Index

  Back Top Print

KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

ERLÄUTERUNGEN
ZU DOKUMENTARISCHEN UND PROZESSUALEN ASPEKTEN
DER "IN-FAVOREM-FIDEI"-VERFAHREN

 

 

1) Der Diözesanbischof

Kompetenz, „in-favorem-Fidei“-Verfahren einzuleiten, besitzen „der Diözesanbischof und die vom Recht ihm Gleichgestellten bzw. der Eparchialbischof“ (Art. 3). Wo der Begriff Episcopus an anderer Stelle in den Normen gebraucht wird, ist er im Sinn von Artikel 3 zu verstehen.

Die Normen beabsichtigen, dass Angelegenheiten, die namentlich dem Diözesanbischof zugewiesen werden, nur ihm und den ihm Gleichgestellten zustehen, unter Ausschluss des Generalvikars und des Bischofsvikars, „außer bei Vorliegen eines besonderen Mandates“ (vgl. can. 134 § 3). Wenn der Diözesanbischof dem Generalvikar oder einem Bischofsvikar ein besonderes Mandat, an seiner Statt zu handeln, erteilt hat, muss den Dokumenten stets eine Kopie des gemäß can. 474 vom Diözesanbischof unterzeichneten, ordnungsgemäß datierten und vom Notar beglaubigten Mandates beigefügt werden.

 

2) Einleitung des Prozesses

Die Einsetzung oder Ernennung des Untersuchungsrichters, des Bandverteidigers und des Notars muss schriftlich gegeben werden, unterzeichnet vom Diözesanbischof, datiert und vom Notar beglaubigt. Sie kann auf Dauer oder Fall für Fall gegeben werden. Da sie den Beginn des Prozesses auf diözesaner Ebene bezeichnet, ist die Kommission einzusetzen, bevor irgendeine Aussage entgegengenommen wird oder irgendeine Nachforschung stattfindet.

3) Das Votum

Das Votum des Bischofs ist ebenfalls vom Diözesanbischof zu unterzeichnen. Dieses Dokument, das er aufgrund seiner pastoralen Vollmacht ausstellt, soll seine Meinung zu dem Fall sowie die Gründe für die Befürwortung darlegen. Präzise sollte ausgeführt werden, ob die Bedingungen für die Gewährung des Gnadenerweises gegeben sind und ob sich ein begründeter Zweifel an der Gültigkeit der Ehe ergeben hat (vgl. Art. 10, 24). Der Bischof sollte stets klar die derzeitige Lebenssituation der Parteien aufzeigen und erwähnen, ob der Bittsteller bereits in irgendeiner Form eine neue Ehe eingegangen ist oder mit der dritten Partei zusammenlebt (Art. 1, 4-5, 24). Jede Gefahr eines Ärgernisses, das bei Gewährung des Gnadenerweises entstehen könnte, oder jeder Zweifel an der Aufrichtigkeit der Konversion des Bittstellers oder des zukünftigen Gatten oder jede besondere Schwierigkeit, wie der Bittsteller seinen Verpflichtungen aus der früheren Ehe nachkommen kann, sollte bereinigt worden sein, bevor der Fall unterbreitet wird (vgl. Art. 7 § 3, 9, 20).

 

4) Bericht des Untersuchungsrichters

Der Bericht des Untersuchungsrichters, der dem abgeschlossenen Prozess beizufügen ist, wenn er dem Bandverteidiger zugestellt wird, ist vom Votum des Bischofs zu unterscheiden (Art. 23). Der Bericht sollte auf die Qualität der erhaltenen Aussagen eingehen, auf die Gründe, warum bestimmte vom Bittsteller genannte Zeugen keine formelle Aussage gegeben haben oder warum die geforderten Nachforschungen in den Taufbüchern nicht gemacht wurden; kurz, es soll der Kommentar erster Hand zum Prozessverlauf sein. In dieser Weise ist der Bericht auch ein wertvoller Hinweis, der bereits die von der Kongre­gation gegebenenfalls erwarteten zusätzlichen Aussagen oder weiteren Vervollständigungen der Akten aufzeigt.

 

5) Zertifikate und Dekrete

Zertifikate der Taufe oder des Glaubensbekenntnisses oder beider Dokumente sind gegebenenfalls dem Prozess beizufügen, und zwar des Bittstellers und/oder der dritten Partei (Art. 22 § 2). Taufzeugnisse sollten auch besorgt werden von den Kindern aus der ersten Ehe, wenn diese noch minderjährig sind. Ebenfalls ist eine Fotokopie des Brautexamens (im Falle einer katholischen Ehe) und der zivilen Ehescheidung oder der zivilen Nichtigkeitserklärung der aufzulösenden Ehe beizufügen.

Zertifikate der Ehescheidung oder der zivilen Ehenichtigkeitserklärung sowie der verfügen­de Teil der kanonischen Nichtigkeitserklärung sind für jede vom Bittsteller oder von der dritten Partei geschlossene Ehe beizufügen (Art. 19). Im Fall von nicht in kanonischer Form geschlossenen Ehen ist immer die von der zuständigen Obrigkeit erlassene Nichtigkeits­erklärung für jede Ehe dieser Art beizufügen, auch wenn der Urkundenprozess nicht aufgeführt wird.

Die Kautelen sind ein wesentliches Element für jede Ehe, die mit einem Nicht-Katholiken geschlossen werden soll, und der Gnadenerweis der Auflösung wird nicht gewährt, wenn diese Garantien für die katholische Lebensführung und die Erziehung der Kinder nicht schriftlich und von beiden Parteien unterzeichnet vorgelegt werden (Art. 5). Selbst wenn man klugerweise voraussehen kann, dass das Paar nicht mehr Kinder zur Welt bringen kann, muss der katholische Teil versprechen, den Glauben zu bewahren und zu praktizieren, und der nicht-katholische Teil muss immer versichern, seinem Ehepartner zu erlauben, den katholischen Glauben zu praktizieren.

 

6) Aussagen

Beide Ehepartner sind als Teil der Untersuchung zu hören. Wenn der frühere Ehepartner prozessabwesend ist, muss dies ad normam iuris (Art. 12, 15 § 2) erklärt werden. Das bedeutet, dass der Untersuchungsrichter sich mit der anderen Partei in einer Weise in Verbindung setzen und sie zur Aussage laden muss, dass ihre Mitarbeit sichergestellt wird. Wenn die andere Partei weder erschienen ist noch einen Grund für ihre Abwesenheit angegeben hat, muss der Untersuchungsrichter den Akten ein Dokument beifügen, das das Faktum festhält und die Situation beschreibt. Bevor er dies tut, sollte er aber sichergestellt haben, dass irgendeine Form der Ladung tatsächlich die andere Partei erreicht hat (vgl. can. 1592).

Die dritte Partei muss stets unter jenen sein, die Zeugenaussagen ablegen. Auch wenn sie normalerweise nicht in der Lage ist, zum Taufstatus der Parteien der früheren Ehe etwas zu erklären, kann sie doch über eventuelle Verpflichtungen des Bittstellers, die aus seiner frü­heren Ehe herrühren, aussagen, ferner über die Gründe, die zum Scheitern der Ehe führten, sowie über sein eigenes Glaubensleben und das des Bittstellers.

 

7) Schriftliche Erklärungen und Telefongespräche

Die Bestimmungen sagen, dass alles in dem Prozess geltend Gemachte nach den Gesetzes­normen bewiesen (Art. 12 § 1), dass die Aufzeichnung jeder Aussage von dem Zeugen, dem Untersuchungsrichter und dem Notar unterzeichnet und dass angemerkt werden muss, ob der Eid geleistet, ob von ihm befreit oder ob er abgelehnt wurde (vgl. Art. 14, 15).

Wohnt ein Zeuge weit entfernt oder kann oder will er aus irgendeinem anderen Grunde nicht ins Büro des Untersuchungsrichters kommen, kann er an einem anderen Ort von einem Notar oder in irgendeiner anderen gesetzmäßigen Form gehört werden (Art. 15; vgl. can.1528).

Briefliche oder telefonische Aussagen sind offen für Missbrauch und haben einen sehr unsicheren Beweiswert. Man hat vor allem keine Garantie für die Identität der Person, die schriftliche Antworten verfasst oder am Telefon antwortet. Briefliche Antworten sind oft vage und ungenau. Sie bieten keine Gelegenheit, nähere Erklärungen oder Erhärtungen für bestimmte Antworten zu erbitten, ferner ist stets die Gefahr gegeben, dass sie von einer anderen Person diktiert werden. Wenn ein außergewöhnlicher Umstand diese Befragungsart zu rechtfertigen scheint, sollten solche Aussagen wenigstens von einem Notar aufgenom­men oder in irgendeiner Weise legitimiert werden, um ihre Echtheit sicherzustellen und um zu gewährleisten, dass eine derartige Aussage ernsthaft die ihm gegebene Beweiskraft besitzt.

 

8) Summarium und Inhaltsverzeichnis

Außer den Stellungnahmen des Bandverteidigers sind den Akten ein Inhaltsverzeichnis und ein Summarium beizufügen. Das Summarium ist ein Überblick über die wesentlichen Informationen zum Bittsteller, zum früheren Ehepartner und zum zukünftigen Ehepartner. Das Inhaltsverzeichnis ist eine Aufzählung des Inhalts oder eine Liste aller Dokumente, Aussagen und sonstigen Akten mit den Seitenangaben, wo sie sich finden. Deshalb muss jede Seite der Akten immer deutlich nummeriert sein.

Obwohl es keine Vorschrift für die Ordnung der Akten im abgeschlossenen Prozess gibt, beschleunigt die folgende Ordnung die Prüfung des Falles:

1.      Summarium
2.      Bittschrift
3.      Bestellung der Kommission
4.      Aussagen des Bittstellers und des früheren Ehepartners
5.      einschlägige Dokumente und Nachforschungen in den Taufbüchern
6.      Zeugenaussagen
7.      Aussage der dritten Partei und die einschlägigen Dokumente
8.      Schreiben bezüglich der religiösen Praxis der Parteien
9.      Bericht des Untersuchungsrichters
10.     Stellungnahme des Bandverteidigers
11.     Votum des Bischofs
12.     Beglaubigung der Akten
13.     Inhaltsverzeichnis.
 

9) Drei Exemplare der Akten

Die Normen verweisen auf Originaldokumente und beglaubigte Kopien der Dokumente (tum originalia tum in authentico exemplari: Art. 13 § 1). Dokumente besitzen keine Be­weiskraft, wenn sie nicht Originaldokumente oder von kirchlichen oder weltlichen Notaren besorgte und von ihnen als mit dem Original übereinstimmende Kopien beglaubigt sind (vgl. can. 1544). Der Untersuchungsrichter sollte immer auf Originaldokumente oder beglaubigte Kopien bestehen.

Die der Kongregation zugesandten Akten müssen alle Dokumente, die zum Prozess gehören, enthalten. Eine Erklärung, dass sich die Dokumente „in den Akten im Offizialat“ befinden, reicht nicht. Jedem Dokument, das nicht in einer allgemein von der Römischen Kurie gebrauchten Sprache verfasst ist, sollte eine Übersetzung beigefügt werden (Art. 25 § 1; vgl. Ap. Konst. Pastor Bonus, Art. 16).

Wo die Normen anweisen, dass der Bischof der Kongregation „tria exemplaria actorum omnium“ zuzusenden hat (Art. 25), ist das so zu verstehen, dass ein Exemplar nach Möglichkeit alle Originaldokumente oder beglaubigten Kopien enthält und diesem zwei weitere fotokopierte Exemplare beigefügt werden, also insgesamt „drei Exemplare“. Der Notar hat jedoch jedes Exemplar der Akten zu beglaubigen (Art. 13 § 2).