses Ziel, auch wenn es auf verschiedene Weise und unterschiedlich intensiv verfolgt wird, fordert alle Länder heraus und muß unentwegt von der transzendenten Würde des Menschen und von den seiner Natur eingeschriebenen Prinzipien inspiriert werden. Unter diesen steht an erster Stelle die Achtung des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen. In dieser Hinsicht habe ich mich gefreut, daß eine Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates im Januar letzten Jahres das Verbot der Euthanasie gefordert hat im Sinne vorsätzlicher Tötung eines abhängigen Menschen durch eine Tat oder Unterlassung. Zugleich muß ich mit Trauer feststellen, daß verschiedene Länder, auch solche christlicher Tradition, daran gearbeitet haben, eine Gesetzgebung einzuführen oder auszuweiten, welche die Abtreibung straffrei stellt. Die direkte, d. h. als Ziel oder Mittel gewollte Abtreibung steht schwer im Gegensatz zum Sittengesetz. Wenn die Kirche dies feststellt, fehlt es ihr nicht an Verständnis und Wohlwollen gegenüber der Mutter. Es geht vielmehr darum, darüber zu wachen, daß das Gesetz nicht dahin gelangt, das Gleichgewicht zwischen dem Recht auf Leben der Mutter und dem Recht des Kindes geboren zu werden, die beide von gleicher Art sind, ungerecht zu verändern. In dieser Frage bereitet ebenso Sorge die jüngste Entscheidung des interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinsichtlich der In-vitro-Fertilisation, die den Augenblick der Empfängnis willkürlich bestimmt und die Verteidigung des werdenden Lebens schwächt.

Leider gibt es vor allem in der westlichen Welt viele Mißverständnisse über die Bedeutung der Menschenrechte und der damit verbundenen Pflichten. Die Rechte werden oft mit übertriebenen Ausdrucksformen der Autonomie des Menschen verwechselt, die selbstbezogen wird, nicht mehr offen ist für die Begegnung mit Gott und mit den anderen und die sich verschließt in der Suche, allein die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Im Gegenteil, die Verteidigung der Rechte muß den Menschen in seiner Ganzheit als Person und Gemeinschaftswesen betrachten – dann ist sie authentisch.

Wenn wir nun unsere Überlegungen fortführen, lohnt es sich zu unterstreichen, daß die Bildung ein weiterer bevorzugter Weg für den Aufbau des Friedens ist. Dies lehrt uns unter anderem die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise. Diese ist entstanden, weil der Profit zu oft auf Kosten der Arbeit verabsolutiert wurde und weil man sich ungezügelt eher auf die Wege der Finanzwirtschaft eingelassen hat, als auf die Wege der Realwirtschaft zu setzen. Es ist daher notwendig, den Sinn der Arbeit und eines ihr angemessenen Profits wiederzufinden. Hierfür ist es nützlich, dahin zu erziehen, den Versuchungen von besonderen und kurzfristigen Erträgen zu widerstehen, um sich vielmehr am Gemeinwohl zu orientieren. Andererseits ist es dringlich, die Führungskräfte heranzubilden, die in der Zukunft die nationalen und internationalen Institutionen leiten werden (vgl. Botschaft zum 46. Weltfriedenstag 2013, 8. Dezember 2012, Nr. 6). Auch die Europäische Union braucht weitsichtige und qualifizierte Vertreter, um die schwierigen Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind, um ihre Wirtschaft zu sanieren und solide Grundlagen für ihre Entwicklung zu schaffen. Allein mögen vielleicht einige Länder schneller vorwärtskommen, aber gemeinsam kommen alle gewiß noch weiter! Wenn der spread, also die Unterschiede  zwischen den Risikoprämien bei Staatsanleihen, Anlaß zur Sorge geben, müßten die zunehmenden Unterschiede zwischen wenigen, die immer reicher werden, und vielen, die hoffnungslos ärmer werden, Bestürzung erwecken. Mit einem Wort, es geht darum, sich nicht mit dem „spread des sozialen Wohlstands“ abzufinden, während der der Finanzwelt bekämpft wird.

In die Bildung in den Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Lateinamerika zu investieren bedeutet, ihnen zu helfen, die Armut und die Krankheiten zu besiegen wie auch gerechte Rechtssysteme zu schaffen, die die Menschenwürde achten. Es ist unstreitig, daß gute Wirtschaftsmodelle nicht ausreichen, um Gerechtigkeit in die Tat umzusetzen, so sehr sie auch notwendig sind. Gerechtigkeit verwirklicht sich nur, wenn es gerechte Menschen gibt! Den Frieden aufbauen heißt daher, die Menschen zu erziehen, Korruption, Kriminalität, Drogenproduktion und -handel zu bekämpfen. Es bedeutet ebenso, Spaltungen und Spannungen zu vermeiden, welche die Gesellschaft aufzureiben drohen, weil sie ihre Entwicklung und das friedliche Zusammenleben behindern.

Unseren heutigen Ausführungen möchte ich weiter anfügen, daß der gesellschaftliche Friede auch durch gewisse Verstöße gegen die Religionsfreiheit gefährdet wird: Manchmal handelt es sich um die Marginalisierung der Religion im gesellschaftlichen Leben; in anderen Fällen um Intoleranz oder sogar Gewalt gegen Personen, Identitätssymbole und religiöse Institutionen. Es kommt auch vor, daß Gläubige – besonders Christen – daran gehindert werden, durch ihre Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen zum Gemeinwohl beizutragen. Um die Ausübung der Religionsfreiheit wirksam zu schützen, ist dann notwendig, das Recht auf Einwand aus Gewissensgründen zu respektieren. Diese „Grenze“ der Freiheit berührt Prinzipien von großer Bedeutung und von ethischem und religiösem Charakter, die in der Würde des Menschen selbst verwurzelt sind. Sie sind wie die „Tragmauern“ einer jeden Gesellschaft, die wirklich frei und demokratisch sein will. Den Einwand aus Gewissensgründen des einzelnen oder von Institutionen im Namen der Freiheit und des Pluralismus zu verbieten, würde folglich bedeuten, doch paradoxerweise der Intoleranz und der erzwungenen Gleichmachung die Türen zu öffnen.

In einer Welt mit immer offeneren Grenzen den Frieden durch den Dialog aufzubauen, ist im übrigen nicht eine Möglichkeit, zu der man sich entscheiden kann, sondern eine Notwendigkeit! Aus dieser Sicht ist die gemeinsame Erklärung des Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz und des Patriarchen von Moskau, die im vergangenen August unterzeichnet wurde, ein bedeutungsvolles Zeichen, das den Gläubigen gegeben wurde, um die Beziehungen zwischen dem russischen und dem polnischen Volk zu fördern. Ebenso möchte ich das jüngste Friedensabkommen auf den Philippinen erwähnen und die Rolle des Dialogs zwischen den Religionen für ein friedliches Zusammenleben in der Region Mindanao hervorheben.

Exzellenzen! Meine Damen und Herren! Am Ende der Enzyklika Pacem in terris, deren fünfzigster Jahrestag in diesem Jahr gefeiert wird, hat mein Vorgänger, der selige Johannes XXIII., daran erinnert, daß der Friede nur „ein leeres Wort“ bleibt, wenn er nicht von der Nächstenliebe erfüllt und vervollständigt wird (vgl. AAS 55 [1963], 303). Diese steht auch im Mittelpunkt des diplomatischen Wirkens des Heiligen Stuhls und vor allem der Sorge des Nachfolgers Petri und der ganzen katholischen Kirche. Nächstenliebe ersetzt nicht verneinte Gerechtigkeit, aber andererseits ergänzt Gerechtigkeit auch nicht verweigerte Nächstenliebe. Die Kirche übt täglich die Nächstenliebe in ihren Fürsorgewerken wie Spitälern und Krankenstationen, in ihren Bildungseinrichtungen wie Waisenhäusern, Schulen, Kollegien und Universitäten sowie durch die Betreuung der Bevölkerungen in Not, besonders während und nach Konflikten. Im Namen der Nächstenliebe möchte die Kirche auch all jenen nahe sein, die infolge von Naturkatastrophen leiden. Ich denke an die Opfer der Überschwemmungen in Südostasien und des Hurrikans, der die Ostküste der Vereinigten Staaten von Amerika getroffen hat. Ich denke auch an jene, die unter dem starken Erdbeben gelitten haben, das einige Regionen Norditaliens zerstört hat. Wie Sie wissen, habe ich mich persönlich an diese Orte begeben und dort den sehnlichen Wunsch sehen können, wieder aufzubauen, was zerstört wurde. In diesem Moment der Geschichte Italiens wünsche ich, daß dieser Geist des Durchhaltevermögens und des gemeinsamen Engagements die ganze geschätzte Nation belebe.

Am Schluß dieser Begegnung möchte ich daran erinnern, daß der Diener Gottes Papst Paul VI. am Ende des II. Vatikanischen Konzils – seine Eröffnung war vor fünfzig Jahren – einige Botschaften erlassen hat, die immer noch aktuell sind. Eine davon war an alle Regierenden gerichtet, die er mit diesen Worten aufgerufen hat: „Ihnen kommt es zu, auf Erden Ordnung und Frieden unter den Menschen zu fördern. Aber vergessen Sie nicht: Es ist Gott, […] von dem die Ordnung und der Friede auf Erden kommt“ (Botschaft an die Regierenden, 8. Dezember 1965, Nr. 3). Diese Überlegungen mache ich heute mir zu eigen und entbiete Ihnen, meine Damen und Herren Botschafter und geschätzte Mitglieder des Diplomatischen Korps, Ihren Familien und Ihren Mitarbeitern meine besten Wünsche zum Neuen Jahr. Vielen Dank!

 

  

  



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