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KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

 

Notifikation
betreffend Schwester Jeannine Gramick SSND
und Pater Robert nUGENt SDS*

 

Schwester Jeannine Gramick SSND und Pater Robert Nugent SDS sind seit mehr als 20 Jahren in der Seelsorge für homosexuelle Personen tätig. Im Jahr 1977 haben sie in der Erzdiözese Washington die Organisation New Ways Ministry gegründet, um »Gerechtigkeit und Versöhnung zwischen den lesbischen und homosexuellen Katholiken und der größeren katholischen Gemeinschaft«1 zu fördern. Sie haben das Buch Building Bridges. Gay & Lesbian Reality and the Catholic Church (Mystic 1992) verfaßt und den Band Voices of Hope. A Collection of Positive Catholic Writings on Gay & Lesbian Issues (New York 1995) herausgegeben.

Von Anfang an haben P. Nugent und Sr. Gramick zentrale Elemente der kirchlichen Lehre über die Homosexualität wiederholt in Frage gestellt. Aus diesem Grund teilte ihnen der Erzbischof von Washington, Kardinal James Hickey, im Jahr 1984 im Anschluß an eine Reihe von erfolglosen Klärungsversuchen mit, daß sie ihre Tätigkeiten in dieser Erzdiözese nicht mehr ausüben dürfen. Zur gleichen Zeit ordnete die Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens an, daß sie sich ganz und vollständig von New Ways Ministry trennen müssen und keinerlei Apostolat ausüben dürfen, wenn sie nicht getreu die kirchliche Lehre vortragen, gemäß der homosexuelle Handlungen in sich schlecht sind.

Trotz dieser Anordnung durch den Hl. Stuhl setzten P. Nugent und Sr. Gramick ihre Mitarbeit an Aktivitäten fort, die von New Ways Ministry organisiert wurden, obwohl sie sich von leitenden Positionen zurückzogen. Sie vertraten und förderten weiterhin zweideutige Ansichten über die Homosexualität und kritisierten ausdrücklich Dokumente des kirchlichen Lehramts zu dieser Frage. Wegen der Stellungnahmen und Aktivitäten der beiden Ordensleute erreichten die Kongregation für die Glaubenslehre und die Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens zahlreiche Klagen und dringende Bitten um Klarstellung sowohl von Bischöfen wie auch von anderen Gläubigen aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Es war deutlich, daß die Tätigkeiten von Sr. Gramick und P. Nugent in nicht wenigen Diözesen Schwierigkeiten auslösten und daß sie weiterhin die Lehre der Kirche als eine mögliche Option unter anderen vorlegten, offen für grundlegende Veränderungen.

Im Jahr 1988 setzte der Hl. Stuhl eine Kommission unter dem Vorsitz von Kardinal Adam Maida ein, um die öffentlichen Stellungnahmen und Aktivitäten der beiden Ordensleute zu untersuchen und zu bewerten und um zu bestimmen, ob sie der katholischen Lehre über die Homosexualität entsprechen.

Die Kommission wandte sich nach der Veröffentlichung von Building Bridges vor allem der Untersuchung dieses Buches zu, in dem ihr Wirken und Denken zusammenfassend dargelegt sind. Im Jahr 1994 erstellte die Kommission ihren Befund und ließ ihn den beiden Autoren zukommen. Nach Erhalt der Antworten auf diesen Befund verfaßte die Kommission ihre abschließenden Empfehlungen und übermittelte sie der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens. Ohne einige positive Aspekte im Apostolat von P. Nugent und Sr. Gramick zu übersehen, fand die Kommission ernsthafte Mängel in ihren Schriften und pastoralen Tätigkeiten, die nicht voll mit der christlichen Moral zu vereinbaren sind. Deshalb empfahl die Kommission, disziplinäre Maßnahmen zu ergreifen und auch in irgendeiner Form eine Notifikation zu veröffentlichen, um den Schaden und die Verwirrung, die durch die Irrtümer und Zweideutigkeiten in ihren Publikationen und Aktivitäten verursacht wurden, auszugleichen und wiedergutzumachen.

Weil die von den beiden Autoren verursachten Probleme vorwiegend lehrmäßiger Natur waren, übergab die Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens im Jahr 1995 die gesamte Angelegenheit der zuständigen Kongregation für die Glaubenslehre. In der Hoffnung, daß Pater Nugent und Schwester Gramick gewillt wären, der katholischen Lehre über die Homosexualität zuzustimmen und die Irrtümer in ihren Schriften richtigzustellen, unternahm die Glaubenskongregation zu diesem Zeitpunkt einen weiteren Lösungsversuch und lud sie ein, unzweideutig auf einige Fragen bezüglich ihrer Haltung zur moralischen Bewertung homosexueller Handlungen und zur homosexuellen Neigung zu antworten.

Ihre Antworten vom 22. Februar 1996 waren nicht klar genug, um die ernsten Zweideutigkeiten ihrer Haltung zu beseitigen. Sr. Gramick und P. Nugent zeigten wohl, daß sie die kirchliche Lehre über die Homosexualität klar verstanden, unterließen es aber, sich in irgendeiner Weise zustimmend zu dieser Lehre zu bekennen. Darüber hinaus ging aus der Veröffentlichung ihres Buches Voices of Hope. A Collection of Positive Catholic Writings on Gay & Lesbian Issues im Jahr 1995 klar hervor, daß sie ihre abweisende Haltung gegenüber grundlegenden Elementen der kirchlichen Lehre nicht geändert hatten.

Weil einige der Ansichten von P. Nugent und Sr. Gramick offensichtlich nicht mit der Lehre der Kirche vereinbar waren und die weite Verbreitung dieser Irrtümer durch ihre Schriften und pastoralen Tätigkeiten für die Bischöfe in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer immer größeren Sorge wurde, beschloß die Kongregation, die Angelegenheit gemäß dem in der Ordnung für die Lehrüberprüfung dargelegten Verfahren (Kapitel 4)2 zu lösen.

In der Ordentlichen Versammlung vom 8. Oktober 1997 trafen die Kardinäle und Bischöfe, die Mitglieder der Kongregation sind, das Urteil, daß die gemäß dem oben genannten Verfahren für die Lehrüberprüfung ausfindig gemachten Ansichten von P. Nugent und Sr. Gramick tatsächlich irrig und gefährlich sind. Nach der Approbation durch den Papst wurden die erwähnten irrigen Ansichten den beiden Ordensleuten durch die zuständigen Generaloberen vorgelegt. Die beiden Autoren wurden ersucht, ihre Antworten persönlich und unabhängig voneinander vorzubereiten, um jedem von ihnen die größtmögliche Freiheit im Ausdruck der jeweils eigenen Haltung zu geben.

Die Antworten wurden im Februar 1998 von den beiden Generaloberen an die Kongregation gesandt. In den Ordentlichen Versammlungen vom 6. und 20. Mai 1998 unterzogen die Mitglieder der Kongregation die Antworten einer sorgfältigen Bewertung, nachdem zuvor Gutachten von Bischöfen aus den Vereinigten Staaten sowie von Fachleuten auf dem Gebiet der Moraltheologie eingeholt worden waren. Die Mitglieder der Kongregation trafen einmütig die Entscheidung, daß die Antworten der beiden trotz gewisser positiver Elemente unannehmbar sind. Sowohl P. Nugent als auch Sr. Gramick hatten nämlich versucht, die Veröffentlichung ihrer Bücher zu rechtfertigen, und keiner von ihnen hatte der kirchlichen Lehre über die Homosexualität in ausreichend klarer Form persönlich zugestimmt. Deshalb wurde beschlossen, sie zu ersuchen, eine öffentliche Erklärung zu verfassen und sie dem Urteil der Kongregation vorzulegen. In dieser Erklärung sollten sie ihre innere Zustimmung zur Lehre der katholischen Kirche über die Homosexualität ausdrücken und eingestehen, daß die beiden oben genannten Bücher Irrtümer enthalten.

Die Erklärungen der beiden Ordensleute, die im August 1998 eintrafen, wurden von der Kongregation in der Ordentlichen Versammlung vom 21. Oktober 1998 geprüft. Sie waren wiederum nicht ausreichend, um die mit ihren Schriften und pastoralen Tätigkeiten verbundenen Probleme zu lösen. Schwester Gramick brachte wohl ihre Liebe zur Kirche zum Ausdruck, verweigerte aber jedwede Zustimmung zur Lehre der Kirche über die Homosexualität. Pater Nugent legte eine umfassendere Antwort vor, die jedoch hinsichtlich der inneren Zustimmung zur Lehre der Kirche nicht eindeutig genug war. Die Mitglieder der Kongregation beschlossen deshalb, P. Nugent noch eine Gelegenheit zu einer unzweideutigen Zustimmung zu geben. Aus diesem Grund verfaßte die Kongregation eine entsprechende Erklärung, die P. Nugent mit Schreiben vom 15. Dezember 1998 durch den Generaloberen zugesandt und zur Unterschrift vorgelegt wurde. Aus seiner Antwort vom 25. Januar 1999 ging hervor, daß auch dieser Versuch erfolglos blieb. Pater Nugent war nicht bereit, die ihm vorgelegte Erklärung zu unterschreiben, und sandte als Antwort einen anderen Text, in dem er die Erklärung der Kongregation in einigen wichtigen Punkten umgeändert hatte. Er war vor allem nicht gewillt anzuerkennen, daß die homosexuellen Handlungen in sich ungeordnet sind, und fügte einen Absatz hinzu, in dem er den endgültigen und unveränderlichen Charakter der katholischen Lehre in diesem Punkt in Frage stellte.

Weil die wiederholten Versuche der rechtmäßigen kirchlichen Autoritäten nach einer Lösung der Schwierigkeiten in den Schriften und pastoralen Tätigkeiten der beiden Autoren gescheitert sind, ist die Kongregation für die Glaubenslehre verpflichtet, um des Wohls der katholischen Gläubigen willen zu erklären, daß die von Sr. Jeannine Gramick und P. Robert Nugent geäußerten Ansichten über die homosexuellen Handlungen, die in sich schlecht sind, und die homosexuelle Neigung, die objektiv ungeordnet ist, lehrmäßig unannehmbar sind, weil sie nicht getreu die klare und beständige Lehre der katholischen Kirche in diesem Punkt wiedergeben3. P. Nugent and Sr. Gramick haben oft behauptet, daß sie sich in Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre darum bemühen, homosexuellen Personen »mit Achtung, Mitleid und Takt«4 zu begegnen. Die Verbreitung von Irrtümern und Zweideutigkeiten ist aber nicht vereinbar mit einer christlichen Haltung wahrer Achtung und echten Mitleids. Personen, die mit Homosexualität ringen, haben nicht weniger als alle anderen das Recht, von denen, die sie seelsorglich begleiten, die authentische Lehre der Kirche zu erhalten. Die Zweideutigkeiten und Irrtümer der Haltung von P. Nugent und Sr. Gramick haben im katholischen Volk Verwirrung gestiftet und der Gemeinschaft der Kirche Schaden zugefügt. Aus diesen Gründen wird Schwester Jeannine Gramick SSND und Pater Robert Nugent SDS jedweder seelsorgliche Dienst an homosexuellen Personen auf Dauer untersagt, und sie können in ihren jeweiligen Ordensgemeinschaften auf unbestimmte Zeit nicht in irgendwelche Ämter gewählt werden.

Papst Johannes Paul II. hat in einer am 14. Mai 1999 dem unterzeichneten Sekretär gewährten Audienz die vorliegende Notifikation, die in der Ordentlichen Versammlung dieser Kongregation beschlossen worden war, gutgeheißen und ihre Veröffentlichung angeordnet.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, dem 31. Mai 1999.

 

 

+ Joseph Kardinal Ratzinger
Präfekt

 

+ Tarcisio Bertone SDB
Erzbischof em. von Vercelli
Sekretär

 

* L’Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 31-32, 30. Juli 1999, Seiten 6-7 (AAS 91 [1999], S. 821-825).

 


Anmerkungen:

1) Voices of Hope. A Collection of Positive Catholic Writings on Gay & Lesbian Issues, New York 1992, ix.

2) Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Agendi ratio in doctrinarum examine, Art. 23-27: AAS 89 (1997) 834.

3) Vgl. Gen 19,1-11; Lev 18,22; 20,13; 1 Kor 6,9; Rom 1,18-32; 1 Tim 1,10; Katechismus der Katholischen Kirche, 2357-2359, 2396; Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Persona humana, Nr. 8: AAS 68 (1976) 84-85; Schreiben Homosexualitatis problema: AAS 79 (1987) 543-554.

4) KKK, 2358.

  

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