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 Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People

People on the Move - N° 82, April 2000

Internationale Mobilität in Studium und Wissenschaft als Herausforderung für die Kirche

Dr. Hermann Weber
Kaad - Bonn

[English summary, Italian summary]

Die folgenden Überlegungen sollen zunächst - in der ‘MakroperspektiveÂ’ - die Internationalisierung der Hochschullandschaft als Handlungsfeld für die katholische Kirche in den Blick nehmen - als pastorales Handlungsfeld, in dem sich auch Chancen einer verstärkten Präsenz in diesem Schlüsselsektor der internationalen Zivilgesellschaft zeigen. In einem zweiten Abschnitt wird dann der Katholische Akademische Ausländer-Dienst (KAAD) vorgestellt, durch den die Kirche ein Potential geschaffen hat, aus dem heraus sich - wie in einem ‘mikrokosmischenÂ’ Focus - modellhaft eine weltkirchlich orientierte Antwort auf die Transformationen im Hochschulbereich und in der Scientific Community formulieren läßt.

1. Internationale Mobilität in Studium und Beruf als Herausforderung für die Kirche

Die Internationalisierung des tertiären Bildungssektors - durch quantitativ wachsende Bildungsmigration und Intensivierung der regionalen und internationalen Netze der Hochschulen - ist zumindest für die Industrieländer Faktum und zugleich Desiderat; denn sie soll ja nach dem Willen der Regierungen dieser Länder unter vor allem wirtschaftlichen und kulturellen Vorzeichen noch weiter gesteigert werden. Angesichts der wachsenden Vernetzung kann und sollte man bereits von einer Transnationalisierung dieses Sektors reden.

Für die Katholische Kirche, insofern sie sich als eine Weltkirche versteht, aber auch für die protestantischen Kirchen zeichnen sich dadurch Chancen ab, ihre eigene „Transnationalität“ und ihre Präsenz in einem (welt)gesellschaftlichen Bereich zu stärken, der zweifellos eine Katalysatorfunktion für die globale menschliche Entwicklung hat und in dem sich Keimzellen internationaler Solidarität herausbilden können. Eine besondere Herausforderung ergibt sich für die Kirchen und ihr christliches Menschenbild dann, wenn diese Internationalisierung politisch instrumentalisiert wird, vor allem wenn dies zu Lasten der ärmeren Länder geschieht. Wenn sie für die Herausbildung einer integrierten Weltgesellschaft fruchtbringend sein soll, dann muß sie einhergehen mit einem verstärkten interkulturellen und interreligiösen Dialog. Zu fragen wäre, ob und wie die Kirchen und insbesondere kirchliche Förderungswerke (wie In Deutschland z. B. der KAAD), die einzelnen Hochschulgemeinden, kirchlichen Hochschulzentren, Akademien und Wohnheime hierfür privilegierte Orte sein können. 

1.1 Wachsende Mobilität im internationalen Hochschulsektor

Die Expansion des tertiären Bildungssektors weltweit ist bekannt: 13 Millionen Studierenden im Jahr 1960 stehen 1995 82 Millionen, also mehr als sechsmal mehr Studierende gegenüber (Statistics, 1). Proportional, also nicht übermäßig, ist die Zahl der „International Students“ mitgewachsen. Sie betrug, den UNESCO-Zahlen folgend, 1995 etwa 1,6 Millionen, d.h., sie belief sich auf 2 % der „Weltstudentenbevölkerung“ (vgl. zu den Zahlen Statistics, 20 ff). Die verbreitete Vorstellung, dieser Mobilitätsbereich sei überproportional gewachsen und habe vorrangig zu einem Wachstum der Aufnahme bei den vier großen englischsprachigen Ländern (USA, England, Kanada, Australien) geführt, hält genauerer Prüfung offenbar nicht stand (vgl. Teichler). Markant ist aber das „Nord-Süd-Gefälle“ der Gast- bzw. Entsendeländer: 56 % der International Students kommen aus Entwicklungsländern; nimmt man die Schwellen- und osteuropäischen Reformländer hinzu, so sind zwei Drittel der Bildungsmigrationsströme als Bewegung aus ärmeren in hochindustrialisierte Länder zu charakterisieren. 50 % aller International Students steuern drei Länder an: Mit großem Abstand zuerst die USA, dann Großbritannien und schließlich Deutschland, das auf der Basis 1997 158.000 ausländische Studierende zählte (8,6 % der Studierenden insgesamt; zieht man die Bildungsinländer ab - Ausländer, die in Deutschland bereits einen Schulabschluß erworben haben - , allerdings nur etwa 5,5 %).

Diese quantitativen Entwicklungen werden in den neunziger Jahren von Veränderungen im Hochschulsektor begleitet, die ihrerseits eine wachsende Mobilität und Vernetzung unterstützen. Dazu zählen die Differenzierung der Hochschulsysteme, bedingt u.a. durch Privatisierungen und virtuelle Elemente, die eine internationale Arbeitsteilung vorbereiten, zweitens die Ökonomisierung des tertiären Sektors, die vor allem in den Ländern des Südens Universitäten oft kaum mehr von Unternehmen unterscheiden läßt, die „Produkte“ zu erzeugen haben, zu allererst ein Wachstum des „Humankapitals“, drittens die fast unbegrenzten Vernetzungsmöglichkeiten durch eine über neue Technologien ermöglichte Informations- und Kommunikationsinfrastruktur und viertens die Flexibilisierung der Institutionen und zwangsläufig auch Personen, die in ihnen arbeiten, sei es als Dozenten, Studierende oder Verwaltungspersonal.

Im Panorama der Bildungsmigrationsströme auf Weltebene überlagern sich zum einen die Tendenz zur Regionalisierung (herausragendes Beispiel ist die EU, wo z.B. beim ERASMUS-Programm eine Mobilitätsquote von 10 % angestrebt wird; aber auch etwa innerhalb Lateinamerikas ist der regionale Austausch nach dem Vorbild der EU erheblich wichtiger geworden) mit überregionalen Bewegungen, in erster Linie von „Süd“ nach „Nord“; angesichts der Konzentration auf die Industrieländer als Aufnahmestaaten ist jedoch tiefergehend zu fragen, ob sich nicht die „Internationalisierung“ schwerpunktmäßig in den Ländern des Nordens, vor allem der „Triade“ USA-EU-Japan ereignet, während sich für die ärmeren Länder des Südens das Ausbluten an Fachkräften durch den „brain drain“ weiter verfestigt. Dem entspricht auf Seiten der führenden Industrienationen, auch innerhalb der Europäischen Union (!), der Wettbewerb um den „brain gain“ („la chasse aux cerveaux“, vgl. Boulier), der vor allem von wirtschaftlichen Triebkräften bestimmt wird und den kirchlichen Beobachter zu einer kritisch differenzierenden Analyse der Rede von der „Internationalisierung“ veranlassen sollte. Auf Weltebene sind wir weit von einer wechselseitigen, auf Reziprozität beruhenden Durchdringung des Hochschul- und Wissenschaftssektors entfernt, der mindestens ja auch ein „brain gain“ für die Länder des Südens, also die Rückkehr und Wiedereingliederung ihrer Fachkräfte als erste Stufe zur Voraussetzung hätte.

1.2 Eine neue Form des Humanismus?

Wie kann das Menschenbild, kann die Form des Humanismus aussehen, die Menschen in diesem sich globalisierenden und mobilen akademischen Sektor prägen werden? Können sie noch Bezüge aufweisen zu jener humanistischen Option des „Geistesadels“ am Beginn der Neuzeit, die sich als Gegenentwurf gegen die konfessionellen Spaltungen und Theologien, aber durchaus inspiriert aus christlichem Geist verstand? Oder zu jenem Ideal des allseitig gebildeten Menschen (der Renaissance), der Emphase der Bildung vor bloßer Ausbildung, wie sie u.a. Humboldt postuliert?

Die Abschlußtexte der UNESCO-Generalkonferenz für den tertiären Bildungssektor (5.-9. Oktober 1998 in Paris) lassen einige Akzentsetzungen erkennen, die zu (kritischer) Lektüre auch von kirchlicher Seite anregen. Die Universität wird dort als Katalysator für eine Gesellschaft des Wissens (nicht nur der Information) auf Weltebene verstanden. Als Träger humanistischer Optionen ist sie interkultureller Lernort und bereitet eine friedliche, von Weisheit (sagesse) geprägte neue Gesellschaft vor (vgl. Déclaration, 2f, 7). Der Mensch, der sich in diesem Transformationskorridor „Universität“ bewegt, ist der Mensch des „lifelong learning“.Er ist ein „individu capable de vivre dans différents contextes en mutation, dÂ’agir efficacement et de pouvoir changer de profession“ (Déclaration, 7).Konzepte des „lebensbegleitenden“ Lernens haben mittlerweile in alle Bildungssektoren Eingang gefunden. Aufgelöst werden soll das Paradigma gewissermaßen hierarchischer Lebensetappen, deren eine (eingrenzbar) der Bildung gewidmet ist und wo über eine lineare Stufenfolge (Grund-, Haupt-, Aufbaustudium etc.) ein „Abschluß“ angestrebt wird, dem dann die nächste Etappe, das Berufsleben, folgt. Eine bunte Linie flexibler „Module“ wird statt dessen in Zukunft das Leben der Menschen, insbesondere der Akademiker, prägen. Haupttugend für einen solchen Akademiker ist damit die „Kreativität“, zumal es nicht mehr um die Weitergabe, sondern um die je neue Erzeugung von Wissen gehen muß. Diese Tugend bekommt in den Texten durchaus auch eine „unternehmerische“ Färbung (vgl. z.B. Action, 5; Déclaration, 8). Die Frage stellt sich, ob der ideale Akademiker dieser „nouvelle société“ - als ihr Produkt und Schöpfer zugleich - anstelle des allseitig gebildeten eher der allseits flexible und einsatzfähige Unternehmertyp ist, der sich anpassend sein Wissen zu vermarkten versteht.

Für die Kirchen ist es wichtig, sich die Richtungen der Reformen und Transformationen zu vergegenwärtigen, denen der Hochschulsektor unterworfen wird, zumal wenn sie mit ihrer Pastoral in dessen sensibelsten Zonen, den internationalen und interkulturellen, präsent sind oder verstärkt präsent sein möchten.

Welche Akzente können die Kirchen in einem sich zunehmend internationalisierenden und flexibilisierenden Hochschulsystem - zumal in einem reichen Industrieland, wie Deutschland - setzen? Welchen Dienst können sie anbieten?

1.3 Als Weltkirche in einer internationalen Hochschullandschaft

Die Bedeutung einer Präsenz der Kirchen im Hochschulbereich generell dürfte kaum umstritten sein. Angesichts der „bedeutenden gesellschaftlichen Funktion stellen die Hochschulen einen zentralen und heute besonders relevanten Handlungsraum für die Kirchen dar.“ (Hochschulpastoral Freiburg, 8; vgl. Apostolischer Stuhl 1994, 9. 17f )

Diese Relevanz ergibt sich dabei nicht nur aus dem notwendigen pastoralen Dienst für die Menschen, die sich vorübergehend - in einer Schlüsselphase ihrer Biographie - oder lebenslang im Raum der Universitäten bewegen. Sie ergibt sich aus der gesellschaftlichen Funktion der Hochschulen und der, von den UNESCO-Dokumenten so unterstrichenen Schlüsselfunktion von Forschung und Lehre für die Entwicklung der jeweiligen Länder, darüber hinaus aber aus deren katalysatorischer Wirkung für die Herausbildung einer Weltgesellschaft. In diesem Zusammenhang ist der internationale bzw. transnationale Sektor der Hochschullandschaft ein substantieller Faktor. Dies wird in kirchlichen Kreisen offenbar noch nicht in seiner vollen Bedeutung wahrgenommen. Im gleichen Maße, wie die Internationalisierung zunimmt, sollten in der Katholischen Kirche die weltkirchlichen Potentiale der Pastoral und der Präsenz an den Hochschulen aktiviert und gefördert werden.

Die Diskussion um die Bedeutung der internationalen Arbeit der Katholischen Kirche an den Hochschulen spiegelt sich etwa auch in Texten, die in Deutschland derzeit im Zusammenhang der intensiven Debatte um eine Neuorientierung oder Umstrukturierung der Hochschulpastoral, besonders in ihren überdiözesan bedeutsamen Tätigkeitsfeldern, verfaßt werden. 

Hierbei greift die Reflexion zu kurz, wenn, wie in dem insgesamt sehr beachtenswerten programmatischen Text der Erzdiözese Freiburg, die internationale Komponente der Hochschulpastoral bei den Tätigkeitsbereichen an letzter Stelle, nämlich unter „Caritativem Dienst“ thematisiert wird. Die weltkirchlich im übrigen sehr aktive Diözese reduziert hier das Engagement für ausländische Studierende faktisch auf (finanzielle) Nothilfe und „Impulse zur sozialen Integration“ (Hochschulpastoral Freiburg, 12f). Der Ansatzpunkt, um die Bedeutung und auch die Chance der Internationalisierung im Hochschulbereich zu artikulieren, liegt für die Katholische Kirche aber in ihrem Selbstverständnis als Weltkirche und „geistlicher Gemeinschaft“ (Communio) auf Weltebene, womit sie von jeher schon eine „Transnationalität“ aufweist, die sie nun verstärkt an den Hochschulen wiederfindet, ihrerseits zur Stärkung ihres weltkirchlichen Netzes auch nutzen und der gegenüber sie sicher einen vertiefenden und das solidarische Element fördernden Dienst leisten kann.

In den Mittelpunkt rückt diesen Aspekt ein Erlaß des Erzbischofs von Köln zur Hochschulseelsorge, wo es resümierend zur „bewährten vielfältigen Zuwendung zu den ausländischen Studierenden“ heißt: „Hochschulgemeinden sind Gasthäuser weltkirchlich orientierten Glaubens, christlicher Ökumene, interreligiösen Dialogs und einer Begegnung interdisziplinären und internationalen Wissens.“ (Hochschulseelsorge Köln, 228)

Vor diesem Hintergrund sind ausländische Studierende und Wissenschaftler (Laien, Ordensleute und Priester - dies sollte zusammengesehen werden - ) zunächst einmal akademisch gebildete christliche Intellektuelle, die als Teil einer globalen Elite am Aufbau einer christlich geprägten „geistlichen Gemeinschaft“ innerhalb der weltweiten Scientific Community mitarbeiten können. Sie sind wichtige und notwendige Partner beim Aufbau und bei der Konsolidierung langfristiger (weltkirchlich orientierter) Partnerschaften vor allem zwischen den Industrieländern und den Ländern des Südens und des ehemaligen Ostblocks. Sie sind aufgrund der Kenntnis der jeweiligen Ortskirche und Sprache im Heimat- und im Gastland ideale „Brückenbauer“. Während der Zeit im Gastland sind sie Botschafter ihrer Heimatländer und -kirchen und vermitteln deren spirituellen Reichtum in das kirchliche und akademische Leben des Gastlands. In einer „transnationalen Solidargemeinschaft“, wie sie die Katholische Kirche darstellen sollte, sind sie vom Grundverständnis her keine „Ausländer“, sondern Schwestern und Brüder, die in einem Prozeß des Gebens und Nehmens in unsere Gemeinden und Diözesen eingebunden werden.

1.4 Berührungsängste mit Eliten?

Die ausländischen Studierenden und Wissenschaftler bedürfen in ihrer sozialpsychologisch schwierigen Situation zwischen Integration und Reintegration einer umfassenden Beratung, Hilfe und Orientierung. Dies um so mehr, wenn die öffentlichen Stellen und die Hochschulen diesen Dienst nur unzureichend leisten. Insofern ist das caritative bzw. diakonische Element der Arbeit der Kirchen als ein ihr wesentlicher Bestandteil gefragt. Zugleich darf nicht übersehen werden, daß unsere Gemeinden, auch in Notsituationen und bei Flüchtlingsprogrammen, sich mit dieser Arbeit in Beziehung setzen zu (künftigen) Eliten der Herkunftsländer; dazu gehören die ausländischen Studierenden und Wissenschaftler in aller Regel, sofern sie sich im Heimatland oder in Deutschland bereits im tertiären Bildungssektor bewegen und auch dann, wenn sie sich aktuell in einer Notsituation befinden. Dies bedeutet für die weltkirchliche Arbeit unter multiplikatorischen Gesichtspunkten eine Chance.

Eine Förderung von Eliten - mag man auch, um negative Assoziationen zu vermeiden, von „leadership-development“ sprechen - anerkennt ihre Schlüsselfunktion bei politischen und gesellschaftlichen - aber auch bei kirchlichen - Transformationsprozessen. Die entscheidende Frage ist, wie diese Entscheidungsträger mit der Masse der Bevölkerung ihrer Länder, insbesondere mit den Armen, Marginalisierten oder „Ausgeschlossenen“ in Vermittlung stehen bzw. sich selbst in Vermittlung bringen, wie also über Eliten Partizipation und Inklusion erreicht werden kann, letztlich eine integriertere Form der Gesellschaft auf nationaler und globaler Ebene entstehen kann. Dabei ist aus kirchlicher Sicht klar, daß es bei dieser Förderung oder Kooperation nicht um Machteliten, die weitgehend vom Erhalt von Macht und Besitz geprägt sind, bzw. bloße Funktionseliten gehen kann, sondern um Personen, die als Teil einer Bildungs-, Werte- und Dienstelite verstanden werden müssen. Der Dienstcharakter dieser Eliten für das „bonum commune“ der lokalen und regionalen, letztlich der globalen Gemeinschaft, auch auf kirchlicher Ebene, steht im Vordergrund der Bildungsarbeit und Förderung.

1.5 Accueil und spirituelle Orientierung

Die eingangs referierten Tendenzen der Internationalisierung im Hochschulbereich sind - scheinbar paradoxerweise - ohne den Wettbewerb nationaler Ökonomien nicht zu verstehen. Wenn es bei all dem auch um die „chasse aux cerveaux“ geht, wenn also Programme entworfen werden, aber Menschen mit ihren familiären Bindungen und ihrem kulturell-religiösen Hintergrund kommen, dann muß der Blick der Kirche, ihre Hilfe und Dialogbereitschaft auf die Ganzheit der Persönlichkeiten zielen, die im Raum unserer Gemeinden oder anderer kirchlicher Institutionen als ausländische Studierende und Wissenschaftler mitwirken. Diese Offenheit, die gerade nicht konfessionell und religiös gebunden ist - zumal in Deutschland die große Mehrzahl der ausländischen Studierenden Nichtchristen sind -, ist „accueil“ im besten Sinn des Wortes, Aufnahme und Ernstnahme der Menschen in allen Dimensionen ihres Lebens, eben vor allem auch in der in staatlichen Programmen eher verdrängten religiösen Dimension. Kompetente Beratung in sozialen, psychologischen und rechtlichen Fragen ist in diesem Proze$ein Ausgangspunkt, der nicht nur angesichts steigender sozialpsychologischer und materieller Not vieler ausländischer Studierender die nach wie vor defizitäre öffentliche Beratung und Hilfe ergänzt, sondern in vielen Fällen Türen öffnet für den eigentlichen Kern der christlichen Gemeindearbeit. Dazu gehört aber Hilfe zur spirituellen Orientierung, zur spirituellen „Grundlegung“ der Persönlichkeit, die sich im Falle der ausländischen Studierenden und Wissenschaftler nicht nur - wie alle - der Desorientierung einer (post)modernen Vielfalt der Lebenshaltungen und -führungen, sondern dazu noch einem kulturellen und religiösen Modernisierungsschock beim Übergang aus traditionell geprägten Gesellschaften ausgesetzt sieht, der nach wie vor im Proze$der Integration und (vice versa) der Reintegration stark ist. Dieser Orientierungsbedarf wird durch die geschilderten zusätzlichen Anforderungen an die „Kreativität“ im Rahmen des „lifelong learning“ eher noch größer werden. Der „acceuil“ der Gemeinden und anderen kirchlichen Institutionen ist dabei ausdrücklich als Bereitschaft zum interreligiösen Dialog zu verstehen, zum Dialog auch darüber, wie unsere moderne Lebenswelt das „mitgebrachte“ Gottesbild und Menschenbild (beides gehört meist zusammen) verändert und in Frage stellt.

1.6 Interkulturelle Lerngemeinschaft Gemeinde

Der wichtigste (soziale) Ort der Präsenz der Kirche an den Hochschulen bleibt die (Hochschul)Gemeinde, wie immer sie sich auch im einzelnen organisatorisch darstellen mag. Angesichts der zunehmenden Differenzierung und auch Heterogenisierung der Menschengruppen im Raum der Hochschulen sind sie in Zukunft wohl eher nach dem Modell von „Foyers“ zu verstehen, die - mit einem festen Kern von Hochschulangehörigen um die Eucharistie als Mitte - der Hochschulöffentlichkeit als christliches Forum dienen. 

Die gemeinsame Erfahrung des Zusammenlebens und des Organisierens einer „Wohngemeinschaft“ macht auch die kirchlichen Wohnheime zu privilegierten Orten, an denen sich interkulturelle und interreligiöse Dialogbereitschaft bewähren kann. Für die geistigen Impulse, die aus der christlichen Orientierung in die Hochschullandschaft ausstrahlen können, sind darüber hinaus (Katholische) Akademien entscheidende Stützpunkte, vor allem, wenn sie sich auf der Höhe des wissenschaftlichen Diskussionsniveaus und der Entwicklungen in Richtung auf Transdisziplinarität bewegen. Wie solche Aktivitäten und Impulse in einem übergreifenden kirchlichen Förderungswerk koordiniert und gebündelt werden können, dazu soll der zweite Abschnitt zum KAAD Anregungen geben. 

Beratung, Betreuung und pastorale Begleitung von ausländischen Studierenden und Wissenschaftlern geschieht vor allem in Hochschulgemeinden. Wo sie Orte sozialer Integration für diese Personen werden, gewinnt eine weltkirchlich orientierte christliche Gemeinde modellhaft Gestalt. Die Ausstrahlungskraft von Weltkirche an der Hochschule hat dann auch für Studierende und Wissenschaftler des Gastlandes eine wichtige, einbindende Funktion und trägt zu einer substantiellen Internationalisierung der Hochschulen bei. 

Was den interkulturellen und interreligiösen Dialog angeht, so entstehen hier „Lerngemeinschaften“, die bei wachsender Notwendigkeit des interkulturellen Verstehens und angesichts der Bedeutung, die der Dialog der Religionen für den Weltfrieden hat, wie „Keimzellen“ der einen Welt wirken könnten. Im Blick auf die transnationale Hochschullandschaft können solche Gemeinden wie ein „Interface“ zwischen der Communio der Kirche und der Scientific Community wirken. Sie stehen damit im Dienst an deren einheitsstiftender Wirkung für eine entstehende Weltgesellschaft und bilden - ekklesiologisch betrachtet - eine Realisierung dessen, was das II. Vaticanum für die Kirche insgesamt in ihrem Verhältnis zur Welt aussagt: Sie sind „für das ganze Menschengeschlecht die unzerstörbare Keimzelle der Einheit“ (Lumen Gentium, 9).

2. Der KAAD als Modell einer weltkirchlichen Netzwerkbildung im akademischen Raum

Der Katholische Akademische Ausländer-Dienst ist - gleichsam „vorauseilend“ - eines jener „Werke“ der Laien, von denen die Kirchenkonstitution des II. Vaticanums sagen wird, man solle den Laien „Freiheit und Raum im Handeln lassen, ihnen Mut machen, aus eigener Initiative Werke in Angriff zu nehmen.“ (Lumen Gentium, 37)

Er wurde 1954 auf einem der deutschen Katholikentage in Fulda konzipiert und schließlich 1958 als Verein gegründet. Die deutschen Katholiken reagierten damit auf die wachsende Präsenz von ausländischen Studierenden aus Afrika, Asien und Lateinamerika, später auch aus Mittelosteuropa an den Hochschulen, suchten den Dialog mit ihnen als Brückenbauer zu den Ortskirchen ihrer Heimatländer. Für die Deutsche Bischofskonferenz wurde der KAAD dadurch zu einer überdiözesanen Koordinierungsinstitution der vielfältigen Arbeit mit und für ausländische Studierende und Wissenschaftler in den Diözesen. Als eine gewissermaßen „materielle“ Basis dieser Arbeit, deren eigentliches Ziel immer als „ideell“ bzw. spirituell verstanden wurde, sind im Laufe der nun über vierzigjährigen Geschichte eine Reihe von Stipendienprogrammen eingerichtet worden, die sich an kirchlich engagierte katholische Laien, in gewissem Umfang aber auch an Angehörige anderer Religionen wenden, von denen man sich eine multiplikatorische Präsenz und Arbeit in Kirche und Gesellschaft ihrer Heimatländer verspricht. Auch wenn dieser Geldmitteleinsatz quantitativ nur sehr gering im Verhältnis zu dem ausfällt, was die verschiedenen deutschen katholischen Hilfswerke etwa für Bildung von Priestern und Ordensleuten einsetzen, so wird doch dadurch ganz ausdrücklich die Rolle der Laien beim Aufbau von kirchlichen Strukturen und im Blick auf ihre Präsenz in Schlüsselfunktionen ihrer heimischen Gesellschaft gewürdigt. Insofern ist die Arbeit des KAAD in einem ganzheitlichen Sinne immer auch als „Entwicklungszusammenarbeit“ verstanden worden. Der Akzent der folgenden Ausführungen liegt indes nicht auf den verschiedenen Stipendienprogrammen, sondern auf der Einlösung der ideellen und spirituellen Zielvorgaben durch die Bildungsarbeit des KAAD und die sich - über dem „materiellen Unterbau“ - entwickelnde Netzwerkarchitektur, das „Institution Building“ auf weltkirchlicher Ebene im akademischen Raum, das für die Kirche verstärkt wichtig ist und zudem neuer Formen bedarf.

2.1 Bildungsarbeit mit den Stipendiaten in Deutschland

Bis in die achtziger Jahre konzentrierte sich die Bildungsarbeit des KAAD weitgehend auf die Begleitung und Betreuung seiner Stipendiatinnen und Stipendiaten im Gastland Deutschland. Ihre Zahl stieg bald auf mehrere hundert und beträgt derzeit durchschnittlich 600 im Jahr. Die Stipendiaten sollten in den schwierigen, manchmal dramatischen Phasen der Integration und der (Vorbereitung der) Reintegration eine Heimat vor allem in den katholischen Hochschulgemeinden finden, wo sie sich in Ortsgruppen organisierten, zu denen später dann auch ein Hochschullehrer als Vertrauensdozent gehörte. Der KAAD lud sie darüber hinaus regelmäßig zu überregionalen Seminaren und Begegnungen ein, die drängende Fragestellungen aus ihren Heimatregionen genauso wie allgemeine entwicklungs- und weltpolitische Fragen zum Thema hatten, weiterhin aber (durch Exkursionen) die Begegnung mit der deutschen Gesellschaft, Geschichte und Kirche vertiefen, aber nicht zuletzt auch der pastoralen Begleitung und spirituellen Orientierung dienen sollten. Ein Geistlicher des KAAD ist bei allen diesen Veranstaltungen anwesend und lädt darüber hinaus auch zu Exerzitien und Meditation ein. Auch der interreligiöse Dialog ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Seminare, zumal ja die weit überwiegende Zahl der ausländischen Studierenden in Deutschland keine Christen sind und sich im geschützten, auch von persönlicher Freundschaft geprägten Begegnungsraum des KAAD Möglichkeiten des Dialogs auftun, die so in den Heimatländern oft nicht realisierbar sind.

1.Sowohl bei den Veranstaltungen auf der Ebene der örtlichen Hochschulgemeinde als auch bei den übergreifenden Seminaren versucht der KAAD, eine Balance zwischen einer „landsmannschaftlichen“ bzw. regionalen Verbindung der Stipendiaten untereinander, die auch zur Stärkung des eigenen Heimatgefühls natürlich und notwendig ist, und dem interkulturellen, übergreifenden Dialog einzuhalten. Die Partizipation der Stipendiatinnen und Stipendiaten ist ein konstitutives Element. Der KAAD fördert daher auch Zusammenschlüsse einzelner Studentengruppen ( z.B. der indonesischen Studentenfamilie) und beteiligt die Stipendiaten durch gewählte Vertreter an der Konzeption und Durchführung des jährlichen Bildungsprogramms.

2.2 Partnergremien in den Heimatländer der Stipendiaten

Alle diese Elemente der „ideellen“ Förderung haben die Geschichte des KAAD bis heute geprägt und sind Basis gewesen für den Aufbau eines weltkirchlichen Netzwerkes, das seit Mitte der achtziger Jahre nach und nach sein Schwergewicht in die Herkunftsländer der Stipendiatinnen und Stipendiaten verlegt hat. Etwa gleichzeitig ist die Förderung auf postgraduierte Studien konzentriert worden, so daß auch die Bildungsarbeit in Deutschland für neue Adressatengruppen flexibel weiterentwickelt werden mußte.

Ab 1985 hat der KAAD begonnen, in Zusammenarbeit mit den Ortskirchen und (katholischen) Universitäten in den Heimatländern der Stipendiaten Partnergremien aufzubauen, die eine Vorauswahl der Geförderten treffen, darüber hinaus aber als „Brückenköpfe“ für die Arbeit des KAAD in den jeweiligen Ländern dienen. Sie sind aus Hochschullehrern verschiedener Disziplinen und Vertretern der Ortskirche zusammengesetzt, wobei mehr und mehr auch ehemalige Stipendiaten unter den Mitgliedern zu finden sind. Mittlerweile gibt es 51 solcher Partnergremien (13 in Afrika, 5 in Asien, 4 im Nahen Osten, 17 in Lateinamerika und 12 in Mittelosteuropa). Zu einigen - in „Schwerpunktländern“ - ist die Beziehung besonders intensiv. Der KAAD hat versucht, in diesen Gremien auch integrierend auf unterschiedliche, manchmal widerstreitende Kräfte in den jeweiligen Ortskirchen einzuwirken, weshalb etwa im Nahen Osten in den Gremien Vertreter verschiedener christlicher Denominationen sitzen und in Osteuropa bewußt auch Vertreter der Orthodoxie einbezogen wurden. Vermieden werden sollte, dies gilt besonders für Afrika, auch jede Form von ethnischer Dominanz. Die Einrichtung eines solchen Gremiums ist natürlich in einigen Ländern, deren politische Verhältnisse dies nicht zulassen (wie z.B. Volksrepublik China oder Vietnam), (noch) nicht möglich, so daß die Zusammenarbeit und Stipendiatenauswahl hier über einzelne kirchliche Partner, vor allem Bischöfe organisiert wird.

2.3 Vereine und Ortsgruppen des KAAD

Die nächste Stufe des Aufbaus dieses weltkirchlichen Netzwerks - als Beitrag zur Gruppenbildung christlicher Laien und Intellektueller überhaupt - stellen die Vereine und Ortsgruppen ehemaliger Stipendiaten in ihren Heimatländern dar, die sich verstärkt zu Beginn der neunziger Jahre formierten (derzeit in 13 Ländern). Sie dienen der Stärkung der kirchlichen Präsenz in der jeweiligen Gesellschaft und können auch für die kirchliche Hierarchie bei der Beurteilung von gesellschaftlichen „Sachproblemen“ eine beratende Funktion übernehmen. In ihnen setzt sich die Bildungsarbeit des KAAD in den Heimatländern der Stipendiaten fort, ebenso der wissenschaftliche Austausch. Sie können auch, insbesondere wenn es den Vereinen gelingt, finanzielle Mittel aufzubringen, Basis für gemeinsame sozial orientierte Projekte sein. Für den KAAD selbst sind sie eine unschätzbare Hilfe bei der Beratung und Vorbereitung von Stipendienbewerbern und bei der Reintegration von zurückkehrenden Stipendiaten in ihre Heimatländer. Fünf dieser Vereine haben einen klar definierten Rechtsstatus, wobei es interessant ist, die Satzungen zu studieren, die sie sich gegeben haben. So will etwa die koreanische Vereinigung einen „Beitrag zur Evangelisierung der koreanischen Gesellschaft“ leisten und sucht dabei die Zusammenarbeit mit der kirchlichen Hierarchie, was in ostasiatischen Ländern für diese nicht selbstverständlich ist und manchmal in seiner Tragweite nicht erkannt wird. Bei den lateinamerikanischen Vereinen wird stark auf die soziale Orientierung der Arbeit Wert gelegt, wobei sich die kolumbianische Vereinigung versteht als „Representante legal de los labores sociales que los exbecarios emprendan para el fomento del desarrollo integral y sostenible de comunidades columbianas marginadas.“

In wenigen Hochschulzentren Afrikas und in Bangkok gibt der KAAD auch Stipendien direkt vor Ort (Sur Place- oder Drittlandstipendien). Dadurch können Bewerberpotentiale erreicht werden, die aufgrund der Marginalisierung breiter Bevölkerungsschichten für einen Deutschlandaufenthalt bislang nicht in den Blick kommen konnten, sich aber über eine Qualifizierung an einer Universität ihrer Region durchaus auch für einen späteren universitären Deutschlandaufenthalt vorbereiten können. Dies Engagement ist für den KAAD aber nur dann sinnvoll, wenn er seine ideellen und spirituellen Ziele auch an diesen Hochschulzentren verwirklichen kann, wenn es also zur Bildung einer integrierten Ortsgruppe mit einem eigenen Bildungsprogramm kommt. Im Focus dieser gemeinsamen Bildungsarbeit treffen sich also Stipendienbewerber, derzeitige Sur-Place- oder Drittland- stipendiaten, solche, die sich auf ihren Deutschlandaufenthalt vorbereiten oder die während eines Deutschlandstudiums für einen Zwischenaufenthalt ins Heimatland reisen, diejenigen, die ihre Reintegration von Deutschland aus planen, und die ehemaligen Stipendiaten, die wieder in ihren Heimatländern tätig sind, nicht zuletzt aber auch die Mitglieder des Partnergremiums. Dadurch entsteht eine lebendige und alle Beteiligten stark motivierende „Zirkulation“. 

2.4 Bildungsarbeit in den Heimatländern

Zusätzlich zu den Veranstaltungen und Begegnungen in Deutschland, deren Höhepunkt eine jährliche Jahresakademie mit über 300 Teilnehmern darstellt, konnten sich so auf der Basis des geschilderten Netzwerks in den Heimatländern bzw. -Regionen der Stipendiaten Formen der Bildungsarbeit entwickeln, die die Präsenz dieser christlichen Intellektuellen in ihren Gesellschaften verdeutlichen und stärken. Seit 1988 werden jährlich Auslandsakademien, meist regional mehrere Länder zusammenfassend, durchgeführt, im rotierenden Wechsel zwischen den fünf Regionen Schwarzafrika, Ostasien, Lateinamerika, Naher Osten und Osteuropa. Thematisiert wurden seit der ersten Akademie in Brasilien Fragestellungen, die die Rolle von christlichen Intellektuellen in den gesellschafts- und kirchenpolitischen Konstellationen ihres Landes bzw. ihrer Region betrafen, insbesondere den Beitrag zum Aufbau einer Zivilgesellschaft. Diese Akademien richten sich an ein breites öffentliches Publikum und werden auch publiziert.

Kleinere Veranstaltungen auf lokaler oder nationaler Ebene werden als „Auslandsseminare“ bezeichnet. Sie liegen ganz in der Verantwortung der jeweiligen Vereine und Ortsgruppen, die darin drängende Fragen, vor allem im Bereich Bildung und Kultur, der jeweiligen Länder aufgreifen können.

2.5 Perspektive: Europäisierung und transnationale Netzwerkbildung

Wenn man über Perspektiven der Weiterentwicklung dieser Netzwerkarbeit nachdenkt, dann bleibt zunächst festzuhalten, daß über das Förderungswerk KAAD - in dieser Form innerhalb der Katholischen Kirche weltweit wohl einmalig - im Laufe der über vierzigjährigen Geschichte und vor allem der verstärkten internationalen Arbeit der neunziger Jahr so etwas wie eine gemeinschaftliche Identität entstanden ist, die sowohl in die Scientific Community wie auch, als Netzwerk von christlichen Laien und Intellektuellen, in die Kirche eingebettet ist. Für den KAAD bietet sich so die Chance, auf der Schnittfläche der Weltgemeinschaft Kirche und der immer stärker transnational sich entwickelnden Scientific Community eine „Keimzelle der Einheit“ im Sinne des II. Vaticanums zu werden. Um aber so, wesentlich vermittelt über den akademischen Raum, in die sich bildende internationale Zivilgesellschaft wirken zu können, bedarf es für den KAAD noch einer stärkeren Vernetzung der Gemeinschaften (im Plural), die in Deutschland und in den vielen Ländern der sog. Dritten Welt und Osteuropas aus seiner Förderungs- und Bildungsarbeit gewachsen sind, untereinander - auch ohne katalysatorische Steuerung durch eine ‘ZentraleÂ’ in Bonn. Die Vermittlung von humanistischen und christlichen Werten, die Stärkung des interreligiösen Dialogs als eines entscheidenden Friedensfaktors, dies sind notwendige Aufgaben, die ein solches weltweites Netz von christlichen Intellektuellen gemeinsam realisieren sollte. Das gilt um so mehr, je stärker sich gerade im akademischen Raum der Herkunftsländer der Stipendiaten ökonomisch orientiertes Denken durchsetzt, das für die jeweiligen Gesellschaften und Kulturen zur Desintegration und zur Marginalisierung größerer Bevölkerungsgruppen beiträgt. 

Der KAAD hat darüber hinaus, eine Initiative des Päpstlichen Migrationsrates aufgreifend, maßgeblich am Aufbau eines europäischen Netzwerks von kirchlichen Institutionen mitgewirkt, die auf verschiedene Weise für ausländische Studierende und Wissenschaftler pastoral, sozial und im Bildungsbereich arbeiten (Service of European Churches for International Students, vgl. Boulier). Man wird schon sehr bald und auch unter Einbezug der „Beitrittsländer“ zur Europäischen Union von einer wirklichen Europäisierung des Bildungswesens sprechen können. Daß dies nicht zu neuen Marginalisierungen innerhalb Europas und vor allem im Blick auf die Länder und die Studierenden des „Südens“ führt, ist diesen kirchlichen Institutionen ein wichtiges Anliegen. Die Bündelung der Kräfte und verschiedenen Erfahrungshorizonte auf dem Boden der europäischen Kirchen ermöglicht so auch eine verstärkte Präsenz in einer sich immer stärker internationalisierenden Hochschullandschaft. Auch dem KAAD werden dadurch neue Perspektiven für seine Förderungs- und Bildungsarbeit erschlossen.

Literatur:

  • UNESCO/Conférence Mondiale sur lÂ’enseignement supérieur, 5-9 octobre 1998:
  • Projet de Déclaration Mondiale sur lÂ’enseignement supérieur pour le XXIe siècle: Vision et action. [= Déclaration]
  • Projet de Cadre dÂ’Action Prioritaire pour le changement et le développement de lÂ’enseignement supérieur.[=Action]
  • World Statistical Outlook on Higher Education: 1980-1995 (Working Document, World Conference on Higher Education).[=Statistics]

Katholische Kirche/offizielle Verlautbarungen bzw. Texte:

  • Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg (Hrsg.): Hochschulpastoral in der Erzdiözese Freiburg. Freiburg i. Br. September 1998 (Freiburger Texte, Nr. 31). [= Hochschulpastoral Freiburg]
  • Hochschulseelsorge im Erzbistum Köln. In: Amtsblatt des Erzbistums Köln. Stück 18, 139. Jahrgang, 1. September 1999. Erlasse des Herrn Erzbischofs. S. 228-230. [= Hochschulseelsorge Köln]
  • Kongregation für das katholische Bildungswesen/Päpstlicher Rat für die Laien/Päpstlicher Rat für die Kultur: Die Präsenz der Kirche an der Univeristät und in der universitären Kultur (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 118). Bonn 1994. [= Apostolischer Stuhl 1994]
  • Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs: Die Rolle der Kirche in der Welt der ausländischen Studenten. Dokumente des I. Internationalen Kongresses der Seelsorge an den ausländischen Studenten.Rom 1996.

Allgemein:

  • Boulier, Daniel: La Migration des compétences: enjeu de justice et de solidarité internationale.In: People on the move N° 81[= Boulier]
  • Jakobs, Thomas (Hrsg.): Solidarität und Dialog. Katholische Kirche und ausländische Studierende in Deutschland. Trier (Paulinus) 1993.
  • Teichler, Ulrich: Internationale Mobilität der Studierenden - eine quantitative Übersicht. In: Hermann Weber (Hrsg.): Das Volk Gottes in den Herausforderungen einer Weltgesellschaft. Jahresakademie, 40 Jahre KAAD. Bonn 1998, S. 92-104. [= Teichler]
  • Weber, Hermann: Lifelong learning: Zur Vision der Universität im 21.Jahrhundert auf der UNESCO World Conference on Higher Eduaction.In: Augustinus Nr. 76, Bruxelles 1999, S. 3-8.

Informationen zum KAAD:

www.kaad.de


International Mobility in studies and science : a challenge for the church

Summary

The article first reports about the extent and the dimension of the transformations in the universities of the nineties. The central theme of the article is the growing mobility of students and scientists and the resulting internationalisation, especially in the universities of the industrialised countries. As a consequence, the Catholic Church, which sees itself as a world church, gets opportunities to strengthen its presence in a (world) social field, which has a catalyst function for global human development, and in which the nuclei of international solidarity may develop. However, these transformations also require a new quality of pastoral and strategic options, which are the answer of the church to these developments. This is especially necessary at a time when, due to an increasing economization of education and the concept of man as characterised by the imperative of "lifelong learning", the humanistic and Christian values at the universities are increasingly being questioned. In the same measure in which the internationalisation increases, the Catholic Church in general should activate and support the potentials of the World Church for pastoral work and its presence in the universities. This is also a topic in the current German discussions on the new concept of pastoral work in the universities, because university Chaplaincies are characterised as intercultural and interdenominational religious study communities. 

The second part of the article presents an example of a reaction from the side of the Church on these transformations. It describes the development of the “Katholischer Akademischer Ausländer - Dienst”/KAAD (Catholic Academic Exchange Service) over 40 years. It was founded by lay people, and co-ordinates the numerous activities for the benefit of and in co-operation with students and scientists from abroad, on behalf of the German Bishops' Conference. On the basis of a scholarship-organisation, a worldwide network of Christian intellectuals was created which transfers to the societies and the churches in their own home-countries, their experience of the intercultural and inter-religious educational work in Germany. This is done by working as multiplicators and, in many cases, by founding organisations. As the central office in Bonn also co-operates with similar ecclesiastical partner organisations in other European countries, its work increasingly assumes an European dimension. 


Mobilità Internazionale negli studi e nella ricerca : una sfida per la Chiesa.

Riassunto:

L'articolo affronta inizialmente la misura e le dimensioni delle trasformazioni nel settore universitario degli anni 90 e mette al centro della riflessione la crescente mobilità degli studenti e degli studiosi, e la conseguente internazionalizzazione, specialmente nelle Università e negli Istituti superiori dei paesi industrializzati. Per la chiesa Cattolica, che si sente Chiesa universale, si aprono delle possibilità per rafforzare la propria presenza internazionale in un ambito sociale che ha una funzione catalizzatrice per lo sviluppo globale umano e nel quale possono formarsi delle cellule germinative di solidarietà internazionale. Queste trasformazioni richiedono però anche una qualità nuova delle opzioni pastorali e strategiche con le quali la Chiesa deve rispondere a questo sviluppo. Ciò è molto importante sopratutto se nel quadro dell'economizzazione del settore 'istruzione' e della presente affermazione di un'immagine dell'uomo formato sull'imperativo del 'lifelong learning' i valori umanistici e criastiani vengono messi fortemente in questione nelle Università. In questo contesto la Chiesa Cattolica, proporzionalmente al crescere dell'internazionalizzazione, dovrebbe attivare e promuovere in modo globale il potenziale ecclesiale-mondiale della pastorale e della presenza nelle Università e negli Istituti superiori. Di questo si parla nelle discussioni attuali in Germania circa una nuova concezione della pastorale nelle Università. Le Comunità universitarie vengono qui caratterizzate come comunità di apprendimento interculturali e interreligiose.

La seconda parte dell'articolo descrive - come esempio tipico di una risposta ecclesiale a queste trasformazioni - lo sviluppo di quarant'anni dell'opera di promozione dei cattolici tedeschi del Katholische Akademische Ausländer-Dienst (servizio cattolico accademico per gli stranieri), il quale è stato fondato da laici, e figura nella Conferenza episcopale tedesca come punto di coordinamento per le molteplici attività con e per gli studenti e studiosi stranieri. Sulla base dell'istituzione di borse di studio si eleva una rete - estesa fortemente a livello internazionale negli anni novanta - di gruppi intelletuali cristiani, che ora introducono e fanno valere nella società e nella chiesa della propria patria il lavoro di formazione interculturale e interreligiosa che essi hanno sperimentato in Germania, talvolta anche in forma istituzionale (Associazioni). Tramite la cooperazione con delle organizzazioni - partner ecclesiali di altri paesi europeri, questo lavoro raggiunge anche una più forte dimensione europea.

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