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 Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People

People on the Move

N° 102 (Suppl.), December 2006

 

 

SCHLUSSDOKUMENT

 

 

das ereignis

Das Treffen fand in den Räumen des Päpstlichen Rates der Seelsorge für die Migranten und die Menschen unterwegs statt. Außer den Vorgesetzten des Päpstlichen Rates haben fünf Mitarbeiter des Dikasteriums, zwei Bischöfe und mehrere Priester, Ordensleute und Laien, Vertreter der Bischofskonferenzen der 19 europäischen Länder, teilgenommen. Sie kamen aus: Albanien, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Dänemark (den Nordischen Ländern), Deutschland, England, Estland, Holland, Irland, Italien, Montenegro, Polen, Portugal, Schottland, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn. Zählen wir auch die Experten mit, so waren auch Länder anderer Kontinente, wie die Demokratischen Republik Kongo, Indien, Nigeryen und Thailand vertreten. Unter ihnen waren Entsandte der Vereinigung der General Oberen, der Internationalen Vereinigung der General Oberinnen, des Bischofsrates von Lateinamerika (CELAM), der Internationalen katholischen Kommission für die Wanderungsfragen (IKKW), der Assoziation “Kommunität Papst Johannes XXIII.“, der Legion Mariens, sowie Vertreter anderer Assoziationen, alle im apostolischen Einsatz in diesem Sektor, und mit ihnen auch ein Vertreter der Caritas Internationalis.

Der Präsident des Päpstlichen Rates, Seine Eminenz Kardinal Stephen Fumio Hamao, hat alle aufs herzlichste begrüßt und dann in die Arbeiten eingeführt. Er unterstrich die Bedeutung des zu behandelnden Phänomens, welches die Aufmerksamkeit und die pastorale Liebe der universalen Kirche, wie auch der Teil-Kirchen dringend fordert.

Erzbischof Agostino Marchetto, Sekretär des Dikasteriums, hat das Thema der Begegnung und das Programm vorgestellt und einige Kriterien der Wertbestimmung dieses Phänomens sowie etliche pastorale Umrisse dargeboten. Der Titel seines Referates lautete: “Die Straßenmädchen heute, eine pastorale Herausforderung“. In seinem Referat hat er ein weites und wichtiges Gebiet des Apostolates hervorgehoben, das auch eine neue Art von Mitarbeitern in der Pastoral braucht. Mit Besorgnis hat er von den Personen gesprochen, von denen viele in einer Situation leben, in der nicht einmal die kleinsten persönlichen Rechte geachtet werden, denn ihr Körper ist Objekt der Ausbeutung und des Handels.

Die nachfolgenden Beiträge der Teilnehmer haben verschiedene Aspekte der aktuellen Realität der Straßenmädchen ins Licht gerückt. Die Kirche schaut auf sie mit Barmherzigkeit und christlicher Aufnahme und lädt dazu ein, die spirituellen und theologischen Werte zu beachten, die an der Basis eines pastoralen Einsatzes stehen, der das Wohlwollen Gottes ihnen gegenüber ausdrückt, und im klaren Bewusstsein aller, dass große, verborgene Tragödien hinter dieser Erfahrung stehen. Daher die besondere Besorgnis für die dramatische Situation junger Frauen und Mädchen, die sexuell ausgenutzt werden, und ihrer werden es immer mehr. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit einer pastoralen Aktion in Synergie, die über die lobenswerten und großzügigen schon bestehenden Initiativen der Aufnahme hinausgeht und die aktuellen Schwierigkeit bei der Eingliederung dieser Aktionen in die kirchlichen Strukturen vor Augen hat.

Frau Mariette Grange, Vertreterin der IKKW, sprach über das Thema “Der Menschenhandel, mit besonderem Blick auf die Frauen, die für die Prostitution bestimmt sind“, während Prof. Mario Pollo in seinem Referat, “Gesamtübersicht, als Resultat einer vorhergegangenen Umfrage“, ein allgemeines Bild der Situation dargelegt hat, wie es aus den Antworten auf den an die Teilnehmer versandten Fragebogen hervorgeht. Aus diesen geht ein gewisser Mangel des spezifischen pastoralen Aspektes hervor. Don Oreste Benzi, der Verantwortliche der Assoziation “Kommunität Papst Johannes XXIII.“, hat das Thema vorgestellt “Für eine Pastoral der Rettung und Befreiung“.

An den Gesprächen am Runden Tisch haben sechs Experten teilgenommen, und zwar: Schwester Eugenia Bonetti, ISMC., von der Vereinigung der General Oberinnen, Pater Ottavio Cantarello, SC, Direktor der Kommunität “Samuel“, er war von der Italienischen Konferenz der Superioren benannt worden, Frau Sile Ni Chochlain, vom Rat der Legion Mariens, Schwester Lalini Gunawardene, RGS, Schwester Michelle Lopez, RGS, vom “Zentrum Fountain of Life“ und Herr Dr. Paolo Ramonda, Vize-Präsident der Assoziation “Kommunität Papst Johannes XXIII.“ Hier ging es darum, die “großen Linien einer spezifischen Pastoral“ zu umreißen.

Am Schluss des Treffens, nach dem Austausch von Mitteilungen, von pastoralen Meinungen, Erfahrungen und gründlichen Überlegungen, wurden wichtige Initiativen untersucht, unter Beachtung der unterschiedlichen Situationen in den einzelnen Ländern. Man bestätigte das Vorhaben, im Geist der Zusammenarbeit und mit einer gewissen Koordinierung die in diesen Tagen geleistete Arbeit fortzusetzen. Die Teilnehmer haben dann noch „Kriterien“ und „Strategien“ für die Zukunft überprüft, sowie die Methodologie und die Vorhaben, die in den nachstehenden Schlussfolgerungen und den Empfehlungen zusammengefasst sind. 

zusammenfassung 

Einige Schlüsselpunkte

1.    Die Prostitution ist eine Form moderner Sklaverei

Vor allem muss erkannt werden, dass die sexuelle Ausbeutung, die Prostitution und der Menschenhandel, eine Gewalttätigkeit den Frauen gegenüber ist, und folglich eine Beleidigung ihrer Würde und eine schwere Verletzung der grundlegenden Menschenrechte. Die Zahl der Straßenmädchen ist in der Welt drastisch angestiegen. Die Gründe sind vielfältig, komplexe wirtschaftliche, soziale und kulturelle Situationen. In einigen Fällen haben diese Frauen bereits seit ihrer Kindheit pathologische Gewalt und sexuellen Missbrauch erfahren müssen. Andere haben sich der Prostitution hingegeben, um für sich selbst und ihre Familien einen ausreichenden Unterhalt zu sichern. Einige suchen auch die väterliche Figur oder ein Liebesverhältnis mit einem Mann. Auch übergroße Verschuldung ist manchmal der Anlass. Die Hoffnung, ihrer Armutssituation im eigenen Land zu entgehen, im Gedanken an eine versprochene Arbeit im Ausland, um ihr Leben zu ändern. Sicher ist, dass die sexuelle Ausbeutung der Frauen, eine Tatsache, die das ganze soziale Gewebe der Welt durchdringt, die Konsequenz vieler ungerechter Systeme ist. 

Viele der Frauen, die sich in der sogenannten Ersten Welt prostituieren, kommen aus der Zweiten, Dritten und Vierten Welt. In Europa und auch anderswo sind viele von ihnen Opfer des Handels aus anderen Ländern, um der steigenden Anfrage der “Verbraucher“, entgegenzukommen. Jedoch leben nicht alle diese Opfer in der Prostitution, und nicht alle Prostituierte sind das Ergebnis des Menschenhandels. Die menschliche Versklavung ist nichts Neues. Die Internationale Organisation der Arbeit (OIL) schätzt, dass jetzt 12,3 Millionen Menschen versklavt in Zwangsarbeit leben, und dass etwa 2,4 Millionen von ihnen Opfer des Menschenhandels sind, ein Phänomen, das den Schlepper-Organisationen jährlich eine Summe – sagen wir – von 10 Milliarden USA-Dollar einbringt. 

2.    Verbindung zwischen Migrationen, Rechten und Menschhandel.

Die Verbindung zwischen Migrationen, Rechten und Menschenhandel ist stufenweise aufgedeckt worden und weitere Formen des Handels sind erkannt und analysiert worden (Verpflichtung wegen Schulden, Sklaverei, sexueller Missbrauch oder Ausnutzung aus Arbeitsgründen). Die Definition Handel, die im Protokoll der Vereinten Nationen für die Vorbeugung, die Abschaffung und die Bestrafung des Menschenhandels, besonders der Frauen und Kinder, gebraucht wird, ist allgemein anerkannt. Dieses Protokoll, wie auch die Konvention des Europa-Rates bezüglich der Aktion gegen den Menschenhandel, sieht diesen als schwere Verletzung der Menschenrechte an und als Beleidigung der Menschenwürde.

Während diejenigen, die auswandern, um die Lebensnotwendigkeiten zu sichern, und jene, die Opfer der Schmuggler und des Menschenhandels sind, viele Aspekte der Verwundbarkeit teilen, so bestehen aber auch einschneidende Unterschiede zwischen der Migration und den Schleppern und den Menschenhändlern. Die Politik der Makro-Entwicklung lässt die Frauen oft in Schulden und ohne Arbeit. So wandern sie aus, um einen Lebensunterhalt zu sichern und ihren Familien oder der Kommunität helfen zu können. In keinem Fall dürfen die Anstrengungen, dem Schmuggel und dem Menschenhandel entgegen zu treten, nicht dazu führen, den Wunsch der Frauen auszuwandern, um durch die Emigration ihre Lebensverhältnisse und die ihrer Familien und ihrer Kinder zu verbessern, im rechten Licht zu sehen. 

3.    Die Gründe der Prostitution

Um eine wirksame pastorale Antwort geben zu können – das ist ja der Zweck dieses Internationalen Treffens – ist es wichtig, die Faktoren zu kennen, welche die Frauen zur Prostitution treiben, oder sie dazu anreizen. Bekannt sein müssen auch die Strategien, die von den Zwischenhändlern und den Ausbeutern benutzt werden, um sie unter Kontrolle zu halten, wie auch die Wege dieses Verkehrs aus den Herkunftsländern in die Bestimmungsländer und die institutionellen Ressourcen, um sich den Notwendigkeiten stellen zu können. Die Internationale Gemeinschaft und viele nicht-governativen Organismen in der Welt versuchen immer eindringlicher, die kriminellen Aktivitäten anzugehen und die Personen, die Opfer des Menschenhandels geworden sind, zu schützen. 

4.    Wer ist das Opfer?

Es ist ein menschliches Wesen, welches in vielen Fällen um Hilfe ruft, denn seinen Körper auf der Straße feil zu bieten, ist nicht das, was sie freiwillig gewählt hätten. Die Frau ist verletzt, psychisch und geistig praktisch tot. Gewiss hat jede dieser Frauen eine andere Geschichte, die hauptsächlich von Gewalt, Missbrauch, Misstrauen und geringer Selbstachtung geprägt ist, wie auch aus Angst und eben, weil anderer Möglichkeiten fehlen. Jede trägt tiefe Wunden in sich, die geheilt werden müssen. Was suchen sie? Ein Verhältnis, Liebe, Sicherheit, Zuneigung, Bestätigung, eine bessere Zukunft für sich selbst und für ihre Familien. Sie möchten der Armut und der Unmöglichkeit, etwas fertig zu bringen, entgehen, und sich eine Zukunft schaffen. 

5.    Wer ist der “Kunde“?

Auch er hat tief verwurzelte Probleme, denn in gewissem Sinn ist auch er Sklave. Ein Großteil von diesen Männern hat die 40. überschritten, doch jetzt steigt auch die Zahl der Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren. Aus den Analysen geht ganz klar hervor, dass eine immer größere Zahl der Männer die Prostituierten aufsuchen, mehr um sie zu beherrschen als um der sexuellen Befriedigung wegen. Denn in den normalen sozialen und persönlichen Verhältnissen erfahren sie in der Tat, dass ihre Macht und Männlichkeit geringer werden, und es gelingt ihnen nicht, ein Verhältnis aufzubauen, welches auf Gegenseitigkeit und auf Achtung basiert. Diese Männer suchen die Straßenmädchen auf, denn hier können sie eine Frau für eine gewisse Zeit vollkommen beherrschen und kontrollieren.

Der “Kunde“ muss mehr als nur eine soziale Verurteilung bekommen, er muss sich voll und ganz der Strenge des Gesetzes stellen. Doch auch ihm soll geholfen werden seine tiefliegenden Probleme zu lösen und andere Wege zu finden, um seine persönlichen Dinge in die Hand zu nehmen. Sex kaufen bei einer Prostituierten ist nicht der richtige Weg, Probleme, die aus dem Alleinsein, der Frustration oder dem Fehlen authentischer Verbindungen entstehen, zu lösen. 

6.    Das Verhältnis zwischen Männer und Frauen

Männer und Frauen stehen nicht in einem gleichen Verhältnis, denn die Gewalt oder die Gewaltandrohung gibt dem Mann das Privileg und die Macht, durch welche die Frauen zum Schweigen gebracht werden und ein passives Verhalten einnehmen. Frauen und Kinder werden oft durch die Gewalt, die sie zuhause seitens der männlichen Mitglieder der Familie erleiden müssen, auf die Straße getrieben. Die Männer haben diese Gewalt vollkommen “verinnerlicht“, weil sie ihnen durch die Ideologie und das Vorhandensein in den sozialen Strukturen praktisch eingeimpft wurde. Es ist traurig, eingestehen zu müssen, dass manchmal auch Frauen an der Unterdrückung anderer Frauen und der Gewaltanwendung an ihnen teilhaben, ja einige werden sogar öfter in den kriminellen Netzverbindungen entdeckt, die mit dem Ansteigen der Prostitution in Verbindung stehen. 

Die Aufgabe der Kirche

7.    Die Kirche hat eine pastorale Verantwortung, um die Würde des durch die Prostitution ausgenutzten Menschen wieder herzustellen und für seine Befreiung einzutreten, und auch zu diesem Zweck eine wirtschaftliche, erzieherische und bildenden Unterstützung zu geben. Die Kirche muss die Verteidigung der legitimen Rechte der Frauen übernehmen.

8.    Außerdem muss die Kirche sich einsetzen, um die pastoralen Bedürfnisse der Straßenmädchen zu gewährleisten, und prophetisch die Ungerechtigkeiten und die anhaltende Gewalt ihnen gegenüber, überall, und bei jeder Gelegenheit, wo sie geschieht, anprangern. Weiter muss die Kirche alle Männer und Frauen guten Willens dazu aufrufen, sich für die Erhaltung der Menschenwürde einzusetzen, und der sexuellen Ausnützung eine Ende zu machen.

9.    Eine erneute Solidarität in der Kirche und unter den religiösen Kongregationen, den Laien-Bewegungen, den Institutionen und den Assoziationen ist notwendig, um eine größere “Sichtbarkeit“ und Aufmerksamkeit für die Seelsorge der durch die Prostitution ausgenutzten Frauen zu gewährleisten, ohne die Frohe Botschaft der vollkommenen Befreiung in Jesus Christus zu vergessen.

10.   Im Laufe der Jahrhunderte haben die religiösen Kongregationen, besonders die weiblichen, sich der Bedürfnisse der Frauen angenommen. Sie haben ständig mit Aufmerksamkeit die Zeichen der Zeit beobachtet, und die Vorzüglichkeiten und Besonderheit ihres Charismas in vielen neuen sozialen Zusammenhängen entdeckt. Die Ordensfrauen in der Welt suchen in gläubiger Meditation des Wortes Gottes und der Soziallehre der Kirche nach neuen Arten, um ein prophetisches Zeugnis für die Würde der Frau zu geben. Sie tun dies indem sie den Straßenmädchen ein weit gefächertes Netz von Diensten in “draußen gelegenen Einrichtungen“ anbieten, in Aufnahmezentren, in sicheren Unterkünften und Wohnungen, und Ausbildungs- und Erziehungsprogramme verwirklichen. Mitglieder der kontemplativen Orden zeigen ihre Solidarität und Unterstützung durch ihr Gebet und wenn möglich auch durch finanzielle Hilfe.

11.    Programme der Fortbildung für Pastoral-Mitarbeiter sind notwendig, um Kompetenzen und Strategien zu entwickeln, und so die Prostitution und den Menschenhandel zu bekämpfen. Das sind wichtige Wege, um Priester, Ordensleute und Laien einzusetzen, um vorzubeugen und sich für die Reintegration der Opfer einzusetzen. Die Zusammenarbeit und die Informationen zwischen den Kirchen des Herkunftslandes und des Landes, für das sie bestimmt sind, werden als äußerst wichtig betrachtet. 

allgemeine vorschläge 

12.    Der Einsatz der Kirche zur Befreiung der Straßenmädchen

Man muss die Prostitution in einer vielfältigen Dimension angehen. Eine Umwandlung sei es der Männer wie der Frauen muss in einer Gegenseitig erfolgen, und die Menschenrechte müssen den Mittelpunkt jeder Strategie bilden. Alle Christen sind zur Solidarität mit den Frauen aufgerufen, die praktisch Gefangene der Straße sind. In jedem Fall fällt den Männern eine wichtige Rolle zu, denn sie müssen dabei helfen, eine Gleichstellung der Geschlechter im Kontext der Gegenseitigkeit und der rechten Unterschiede zu erreichen. Die Ausbeuter (meistens Männer), “Kunden“, Schlepper, Sex-Touristen, usw., müssen umerzogen werden hinsichtlich der Skala der menschlichen Werte, wie der Menschenrechte. Sie müssen auch von der Kirche, wie auch vom Staat eine klare Verurteilung ihrer Sünde und der Ungerechtigkeit, die sie begehen, hören. 

13.   Die Rolle der Bischofskonferenzen

Die Bischofskonferenzen, die sich in einem Staat befinden, der von der Prostitution, Frucht des Menschenhandels betroffen ist, müssen ihre Verantwortung übernehmen und diese soziale Plage anzeigen. Andererseits ist es aber auch notwendig, Achtung, Verständnis und Mitleid zu fördern, und sich eines Urteils über die Frauen, die in das Netz der Prostitution gefallen sind, zu enthalten.

Priester und Mitarbeiter in der Seelsorge müssen ermutigt werden, diese Versklavung aus pastoraler Sicht anzugehen. 

14.    Die Rolle der religiösen Kongregationen.

Die religiösen Kongregationen werden versuchen ihre Überzeugungskraft zu nutzen und die Kräfte zu vereinen, um zu informieren, zu erziehen und zu handeln. Sie werden den Hauptakzent auf den Wert der gegenseitigen Achtung, der gesunden Familienverhältnisse, der Gemeinde legen, und auch der Notwendigkeit einer Ausgeglichenheit und Harmonie in den persönlichen Verhältnissen zwischen Männer und Frauen. Es ist dringend notwendig, dass die verschiedenen Projekte, die von den religiösen Kongregationen gefördert werden, um den Frauen, Gefangene der Prostitution, zur Rückführung in ihre Heimat und bei der sozialen Integration zu helfen, auch eine angemessene finanzielle Unterstützung erhalten. Zu diesem Zweck empfiehlt man Begegnungen der religiösen Assoziationen, die sich in den verschiedenen Teilen der Welt für die Erreichung dieses Zieles einsetzen.

Das Miteinbeziehen und die Unterstützung des Klerus sind ebenfalls wichtig, einmal für die Bildung der Jugendlichen, besonders der männlichen, wie auch für die Rehabilitation der “Kunden“ des Sexmarktes, und nicht nur das. 

15.    Zusammenarbeit

a) Eine volle Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Büros ist notwendig, will man die sexuelle Ausbeutung ausrotten.

b) Ebenfalls ist es wichtig, mit den Kommunikationsmitteln zusammen zu arbeiten, um eine korrekte Information über dieses Problem sicher zu stellen.

c) Die Kirche muss die Anwendung der Gesetze fordern, welche die Frauen vor der Plage der Prostitution und des Menschenhandels schützen. Weiter ist es wichtig, sich dafür einzusetzen, dass wirksame Verordnungen herauskommen gegen die demütigende Darstellung der Frau in der Werbung.

d) Die christliche Gemeinde muss dazu angeregt werden, mit den nationalen und lokalen Behörden zusammen zu arbeiten, um den Straßenmädchen zu helfen andere Ressourcen des Lebens zu finden. 

16.    Verbindung mit den Opfern und den “Kunden“

 a) Für die Opfer ist das Heilverfahren langwierig. Den Straßenmädchen muss geholfen werden eine Wohnung zu finden, eine familiäre Umgebung, eine Gemeinde in der sie sich angenommen und geliebt fühlen und wo sie anfangen können, sich ein neues Leben und eine Zukunft aufzubauen. So können sie wieder Achtung und Vertrauen in sich selbst gewinnen und die Freude am Leben, einem neuen Leben ohne dass man mit dem Finger auf sie zeigt.

b) Befreiung und Reintegration brauchen Annahme und Verständnis seitens der Gemeinde. Der Weg der Heilung muss von einer echten Liebe und dem Anbieten verschiedener Möglichkeiten begleitet werden, die den jungen Frauen, auf der Suche nach Sicherheit, Bestätigung und Gelegenheiten für ein besseres Leben helfen können, ihre inneren Wünsche zu erfüllen. Der Schatz des Glaubens (vgl. Mt 6,21), wenn er trotz allem lebendig ist oder wiederentdeckt wird, wird ihnen enorme Hilfe sein, wie auch die Gewissheit der barmherzigen und großen Liebe Gottes.

c) Die “Kunden“ hingegen brauchen Information und Bildung was das Geschlecht, die Achtung, die Würde, die zwischenmenschlichen Werte und den vollen Bereich der Verhältnisse und der Sexualität angeht. In einer Gesellschaft, in der Geld und Wohlstand die dominierenden Werte sind, sind geeignete Beziehungen und eine sexuelle Erziehung notwendig für die ganzheitliche Bildung der verschiedenen Personengruppen. Diese Art von Erziehung kann die echte Natur der zwischenmenschlichen Beziehungen ergründen, die nicht auf egoistischem Interesse oder der Ausbeutung basieren, sondern auf der Würde der Person, die doch als Geschenk Gottes geachtet und geschätzt sein müsste. In diesem Zusammenhang werden auch die Gläubigen daran erinnert, dass die Sünde eine Beleidigung des Herrn ist, die mit den eigenen Kräften und mit der Gnade Gottes gemieden werden sollte. 

17.    Erziehung und Nachforschung

a) Mit Blick auf diese Zielgruppe ist es wichtig, das Problem der Prostitution anzugehen ohne die christliche Sicht des Lebens zu vernachlässigen: mit Jugendgruppen in den Schulen, Pfarreien, Familien, um so zu einem korrekten Urteil zu kommen, was die menschlichen Beziehungen, Geschlecht, Achtung, Würde, Menschenrechte und Sexualität betrifft. Die Erzieher und Ausbilder müssen natürlich dem kulturellen Kontext, in dem sie arbeiten Rechnung tragen, sie werden aber nicht erlauben, dass ein Gefühl der Verlegenheit es ihnen verhindert sich in einem geeigneten Dialog über dieses Argument zu engagieren und ein Bewusstsein wie auch eine Besorgnis zu schaffen über den Gebrauch und Missbrauch von Sex und Liebe.

b) Die Verbindung zwischen Gewalt und patriarchalischer Gesellschaft, und die Wirkung beider auf die Frauen müssen berücksichtigt und auf jeder Stufe der Gesellschaft studiert werden, mit besonderem Blick auf ihre Einwirkung auf das Familienleben. Die praktischen Folgen der “verinnerlichten“ Gewalt müssen klar herausgestellt werden, und dies gilt sowohl für die Männer, wie für die Frauen.

c) Das komplexe Phänomen des Aspektes der weiblichen Migration muss so untersucht werden, dass die Würde und die Rechte der Frauen respektiert werden.

d) Erziehung und bewusstes Wachstum sind lebenswichtig, um die Ungerechtigkeiten in dem Verhältnis zwischen den Geschlechtern anzugehen und eine Gleichheit zwischen ihnen zu schaffen in einem Kontext der Gegenseitigkeit unter Beachtung der rechten Unterschiede. Die Frauen wie die Männer müssen deshalb:

- sich bewusst sein, wie die Frauen ausgenutzt werden, und

- ihre persönlichen Rechte und Verantwortung kennen.

e) Die Männer brauchen in besonderer Weise Initiativen, die folgendes berücksichtigen:

- Gewalt gegen Frauen, Sexualität, HIV/AIDS, Vaterschaft und Familie;

- Achtung und Aufmerksamkeit für Frauen und Mädchen, in einer Gegenseitigkeit des Verhältnisses, und

- Überprüfung und Kritik der traditionellen Normen, die an die “Männlichkeit“ gebunden sind.

f) Die Kirche muss ihre Moral- und Soziallehre verbreiten, die klare Verhaltenslinien bieten, und einladen, für die Gerechtigkeit zu kämpfen. Sich auf verschiedenen Ebenen für die Befreiung der Straßenmädchen einsetzen – auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene – ist eine Tat wahrer christlicher Nachfolge, ein Ausdruck authentischer christlicher Liebe (vgl. 1 Kor 13,3).

g) Es ist unbedingt notwendig, das christliche und soziale Bewusstsein der Menschen zu entfalten durch die Verkündigung des Evangeliums des Heils, durch die Unterrichtung und durch verschiedene fortbildende Initiativen.

h) Eine Ausbildung der Seminaristen, der jungen Ordensleute und der Priester ist notwendig, damit sie die Fähigkeit und das notwendige Verhalten haben, um mit Einfühlungsvermögen auch mit den Frauen, die Gefangene der Prostitution sind, und mit ihren “Kunden“ zu arbeiten. 

18.    Dienstleitungen

a) Die Kirche kann den Opfern der Prostitution eine Vielfalt von Diensten anbieten:   Unterkunft, Orientierungspunkte, ärztliche Betreuung, Nottelefone, rechtlichen Beistand, Beratungsstellen, Ausbildung ihrer Neigung, Erziehung, Rehabilitation, Verteidigung durch Informations-Kampagne, Schutz vor Drohungen, Verbindung mit der Familie, Beistand bei der freiwilligen Rückkehr und Wiedereinfügung in das Heimatland, Hilfe bei der Aufenthaltsgenehmigung, wenn die Rückkehr unmöglich ist. In jedem Fall ist die Hinführung zu Jesus Christus, der Gute Samariter und Retter, ein wichtiger Faktor der Befreiung und der Erlösung, auch für die Opfer der Prostitution (vgl. Apg 2,21; 4,12; Mk 16,16; Röm 10,9; Phil 2,11 und 1Thess 1,9-10).

b) Diejenigen, die direkt mit den Frauen arbeiten, die Opfer des Menschenhandels zum Zweck der Prostitution waren, brauchen eine spezielle Ausbildung, um sie in der rechten Weise zu behandeln ohne sie in Gefahr zu bringen.

c) Sich den Frauen und Mädchen der Straße nähern, ist ein komplexes und anspruchsvolles Unternehmen. In den Herkunfts-, den Durchgangs- und den Zielländern der Frauen, sollten Aktivitäten gestartet werden, die auf die Vorbeugung, die Bewusstseinsreife dem Problem gegenüber hinzielen. Reintegrations-Initiativen sind hingegen erforderlich bei einer Rückkehr in die Herkunftsländer, wenn sie es wollen. Von Wichtigkeit sind Schutz und Information, wie auch ein “Verbindungsnetz“.                      

d) Die rechtlichen Aspekte der Prostitution und des Menschenhandels – Verbot, Regulierung und Abschaffung – sollen in jedem Land respektiert werden. Man solle sich an den Beispielen einer guten Praxis inspirieren (z.B. an Schweden).

e) Vielschichtige, kirchliche Projekte würden sichtbare Zeichen des Interessens und des Einsatzes auf Diözesan- und Pfarrei-Ebene darstellen. 

abschliessende empfehlungen 

Für die Bischöfe

19.    Bei den visite ad limina sollten die Themen behandelt werden, die die sexuelle Ausbeutung, das Schlepperhandwerk und den Menschenhandel betreffen.

20.    Den Bischöfen wird vorgeschlagen, in ihren Hirtenbriefen zur Förderung und zum Schutz der Würde der Frauen und der Minderjährigen zu ermutigen. 

Für die Ortsgemeinden

21.    Es werden Schulen und Pfarreien benötigt, die Erziehungsprogramme anbieten und das Bewusstsein hinsichtlich der Sexualität, des gegenseitigen Respekts und der gesunden zwischenmenschliche Beziehungen, besonders zwischen Mann und Frau im Licht des Wortes Gottes und der Morallehre der Kirche vertiefen.

22.    Bildungsprogramme und berufliche Ausbildung für Mitarbeiter in der Seelsorge sollten festgelegt werden, sie sollen Teil der Vorbereitung für ihr Amt sein.

23.    Es ist notwendig, zwischen allen Gruppen, die in diesem Pastoralgebiet engagiert sind, Freiwillige, Assoziationen, religiöse Kongregationen, nicht-governative Organisationen, ökumenische und interreligiöse Gruppen, usw., ein “Verbindungsnetz“ zu schaffen und zu verstärken. 

Für die religiösen Kongregationen/ den Diözesan-Klerus/ die nationalen Konferenzen von Ordenmännern und Ordensfrauen.

24.    In den Seminaren und in den Anfangs- und Fortbildungskursen, der religiösen Männer- und Frauen-Kongregationen sollten Bildungsprogramme eingefügt werden, die helfen, sich bewusst zu werden, was sexuelle Ausbeutung der Frauen und Minderjährigen bedeutet.

25.    Die nationalen Konferenzen der Ordensleute werden ermutigt, für diesen Pastoralsektor eine Person zu benennen, die als Verbindungsglied eines “Netzes“, was innerhalb und außerhalb des eigenen Landes arbeitet, fungiert. 

Für die Gesellschaft im allgemeinen

26.    Die sexuelle Ausbeutung der Frauen und der Minderjährigen ist eine Angelegenheit, welche die ganze Gesellschaft betrifft, und nicht nur die Frauen.

27.    Es ist unumgänglich, die Aufmerksamkeit auf den “Kunden“ zu lenken, ist er doch eines der Elemente des “Konsumsystems“, was an der Basis des Sexhandels steht.

28.    Wichtig ist der Gebrauch einer passenden Sprache und Terminologie, wenn man sich auf das Phänomen der sexuellen Ausbeutung und der Prostitution bezieht.

29.    Die Gesellschaft hat die Pflicht, Alternativ-Ressourcen für den Unterhalt derjenigen anzubieten, die versuchen, die “Straße zu verlassen“ .

 

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