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 Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People

People on the Move

N° 110 (Suppl.), August 2009

 

Erzbischof Jean-Claude Périsset,

Apostolischer Nuntius in Deutschland

 

 

 

Eminenz,

Exzellenzen,

sehr geehrte Repräsentanten des Freistaates Bayern und der Stadt Freising,

liebe von überall auf der Welt zusammengekommene Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

 

der VI. Weltkongress ist den „Jungen Zigeunern in Kirche und Gesellschaft“ gewidmet, um so angemessene Wege zu ihrer christlichen und menschlichen Bildung finden zu können, damit sie sich als Teil der Kirche wie auch der Gesellschaft fühlen. Mir scheint, ein solches Vorhaben muss auf der Anerkennung der Würde des Menschen gründen, der gerufen ist, in seiner Verfasstheit als Geschöpf und Kind Gottes auf dem Weg über zwischenmenschliche Beziehungen zu wachsen. Jeder von uns, sei er Zigeuner oder nicht, bedarf der anderen, der Familie, der Gesellschaft, der Kirche, um auf die bestmögliche Weise seine eigene Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Der Ursprung hierfür ist nicht hier auf Erden, sondern im Himmel, in Gott selbst, der die Dreieinigkeit der Personen ist. Die Theologie lehrt uns – da reicht der Bezug auf das berühmte Bekenntnis des hl. Athanasius, das man im tridentinischen Ritus jeden Sonntag zur Prim betet –, die Theologie lehrt uns also, dass die drei göttlichen Personen gänzlich und ungetrennt untereinander vollkommen gleich und dieselbe und einzige göttliche Natur sind. Die Unterscheidung zwischen ihnen geht einzig aus ihrer persönlichen Beziehung hervor: der Vater, der zeugt, der Sohn, der gezeugt wird, und der Heilige Geist, der aus ihnen hervorgeht.

Ich halte es für nötig – weil die Kirche selbst in Gott wurzelt –, zu den Wurzeln unserer Sendung in der Kirche zu gehen, wenn wir heute die jungen Zigeuner in überzeugender Weise zu vollständig in die Gesellschaft und in die Kirche integrierten Mitgliedern „aufbauen“ wollen. Schon Papst Johannes Paul II. hat uns dementsprechend in seinem Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte ermahnt: Christus ist unser Programm. Und Papst Benedikt XVI. hört nicht auf, uns daran zu erinnern: „Christus ist nichts vorzuziehen“ oder „der Liebe zu Christus“, wie in Anlehnung an den hl. Cyprian der hl. Benedikt seine Mönche gelehrt hat (RB 4 und 72,2). Dies sagte auch der hl. Paulus zu den Ephesern: „Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut“ (Eph 2,22). In dieser Mission können wir uns das Dekret des II. Vatikanischen Konzils Gravissimum educationis zunutze machen, aus dem ich ein Stück zitiere, das ein Licht auf Eure Arbeit wirft: „Alle Menschen, gleich welcher Herkunft, welchen Standes und Alters, haben kraft ihrer Personenwürde das unveräußerliche Recht auf eine Erziehung, die ihrem Lebensziel, ihrer Veranlagung, dem Unterschied der Geschlechter Rechnung trägt, der heimischen kulturellen Überlieferung angepaßt und zugleich der brüderlichen Partnerschaft mit anderen Völkern geöffnet ist, um der wahren Einheit und dem Frieden auf Erden zu dienen. Die wahre Erziehung erstrebt die Bildung der menschlichen Person in Hinordnung auf ihr letztes Ziel, zugleich aber auch auf das Wohl der Gemeinschaften, deren Glied der Mensch ist und an deren Aufgaben er als Erwachsener einmal Anteil erhalten soll.“

„Handelt danach“ (vgl. Lk 10,28) und erfüllt Eure Mission nicht nur während dieses Weltkongresses, sondern auch und vor allem in Eurem pastoralen Engagement im Dienst an den Gemeinden der Zigeuner in Euren eigenen Ortskirchen. Ich weiß durch meine Erfahrung während der neun Jahre als Apostolischer Nuntius in Rumänien, dass die Erziehung der jungen Zigeuner besondere Gaben der Überzeugung, der Geduld und der Zusammenarbeit mit den Eltern erfordert; deshalb bedeutet Euer Treffen – im Erfahrungsaustausch und im gemeinsamen Reflektieren – für Euch ein wirksames Mittel des Handelns; es ist wie ein Impuls, die Schwierigkeiten zu überwinden, sich nicht von eventuellen Misserfolgen aufhalten zu lassen und erneut Atem zu holen auf Eurem pastoralen Weg.

Mit dem Segen des Herrn wünsche ich Euch ertragreiche Tage der Arbeit hier in Freising, in der Nachbarschaft zum Grab des hl. Korbinian – auch er in seiner Zeit ein „Mann der Straße“ auf seiner berühmten Pilgerschaft nach Rom, auf der er sein Gepäck dem Bären auflud, der zuvor seinen Esel getötet hatte. Die Heiligen sind immer erfinderisch – mit Gottes Hilfe –, um in jeder scheinbar unlösbaren Lage eine Lösung zu finden. So möge es auch Euch heute gelingen – mit der Gnade Gottes! 

 

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