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BOTSCHAFT VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE FREIWILLIGEN HELFER IN ALLER WELT

Liebe Freiwillige!

1. Am Ende dieses Jahres, das die Vereinten Nationen dem Freiwilligendienst gewidmet haben, möchte ich Euch meine tiefe und herzliche Anerkennung für die beharrliche und hingebungsvolle Arbeit zum Ausdruck bringen, mit der Ihr die Notleidenden in allen Teilen der Welt unterstützt. Sowohl als einzelne wie auch als Gruppen in speziellen Vereinigungen verkörpert Ihr für Kinder, Alte, Kranke, Notleidende, Flüchtlinge und Verfolgte jenen Hoffnungsschimmer, der die Finsternis der Einsamkeit erhellt und der dazu anspornt, der Versuchung gewalttätiger und selbstsüchtiger Verhaltensweisen zu widerstehen.

Was veranlaßt den freiwilligen Helfer, sein Leben den anderen zu widmen? Vor allem jener Impuls unseres Herzens, der jeden Menschen zur Unterstützung seines Nächsten anregt. Es handelt sich gewissermaßen um ein Gesetz des Lebens. Der Freiwillige verspürt eine Freude, die weit über sein Tun hinausgeht, wenn es ihm gelingt, einen Teil seiner selbst unentgeltlich an andere weiterzugeben.

Gerade deshalb ist der Freiwilligendienst ein besonderes Element der Humanisierung: durch die verschiedenen Solidaritäts- und Dienstleistungsformen, die er fördert und verwirklicht, macht er die Gesellschaft für die Würde und die zahlreichen Erwartungen des Menschen empfänglicher. Durch seine Tätigkeit macht der freiwillige Helfer die Erfahrung, daß das menschliche Wesen sich nur dann voll und ganz verwirklichen kann, wenn es den Nächsten liebt und sich für ihn aufopfert.

2. Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, zeigt uns den tiefen Grund dieser universalen menschlichen Erfahrung. Im Angesicht Gottes, der die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,8), offenbart er dem Menschen die Liebe als oberstes Gesetz seines Wesens. In seinem Leben auf Erden machte Jesus die zärtliche Liebe Gottes sichtbar, "er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich" (Phil 2,7) und "hat sich für uns hingegeben als Gabe und als Opfer, das Gott gefällt" (vgl. Eph 5,2). Indem er unser irdisches Dasein bis zum Tod teilte, lehrte er uns, "den Weg der Liebe zu gehen".

Seinen Spuren folgend, war die Kirche in diesen beiden Jahrtausenden unablässig Zeugin dieser Liebe und schrieb beispielhafte Seiten dank jener Heiligen, die die Geschichte geprägt haben. Ich denke hier an einen Heiligen aus jüngster Zeit, Maximilian Kolbe, der sich aufopferte, um einen Familienvater zu retten, und an Mutter Teresa von Kalkutta, die sich den Ärmsten der Armen gewidmet hat.

Durch die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Brüdern und Schwestern strahlt das Christentum all seine befreiende und heilbringende Kraft aus. Die Nächstenliebe ist die eindrucksvollste Form der Evangelisierung, denn den leiblichen Erfordernissen entsprechend offenbart sie den Menschen die Liebe Gottes, des weisen Vaters, der stets für jeden Sorge trägt. Es geht nicht nur darum, rein materielle Bedürfnisse der Mitmenschen wie Hunger, Durst, Wohnungsmangel oder medizinische Betreuung zu befriedigen, sondern ihnen muß ermöglicht werden, die Liebe Gottes persönlich zu erfahren. Durch den Freiwilligendienst wird der Christ zum Zeugen dieser göttlichen Liebe; er verkündet sie und läßt sie durch mutige und prophetische Initiativen zur greifbaren Realität werden.

3. Es genügt nicht, auf jene Menschen zuzugehen, die von materiellen Schwierigkeiten betroffen sind; gleichzeitig muß auch dem Bedürfnis nach Werten und tiefgehenden, klaren Antworten entsprochen werden. Art und Qualität der angebotenen Hilfe sind sicherlich wichtig, aber noch wesentlicher ist die Einstellung des Herzens, mit der sie geleistet wird. Ob es nun um kleine oder große Projekte geht, in jedem Fall muß der Freiwilligendienst vor allem für die Jugend eine Schule des Lebens sein und dazu beitragen, sie zu einer auf dem unentgeltlichen Geschenk seiner selbst gründenden Kultur der Solidarität und der Aufnahme zu erziehen.

Wie viele Freiwillige finden zum Glauben im mutigen Einsatz für den Nächsten! Christus, der uns auffordert, ihm in den Armen zu dienen, spricht zum Herzen derer, die sich in ihren Dienst stellen; er läßt sie die Freude selbstloser Liebe erfahren, jener Liebe, die die Quelle wahrer Glückseligkeit ist.

Möge das Internationale Jahr des Freiwilligendienstes, das Anlaß zu zahlreichen Initiativen und Veranstaltungen gegeben hat, der Gesellschaft helfen, die zahlreichen Formen des Freiwilligendienstes stets mehr und mehr als Wachstums- und Zivilisationsfaktoren zu schätzen. Häufig kommt es vor, daß freiwillige Helfer Initiativen öffentlicher Einrichtungen ergänzen oder vorwegnehmen, denen die Aufgabe zukommt, die durch ihren mutigen Einsatz entstandenen Werke auf angemessene Weise anzuerkennen und zu fördern, ohne ihren ursprünglichen Geist auszulöschen.

4. Liebe Brüder und Schwestern, als Bestandteile dieser in allen Teilen der Welt vertretenen "Heerschar" des Friedens seid Ihr ein Zeichen der Hoffnung für unser Zeitalter. Überall dort, wo Not und Leid herrscht, setzt Ihr die im Herzen des Menschen verankerten unvermuteten Ressourcen des hingebungsvollen, gütigen und sogar heroischen Dienstes fruchtbringend ein.

Als Fürsprecher aller Armen der Welt möchte ich Euch für Euren unermüdlichen Einsatz danken. Möget Ihr Euren Weg mutig fortsetzen, und nie mögen Schwierigkeiten Euch Einhalt gebieten. Möge Christus, der barmherzige Samariter (vgl. Lk 10,30-37), das erhabene Vorbild und der Bezugspunkt jedes Freiwilligen sein. 

Eifert auch Maria nach, die, ihrer Kusine Elisabet zu Hilfe "eilend", zur Mittlerin der Freude und Rettung wird (vgl. Lk 1, 39-45). Möge sie Euch den Stil demütiger und aktiver Liebe lehren und vom Herrn die Gnade erbitten, ihn in den Armen und Leidenden zu erkennen. 

Mit diesen Wünschen erteile ich von Herzen jedem von Euch und allen, denen Ihr täglich im Dienst am Menschen begegnet, meinen besonderen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 5. Dezember 2001
(Orig. ital. in O.R. 6.12.2001)

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