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APOSTOLISCHE REISE
IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
UND BESUCH BEI DER ORGANISATION DER VEREINTEN NATIONEN

INTERVIEW VON PAPST BENEDIKT XVI.
BEIM FLUG IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA 

Dienstag, 15. April 2008

 

Beginnen wir mit der Frage, die John Allen stellen wird, den wir wohl nicht vorstellen müssen, da er als Kommentator des vatikanischen Geschehens in den Vereinigten Staaten sehr bekannt ist.

Frage: Heiliger Vater, ich stelle meine Frage auf englisch, wenn ich darf, und wenn es vielleicht möglich sein sollte, wären wir für einige Worte auf englisch sehr dankbar. Die Frage: Die Kirche, der Sie in den Vereinigten Staaten begegnen werden, ist eine große Kirche, eine lebendige Kirche, aber in gewissem Sinne auch eine leidende Kirche, vor allem aufgrund der jüngsten Krise, die durch die Fälle sexuellen Mißbrauchs verursacht wurde. Die Menschen in Amerika erwarten von Ihnen ein Wort, eine Botschaft zu dieser Krise. Welche Botschaft werden Sie dieser leidenden Kirche bringen?

Benedikt XVI. (auf englisch): Es ist ein großes Leid für die Kirche in den Vereinigten Staaten und für die Kirche im allgemeinen, auch für mich persönlich, daß dies geschehen konnte. Wenn ich die Geschichte dieser Vorkommnisse betrachte, fällt es mir schwer, zu verstehen, wie Priester so sehr in ihrer Sendung versagen konnten, diesen Kindern das Heil und die Liebe Gottes zu bringen. Ich bin beschämt, und wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um sicherzustellen, daß so etwas in Zukunft nicht wieder geschieht. Ich denke, daß wir auf drei Ebenen handeln müssen, und zwar zunächst auf der Rechtsebene und auf politischer Ebene. Ich werde jetzt nicht über Homosexualität sprechen, denn das ist ein anderes Thema. Wir werden Pädophile unbedingt vom Priesteramt ausschließen; das ist absolut unvereinbar, und wer wirklich schuldig ist, ein Pädophiler zu sein, kann kein Priester sein. So können wir auf dieser ersten Ebene das Recht walten lassen und den Opfern helfen, denn sie leiden schwer darunter. Das sind die beiden Rechtsaspekte: Zum einen können Pädophile keine Priester sein, und zum anderen muß den Opfern auf jede nur mögliche Weise geholfen werden. Dann gibt es eine seelsorgliche Ebene. Die Opfer brauchen Heilung und Hilfe und Beistand und Versöhnung: Das ist eine große seelsorgliche Verpflichtung, und ich weiß, daß die Bischöfe und die Priester und alle Katholiken in den Vereinigten Staaten alles tun werden, was in ihren Kräften steht, um zu helfen, Beistand zu leisten und zu heilen. Wir haben eine Visitation der Seminare durchgeführt, und wir werden alles tun, was im Rahmen der Erziehung von Seminaristen möglich ist, um den Studenten eine tiefe geistliche, menschliche und intellektuelle Ausbildung zu geben. Nur Personen, die in gesunder Verfassung sind, können zum Priestertum zugelassen werden, nur Personen mit einem tiefen persönlichen Leben in Christus, die auch ein tiefes sakramentales Leben haben. Ich weiß also, daß die Bischöfe und die Spirituale der Priesterseminare alles tun werden, was in ihren Kräften steht, um zu einer wirklich sehr strengen Entscheidungsfindung zu gelangen, denn es ist wichtiger, gute Priester zu haben als viele Priester. Das ist auch unsere dritte Ebene, und wir hoffen, daß wir alles, was in unserer Macht steht, tun können, getan haben und auch in Zukunft tun werden, um diese Wunden zu heilen.

 

VESPER UND BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN DER USA

ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.

Nationalheiligtum der Unbefleckten Empfängnis in Washington, D.C.
Mittwoch, 16. April 2008

 

Unter den zum Evangelium des Lebens im Widerspruch stehenden Zeichen, die in Amerika und anderswo zu finden sind, verursacht eines tiefe Scham: der sexuelle Mißbrauch von Minderjährigen. Viele von euch haben mir von dem enormen Schmerz berichtet, den eure Gemeinden erlitten haben, als Kleriker ihre priesterlichen Pflichten und Aufgaben durch ein so schwerwiegend unsittliches Verhalten verraten haben. Während ihr euch um die Beseitigung dieses Übels bemüht, wo immer es vorkommt, dürft ihr der Unterstützung durch das Gebet des Gottesvolkes überall auf der Welt gewiß sein. Mit Recht hat für euch die Bekundung des Mitleids und Sorge für die Opfer Vorrang. Es ist eure von Gott gegebene Verantwortung als Bischöfe, die Wunden, die von einem Vertrauensmißbrauch verursacht wurden, zu verbinden, bei der Heilung behilflich zu sein, die Versöhnung zu fördern und mit liebevoller Sorge denen nahe zu sein, die so ernsthaft geschädigt worden sind.

Die Antwort auf diese Situation ist nicht leicht gewesen, und das Problem ist, worauf der Vorsitzende eurer Bischofskonferenz hingewiesen hat, »oft sehr schlecht gehandhabt worden«. Da nun das Ausmaß und die Schwere des Problems klarer aufgedeckt ist, wart ihr in der Lage, angemessenere Abhilfe- und disziplinäre Maßnahmen zu ergreifen und ein sicheres Umfeld zu fördern, das den Kindern und Jugendlichen größeren Schutz bietet. Während daran erinnert werden muß, daß die überwiegende Mehrheit der Priester und Ordensleute in Amerika hervorragende Arbeit leisten, wenn sie den ihrer Sorge anvertrauten Menschen die befreiende Botschaft des Evangeliums bringen, ist es unbedingt notwendig, daß die Verwundbaren immer vor jenen geschützt werden, die ihnen Schaden zufügen würden. In dieser Hinsicht tragen eure Bemühungen um Heilung und Schutz nicht nur Früchte für diejenigen, die direkt unter eurer Hirtensorge stehen, sondern für die ganze Gesellschaft.

Wenn jedoch die von euch angewandten Maßnahmen und Programme ihren vollen Zweck erfüllen sollen, müssen sie in einen breiteren Kontext gestellt werden. Die Kinder haben ein Recht darauf, mit einem gesunden Verständnis von Sexualität und der ihr eigenen Rolle in den menschlichen Beziehungen aufzuwachsen. Sie sollten von den degradierenden Manifestationen und der heute so weit verbreiteten rohen Manipulation der Sexualität verschont werden. Sie haben ein Recht darauf, in den echten moralischen Werten, die in der Würde des Menschen verwurzelt sind, erzogen zu werden. Das führt uns wieder zurück zu unseren Überlegungen zur zentralen Stellung der Familie und der Notwendigkeit, das Evangelium des Lebens zu fördern. Was heißt es, vom Schutz des Kindes zu reden, wenn in so vielen Häusern über die heute weithin zugänglichen Medien Pornographie und Gewalt angeschaut werden können? Wir müssen dringend die Werte wieder stärken, die die Gesellschaft tragen, damit den jungen Menschen wie auch den Erwachsenen eine gesunde moralische Bildung angeboten werden kann. Alle haben in dieser Aufgabe eine Rolle zu spielen – nicht nur die Eltern, die religiösen Führer, die Lehrer und Katecheten, sondern auch die Massenmedien und die Unterhaltungsindustrie. In der Tat kann jedes Mitglied der Gesellschaft zu dieser moralischen Erneuerung beitragen und von ihr profitieren. Sich wirklich um die jungen Menschen und um die Zukunft unserer Zivilisation zu kümmern heißt, daß wir unsere Verantwortung anerkennen, die wahren moralischen Werte, die allein den Menschen zu seiner vollen Entfaltung befähigen, sie zu fördern und aus ihnen zu leben. Eure Aufgabe als Bischöfe nach dem Vorbild Christi, des Guten Hirten, ist es, diese Botschaft laut und klar zu verkünden und daher die Sünde des Mißbrauchs in den breiteren Kontext der Sexualmoral zu stellen. Darüber hinaus könnt ihr dadurch, daß ihr das Problem, wenn es im kirchlichen Umfeld auftritt, anerkennt und euch mit ihm auseinandersetzt, anderen eine Orientierung geben, da diese Geißel ja nicht nur in euren Diözesen, sondern in jedem Bereich der Gesellschaft zu finden ist. Es erfordert eine entschiedene und gemeinsame Antwort.

Auch die Priester brauchen in dieser schweren Zeit eure Leitung und Nähe. Sie haben die Scham für das, was geschehen ist, erfahren und viele von ihnen spüren, daß sie das Vertrauen und die Achtung, die sie einst genossen, verloren haben. Nicht wenige erfahren eine Nähe zu Christus in seinem Leiden, während sie mühsam darum ringen, die Folgen der Krise zu bewältigen. Der Bischof als Vater, Bruder und Freund seiner Priester kann ihnen helfen, aus dieser Verbundenheit mit Christus geistliche Frucht zu ziehen, indem er ihnen die tröstliche Gegenwart des Herrn inmitten ihres Leidens bewußt macht und sie dazu ermutigt, mit dem Herrn den Weg der Hoffnung zu gehen (vgl. Spe salvi, 39). Wie Papst Johannes Paul II. vor sechs Jahren bemerkte, »müssen wir darauf vertrauen, daß diese Zeit der Prüfung eine Reinigung der ganzen katholischen Gemeinschaft mit sich bringen wird, eine Reinigung, die … zur größeren Heiligkeit des Priestertums, des Episkopats und der Kirche führen muß« (Ansprache an die Kardinäle der Vereinigten Staaten, 23. April 2002, Nr. 4; in O.R. dt., Nr. 18, 3.5.2002, S. 7). Es gibt viele Zeichen dafür, daß in der Zwischenzeit tatsächlich eine solche Läuterung stattgefunden hat. Die ständige Gegenwart Christi inmitten unseres Leidens verwandelt unsere Finsternis nach und nach in Licht: In der Tat, alles wird in Christus Jesus, unserer Hoffnung, neu gemacht.
 

 

HEILIGE MESSE

PREDIGT VON PAPST BENEDIKT XVI.

Nationals Stadium, Washington, D.C.
Donnerstag, 17. April 2008

 

Im Kontext dieser Hoffnung, die in der Liebe und Treue Gottes ihren Ursprung hat, bin ich mir auch des Schmerzes bewußt, den die katholische Kirche in Amerika als Folge des sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger erfahren hat. Keines meiner Worte könnte die durch einen solchen Mißbrauch zugefügten Schmerzen und Leiden beschreiben. Es ist wichtig denen, die gelitten haben, eine liebevolle pastorale Aufmerksamkeit zu widmen. Auch kann ich den in der Gemeinschaft der Kirche entstandenen Schaden nicht angemessen in Worte fassen. Große Anstrengungen sind schon unternommen worden, um mit dieser tragischen Situation ehrlich und fair umzugehen und sicherzustellen, daß Kinder – die unser Herr so sehr liebt (vgl. Mk 10,14) und die unser größter Schatz sind – in einer sicheren Umgebung aufwachsen können. Dieses Bemühen, die Kinder zu schützen, muß weitergeführt werden. Gestern habe ich mit euren Bischöfen darüber gesprochen. Heute möchte ich jeden von euch ermutigen, alles in eurer Macht Stehende zu tun, um Heilung und Versöhnung zu fördern, und denen beizustehen, die verletzt worden sind. Ich bitte euch auch darum, eure Priester zu lieben und sie in der hervorragenden Arbeit zu unterstützen, die sie tun. Und betet vor allem darum, daß der Heilige Geist seine Gaben über die Kirche ausgießen möge, die Gaben, die zu Versöhnung, Vergebung und Wachstum in der Heiligkeit führen.


VOTIVMESSE FÜR DIE UNIVERSALKIRCHE

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

 St.-Patrick-Kathedrale, New York
Samstag, 19. April 2008

 

Wir brauchen die Sichtweise, die aus dem Glauben kommt, ebenso wie die Einheit und Zusammenarbeit beim Aufbau der Kirche, und in diesem Zusammenhang möchte ich etwas zum sexuellen Mißbrauch sagen, der soviel Leid verursacht hat. Ich hatte bereits Gelegenheit, darüber zu sprechen, und auch über den Schaden, der der Gemeinschaft der Gläubigen dadurch zugefügt wurde. An dieser Stelle möchte ich euch, liebe Priester und Ordensleute, einfach nur meiner geistlichen Nähe versichern bei euren Bemühungen, mit christlicher Hoffnung den ständigen Herausforderungen zu begegnen, die diese Situation stellt. Ich schließe mich eurem Gebet an, daß dies eine Zeit der Reinigung für jede Teilkirche und Ordensgemeinschaft sein möge, eine Zeit der Heilung. Und ich ermutige euch auch zur Zusammenarbeit mit euren Bischöfen, die weiterhin konkret daran arbeiten, dieses Problem zu lösen. Möge unser Herr Jesus Christus der Kirche in Amerika ein erneuertes Bewußtsein von ihrer Einheit und ihrem Ziel gewähren, während alle – Bischöfe, Klerus, Ordensleute und Laien – in der Hoffnung und in der Liebe zur Wahrheit und zueinander ihren Weg fortsetzen.

 

 

PRESS RELEASE OF THE HOLY SEE PRESS OFFICE ON THE MEETING OF THE HOLY FATHER, BENEDICT XVI, WITH A GROUP OF VICTIMS OF SEXUAL ABUSE BY MEMBERS OF THE CLERGY

Today at 4:15 p.m. the Holy Father met in the chapel at the Apostolic Nunciature in Washington D.C. with a small group of persons who were sexually abused by members of the clergy.

The Archbishop of Boston, Cardinal Sean O’Malley, accompanied the group. They prayed with the Holy Father, who afterwards listened to their personal accounts and offered them words of encouragement and hope.

His Holiness assured them of his prayers for their intentions, for their families and for all victims of sexual abuse.

From the Vatican, 17 April 2008

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