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KONGREGATION FÜR DIE
GLAUBENSLEHRE
INSTRUKTION ÜBER DIE ACHTUNG VOR DEM
BEGINNENDEN MENSCHLICHEN LEBEN UND DIE
WÜRDE DER FORTPFLANZUNG
VORWORT
Die Kongregation für die Glaubenslehre ist von verschiedenen
Bischofskonferenzen wie auch von einzelnen Bischöfen, von Theologen, Ärzten und
Vertretern der Wissenschaft bezüglich der Übereinstimmung der Grundsätze der
katholischen Moral mit den biomedizinischen Techniken befragt worden, die
Eingriffe in die Anfangsphase des menschlichen Lebens und in die
Fortpflanzungsvorgänge selbst ermöglichen. Die vorliegende Instruktion, Frucht
einer umfangreichen Befragung und besonders einer sorgfältigen Bewertung
bischöflicher Erklärungen, will nicht die gesamte Lehre der Kirche über die
Würde des beginnenden menschlichen Lebens und der Fortpflanzung neu vorlegen,
sondern möchte im Licht der vorangegangenen Aussagen des Lehramtes spezifische
Antworten auf die in diesem Zusammenhang hauptsächlich erhobenen Fragen bieten.
Die Darlegung ist wie folgt gegliedert: Eine Einführung ruft die grundlegenden
anthropologischen und moralischen Prinzipien in Erinnerung, die für eine
angemessene Bewertung der Probleme und für die Ausarbeitung der Antworten auf
diese Fragen notwendig sind; der erste Teil hat die Achtung des menschlichen
Wesens vom ersten Augenblick seiner Existenz an zum Thema; der zweite Teil
begegnet den moralischen Fragestellungen, die die Eingriffe der Technik in die
menschliche Fortpflanzung aufgeworfen haben; der dritte Teil bietet einige
Orientierungen über die Beziehungen zwischen dem Sittengesetz und der
staatlichen Gesetzgebung über die den menschlichen Embryonen und Föten*)
geschuldete Achtung in bezug auf die Zulässigkeit der Techniken künstlicher
Fortpflanzung.
*) Die Ausdrücke „Zygote“, „Prä-Embryo“, „Embryo“ und „Fötus“
können in der Begrifflichkeit der Biologie aufeinanderfolgende
Entwicklungsstadien eines menschlichen Wesens bedeuten. Die vorliegende
Instruktion macht von diesen Begriffen ohne Scheu Gebrauch, indem sie jedem von
ihnen die gleiche ethische Bedeutung zuweist, um die Frucht der menschlichen
Zeugung, sei sie nun sichtbar oder nicht, vom ersten Augenblick ihrer Existenz
an bis zur Geburt zu bezeichnen. Der Grund für diesen Sprachgebrauch wird im
Text erklärt (vgl. I, 1).
EINFÜHRUNG
1. Die biomedizinische Forschung und die Unterweisung der
Kirche
Das Geschenk des Lebens, das Gott als Schöpfer und Vater dem
Menschen anvertraut hat, verlangt von diesem, sich des unschätzbaren Wertes
solchen Lebens bewußt zu werden und die Verantwortung dafür zu übernehmen:
Dieses grundlegende Prinzip muß in den Mittelpunkt der Überlegung gestellt
werden, um die moralischen Probleme zu klären und zu lösen, die die künstlichen
Eingriffe in das beginnende Leben und in die Fortpflanzungsvorgänge aufgeworfen
haben. Dank des Fortschritts der biologischen und medizinischen Wissenschaften
kann der Mensch über immer wirksamere therapeutische Mittel verfügen, aber er
kann auch neue Macht erwerben, mit unvorhersehbaren Folgen für das menschliche
Leben an seinem Beginn selbst und in seinen ersten Stadien. Verschiedene
Verfahren ermöglichen heute Eingriffe nicht nur zur Unterstützung, sondern auch
zur Beherrschung der Fortpflanzungsvorgänge. Derartige Techniken gestatten es
dem Menschen, „sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen“, aber sie setzen
ihn auch „der Versuchung aus, die Grenzen einer vernunftgemäßen Herrschaft über
die Natur zu überschreiten“.(1) So sehr sie einen Fortschritt im Dienst am
Menschen bedeuten können, bringen sie doch auch schwerwiegende Risiken mit sich.
Von vielen kommt daher ein dringender Aufruf, bei den Eingriffen in die
Fortpflanzung mögen die Werte und Rechte der menschlichen Person gewahrt werden.
Die Anfragen nach Klärung und Orientierung kommen nicht nur von den Gläubigen,
sondern auch von denen, die jedenfalls eine Sendung der Kirche, die „erfahren in
allem Menschlichen“ (2) ist, im Dienst der „Zivilisation der Liebe“ (3) und des
Lebens anerkennen.
Das Lehramt der Kirche tritt nicht im Namen einer besonderen Kompetenz im
Bereich der Naturwissenschaften auf, sondern will, nach Kenntnisnahme der Daten
der Forschung und Technik, ihrem vom Evangelium kommenden Auftrag und ihrer
apostolischen Pflicht gemäß die Morallehre vorlegen, die der Würde der Person
und ihrer ganzheitlichen Berufung entspricht. Sie tut es, indem sie die
moralischen Urteilskriterien für die Anwendung der wissenschaftlichen Forschung
und besonders der auf das menschliche Leben und seine Anfänge bezogenen Technik
darlegt. Solche Kriterien sind die Achtung, die Verteidigung und die Förderung
des Menschen, sein „ursprüngliches und grundlegendes Recht“ auf Leben, (4) seine
Würde als Person, mit einer Geistseele begabt, mit moralischer Verantwortung (5)
ausgestattet und zur seligen Gemeinschaft mit Gott gerufen. Das Eingreifen der
Kirche ist auch in diesem Bereich getragen von der Liebe, die sie dem Menschen
schuldet, dem sie hilft, seine Rechte und Pflichten zu erkennen und zu achten.
Diese Liebe nährt sich aus den Quellen der Liebe Christi: Indem sie das
Geheimnis des fleischgewordenen Wortes betrachtet, erkennt die Kirche auch das
„Geheimnis des Menschen“ (6); indem sie das Evangelium des Heiles verkündet,
offenbart sie dem Menschen seine Würde und lädt ihn ein, seine Wahrheit in
voller Weise zu entdecken. So legt die Kirche erneut das göttliche Gesetz vor,
um das Werk der Wahrheit und Befreiung zu tun. Denn es geschieht aus Güte – um
den Weg des Lebens zu weisen –, daß Gott den Menschen seine Gebote gibt und die
Gnade, sie zu befolgen; und es ist ebenfalls aus Güte – um ihnen zu helfen, auf
demselben Weg auszuharren –, daß Gott immer allen seine Vergebung anbietet.
Christus hat Mitleid mit unserer Gebrechlichkeit: Er ist unser Schöpfer und
unser Erlöser. Möge sein Geist die Herzen für das Geschenk des Friedens Gottes
und für das Verständnis seiner Gebote öffnen.
2. Wissenschaft und Technik im Dienst an der menschlichen
Person
Gott hat den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen:
„Als Mann und Frau schuf er sie“ (Gen 1, 27) und vertraute ihnen den
Auftrag an, „die Erde zu beherrschen“ (Gen 1, 28). Die wissenschaftliche
Grundlagenforschung und die angewandte Forschung sind bezeichnender Ausdruck
dieser Herrschaft des Menschen über die Schöpfung. Wissenschaft und Technik,
kostbare Hilfen für den Menschen, wenn sie sich in seinen Dienst stellen und
seine umfassende Entwicklung zum Wohle aller fördern, können nicht für sich
allein den Sinn des Daseins und des menschlichen Fortschritts aufzeigen. Auf den
Menschen hingeordnet, dem sie ihr Entstehen und ihr Wachstum verdanken,
empfangen sie von der Person und ihren moralischen Werten her den Aufweis ihrer
Zielsetzung und das Bewußtsein ihrer Grenzen. Es wäre deshalb illusorisch, die
moralische Neutralität der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Anwendungen zu
fordern; andererseits kann man die Orientierungsmaßstäbe nicht aus der bloßen
technischen Effizienz ableiten, noch von dem Nutzen, den sie einigen zum Schaden
anderer bringen können oder, noch schlimmer, von den herrschenden Ideologien.
Daher erfordern Wissenschaft und Technik aus ihrer innersten Bestimmung heraus
die unbedingte Achtung der grundlegenden Kriterien der Moral: Sie müssen also im
Dienst der menschlichen Person stehen, ihrer unveräußerlichen Rechte sowie ihres
wahren und ganzheitlichen Wohls gemäß dem Plan und dem Willen Gottes. (7) Die
rasche Entwicklung der technologischen Entdeckungen macht die Forderung nach
Achtung der hier in Erinnerung gebrachten Kriterien noch drängender: Eine
Wissenschaft ohne Gewissen kann zu nichts anderem führen als zum Untergang des
Menschen. „Unsere Zeit braucht mehr als die vergangenen Jahrhunderte diese
Weisheit, damit alle neuen Entdeckungen des Menschen auch immer menschlicher
werden. Das künftige Geschick der Welt gerät nämlich in Gefahr, wenn nicht
weisere Menschen hervortreten.“(8)
3. Anthropologie und Eingriffe auf biomedizinischem Gebiet
Welche moralischen Maßstäbe muß man anlegen, um die heute im
Umfeld der Biomedizin gestellten Probleme zu klären? Die Antwort auf diese Frage
setzt eine angemessene Auffassung über die Natur der menschlichen Person in
ihrer leiblichen Dimension voraus. Denn nur in der Richtung ihrer wahren Natur
kann sich die menschliche Person als „geeinte Ganzheit“ (9) verwirklichen: Nun
ist diese Natur aber zugleich leiblich und geistig. Kraft seiner substantiellen
Vereinigung mit einer Geistseele kann der menschliche Leib nicht nur als ein
Gefüge von Geweben, Organen und Funktionen angesehen noch auf gleiche Weise wie
der Tierkörper bewertet werden, denn er ist konstitutiver Teil der Person, die
sich durch ihn manifestiert und ausdrückt. Das natürliche Sittengesetz drückt
die Ziele, Rechte und Pflichten aus, die sich auf die leibliche und geistige
Natur der menschlichen Person gründen, und schreibt sie so zugleich vor. Deshalb
kann es nicht als Normativität des bloß Biologischen angesehen, sondern muß als
vernunftgemäße Ordnung definiert werden, der entsprechend der Mensch vom
Schöpfer gerufen ist, sein Leben und seine Handlungen zu leiten und zu regeln
und insbesondere den eigenen Leib zu gebrauchen und über ihn zu verfügen. (10)
Eine erste Schlußfolgerung kann aus diesen Prinzipien gezogen werden: Ein
Eingriff am menschlichen Leib betrifft nicht nur die Gewebe, Organe und ihre
Funktionen, sondern hat auch auf verschiedenen Ebenen mit der Person selbst zu
tun. Und insofern trägt er auch moralische Bedeutung und Verantwortlichkeit,
vielleicht implizit, aber doch wirklich. Johannes Paul II. bekräftigte vor dem
Weltärztebund in aller Deutlichkeit: „Jeder Mensch besteht in seiner
unwiederholbaren Einmaligkeit nicht nur aus Geist, sondern auch aus Leib. So
berührt man im Leib und durch den Leib die Person als solche in ihrer konkreten
Wirklichkeit. Die Würde des Menschen achten bedeutet demzufolge, diese Identität
des aus Leib und Seele einen Menschen (corpore et anima unus) zu wahren, wie das
II. Vatikanische Konzil (Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 14,1) sagt. Auf
der Basis dieser anthropologischen Sicht muß man die grundlegenden Kriterien für
die notwendigen Entscheidungen im Fall von Eingriffen finden, die nicht streng
therapeutischer Art sind, zum Beispiel solchen, die eine Verbesserung der
biologischen Beschaffenheit des Menschen zum Ziel haben.“ (11) Die Biologie und
die Medizin tragen mit ihren Anwendungsformen zum ganzheitlichen Wohl des
menschlichen Lebens bei, wenn sie der an Krankheit und Schwachheit leidenden
Person in Achtung vor ihrer Würde als Geschöpf Gottes zu Hilfe kommen. Kein
Biologe oder Arzt kann sich aufgrund seiner wissenschaftlichen Kompetenz
vernünftigerweise anmaßen, über Ursprung und Ziel der Menschen zu entscheiden.
Diese Norm muß man in besonderer Weise im Bereich von Sexualität und
Fortpflanzung anwenden, in dem Mann und Frau die grundlegenden Werte des Lebens
und der Liebe verwirklichen. Gott, der Liebe und Leben ist, hat Mann und Frau
die Berufung zu einer besonderen Teilhabe an seinem Geheimnis personaler
Gemeinschaft wie auch an seinem Werk als Schöpfer und Vater eingeprägt. (12)
Deshalb besitzt die Ehe spezifische Güter und Werte in bezug auf die Vereinigung
und die Fortpflanzung, die nicht mit denen vergleichbar sind, welche bei
niedrigeren Formen des Lebens bestehen. Solche Werte und Sinngehalte der
personalen Ordnung bestimmen aus moralischer Sicht den Sinn und die Grenzen
künstlicher Eingriffe in die Fortpflanzung und den Ursprung menschlichen Lebens.
Diese Eingriffe sind nicht etwa deshalb abzulehnen, weil sie künstlich sind.
Insofern zeigen sie die Möglichkeiten ärztlicher Kunst auf, aber man muß sie aus
moralischer Sicht bewerten, indem man sie auf die Würde der menschlichen Person
bezieht, die gerufen ist, die göttliche Berufung zum Geschenk der Liebe und zum
Geschenk des Lebens zu verwirklichen.
4. Grundlegende Kriterien für ein moralisches Urteil
Die grundlegenden Werte, die mit den Techniken der künstlichen
Fortpflanzung verbunden sind, sind zwei: das Leben des menschlichen Wesens, das
ins Dasein gerufen wird, und die Einzigartigkeit seiner Weitergabe in der Ehe.
Das moralische Urteil über solche Techniken künstlicher Zeugung muß
infolgedessen in Bezugnahme auf diese Werte formuliert werden. Das physische
Leben, durch das der menschliche Lebensweg in der Welt beginnt, schöpft
sicherlich in sich nicht den ganzen Wert der Person aus, noch stellt es das
höchste Gut des Menschen dar, der zur Ewigkeit berufen ist. Trotzdem ist es in
gewisser Weise der „fundamentale“ Wert, gerade weil sich alle anderen Werte der
menschlichen Person auf das physische Leben gründen und sich von da aus
entfalten. (13) Die Unverletzlichkeit des Rechts auf Leben des unschuldigen
menschlichen Wesens „vom Augenblick der Empfängnis an bis zum Tode“
(14) ist ein Zeichen und ein Erfordernis der
Unverletzlichkeit der Person selbst, der der Schöpfer das Geschenk des Lebens
gemacht hat. Im Vergleich mit der Weitergabe der anderen Lebensformen im
Universum hat die Weitergabe des menschlichen Lebens ihre Einzigartigkeit, die
sich aus der Einzigartigkeit der Person selbst ableitet. „Die Weitergabe des
menschlichen Lebens ist von Natur aus einem personalen und bewußten Akt
anvertraut und als solcher den heiligsten Gesetzen Gottes unterstellt. Diese
Gesetze sind unveränderlich und unverletzlich; niemand darf sie mißachten und
übertreten. Darum darf man keine Mittel gebrauchen und keinen Methoden folgen,
die bei der pflanzlichen und tierischen Fortpflanzung erlaubt sein können.“ (15)
Die Fortschritte der Technik haben heute eine Zeugung ohne sexuelle Beziehung
ermöglicht, und zwar mittels des Zusammenführens der Keimzellen in vitro, die
zuvor von Mann und Frau gewonnen wurden. Aber das, was technisch möglich ist,
ist nicht auch deshalb schon moralisch annehmbar. Die Besinnung der Vernunft auf
die grundlegenden Werte des Lebens und der menschlichen Fortpflanzung ist
infolgedessen unentbehrlich, um zu einer moralischen Wertung solcher Eingriffe
der Technik am menschlichen Wesen schon von den ersten Stadien seiner
Entwicklung an zu kommen.
5. Unterweisungen des Lehramtes
Das Lehramt der Kirche bietet seinerseits auch in diesem Bereich
der menschlichen Vernunft das Licht der Offenbarung an: Die Lehre vom Menschen,
wie sie das Lehramt darlegt, enthält viele Elemente, welche die hier anstehenden
Probleme erhellen. Vom Augenblick der Empfängnis an muß jedes menschliche Wesen
in absoluter Weise geachtet werden, weil der Mensch auf der Erde die einzige
Kreatur ist, die Gott „um ihrer selbst willen gewollt“ hat (16), und die
Geistseele jedes Menschen von Gott „unmittelbar geschaffen“ ist (17); sein
ganzes Wesen trägt das Abbild des Schöpfers. Das menschliche Leben ist heilig,
weil es von seinem Beginn an „der Schöpfermacht Gottes“ (18) bedarf und für
immer in einer besonderen Beziehung zu seinem Schöpfer bleibt, seinem einzigen
Ziel. (19) Nur Gott ist der Herr des Lebens von seinem Anfang bis zu seinem
Ende: Niemand darf sich, unter keinen Umständen, das Recht anmaßen, ein
unschuldiges menschliches Wesen direkt zu zerstören. (20) Die menschliche
Fortpflanzung erfordert das verantwortliche Mitwirken der Eheleute mit der
fruchtbaren Liebe Gottes (21); das Geschenk des menschlichen Lebens muß
innerhalb der Ehe mittels der spezifischen und ausschließlichen Akte der
Eheleute verwirklicht werden gemäß den Gesetzen, die ihnen als Personen und
ihrer Vereinigung eingeprägt sind. (22)
TEIL I
DIE ACHTUNG VOR DEM MENSCHLICHEN EMBRYO
Eine aufmerksame Betrachtung dieser Unterweisung des Lehramts
und der oben erwähnten Vernunfterkenntnisse erlaubt, eine Antwort auf die
vielfältigen moralischen Probleme zu geben, die durch die technischen Eingriffe
am menschlichen Wesen in den Anfangsstadien seines Lebens und in die Abläufe
seiner Empfängnis aufgeworfen wurden.
1. Welche Achtung schuldet man dem menschlichen Embryo
aufgrund seiner Natur und seiner Identität?
Jedes menschliche Wesen muß – als Person – vom ersten Augenblick
seines Daseins an geachtet werden. Die Einführung von Verfahren der künstlichen
Befruchtung hat verschiedenartige Eingriffe an menschlichen Embryonen und Föten
möglich gemacht. Die verfolgten Ziele sind verschiedener Natur, nämlich
diagnostischer und therapeutischer, wissenschaftlicher und kommerzieller Art.
Aus alldem entstehen schwerwiegende Probleme. Kann man von einem Recht sprechen,
Experimente an menschlichen Embryonen zu wissenschaftlichen Forschungszwecken
vorzunehmen? Welche Normen oder welche Gesetzgebung müssen für diese Materie
erarbeitet werden? Die Antwort auf solche Probleme setzt eine vertiefte
Reflexion über die Natur und die wahre Identität – man spricht vom „Status“ –
des menschlichen Embryos voraus. Die Kirche hat ihrerseits auf dem II.
Vatikanischen Konzil dem heutigen Menschen von neuem ihre gleichbleibende und
sichere Lehre vorgelegt, wonach das „menschliche Leben von der Empfängnis an mit
höchster Sorgfalt zu schützen ist. Abtreibung und Tötung des Kindes sind
verabscheuungswürdige Verbrechen.“ (23) Jüngst erklärte die vom Hl. Stuhl
veröffentlichte Charta der Familienrechte: „Menschliches Leben muß vom
Augenblick der Empfängnis an absolut geachtet und geschützt werden.“ (24) Diese
Kongregation weiß um die aktuellen Diskussionen über den Beginn des menschlichen
Lebens, über die Individualität von menschlichen Wesen und über die Identität
der menschlichen Person. Sie erinnert an die Lehren, die in der Erklärung zur
vorsätzlichen Abtreibung enthalten sind: „Von dem Augenblick an, in dem die
Eizelle befruchtet wird, beginnt ein neues Leben, welches weder das des Vaters
noch das der Mutter ist, sondern das eines neuen menschlichen Wesens, das sich
eigenständig entwickelt. Es würde niemals menschlich werden, wenn es das nicht
schon von diesem Augenblick an gewesen wäre. Die neuere Genetik bestätigt diesen
Sachverhalt, der immer eindeutig war . . ., in eindrucksvoller Weise. Sie hat
gezeigt, daß schon vom ersten Augenblick an eine feste Struktur dieses
Lebewesens vorliegt: eines Menschen nämlich, und zwar dieses konkreten
menschlichen Individuums, das schon mit all seinen genau umschriebenen
charakteristischen Merkmalen ausgestattet ist. Mit der Befruchtung beginnt das
Abenteuer des menschlichen Lebens, dessen einzelne bedeutende Anlagen Zeit
brauchen, um richtig entfaltet und zum Handeln bereit zu werden.“ (25) Diese
Lehre bleibt gültig und wird außerdem, wenn dies noch notwendig wäre, von
neueren Forschungsergebnissen der Humanbiologie bestätigt, die anerkennt, daß in
der aus der Befruchtung hervorgehenden Zygote* sich die biologische Identität
eines neuen menschlichen Individuums bereits konstituiert hat. Sicherlich kann
kein experimentelles Ergebnis für sich genommen ausreichen, um eine Geistseele
erkennen zu lassen; dennoch liefern die Ergebnisse der Embryologie einen
wertvollen Hinweis, um mit der Vernunft eine personale Gegenwart schon von
diesem ersten Erscheinen eines menschlichen Wesens an wahrzunehmen: Wie sollte
ein menschliches Individuum nicht eine menschliche Person sein? Das Lehramt hat
sich nicht ausdrücklich auf Aussagen philosophischer Natur festgelegt,
bekräftigt aber beständig die moralische Verurteilung einer jeden vorsätzlichen
Abtreibung. Diese Lehre hat sich nicht geändert und ist unveränderlich. (26)
Deshalb erfordert die Frucht der menschlichen Zeugung vom ersten Augenblick
ihrer Existenz an, also von der Bildung der Zygote an, jene unbedingte Achtung,
die man dem menschlichen Wesen in seiner leiblichen und geistigen Ganzheit
sittlich schuldet. Ein menschliches Wesen muß vom Augenblick seiner Empfängnis
an als Person geachtet und behandelt werden, und infolgedessen muß man ihm von
diesem selben Augenblick an die Rechte der Person zuerkennen und darunter vor
allem das unverletzliche Recht jedes unschuldigen menschlichen Wesens auf Leben.
Dieser Verweis auf die kirchliche Lehre liefert das grundlegende Kriterium für
die Lösung der verschiedenen Probleme, die durch die Entwicklung der
biomedizinischen Wissenschaften auf diesem Gebiet entstanden sind: Da er als
Person behandelt werden muß, muß der Embryo im Maß des Möglichen wie jedes
andere menschliche Wesen im Rahmen der medizinischen Betreuung auch in seiner
Integrität verteidigt, versorgt und geheilt werden.
*Die Zygote ist die Zelle, die durch die Vereinigung der beiden
Gameten entsteht. (Red. Anm.: Gameten sind die befruchtungsfähige Eizelle und
die befruchtungsfähige Samenzelle.)
2. Ist die vorgeburtliche Diagnostik moralisch erlaubt?
Wenn die vorgeburtliche Diagnostik das Leben und die Integrität
des Embryos und des menschlichen Fötus achtet und auf dessen individuellen
Schutz oder Heilung ausgerichtet ist, ist die Antwort positiv. Die
vorgeburtliche Diagnostik läßt tatsächlich den Zustand des Embryos und des Fötus
erkennen, solange er sich noch im Mutterleib befindet. Sie erlaubt die
frühzeitigere und wirksamere Durchführung oder Planung einiger therapeutischer,
medizinischer oder chirurgischer Eingriffe. Eine solche Diagnostik ist erlaubt,
wenn die angewandten Methoden – mit der Zustimmung der entsprechend informierten
Eltern – das Leben und die Integrität des Embryos und seiner Mutter wahren, ohne
sie unverhältnismäßigen Risiken auszusetzen. (27) Aber sie steht in
schwerwiegender Weise im Gegensatz zum Moralgesetz, falls sie – je nachdem, wie
die Ergebnisse ausfallen – die Möglichkeit in Erwägung zieht, eine Abtreibung
durchzuführen. So darf eine Diagnose, die das Bestehen einer Mißbildung oder
einer Erbkrankheit anzeigt, nicht gleichbedeutend mit einem Todesurteil sein.
Deshalb würde die Frau schwerwiegend unerlaubt handeln, die die Diagnostik mit
der bestimmten Absicht verlangte, eine Abtreibung vorzunehmen, falls die
Resultate das Vorliegen einer Mißbildung oder Anomalie bestätigten. In gleicher
Weise würden der Ehegatte, die Eltern oder jeder andere gegen die Moral handeln,
falls sie der Schwangeren die Diagnose mit dem gleichen Ziel rieten oder
auferlegten, gegebenenfalls bis zur Abtreibung zu gehen. Genauso würde sich der
Spezialist der unerlaubten Beihilfe schuldig machen, der beim Durchführen der
Diagnose und beim Mitteilen des Ergebnisses absichtlich dazu beitrüge, eine
Verbindung zwischen vorgeburtlicher Diagnose und Abtreibung herzustellen.
Verurteilen muß man schließlich als Verletzung des Rechts auf Leben in bezug auf
den Ungeborenen und als Eindringen in die ursprünglichen Rechte und Pflichten
der Eheleute eine Richtlinie oder ein Programm der staatlichen Autoritäten des
Gesundheitswesens oder wissenschaftlicher Organisationen, die in irgendeiner
Weise die Verbindung zwischen vorgeburtlicher Diagnose und Abtreibung
begünstigten oder sogar die Schwangeren dazu brächten, sich einer planmäßigen
vorgeburtlichen Diagnostik mit dem Zweck zu unterziehen, Föten, die von
Mißbildungen oder Erbkrankheiten betroffen sind bzw. solche übertragen, zu
vernichten.
3. Sind therapeutische Eingriffe am menschlichen Embryo
erlaubt?
Wie bei jedem medizinischen Eingriff an Patienten müssen die
Eingriffe am menschlichen Embryo unter der Bedingung als erlaubt angesehen
werden, daß sie das Leben und die Integrität des Embryos achten und für ihn
nicht unverhältnismäßige Risiken mit sich bringen, sondern seine Heilung, die
Besserung seines Gesundheitszustandes oder sein individuelles Überleben zum Ziel
haben. Welcher Art auch immer die medizinische Therapie ist, sei sie nun
chirurgischer oder anderer Natur, ist die nach entsprechender Information freie
Zustimmung der Eltern erforderlich, gemäß den im Fall von Kindern vorgesehenen
berufsethischen Regeln. Die Anwendung dieses moralischen Prinzips kann im Fall
des Lebens von Embryonen oder von Föten subtile und besondere Vorsichtsmaßnahmen
erfordern. Die Erlaubtheit und die Kriterien für solche Eingriffe sind von
Johannes Paul II. klar ausgedrückt worden: „Ein rein therapeutischer Eingriff,
dessen Zweck die Heilung verschiedener Krankheiten ist – wie etwa jener, der auf
Mißbildungen der Chromosomen zurückzuführen sind –, kann grundsätzlich als
wünschenswert betrachtet werden, vorausgesetzt, daß er auf eine wahre Förderung
des persönlichen Wohles des Individuums zielt, ohne seine Integrität zu
verletzen oder seine Lebensbedingungen zu verschlechtern. Ein solcher Eingriff
entspricht tatsächlich in seiner Logik der Tradition der christlichen Moral.“
(28)
4. Wie sind Forschungen und Experimente* mit menschlichen
Embryonen und Föten moralisch zu bewerten?
Die medizinische Forschung muß sich der Eingriffe in lebende
Embryonen enthalten, es sei denn, es bestehe die moralische Sicherheit, daß
weder dem Leben noch der Integrität des Ungeborenen und der Mutter ein Schaden
droht, und unter der Bedingung, daß die Eltern nach entsprechender Information
ihre freie Zustimmung zu diesem Eingriff gegeben haben. Daraus folgt, daß jede
Forschung, auch wenn sie sich lediglich auf die Untersuchung des Embryos
beschränkte, unerlaubt würde, wenn sie wegen der angewandten Methoden oder der
herbeigeführten Wirkungen eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit oder
das Leben des Embryos bedeutete. In bezug auf die Experimente muß man die
generelle Unterscheidung zwischen denjenigen voraussetzen, die keine direkten
therapeutischen Zielsetzungen haben, und solchen, die eindeutig therapeutisch
für das Subjekt selbst sind. Zum anderen muß man der Sache nach zwischen dem
Experiment mit noch lebenden Embryonen und dem Experiment mit toten Embryonen
unterscheiden. Wenn sie leben, müssen sie, ob lebensfähig oder nicht, wie alle
menschlichen Personen geachtet werden; das nicht direkt therapeutische
Experiment mit Embryonen ist unerlaubt. (29) Keine Zielsetzung, auch wenn sie
als solche ehrenwert ist, wie die Voraussicht eines Nutzens für die
Wissenschaft, für andere menschliche Wesen oder für die Gesellschaft, kann in
irgendeiner Weise Experimente mit noch lebenden Embryonen oder Föten
rechtfertigen, seien sie nun lebensfähig oder nicht, im Mutterleib oder
außerhalb von ihm. Die Zustimmung nach vorhergehender Information, die für
klinische Versuche am Erwachsenen normalerweise verlangt wird, kann von den
Eltern nicht geleistet werden; diese können weder über die körperliche
Integrität noch über das Leben des Ungeborenen verfügen. Andererseits bringen
Versuche mit Embryonen und Föten stets die Gefahr, ja sogar in der Mehrzahl der
Fälle die sichere Voraussicht eines Schadens für ihre physische Integrität oder
sogar ihres Todes mit sich. Den menschlichen Embryo oder den Fötus als
Gegenstand oder Mittel für Experimente zu benutzen, stellt ein Verbrechen gegen
deren Würde als menschliche Wesen dar, denen dasselbe Recht auf Achtung wie dem
schon geborenen Kind und jeder menschlichen Person zusteht. Die vom Heiligen
Stuhl veröffentlichte Charta der Familienrechte erklärt: „Die Achtung vor der
Würde des menschlichen Wesens schließt jede Art von experimenteller Manipulation
oder Verwertung des menschlichen Embryos aus.“ (30) Die Praxis, menschliche
Embryonen in vivo oder in vitro für experimentelle oder kommerzielle Zwecke am
Leben zu erhalten, steht in völligem Widerspruch zur menschlichen Würde. Im Fall
eines eindeutig therapeutischen Experiments kann die Zuhilfenahme von Pharmaka
oder noch nicht vollständig erprobter Methoden erlaubt sein, wenn es sich
nämlich um die Anwendung experimenteller Behandlungsmethoden zum Wohl des
Embryos selbst handelt, um in einem letzten Versuch – mangels anderer sicherer
Therapien – dessen Leben zu retten. (31) Die Leichen menschlicher Embryonen und
Föten, seien sie nun vorsätzlich abgetrieben oder nicht, müssen geachtet werden
wie die sterblichen Überreste von anderen menschlichen Wesen. Besonders dürfen
sie nicht Verstümmelungen oder Obduktionen ausgesetzt werden, solange ihr Tod
nicht mit Sicherheit festgestellt wurde, und nicht ohne die Zustimmung der
Eltern oder der Mutter. Darüber hinaus muß immer die moralische Forderung
bestehen bleiben, daß dabei keine Beihilfe zu einer gewollten Abtreibung
stattgefunden hat und daß die Gefahr des Ärgernisses vermieden wird. Auch im
Fall verstorbener Föten muß, wie bei den Leichen Erwachsener, jede kommerzielle
Praxis als unerlaubt erachtet und verboten werden.
* Da die Ausdrücke „Forschung“ und „Experiment“ häufig
äquivalent und zweideutig benutzt werden, erscheint es notwendig, die ihnen im
vorliegenden Dokument beigelegte Bedeutung zu präzisieren. 1) Unter Forschung
wird jede induktiv-deduktive Vorgehensweise verstanden, die darauf zielt, die
systematische Untersuchung eines vorliegenden Phänomens im menschlichen Bereich
zu fördern oder eine aus früheren Untersuchungen hervorgegangene Hypothese zu
überprüfen. 2) Unter Experiment wird jede Forschung verstanden, in der das
menschliche Wesen (in den verschiedenen Abschnitten seiner Existenz: als Embryo,
Fötus, Kind oder Erwachsener) den Gegenstand darstellt, mittels dessen oder an
dem die Wirkung einer gegebenen Behandlungsmethode (z. B. eine pharmakologische,
theratogene, chirurgische etc.), sei sie nun bekannt oder noch nicht bekannt,
geprüft werden soll.
5. Wie ist die Benutzung der durch In-vitro-Befruchtung
erlangten Embryonen zu Forschungszwecken moralisch zu bewerten?
Die in vitro gezeugten Embryonen sind menschliche Wesen und
Rechtssubjekte: Ihre Würde und ihr Recht auf Leben müssen schon vom ersten
Augenblick ihrer Existenz an geachtet werden. Es ist unmoralisch, menschliche
Embryonen zum Zweck der Verwertung als frei verfügbares „biologisches Material“
herzustellen. In der üblichen Praxis der In-vitro-Befruchtung werden nicht alle
Embryonen in den Mutterleib übertragen; einige werden zerstört. So wie sie die
vorsätzliche Abtreibung verurteilt, verbietet die Kirche auch jeden Anschlag auf
das Leben dieser menschlichen Wesen. Es ist nötig, auf die besondere Schwere der
freiwilligen Zerstörung der menschlichen Embryonen hinzuweisen, die nur zum
Zweck der Forschung – sei es mittels künstlicher Befruchtung, sei es mittels
„Zwillingsspaltung“ – in vitro hergestellt worden sind. Der Forscher, der so
handelt, setzt sich an die Stelle Gottes und macht sich, auch wenn er sich
dessen nicht bewußt ist, zum Herrn des Geschicks anderer, insofern er sowohl
nach Belieben auswählt, wen er leben läßt und wen er zum Tod verurteilt, als
auch insofern er wehrlose Menschen umbringt. Aus demselben Grund sind
Beobachtungs- und Versuchsmethoden, die in vitro gewonnenen Embryonen Schaden
zufügen oder sie schwerwiegenden und unverhältnismäßigen Risiken aussetzen,
moralisch unerlaubt. Jedes menschliche Wesen muß um seiner selbst willen
geachtet werden und darf nicht auf den bloßen und einfachen Wert eines Mittels
zum Vorteil anderer herabgewürdigt werden. Es entspricht deshalb nicht der
Moral, in vitro hervorgebrachte menschliche Embryonen bewußt dem Tod
auszusetzen. Infolge der Tatsache, daß sie in vitro hergestellt wurden, bleiben
diese nicht in den Mutterleib übertragenen und als „überzählig“ bezeichneten
Embryonen einem absurden Schicksal ausgesetzt, ohne Möglichkeit, ihnen sichere
und moralisch einwandfreie Überlebensmöglichkeiten bieten zu können.
6. Welches Urteil ist über die anderen Verfahren zur
Manipulation von Embryonen im Zusammenhang mit den "Techniken menschlicher
Replikation" abzugeben?
Die Techniken der In-vitro-Befruchtung können die Möglichkeit
für andere Formen biologischer oder genetischer Manipulation menschlicher
Embryonen eröffnen, und zwar: Versuche oder Pläne zur Befruchtung zwischen
menschlichen und tierischen Keimzellen und zur Austragung menschlicher Embryonen
in tierischen Gebärmüttern; das hypothetische Vorhaben oder den Plan, künstliche
Gebärmütter für den menschlichen Embryo zu konstruieren. Diese Verfahren
widersprechen der dem Embryo eigenen Würde als eines menschlichen Wesens und
verletzen gleichzeitig das Recht jeder Person, innerhalb der Ehe und durch die
Ehe empfangen und geboren zu werden. (32) Auch die Versuche und Hypothesen, die
darauf abzielen, ein menschliches Wesen ohne jede Verbindung mit der Sexualität
mittels „Zwillingsspaltung“, Klonierens oder Parthenogenese zu gewinnen, stehen
im Gegensatz zur Moral, weil sie sowohl der Würde der menschlichen Fortpflanzung
als auch derjenigen der ehelichen Vereinigung widersprechen. Auch das Einfrieren
der Embryonen, selbst wenn es zur Garantie der Lebenserhaltung des Embryos
durchgeführt wird (Kryokonservierung), stellt eine Beleidigung der dem
menschlichen Wesen geschuldeten Achtung dar, insofern es sie schwerwiegenden
Gefahren des Todes oder der Schädigung ihrer physischen Integrität aussetzt, sie
zumindest zeitweise der mütterlichen Aufnahme und Austragung entzieht und sie
einer von weiteren Verletzungen und Manipulationen bedrohten Lage aussetzt.
Einige Versuche, in das chromosomale oder das genetische Gut einzugreifen, sind
nicht therapeutischer Natur, sondern zielen auf die Produktion menschlicher
Wesen, die nach dem Geschlecht oder anderen vorher festgelegten Eigenschaften
ausgewählt werden. Diese Manipulationen stehen im Gegensatz zur personalen Würde
des menschlichen Wesens, seiner Integrität und seiner Identität. Sie können
daher in keiner Weise gerechtfertigt werden im Blick auf mögliche wohltätige
Folgen für die künftige Menschheit. (33) Jede Person muß um ihrer selbst willen
geachtet werden: Darin besteht die Würde und das Recht jedes menschlichen Wesens
schon von seinem Beginn an.
TEIL II
EINGRIFFE IN DIE MENSCHLICHE FORTPFLANZUNG
Unter „künstlicher Fortpflanzung“ oder „künstlicher Befruchtung“
werden hier die verschiedenen technischen Verfahren verstanden, die darauf
abzielen, eine menschliche Empfängnis in anderer Weise als durch die sexuelle
Vereinigung von Mann und Frau zu erreichen. Die Instruktion handelt von der
Befruchtung einer Eizelle im Reagenzglas (In-vitro-Befruchtung) und von der
künstlichen Besamung mittels Übertragung vorher gewonnenen Samens in die
Geschlechtsorgane der Frau. Ein erster Punkt für die moralische Bewertung
derartiger Techniken ergibt sich aus der Betrachtung der Umstände und Folgen,
die diese in bezug auf die dem menschlichen Embryo geschuldete Achtung mit sich
bringen. Die Durchsetzung der Praxis der In-vitro-Befruchtung hat unzählige
Befruchtungen und Zerstörungen menschlicher Embryonen gefordert. Noch heute
setzt sie üblicherweise eine gesteigerte Eizellenbildung der Frau voraus:
mehrere Eizellen werden entnommen, befruchtet und einige Tage lang in vitro
kultiviert. Im allgemeinen werden nicht alle in die Geschlechtsorgane der Frau
übertragen; einige gewöhnlich als „überzählig“ bezeichnete Embryonen werden
zerstört oder eingefroren. Manchmal werden einige der eingepflanzten Embryonen
aus verschiedenen eugenischen, wirtschaftlichen oder psychologischen Gründen
geopfert. Eine derartige frei gewollte Zerstörung menschlicher Wesen oder ihre
Verwertung zu verschiedenen Zwecken, zum Schaden ihrer Integrität und ihres
Lebens, widerspricht der schon in Erinnerung gebrachten Lehre bezüglich der
vorsätzlichen Abtreibung. Die Verbindung zwischen der Befruchtung in vitro und
der frei gewollten Vernichtung menschlicher Embryonen bestätigt sich allzu
häufig. Das ist bezeichnend: Mit diesen Verfahren, deren Zielsetzungen scheinbar
entgegengesetzt sind, werden das Leben und der Tod den Entscheidungen des
Menschen unterworfen, der sich so selbst zum Herrn über Leben und Tod nach
Belieben macht. Diese Dynamik von Gewalt und Herrschaft kann gerade bei denen
unbemerkt bleiben, die sie benutzen wollen und sich ihr dabei unterwerfen. Die
in Erinnerung gebrachten Fakten und die kalte Logik, die sie verbindet, müssen
für ein moralisches Urteil über die FIVET (In-vitro-Befruchtung und
Embryoübertragung) in die Überlegungen einbezogen werden: Die
Abtreibungsmentalität, die sie möglich gemacht hat, führt so – ob man will oder
nicht – zu einer Herrschaft des Menschen über Leben und Tod von seinesgleichen,
die zu einer radikalen Erbauslese werden kann. Doch derartige Mißbräuche
entbinden nicht von einer vertieften und weitergehenden ethischen Reflexion über
die künstlichen Fortpflanzungstechniken, in sich selbst betrachtet, indem man,
soweit es überhaupt möglich ist, von der Zerstörung der in vitro erzeugten
Embryonen absieht. Die vorliegende Instruktion wird deshalb an erster Stelle die
Probleme, die von der heterologen künstlichen Befruchtung (II, 1–3)* aufgeworfen
werden, in Betracht ziehen und anschließend jene, die mit der homologen
künstlichen Besamung (II, 4–6)** verbunden sind. Bevor wir jede von ihnen
ethisch beurteilen, werden die Grundsätze und Werte betrachtet, die die
moralische Beurteilung jedes dieser Verfahren bestimmen.
** Die Instruktion versteht unter der Bezeichnung heterologe
künstliche Befruchtung oder Zeugung die Techniken, die darauf ausgerichtet
sind, in künstlicher Weise eine menschliche Empfängnis herbeizuführen, und
zwar ausgehend von Keimzellen, die mindestens von einem Spender stammen, der
von den in der Ehe verbundenen Gatten verschieden ist. Solche Techniken können
von zweierlei Art sein: a) heterologe FIVET: Die Technik, die darauf
ausgerichtet ist, eine menschliche Empfängnis herbeizuführen, und zwar durch
die In-vitro-Begegnung von Keimzellen, die mindestens von einem Spender
stammen, der von den in der Ehe verbundenen Gatten verschieden ist. b)
künstliche heterologe Besamung: Die Technik, die darauf ausgerichtet ist, eine
menschliche Empfängnis herbeizuführen, und zwar durch die Übertragung von
Samen in die Geschlechtsorgane der Frau, der von einem vom Ehemann
verschiedenen Spender stammt.
** Die Instruktion versteht unter homologer künstlicher
Befruchtung oder Zeugung die Technik, die darauf ausgerichtet ist, eine
menschliche Empfängnis herbeizuführen, und dabei von den Keimzellen zweier
verheirateter Eheleute ausgeht. Die homologe künstliche Befruchtung kann
mittels zweier verschiedener Methoden verwirklicht werden: a) homologe FIVET:
Die Technik, die darauf ausgerichtet ist, eine menschliche Empfängnis
herbeizuführen, und zwar durch die In-vitro-Begegnung der Keimzellen
verheirateter Ehegatten. b) homologe künstliche Befruchtung: Die Technik, die
darauf ausgerichtet ist, eine menschliche Empfängnis herbeizuführen, und zwar
durch die Übertragung des Samens des Ehemannes in die Geschlechtsorgane der
Ehefrau.
A. DIE HETEROLOGE KÜNSTLICHE
BEFRUCHTUNG
1. Warum muß die menschliche
Fortpflanzung in der Ehe stattfinden?
Jedes menschliche Wesen muß immer als Geschenk und Segen
Gottes aufgenommen werden. Aus moralischer Sicht muß jedoch eine gegenüber dem
Ungeborenen wahrhaft verantwortliche Zeugung die Frucht der Ehe sein. Die
menschliche Fortpflanzung hat nämlich kraft der personalen Würde der Eltern
und Kinder spezifische Eigenschaften: Die Zeugung einer neuen Person, durch
die Mann und Frau mit der Macht des Schöpfers mitarbeiten, soll Frucht und
Zeichen des gegenseitigen personalen Sich-Schenkens der Eheleute sein, ihrer
Liebe und ihrer Treue. (34) Die Treue der Eheleute in der Einheit der Ehe
umfaßt die gegenseitige Achtung ihres Rechtes, daß der eine nur durch den
anderen Vater oder Mutter wird. Das Kind hat ein Recht darauf, innerhalb der
Ehe empfangen, ausgetragen, auf die Welt gebracht und erzogen zu werden:
Gerade durch die sichere und anerkannte Beziehung zu den eigenen Eltern kann
es seine eigene Identität entdecken und menschlich heranreifen. Die Eltern
finden im Kind eine Bestätigung und Ergänzung ihrer gegenseitigen Hingabe: Es
ist der lebendige Widerschein ihrer Liebe, das bleibende Zeichen ihrer
ehelichen Gemeinschaft, die lebendige und unauflösliche Einheit ihres Vater-
und Mutterseins. (35) Kraft der Berufung und der sozialen Verantwortung der
Person tragen das Wohl der Kinder und der Eltern zum Wohl der Gesellschaft
bei. Die Lebenskraft und das Gleichgewicht der Gesellschaft erfordern, daß die
Kinder im Schoß einer Familie zur Welt kommen und daß diese fest auf der Ehe
gegründet ist. Die Überlieferung der Kirche und die anthropologische Reflexion
erkennen in der Ehe und in ihrer unauflöslichen Einheit den einzig würdigen
Ort einer wahrhaft verantwortungsvollen Fortpflanzung.
2. Entspricht die heterologe künstliche
Befruchtung der Würde der Eheleute und der Wahrheit der Ehe?
Durch die FIVET und die heterologe künstliche Besamung wird
die menschliche Empfängnis mittels der Begegnung von Keimzellen herbeigeführt,
die wenigstens von einem Spender herrühren, der von den in der Ehe verbundenen
Gatten verschieden ist. Die heterologe künstliche Befruchtung widerspricht der
Einheit der Ehe, der Würde der Eheleute, der den Eltern eigenen Berufung und
dem Recht des Kindes, in der Ehe und durch die Ehe empfangen und zur Welt
gebracht zu werden. (36) Die Achtung vor der Einheit der Ehe und der ehelichen
Treue erfordern, daß das Kind in der Ehe empfangen wird; das Band, das
zwischen den Eheleuten besteht, gewährt ihnen objektiv und unübertragbar das
ausschließliche Recht, daß der eine nur durch den anderen Vater oder Mutter
wird. (37) Der Rückgriff auf die Keimzellen einer dritten Person, um den Samen
oder die Eizelle zur Verfügung zu haben, bedeutet einen Bruch der
gegenseitigen Verpflichtung der Eheleute und eine schwere Verfehlung in
Hinblick auf eine wesentliche Eigenschaft der Ehe, nämlich ihre Einheit. Die
heterologe künstliche Befruchtung verletzt die Rechte des Kindes, beraubt es
der Kind-Beziehung zu seinen elterlichen Ursprüngen und kann das Reifen seiner
persönlichen Identität behindern. Sie bedeutet außerdem einen Angriff auf die
gemeinsame Berufung der Eheleute, die zur Vater- oder Mutterschaft berufen
sind: Sie beraubt objektiv die eheliche Fruchtbarkeit ihrer Einheit und
Integrität; sie bewirkt und manifestiert einen Bruch zwischen genetischer
Elternschaft, Austragungselternschaft und Erziehungsverantwortung. Eine solche
Veränderung der persönlichen Beziehungen im Inneren der Familie hat ihre
Auswirkung auf die staatliche Gesellschaft: Was die Einheit und die Festigkeit
der Familie bedroht, ist Quelle von Streit, Unordnung und Ungerechtigkeiten im
gesamten sozialen Leben. Diese Gründe führen zu einem negativen moralischen
Urteil über die heterologe künstliche Befruchtung. Demnach ist moralisch
unerlaubt die Befruchtung einer verheirateten Frau mit dem Samen eines von
ihrem Ehemann verschiedenen Mannes; ebenso unerlaubt ist die Befruchtung der
Eizelle, die von einer anderen Frau stammt, mit dem Samen des Ehemannes. Zudem
kann die künstliche Befruchtung einer unverheirateten Frau, sei sie nun ledig
oder verwitwet, moralisch nicht gerechtfertigt werden, wer auch immer der
Spender ist. Der Wunsch, ein Kind zu haben, die Liebe der Eheleute, die eine
anders nicht überwindbare Sterilität beheben möchte, stellen verständliche
Beweggründe dar; aber subjektiv gute Absichten bringen die heterologe
künstliche Befruchtung weder mit den objektiven und unveräußerlichen
Eigenschaften der Ehe noch mit der Achtung der Rechte des Kindes und der
Eheleute in Einklang.
3. Ist die "Ersatzmutterschaft" *
moralisch erlaubt?
* Unter der Bezeichnung „Ersatzmutter“
versteht die Instruktion: a) die Frau, die einen in ihre Gebärmutter
eingepflanzten Embryo austrägt, der ihr genetisch fremd ist, weil er durch die
Vereinigung der Keimzellen von „Spendern“ erlangt wurde mit der Verpflichtung,
das Kind nach seiner Geburt demjenigen zu übergeben, der eine solche
Austragung in Auftrag gegeben oder vereinbart hat; b) die Frau, die einen
Embryo austrägt, zu dessen Zeugung sie mit der Spende ihrer eigenen Eizelle
beigetragen hat, die durch Besamung mit dem Samen eines von ihrem Gatten
verschiedenen Mannes befruchtet wurde mit der Verpflichtung, das Kind nach
seiner Geburt demjenigen zu übergeben, der die Austragung in Auftrag gegeben
oder vereinbart hat.
Nein, und zwar aus denselben Gründen, die zur Ablehnung der
heterologen künstlichen Befruchtung führen: Denn sie steht im Gegensatz zur
Einheit der Ehe und zur Würde der Fortpflanzung der menschlichen Person. Die
Ersatzmutterschaft stellt einen objektiven Verstoß gegenüber den Pflichten der
Mutterliebe, der ehelichen Treue und der verantwortlichen Mutterschaft dar;
sie beleidigt die Würde und das Recht des Kindes, von den eigenen Eltern
empfangen, ausgetragen, zur Welt gebracht und erzogen zu werden; sie führt zum
Schaden der Familie eine Trennung zwischen den physischen, psychischen und
moralischen Elementen ein, aus denen die Familie besteht.
B. DIE HOMOLOGE KÜNSTLICHE BEFRUCHTUNG
Nachdem die heterologe künstliche Befruchtung für unannehmbar
erklärt wurde, stellt sich die Frage nach der moralischen Bewertung der
Verfahren der homologen künstlichen Befruchtung FIVET und der künstlichen
Besamung zwischen den Eheleuten. Vorher ist eine prinzipielle Frage zu klären.
4. Welches Band ist aus moralischer Sicht
zwischen Fortpflanzung und ehelichem Akt erforderlich?
a) Die Kirche unterstreicht in ihrer Lehre über
die Ehe und die menschliche Fortpflanzung „die von Gott bestimmte unlösbare
Verknüpfung der beiden Sinngehalte – liebende Vereinigung und Fortpflanzung –,
die beide dem ehelichen Akt innewohnen. Diese Verknüpfung darf der Mensch
nicht eigenmächtig auflösen. Seiner innersten Struktur nach befähigt der
eheliche Akt, indem er die Eheleute aufs engste miteinander vereint, zugleich
zur Zeugung neuen Lebens, entsprechend den Gesetzen, die in die Natur des
Mannes und der Frau eingeschrieben sind.“ (38) Dieses auf die Natur der Ehe
und auf die innige Verknüpfung ihrer Güter gegründete Prinzip bringt
wohlbekannte Folgen auf der Ebene der verantwortlichen Vaterschaft und
Mutterschaft mit sich. „Wenn die beiden wesentlichen Gesichtspunkte der
liebenden Vereinigung und der Fortpflanzung beachtet werden, behält der
eheliche Akt voll und ganz den Sinngehalt gegenseitiger und wahrer Liebe und
seine Hinordnung auf die erhabene Aufgabe der Elternschaft.“ (39) Dieselbe
Lehre bezüglich des Bandes zwischen den Sinngehalten des ehelichen Aktes und
zwischen den Gütern der Ehe klärt das moralische Problem der homologen
künstlichen Befruchtung, denn „es ist nie erlaubt, diese verschiedenen Aspekte
dermaßen zu trennen, daß man entweder die Absicht zur Zeugung oder die
eheliche Beziehung positiv ausschließt“. (40) Die Kontrazeption beraubt
vorsätzlich den ehelichen Akt seiner Öffnung auf die Fortpflanzung hin und
bewirkt so eine gewollte Trennung der Ziele der Ehe. Die homologe künstliche
Befruchtung bewirkt objektiv eine analoge Trennung zwischen den Gütern und
Sinngehalten der Ehe, indem sie eine Fortpflanzung anstrebt, die nicht Frucht
eines spezifischen Aktes ehelicher Vereinigung ist. Deshalb ist es erlaubt,
eine Befruchtung zu wünschen, wenn sie Ergebnis eines „ehelichen Aktes ist,
der aus sich heraus zur Zeugung von Nachkommenschaft geeignet ist, auf den die
Ehe ihrer Natur nach hingeordnet ist und durch den die Ehegatten ein Fleisch
werden“. (41) Aber die Fortpflanzung ist aus moralischer Sicht ihrer eigenen
Vollkommenheit beraubt, wenn sie nicht als Frucht des ehelichen Aktes, also
des spezifischen Geschehens der Vereinigung der Eheleute, angestrebt wird. b)
Der moralische Wert der innigen Bindung, die zwischen den Gütern der Ehe und
zwischen den Sinngehalten des ehelichen Aktes besteht, gründet auf der Einheit
des menschlichen Wesens, der Einheit des Leibes und der Geistseele. (42) Die
Eheleute drücken einander ihre personale Liebe in der „Sprache des Leibes“
aus, die deutlich den Ausdruck gegenseitiger Hingabe mit der Bestimmung zur
Elternschaft verbindet. (43) Der eheliche Akt, durch den die Eheleute einander
ihre Selbsthingabe kundtun, drückt zugleich die Öffnung zum Geschenk des
Lebens aus: Er ist ein untrennbar leiblicher und geistiger Akt zugleich. In
ihrem Leib und durch ihren Leib vollziehen die Gatten die Ehe und können Vater
und Mutter werden. Um die Sprache des Leibes und seine naturgegebene Fülle zu
achten, muß die eheliche Vereinigung in der Achtung vor der Öffnung auf die
Fortpflanzung hin erfolgen, und die Zeugung einer Person muß Frucht und Ziel
der ehelichen Liebe sein. Der Ursprung des menschlichen Wesens ist so Frucht
einer Zeugung, die „nicht nur an die biologische, sondern auch an die geistige
Vereinigung der Eltern gebunden ist, die im Bund der Ehe geeint sind“. (44)
Eine außerhalb des Leibes der Eheleute erlangte Befruchtung bleibt gerade
deswegen der Sinngehalte und der Werte beraubt, die sich in der Sprache des
Leibes und der Vereinigung der menschlichen Personen ausdrücken. c) Nur die
Achtung vor dem Band, das zwischen den Sinngehalten des ehelichen Aktes
besteht, und die Achtung vor der Einheit des menschlichen Wesens gestatten
eine der Würde der Person entsprechende Fortpflanzung. In seinem einmaligen
und unwiederholbaren Ursprung muß das Kind in seiner personalen Würde gleich
denen geachtet und anerkannt werden, die ihm das Leben schenken. Die
menschliche Person muß in die Zeichen der Einheit und der Liebe ihrer Eltern
aufgenommen werden; die Zeugung eines Kindes muß deshalb die Frucht
gegenseitiger Schenkung sein (45), die sich im ehelichen Akt verwirklicht, in
dem die Eheleute – als Diener und nicht als Herren – am Werk der
Schöpfer-Liebe teilnehmen. (46) Der Ursprung einer menschlichen Person ist in
Wirklichkeit Ergebnis einer Schenkung. Der Empfangene muß die Frucht der Liebe
seiner Eltern sein. Er kann nicht als Produkt eines Eingriffs medizinischer
Techniken gewollt oder empfangen werden: Dies würde bedeuten, ihn zum Objekt
einer wissenschaftlichen Technologie zu erniedrigen. Niemand darf das
Auf-die-Welt-Kommen eines Kindes den Bedingungen technischer Effizienz
unterwerfen, die nach den Maßstäben von Kontrolle und Beherrschung bewertet
werden. Die moralische Bedeutung des Bandes, das zwischen den Sinngehalten des
ehelichen Aktes und zwischen den Gütern der Ehe besteht, die Einheit des
menschlichen Wesens und die Würde seines Ursprungs erfordern, daß die Zeugung
einer menschlichen Person als Frucht des spezifisch ehelichen Aktes der Liebe
zwischen den Eheleuten angestrebt werden muß. Es zeigt sich also, welch große
Wichtigkeit das Band, das zwischen Fortpflanzung und ehelichem Akt besteht,
auf anthropologischem und moralischem Gebiet hat, und so erklärt sich die
Position des Lehramts bezüglich der homologen künstlichen Befruchtung.
5. Ist die homologe In-vitro-Befruchtung
moralisch erlaubt?
Die Antwort auf diese Frage hängt eng von den eben erwähnten
Grundsätzen ab. Sicherlich kann man die rechtmäßigen Anliegen der
unfruchtbaren Eheleute nicht außer acht lassen; einigen von ihnen erscheint
der Rückgriff auf die homologe FIVET als einziges Mittel, um ein aufrichtig
gewünschtes Kind zu bekommen: Man fragt sich, ob in diesen Situationen nicht
die Gesamtheit des ehelichen Lebens genüge, um die der menschlichen
Fortpflanzung entsprechende Würde zu sichern. Man erkennt an, daß die FIVET
sicherlich fehlende eheliche Beziehungen nicht zu ersetzen vermag (47) und
nicht den spezifischen Akten der ehelichen Vereinigung vorgezogen werden darf,
wenn man die Gefahren, die sie für das Kind mit sich bringen kann, und die
Mängel des Verfahrens vor Augen hat. Aber – so fragt man – falls es unmöglich
wäre, die Sterilität, die Ursache von Leid ist, anders zu beheben, kann dann
die homologe In-vitro-Befruchtung nicht eine Hilfe, ja sogar eine Therapie
darstellen, und kann deshalb dann nicht deren moralische Zulässigkeit
angenommen werden? Der Wunsch nach einem Kind – oder zumindest die
Bereitschaft dazu, das Leben weiterzugeben – ist aus moralischer Sicht für
eine verantwortliche menschliche Zeugung erforderlich. Doch diese gute Absicht
ist für eine moralisch positive Bewertung der In-vitro-Befruchtung zwischen
Eheleuten nicht ausreichend. Das Verfahren der FIVET muß in sich selbst
bewertet werden; es kann seine endgültige moralische Bewertung weder aus dem
ehelichen Leben in seiner Gesamtheit herleiten, in das es sich einfügt, noch
von den ehelichen Akten, die ihm vorangehen, noch von denen, die ihm folgen
mögen. (48) Es ist schon daran erinnert worden, wie unter den Umständen, in
denen sie üblicherweise praktiziert wird, die FIVET die Zerstörung
menschlicher Wesen mit sich bringt, eine Tatsache, die sich gegen die schon
vorgelegte Lehre über die Unerlaubtheit der Abtreibung richtet. (49) Aber auch
in dem Fall, in dem alle Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung des Todes
dermenschlichen Embryonen angewandt würden, bewirkt die homologe FIVET die
Trennung der auf die menschliche Befruchtung ausgerichteten Handlungen vom
ehelichen Akt. Deshalb muß man die eigentliche Natur der homologen FIVET in
Betracht ziehen und dabei auch von der Verbindung zur Abtreibung absehen. Die
homologe FIVET wird außerhalb des Leibes der Eheleute mit der Hilfe der
Handlungen dritter Personen durchgeführt, deren Kompetenz und technische
Leistung den Erfolg des Eingriffs bestimmen; sie vertraut das Leben und die
Identität des Embryos der Macht der Mediziner und Biologen an und errichtet
eine Herrschaft der Technik über Ursprung und Bestimmung der menschlichen
Person. Eine derartige Beziehung von Beherrschung widerspricht in sich selbst
der Würde und der Gleichheit, die Eltern und Kindern gemeinsam sein muß. Die
Empfängnis in vitro ist Ergebnis einer technischen Handlung, die die
Befruchtung vornehmlich bestimmt; sie ist nicht Ausdruck und Frucht eines
spezifischen Aktes ehelicher Vereinigung; weder wird sie tatsächlich so
herbeigeführt noch wird sie positiv angestrebt als Ausdruck und Frucht eines
spezifischen Aktes der ehelichen Vereinigung. Selbst wenn man sie im Kontext
der tatsächlich bestehenden ehelichen Beziehungen betrachtet, ist in der
homologen FIVET die Zeugung der menschlichen Person objektiv der ihr eigenen
Vollkommenheit beraubt: nämlich Zielpunkt und Frucht eines ehelichen Aktes zu
sein, durch den die Eheleute „im Schenken des Lebens an eine neue menschliche
Person zu Mitarbeitern Gottes“ werden. (50) Diese Gründe lassen verstehen,
warum in der Lehre der Kirche der eheliche Liebesakt als der einzige der
menschlichen Fortpflanzung würdige Ort angesehen wird. Aus denselben Gründen
bleibt auch der sog. „einfache Fall“ – also ein homologes FIVET-Verfahren, das
von jeder kompromittierenden Verbindung mit der Abtreibungspraxis, der
Zerstörung von Embryonen und der Masturbation frei wäre – eine moralisch
unerlaubte Technik, weil sie die menschliche Fortpflanzung der ihr eigenen und
naturgemäßen Würde beraubt. Sicherlich ist die homologe FIVET nicht von all
der ethischen Negativität belastet, die man in der außerehelichen
Fortpflanzung vorfindet; Familie und Ehe bleiben weiterhin der Raum für die
Geburt und die Erziehung des Kindes. Dennoch – in Übereinstimmung mit der
traditionellen Lehre über die Güter der Ehe und die Würde der Person – bleibt
die Kirche aus moralischer Sicht bei der Ablehnung der homologen
In-vitro-Befruchtung; diese ist in sich unerlaubt und steht in Widerspruch
zur Würde der Fortpflanzung und der ehelichen Vereinigung, selbst wenn alles
getan wird, um den Tod des menschlichen Embryos zu vermeiden. Obwohl die Art
und Weise, in der die menschliche Empfängnis in der FIVET herbeigeführt wird,
nicht gebilligt werden kann, muß man doch jedes Kind, das auf die Welt kommt,
als lebendiges Geschenk der göttlichen Güte annehmen und mit Liebe aufziehen.
6. Wie ist die künstliche homologe
Besamung aus moralischer Sicht zu bewerten?
Die homologe künstliche Besamung innerhalb der
Ehe kann nicht zugelassen werden, mit Ausnahme des Falls, in dem das
technische Mittel nicht den ehelichen Akt ersetzen, sondern ihn erleichtern
und ihm helfen würde, sein natürliches Ziel zu erreichen. Die Unterweisung des
Lehramts zu diesem Thema ist schon dargelegt worden. (51) Sie ist nicht bloß
Ausdruck besonderer historischer Umstände, sondern sie fußt auf der Lehre der
Kirche über die Verknüpfung zwischen ehelicher Vereinigung und Fortpflanzung
sowie auf der Betrachtung der personalen Natur des ehelichen Aktes. „Der
eheliche Akt ist seiner natürlichen Struktur nach eine persönliche Handlung,
ein gleichzeitiges unmittelbares Zusammenwirken der Eheleute. Dieses ist wegen
der Natur derer, die hier tätig sind, und wegen der Eigenart des Aktes der
Ausdruck gegenseitiger Hingabe, die nach einem Wort der Heiligen Schrift zur
Einheit in einem Fleisch führt.“ (52) Deshalb „verwirft“ das moralische
Gewissen „jedoch nicht notwendigerweise die Anwendung gewisser künstlicher
Hilfsmittel, die einzig dazu dienen, den natürlichen Akt zu erleichtern oder
dem normal vollzogenen Akt zu seinem Ziel zu verhelfen“. (53) Wenn das
technische Mittel den ehelichen Akt erleichtert oder ihm hilft, seine
natürlichen Ziele zu erreichen, kann es moralisch bejaht werden. Falls sich
hingegen der technische Eingriff an die Stelle des ehelichen Aktes setzen
sollte, ist er moralisch unerlaubt. Die den ehelichen Akt ersetzende
künstliche Besamung ist wegen der freiwillig bewirkten Trennung zwischen den
beiden Bedeutungen des ehelichen Aktes verboten. Die Masturbation, mit deren
Hilfe normalerweise der Same gewonnen wird, ist ein weiteres Zeichen für diese
Trennung; auch wenn sie in Hinblick auf die Fortpflanzung geschieht, bleibt
diese Handlung ihrer Bedeutung auf die Vereinigung hin beraubt: „denn es fehlt
ihr . . . eine von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche
Beziehung, jene nämlich, die, den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch
den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe‘ realisiert“. (54)
7. Welches moralische Kriterium
ist bezüglich des Eingriffs des Arztes in die menschliche Fortpflanzung
aufzustellen?
Die ärztliche Handlung darf nicht nur in bezug
auf ihre technische Dimension, sondern muß auch und vor allem im Verhältnis
auf ihr Ziel hin bewertet werden, das im Wohl der Personen und in ihrer
leiblichen und seelischen Gesundheit besteht. Die moralischen Richtlinien für
den medizinischen Eingriff in die Fortpflanzung leiten sich von der Würde der
menschlichen Personen, von ihrer Geschlechtlichkeit und ihrem Ursprung ab. Die
Medizin, die auf das ganzheitliche Wohl der Person hingeordnet sein will, muß
die spezifisch menschlichen Werte der Geschlechtlichkeit achten. (55) Der Arzt
steht im Dienst der Personen und der menschlichen Fortpflanzung: Er hat keine
Vollmacht, über sie zu verfügen oder über sie zu entscheiden. Der
medizinische Eingriff achtet die Würde der Personen dann, wenn er darauf
abzielt, den ehelichen Akt zu unterstützen, indem er seinen Vollzug
erleichtert oder ihm sein Ziel zu erreichen hilft, sobald er in normaler Weise
vollzogen worden ist. (56) Im Gegensatz dazu kommt es bisweilen vor, daß der
medizinische Eingriff technisch den ehelichen Akt ersetzt, um eine
Fortpflanzung herbeizuführen, die weder dessen Ergebnis noch dessen Frucht
ist: In diesem Fall steht der medizinische Akt nicht, wie es sein sollte, im
Dienst an der ehelichen Vereinigung, sondern eignet sich die Funktion der
Fortpflanzung an und widerspricht so der Würde und den Rechten der Eheleute
und des Ungeborenen. Die Humanisierung der Medizin, die heute von allen
nachdrücklich gefordert wird, verlangt die Achtung der ganzheitlichen Würde
der menschlichen Person an erster Stelle in dem Akt und in dem Augenblick, in
dem die Eheleute einer neuen Person das Leben weitergeben. Es ist daher
folgerichtig, auch einen dringlichen Appell an die katholischen Ärzte und
Forscher zu richten, vorbildliches Zeugnis für die Achtung zu geben, die dem
menschlichen Embryo und der Würde der Fortpflanzung geschuldet ist. Die Ärzte
und das medizinische Pflegepersonal der katholischen Krankenhäuser und
Kliniken sind in besonderer Weise aufgerufen, den eingegangenen moralischen
Verpflichtungen, die oft auch in rechtliche Satzungen gefaßt sind, Ehre zu
machen. Die Verantwortlichen dieser katholischen Krankenhäuser und Kliniken,
von denen viele Ordensleute sind, werden sich mit ganzem Herzen dafür
einsetzen und sicherstellen, daß die moralischen Normen dieser Instruktion
sorgfältig befolgt werden.
8. Das Leiden wegen ehelicher
Unfruchtbarkeit
Das Leiden der Eheleute, die keine Kinder bekommen können oder
die befürchten, ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen, ist ein Leid,
das alle verstehen und angemessen würdigen müssen. Von seiten der Eheleute ist
der Wunsch nach einem Kind natürlich: Er drückt die Berufung zur Vaterschaft
und zur Mutterschaft aus, die der ehelichen Liebe eingeprägt ist. Dieser
Wunsch kann noch stärker sein, wenn das Ehepaar an einer Sterilität leidet,
die unheilbar zu sein scheint. Freilich gewährt die Ehe
den Gatten nicht das Recht, ein Kind zu haben, sondern nur das Recht,
diejenigen natürlichen Akte zu vollziehen, die aus sich heraus auf die
Fortpflanzung hin ausgerichtet sind. (57) Ein Recht im wahren und eigentlichen
Sinn auf das Kind widerspräche dessen Würde und dessen Natur. Das Kind ist
nicht etwas Geschuldetes und kann nicht als Eigentumsobjekt aufgefaßt werden:
Es ist vielmehr ein Geschenk, „das vorzüglichste“ (58) und das am freiesten
gegebene der Ehe; es ist lebendiges Zeugnis der gegenseitigen Hingabe seiner
Eltern. Deswegen hat das Kind das Recht – wie erinnert worden ist –, die
Frucht des spezifischen Aktes der ehelichen Hingabe seiner Eltern zu sein, und
hat ein Recht darauf, vom ersten Augenblick seiner Empfängnis an als Person
geachtet zu werden. Allerdings ist die Sterilität, was auch immer die Ursachen
und die Prognose sein mögen, sicherlich eine harte Prüfung. Die Gemeinschaft
der Gläubigen ist aufgerufen, das Leid derer, die einen berechtigten Wunsch
nach Vater- und Mutterschaft nicht erfüllen können, zu erhellen und
mitzutragen. Die Eheleute, die sich in dieser schmerzlichen Lage befinden,
sind aufgerufen, in ihr die Gelegenheit für eine besondere Teilnahme am Kreuz
des Herrn zu entdecken, eine Quelle geistlicher Fruchtbarkeit. Die
unfruchtbaren Ehepaare dürfen nicht vergessen, daß „das eheliche Leben auch
dann nicht seinen Wert verliert, wenn die Zeugung neuen Lebens nicht möglich
ist. Die leibliche Unfruchtbarkeit kann den Gatten Anlaß zu anderen wichtigen
Diensten am menschlichen Leben sein, wie Adoption, verschiedene Formen
erzieherischer Tätigkeit, Hilfe für andere Familien, für arme oder behinderte
Kinder.“ (59) Viele Forscher haben sich im Kampf gegen die Sterilität
eingesetzt. Einige sind, unter vollständiger Wahrung der Würde der
menschlichen Fortpflanzung, zu Ergebnissen gelangt, die vorher unerreichbar
schienen. Die Wissenschaftler müssen also ermutigt werden, mit ihren
Forschungen fortzufahren, um den Ursachen der Sterilität vorzubeugen und ihnen
abhelfen zu können, so daß die unfruchtbaren Ehepaare in Achtung ihrer
personalen Würde und der des Ungeborenen zur Fortpflanzung gelangen.
TEIL III
MORAL UND STAATLICHE GESETZGEBUNG
Die moralischen Werte und Pflichten, die die staatliche
Gesetzgebung auf diesem Gebiet achten und schützen muß
Das unverletzbare Recht auf Leben jedes
unschuldigen menschlichen Individuums, die Rechte der Familie und der
Institution Ehe stellen grundlegende moralische Werte dar, weil sie den
wesensgemäßen Zustand und die ganzheitliche Berufung der menschlichen Person
betreffen; gleichzeitig sind sie konstitutive Elemente der staatlichen
Gesellschaft und ihrer Ordnung. Aus diesem Grund erfordern die neuen auf dem
Gebiet der Biomedizin eröffneten technologischen Möglichkeiten das Eingreifen
der politischen Autoritäten und des Gesetzgebers, weil ein unkontrollierter
Rückgriff auf solche Techniken zu unvorhersehbaren und schädlichen Folgen für
die staatliche Gesellschaft führen könnte. Der Verweis auf das Gewissen jedes
einzelnen und auf die Selbstbeschränkung der Forscher kann nicht ausreichen,
um die personalen Rechte und die öffentliche Ordnung zu wahren. Wenn der
Gesetzgeber, der für das Gemeinwohl verantwortlich ist, nicht wachsam ist,
könnte er seiner Vorrechte von Forschern beraubt werden, welche die Menschheit
im Namen von biologischen Entdeckungen und von angeblichen Verfahren zur
„Verbesserung“, die sich davon ableiten, zu beherrschen sich anmaßen. Die
„Erbauslese“ und die Diskriminierungen zwischen den Menschen könnten
legitimiert werden: Dies würde eine Vergewaltigung und einen schwerwiegenden
Anschlag gegen die Gleichheit, die Würde und die grundlegenden Rechte der
menschlichen Person bedeuten. Das Eingreifen der politischen Autorität muß
sich an den Grundsätzen der Vernunft ausrichten, welche die Beziehungen
zwischen zivilem und moralischem Gesetz regeln. Aufgabe des staatlichen
Gesetzes ist es, das Allgemeinwohl der Personen durch die Verteidigung der
Grundrechte, der Förderung des Friedens und der öffentlichen Moral zu sichern.
(60) In keinem Lebensbereich darf das staatliche Gesetz an die Stelle des
Gewissens treten noch Normen über Angelegenheiten vorschreiben, die über seine
Zuständigkeiten hinausgehen; es muß bisweilen in Hinblick auf die öffentliche
Ordnung Dinge zulassen, die es nicht verbieten kann, ohne daß daraus ein noch
größerer Schaden erwüchse. Die unveräußerlichen Rechte der Person aber müssen
von der zivilen Gesellschaft und von der politischen Autorität anerkannt und
geachtet werden: Diese Rechte des Menschen hängen weder von den einzelnen
Individuen noch von den Eltern ab und stellen auch nicht ein Zugeständnis der
Gesellschaft und des Staates dar. Sie gehören zur menschlichen Natur und
wurzeln in der Person kraft des Schöpfungsaktes, aus dem sie ihren Ursprung
genommen hat.
Unter diese fundamentalen Rechte muß man in diesem
Zusammenhang zählen:
a) das Recht auf Leben und auf leibliche Unversehrtheit jedes
menschlichen Wesens vom Augenblick der Empfängnis an bis zum Tod;
b) die Rechte der Familie und der Ehe als Institution und – in diesem
Zusammenhang – das Recht des Kindes, von seinen Eltern empfangen, auf die Welt
gebracht und erzogen zu werden. Zu diesen beiden Themen müssen hier einige
weitere Betrachtungen angestellt werden.
In verschiedenen Staaten haben einige Gesetze
die direkte Beseitigung Unschuldiger gestattet: In dem Augenblick, in dem ein
positives Gesetz eine Kategorie von Menschen des Schutzes beraubt, den die
zivile Gesetzgebung ihnen gewähren muß, leugnet der Staat die Gleichheit aller
vor dem Gesetz. Wenn die Staatsmacht sich nicht in den Dienst der Rechte jedes
Bürgers stellt, und in besonderer Weise dessen, der am schwächsten ist, dann
werden die Grundmauern des Rechtsstaates untergraben. Die politische Autorität
kann folglich nicht zulassen, daß menschliche Wesen mit Hilfe von solchen
Verfahren ins Dasein gerufen werden, durch die sie unzulässigen Risiken
ausgesetzt werden, an die oben erinnert wurde. Wenn das positive Gesetz und
die politischen Autoritäten den Techniken künstlicher Übertragung des Lebens
und den damit verbundenen Experimenten Anerkennung gewähren würden, würden sie
die von der Legalisierung der Abtreibung geschlagene Bresche noch weiter
aufreißen. Als Folge der Achtung und des Schutzes, die man dem Ungeborenen vom
Augenblick seiner Empfängnis an zusichern muß, muß das Gesetz die geeigneten
Strafmaßnahmen für jede gewollte Verletzung seiner Rechte vorsehen. Das Gesetz
darf nicht dulden – im Gegenteil, es muß ausdrücklich verbieten –, daß
menschliche Wesen, und seien sie auch im embryonalen Stadium, als
Versuchsobjekte behandelt, verstümmelt oder zerstört werden mit dem Vorwand,
sie seien überflüssig oder unfähig, sich normal zu entwickeln. Die politische
Autorität ist gehalten, der Institution der Familie, auf der die Gesellschaft
gründet, den rechtlichen Schutz zu garantieren, auf den sie ein Anrecht hat.
Gerade durch die Tatsache, daß sie im Dienst an den Personen steht, muß die
politische Autorität auch im Dienst der Familie stehen. Das staatliche Gesetz
darf seinen Schutz nicht denjenigen Techniken künstlicher Fortpflanzung
gewähren, die zum Vorteil dritter Personen (Ärzte, Biologen, Wirtschaftskreise
oder Regierungsmächte) das an sich ziehen, was ein den Beziehungen der
Eheleute innewohnendes Recht ausmacht; ferner darf es nicht die Spendung von
Keimzellen zwischen Personen, die nicht legitim verheiratet sind, gesetzlich
zulassen. Da sie der Familie Stütze gewähren muß, muß die Gesetzgebung zudem
die Embryo-Banken, die Besamung post mortem und die „Ersatzmutterschaft“
verbieten. Es gehört zu den Pflichten der öffentlichen Autorität, dafür zu
sorgen, daß das staatliche Gesetz in all dem, was die Rechte des Menschen, des
menschlichen Lebens und der Institution der Familie betrifft, nach den
grundlegenden Regeln des moralischen Gesetzes ausgerichtet ist. Die Politiker
müssen sich durch ihr Einwirken auf die öffentliche Meinung einsetzen, in
diesen entscheidenden Punkten die weitestmögliche Übereinstimmung in der
Gesellschaft zu erreichen und diese dort zu bestärken, wo sie geschwächt zu
werden oder abzunehmen droht. In vielen Ländern machen es die Legalisierung
der Abtreibung und die rechtliche Toleranz gegenüber unverheirateten Paaren
schwieriger, die Achtung der grundlegenden Rechte zu erreichen, an die diese
Instruktion erinnert. Es ist zu wünschen, daß sich die Staaten nicht die
Verantwortung aufladen, diese schädlichen Situationen sozialer Ungerechtigkeit
noch zu verschlimmern. Im Gegenteil, es ist zu wünschen, daß die Nationen und
die Staaten sich alle der kulturellen, ideologischen und politischen
Verflechtungen bewußt werden, die mit den Techniken der künstlichen
Fortpflanzung verbunden sind, und daß sie die notwendige Weisheit und den Mut
finden, gerechtere Gesetze zu erlassen, die das menschliche Leben und die
Institution Ehe achten. Die staatliche Gesetzgebung liefert heute in vielen
Ländern gewissen Praktiken eine ungerechtfertigte Legitimierung; sie erweist
sich als unfähig, diejenige Moralität zu garantieren, die den naturgemäßen
Erfordernissen der menschlichen Person und den „ungeschriebenen Gesetzen“
entspricht, die der Schöpfer in das Herz des Menschen eingeprägt hat. Alle
Menschen guten Willens müssen sich einsetzen, besonders in ihrem Berufsbereich
und in der Ausübung ihrer Bürgerrechte, damit die moralisch unannehmbaren
staatlichen Gesetze und die unerlaubten praktischen Verhaltensweisen geändert
werden. Zudem muß die „Verweigerung aus Gewissensgründen“ gegenüber derartigen
Gesetzes angeregt und anerkannt werden. Ja, mehr noch, im moralischen
Bewußtsein vieler, besonders unter den Spezialisten biomedizinischer
Wissenschaften, beginnt mit Schärfe die Forderung nach passivem Widerstand
gegen die Legitimierung von Praktiken aufzuflammen, die in Widerspruch zu
Leben und Würde des Menschen stehen.
SCHLUßBEMERKUNG
Die Verbreitung der Technologien des Eingriffs
in die Vorgänge der menschlichen Fortpflanzung wirft schwerwiegendste
moralische Probleme in Beziehung auf die dem menschlichen Wesen von seiner
Empfängnis an geschuldete Achtung, in bezug auf die Würde der menschlichen
Person, ihrer Geschlechtlichkeit und der Weitergabe des Lebens auf. In
Erfüllung ihrer Aufgabe, die Lehre der Kirche zu fördern und zu schützen,
richtet die Kongregation für die Glaubenslehre in diesem Dokument einen neuen,
besorgten Aufruf an all diejenigen, die wegen ihrer Stellung oder wegen ihres
Einsatzes einen positiven Einfluß ausüben können, damit in der Familie und in
der Gesellschaft dem Leben und der Liebe die geschuldete Achtung zuteil wird:
an diejenigen, die für die Bildung der Gewissen und der öffentlichen Meinung
verantwortlich sind, an die Wissenschaftler, an die in medizinischen Berufen
Tätigen, an die Juristen und an die Politiker. Sie wünscht, daß alle die
Unvereinbarkeit begreifen, die zwischen der Anerkennung der Würde der
menschlichen Person und der Geringschätzung des Lebens und der Liebe besteht,
zwischen dem Glauben an den lebendigen Gott und dem Ansinnen, über Herkunft
und Schicksal eines menschlichen Wesens willkürlich bestimmen zu wollen.
Insbesondere richtet die Kongregation für die Glaubenslehre eine
vertrauensvolle Aufforderung und eine Ermutigung an die Theologen und
besonders an die Lehrer der Moral, daß sie die Inhalte der Unterweisungen des
Lehramtes vertiefen und den Gläubigen immer mehr zugänglich machen mögen – im
Licht einer gültigen Anthropologie der Geschlechtlichkeit und der Ehe, im
Kontext der notwendigen interdisziplinären Vorgehensweise. So wird man die
Gründe und die Gültigkeit dieser Lehre immer besser verstehen: Indem die
Kirche Gottes den Menschen gegen die Auswüchse seiner eigenen Macht
verteidigt, erinnert sie ihn an seinen wahren Adel; nur auf diese Weise wird
man der Menschheit von morgen die Möglichkeit sichern können, in der Würde und
Freiheit zu leben, die sich aus der Achtung vor der Wahrheit herleiten. Die
präzisen Hinweise, die in dieser Instruktion vorgelegt werden, sollen daher
nicht die Anstrengung der Reflexion aufhalten, sondern ihr vielmehr – in der
unverzichtbaren Treue zur Lehre der Kirche – einen erneuten Impuls geben. Im
Licht der Wahrheit über das Geschenk des menschlichen Lebens und der
Moralprinzipien, die daraus folgen, ist jedermann eingeladen, in seinem
eigenen Verantwortungsbereich wie der barmherzige Samariter zu handeln und
auch das kleinste unter den Menschenkindern als seinen Nächsten zu
erkennen (vgl. Lk 10, 29-37). Das Wort Christi findet hier ein neues
und besonderes Echo: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan“ (Mt 25, 40).
Papst Johannes Paul II. hat bei einer dem unterzeichneten
Präfekten gewährten Audienz, im Anschluß an die Vollversammlung dieser
Kongregation, die vorliegende Instruktion gebilligt und ihre Veröffentlichung
angeordnet.
Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 22.
Februar 1987, dem Fest Kathedra Petri.
Joseph Card. Ratzinger Präfekt
Alberto Bovone
Titularerzbischof von Cäsarea in Numidien Sekretär
NOTE
1 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer des 81.
Kongresses der italienischen Gesellschaft für Innere Medizin und des 82.
Kongresses der italienischen Gesellschaft für Allgemeinchirurgie, 27. Oktober
1980: AAS 72 (1980) 1126.
2 Paul VI., Ansprache vor der Generalversammlung der
Vereinten Nationen, 4. Oktober 1965: AAS 57 (1965), 878; Enzykl.
Populorum progressio, 13: AAS 59 (1967), 263.
3 Paul VI., Homilie bei der heiligen Messe zum Abschluß des
Heiligen Jahres, 25. Dezember 1975: AAS 68 (1976) 145; Johannes Paul II.,
Enzykl. Dives in misericordia, 30: AAS 72 (1980) 1224.
4 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
390.
5 Vgl. Erklärung Dignitatis humanae, 2.
6 Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 22; Johannes Paul
II., Enzykl. Redemptor hominis 8: AAS 71 (1979) 270–272.
7 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 35.
8 Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 15. Vgl. auch Paul
VI., Enzykl. Populorum progressio, 20: AAS 59 (1967) 267; Johannes Paul
II., Enzykl. Redemptor hominis, 15: AAS 71 (1979) 286–289; Apost.
Schreiben Familiaris consortio, 8: AAS 74 (1982) 89.
9 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio,
11: AAS 74 (1982) 92.
10 Vgl. Paul VI., Enzykl. Humanae vitae, 10: AAS 60
(1968) 487–488.
11 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
393.
12 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio,
11: AAS 74 (1982) 91–92. Vgl. auch Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 50.
13 Hl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zur
vorsätzlichen Abtreibung, 9: AAS 66 (1974) 736–737.
14 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
390.
15 Johannes XXIII., Enzykl. Mater et Magistra, III: AAS
53 (1961) 447.
13 16 Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 24.
17 Vgl. Pius XII., Enzykl. Humani generis: AAS 42
(1950) 575; Paul VI., Professio fidei: AAS 60 (1968) 436.
18 Johannes XXIII., Enzykl. Mater et Magistra, III: AAS
53 (1961) 447; vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die an einem
Studienseminar „Über die verantwortliche Elternschaft“ teilnehmenden Priester,
17. September 1983: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, VI, 2 (1983)
562: „Am Anfang jeder menschlichen Person steht ein schöpferischer Akt Gottes:
Kein Mensch kommt durch Zufall ins Dasein; er ist immer der Zielpunkt der
schöpferischen Liebe Gottes.“
19 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 24.
20 Vgl. Pius XII., Ansprache an die medizinisch-biologische
Vereinigung „St. Lukas“, 12. November 1944: Discorsi e Radiomessaggi
IV (1944–1945) 191–192.
21 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 24.
22 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 51: „Wenn es
sich daher um das Zusammengehen von ehelicher Liebe und verantwortlicher
Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittliche Qualität der Handlungsweise
nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive ab, sondern auch
von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und
ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als
auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren.“
23 Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 51.
24 Hl. Stuhl, Charta der Familienrechte, 4:
L’Osservatore Romano, 25. November 1983.
25 Hl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zur
vorsätzlichen Abtreibung, 12–13: AAS 66 (1974) 738.
26 Vgl. Paul VI., Ansprache an die Teilnehmer des XXIII.
Nationalen Kongresses der Katholischen Juristen Italiens, 9. Dezember
1972: AAS 64 (1972) 777.
27 Die Verpflichtung, unverhältnismäßige Risiken zu vermeiden, erfordert eine
wirkliche Achtung der menschlichen Wesen und die Lauterkeit der
therapeutischen Absichten. Dies schließt ein, daß der Arzt „vor allem
sorgfältig die eventuellen negativen Folgen abwägen muß, welche die notwendige
Anwendung einer bestimmten Untersuchungstechnik auf den Embryo haben kann, und
den Rückgriff auf diagnostische Verfahren meidet, über deren ehrenhafte
Finalität und grundsätzliche Unschädlichkeit man keine ausreichenden Garantien
besitzt. Und wenn – wie es häufig bei menschlichen Entscheidungen vorkommt –
ein Risiko in Kauf genommen werden muß, muß er dafür Sorge tragen
festzustellen, daß es gerechtfertigt ist durch eine wirkliche Dringlichkeit
der Diagnose und der Wichtigkeit der Resultate, die damit zugunsten dieses
Embryos gewinnbar sind“ (Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der
Tagung der „Bewegung für das Leben“, 3. Dezember 1982: Insegnamenti di
Giovanni Paolo II, V, 3 [1982] 1512). Diese Präzisierung des
„verhältnismäßigen Risikos“ muß man auch in den folgenden Abschnitten dieser
Instruktion vor Augen haben, und zwar immer dann, wenn dieser Begriff
auftaucht.
28 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
392.
29 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer eines Treffens der
Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, 23. Oktober 1982: AAS 75 (1983)
37: „Ich verurteile ausdrücklich und offiziell experimentelle Eingriffe am
menschlichen Embryo, da ein menschliches Wesen vom Augenblick der Zeugung bis
zum Tod für keinen wie immer gearteten Zweck mißbraucht werden darf.“
30 Hl. Stuhl, Charta der Familienrechte,
4 b: L’Osservatore Romano, 25. November 1983.
31 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die
Teilnehmer der Tagung der „Bewegung für das Leben“, 3. Dezember 1982:
Insegnamenti di Giovanni Paolo II, V, 3 (1982) 1511: „Unannehmbar ist
jede Art von Experiment mit dem Fötus, das dessen Integrität schädigen oder
seinen gesundheitlichen Zustand verschlimmern könnte, es sei denn, es handelt
sich um einen letzten Versuch, ihn vom Tod zu retten.“ Hl. Kongregation für
die Glaubenslehre, Erklärung zur Euthanasie, 4: AAS 72 (1980) 550: „In
Ermangelung anderer Mittel ist es mit Zustimmung des Kranken zulässig, sich
der von den Fortschritten der Medizin zur Verfügung gestellten Heilmittel zu
bedienen, auch wenn sich diese noch im Versuchsstadium befinden und nicht ohne
Risiko sind.“
32 Niemand kann vor seinem Dasein ein
subjektives Recht auf Beginn seiner Existenz geltend machen; es ist jedoch
legitim, das Recht des Kindes zu bejahen, einen ganz und gar menschlichen
Ursprung durch die der personalen Natur des menschlichen Wesens entsprechende
Empfängnis zu haben. Das Leben ist ein Geschenk, dem sowohl das Subjekt, das
es empfängt, als auch die Subjekte, die es weitergeben, in würdiger Weise
entsprechen müssen. Diese Präzisierung muß man auch für das, was zur
künstlichen menschlichen Fortpflanzung gesagt werden wird, vor Augen haben.
33 Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
391.
34 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 50.
35 Vgl. Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris
consortio, 14: AAS 74 (1982) 96.
36 Vgl. Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV.
Internationalen Kongresses katholischer Ärzte, 29. September 1949: AAS 41
(1949) 559. Nach dem Plan des Schöpfers „verläßt der Mann Vater und Mutter und
bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch“ (Gen
2,2). Die Einheit der Ehe, die an die Schöpfungsordnung gebunden ist, ist eine
Wahrheit, die der natürlichen Vernunft zugänglich ist. Die Tradition und das
Lehramt der Kirche beziehen sich häufig auf das Buch Genesis, sowohl direkt
als auch über die Stellen des Neuen Testamentes, die sich darauf beziehen:
Mt 19,4-6; Mk 10, 5-8; Eph 5,31. Vgl. Athenagoras,
Legatio pro christianis, 33: PG 6, 965–967; Hl. Johannes Chrysostomus,
In Matthaeum homiliae, LXII, 19, l; PG 58, 597; Hl. Leo d. Gr., Epistula
ad Rusticum, 4: PL 54, 1204; Innozenz III., Epist. Gaudemus in Domino:
DS 778; II. Konzil von Lyon, IV sess.: DS 860; Konzil von Trient, XXIV sess.:
DS 1798, 1802; Leo XIII., Enzykl. Arcanum divinae sapientiae: ASS 12
(1879– 80) 388–391; Pius XI., Enzykl. Casti connubii: AAS 22 (1930) 546–547;
II. Vatikani-sches Konzil, Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 48; Johannes
Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio, 19: AAS 74 (1982)
101–102; CIC, can. 1056.
37 Vgl. Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV.
Internationalen Kongresses katholischer Ärzte, 29. September 1949: AAS 41
(1949) 560; Ansprache an die Kongreßteilnehmer des katholischen
italienischen Hebammenverbandes, 29. Oktober 1951: AAS 43 (1951) 850; CIC,
can. 1134.
38 Paul VI., Enzykl. Humanae vitae, 12: AAS 60 (1968)
488–489.
39 Ebenda, 489.
40 Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des II.
Weltkongresses in Neapel über die menschliche Fruchtbarkeit und Sterilität,
19. Mai 1956: AAS 48 (1956) 470.
41 CIC, can. 1061. Gemäß diesem Kanon ist der eheliche Akt
jener, durch den die Ehe vollzogen wird, wenn ihn die Ehegatten „auf
menschliche Weise miteinander gesetzt haben“.
42 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 14.
43 Vgl. Johannes Paul II., Generalaudienz, 16. Januar
1980: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, III, 1 (1980) 148–152.
44 Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der 35.
Generalversammlung des Weltärztebundes, 29. Oktober 1983: AAS 76 (1984)
393.
45 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 51.
46 Vgl. Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 50.
47 Vgl. Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV.
Internationalen Kongresses katholischer Ärzte, 29. September 1949: AAS 41
(1949) 560: „Es wäre falsch zu glauben, daß die Möglichkeit, auf dieses Mittel
(die künstliche Befruchtung) zurückzugreifen, die Ehe zwischen Personen gültig
machen könnte, die unfähig sind, sie zu schließen aufgrund des ,impedimentum
impotentiae'.“
48 Eine analoge Frage wurde von Paul VI. behandelt, Enzykl.
Humanae vitae, 14: AAS 60 (1968) 490–491.
49 Vgl. oben: I, 1 f.
50 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio,
14: AAS 74 (1982) 96.
51 Vgl. Antwort des Hl. Offiziums, 17. März 1897: DS 3323;
Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV. Internationalen Kongresses
katholischer Ärzte, 29. September 1949; AAS 41 (1949) 560; Ansprache an
die Kongreßteilnehmer des katholischen italienischen Hebammenverbandes,
29. Oktober 1951: AAS 43 (1951) 850; Ansprache an die Teilnehmer des II.
Weltkongresses in Neapel über menschliche Fruchtbarkeit und Sterilität,
19. Mai 1956: AAS 48 (1956) 471–473; Ansprache an die Teilnehmer des VII.
Internationalen Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Hämatologie,
12. September 1958: AAS 50 (1958) 733; Johannes XXIII., Enzykl. Mater et
Magistra, III: AAS 53 (1961 ) 447.
52 Pius XII., Ansprache an die Kongreßteilnehmer des
katholischen italienischen Hebammenverbandes, 29. Oktober 1951: AAS 43
(1951 ) 850.
53 Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV.
Internationalen Kongresses katholischer Ärzte, 29. September 1949: AAS 41
(1949) 560.
54 Hl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zu
einigen Fragen der Sexualethik, 9: AAS 68 (1976) 86, welche die
Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 51, zitiert. Vgl. Dekret des Hl.
Offiziums, 2. August 1929: AAS 21 (1929) 490; Pius XII., Ansprache an die
Teilnehmer des XXVI. Kongresses der italienischen Gesellschaft für Urologie,
8. Oktober 1953: AAS 45 (1953) 678.
55 Johannes XXIII., Enzykl. Mater et Magistra, III: AAS
53 (1961) 447.
56 Vgl. Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des IV.
Internationalen Kongresses katholischer Ärzte, 29. September 1949: AAS 41
(1949) 560.
57 Vgl. Pius XII., Ansprache an die Teilnehmer des II.
Weltkongresses in Neapel über menschliche Fruchtbarkeit und Sterilität,
19. Mai 1956: AAS 48 (1956) 471–473.
58 Pastoralkonst. Gaudium et Spes, 50.
59 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio,
14: AAS 74 (1982) 97.
60 Erklärung Dignitatis humanae, 7.
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