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HEILIGE KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

 

Antworten bezüglich der Sterilisation
in katholischen Krankenhäusern

 

Diese Heilige Kongregation befasste sich nicht nur sorgfältig mit dem Problem der präventiven therapeutischen Sterilisation, sondern auch mit den von verschiedenen Personen vorgeschlagenen Lösungsvorschlägen sowie mit den Konflikten im Zusammenhang mit Anfragen, in katholischen Krankenhäusern an solchen Sterilisierungen mitzuwirken. Die Kongregation hat entschieden, diese Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Jede Sterilisierung, die aus sich selbst, das heißt aufgrund ihrer eigenen Natur und Beschaffenheit, ausschließlich und unmittelbar bewirkt, dass die Fähigkeit zur Fortpflanzung außer Kraft gesetzt wird, ist als direkte Sterilisation zu betrachten in dem Sinn, in dem die Erklärungen des päpstlichen Lehramtes, vor allem von Pius XII. [1], diesen Begriff verstanden haben. Trotz der subjektiven guten Absicht jener, deren Eingriffe von der Behandlung oder der Prävention einer voraussehbaren oder befürchteten körperlichen oder geistigen Krankheit motiviert sind, bleibt deshalb eine solche Sterilisierung gemäß der Lehre der Kirche absolut verboten. Die Sterilisierung der Zeugungsfähigkeit ist nämlich aus einem noch schwerwiegenderen Grund verboten als die Sterilisierung einzelner Handlungen, denn sie bewirkt in der Person einen fast immer irreversiblen Zustand der Sterilität. Man kann sich auch nicht auf irgendeine Verfügung der öffentlichen Autorität berufen, welche die direkte Sterilisation als notwendig für das Gemeinwohl auferlegen wollte, denn eine solche Sterilisation beeinträchtigt die Würde und Unantastbarkeit der menschlichen Person [2]. Ähnlich kann man sich in diesem Fall auch nicht auf das Prinzip der Totalität berufen, gemäß dem Eingriffe in Organe durch das größere Wohl der Person gerechtfertigt werden; denn die Sterilität als solche ist nicht auf das recht verstandene Gesamtwohl der Person „in Wahrung der rechten Güter- und Werteordnung“ [3] ausgerichtet: Sie widerspricht dem sittlichen Gut der Person, das ihr höchstes Gut ist, weil sie die vorgesehene und frei gewählte sexuelle Tätigkeit eines wesentlichen Elementes beraubt. Der Artikel 20 des 1971 von der Konferenz promulgierten Gesundheits- und Ethikkodexes gibt darum getreu die Lehre wider, an die man sich zu halten hat und deren Beachtung einzufordern ist.

2. Die Kongregation bekräftigt diese überlieferte Lehre der Kirche, weiß aber auch darum, dass verschiedene Theologen im Dissens dazu stehen. Die Kongregation verneint jedoch, dass diesem Umstand eine lehrmäßige Bedeutung beigemessen werden kann, als ob es sich dabei um einen „theologischen Ort“ handelte, auf den sich die Gläubigen berufen könnten, wenn sie sich vom authentischen Lehramt der Kirche abwenden und Privatmeinungen von Theologen folgen, die sich im Dissens befinden [4].

3. Zum Vorgehen in katholischen Krankenhäusern:

a) Absolut verboten ist jede Form von Mitwirkung, die institutionell eine Gutheißung oder Befürwortung von Eingriffen beinhaltet, welche in sich selbst (aufgrund ihrer Natur und Beschaffenheit) eine kontrazeptive Zielsetzung verfolgen, also die natürlichen Folgen von bewusst vollzogenen sexuellen Handlungen des sterilisierten Subjekts verhindern. Die offizielle Gutheißung der direkten Sterilisierung und – aus noch schwerwiegenderem Grund – ihre Planung und Durchführung gemäß den Richtlinien des Krankenhauses ist, objektiv betrachtet, in sich schlecht. Aus keinem Grund darf ein katholisches Krankenhaus hier Mithilfe leisten. Eine derartige Mitwirkung wäre der Sendung, die einer solchen Institution anvertraut ist, ganz und gar unangemessen und würde der notwendigen Verkündigung und Verteidigung der sittlichen Ordnung widersprechen.

b) Die überlieferte Lehre bezüglich der materiellen Mitwirkung – mit den gebotenen Unterscheidungen zwischen notwendiger, freier, naheliegender und entfernter Mitwirkung – bleibt gültig und muss gegebenenfalls mit größter Sorgfalt angewandt werden.

c) Bei der Anwendung des Prinzips der materiellen Mitwirkung muss gegebenenfalls mit großer Sorgfalt darauf geachtet werden, dass das Ärgernis und die Gefahr jeglicher Verwirrung der Ideen vermieden wird; deshalb soll in angemessener Weise erklärt werden, was wirklich unternommen wurde.

Diese Heilige Kongregation hofft, dass die in diesem Schreiben in Erinnerung gerufenen Kriterien den Erwartungen des Episkopats entsprechen, damit die Unsicherheiten der Gläubigen beseitigt werden und die Bischöfe ihren pastoralen Pflichten leichter nachkommen können.

Rom, Kongregation für die Glaubenslehre, 13. März 1975.

 

Franjo Card. Seper
Präfekt

Fr. Jerome Hamer
Titularerzbischof von Lorium
Sekretär

 

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[1] Vgl. vor allem die beiden Allocutiones ad Unionem catholicam inter obstetrices et ad Societatem internationalem haematologiae: AAS 43 (1951), 843-844; 50 (1958), 734-737; Paol VI., Enz. Humanae vitae, Nr. 14: AAS 60 (1968), 490-491.

[2] Vgl. Pius XI., Enz. Casti connubii: AAS 22 (1930), 565.

[3] Paol VI., Enz. Humanae vitae: AAS 60 (1968), 487.

[4] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium, n. 25: AAS 57 (1965), 29-30; Pius XII., Allocutio ad PP. Cardinales: AAS 46 (1954), 672; Enz. Humani generis: AAS 42 (1950), 568; Paul VI., Allocutio ad Conventum de theologia Concil. Vat. II: AAS 58 (1966), 889-896 (vor allem 890-894); Allocutio ad Sodales Congregationis Ss.mi Redemptoris: AAS  59 (1967), 960-963 (vor allem 962).