CONVENTIO*
INTER APOSTOLICAM
SEDEM ET SAXONIAM INFERIOREM
KONKORDAT
ZWISCHEN DEM
HEILIGEN STUHLE
UND DEM
LAND NIEDERSACHSEN
Seine Heiligkeit Papst Paul VI. und der Niedersächsische Ministerpräsident,
die in dem Wunsche einig sind, das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche
und dem Lande Niedersachsen in freundschaftlichem Geiste zu festigen und zu
fordern,
haben beschlossen,
eine feierliche Übereinkunft zu treffen, durch die
die Rechtslage der katholischen Kirche in Niedersachsen, die sich
namentlich aus den fortgeltenden Konkordaten zwischen dem Heiligen Stuhle und
dem Freistaate Preußen vom 14. Juni 1929 und dem Deutschen Reich vom 20. Juli
1933 ergibt, fortgebildet und dauernd geregelt wird.
Zu diesem Zwecke hat Seine
Heiligkeit zu Ihrem Bevollmächtigten
Seine Exzellenz den Hochwürdigsten Herrn
Apostolischen Nuntius in Deutschland Dr. Konrad Bafile, Titularerzbischof von
Antiochien in Pisidien, ernannt;
nach Überreichung seiner für gut und richtig befundenen Vollmacht sind er und der
Niedersächsische Ministerpräsident über folgende Artikel übereingekommen :
Artikel 1
(1) Das Land Niedersachsen gewährt der Freiheit, den katholischen
Glauben zu bekennen und auszuüben, und der Liebestätigkeit der katholischen Kirche den gesetzlichen Schutz.
(2) Der Schutz der Sonntage und
der kirchlichen Feiertage bleibt gewährleistet.
Artikel 2
(1) Die gegenwärtige
Diözesanorganisation und -zirkumskription der
katholischen Kirche in Niedersachsen, die namentlich auf den nachstehenden, mit
den Regierungen vereinbarten oder von ihnen anerkannten Urkunden beruht, und zwar
- im Gebiet des ehemaligen Landes Hannover auf der Bulle Impensa Romanorum
Pontificum vom 26. März 1824, durch die das Gebiet des vormaligen Königreichs
Hannover den Bistümern Hildesheim und Osnabrück zugewiesen wurde, und auf
dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhle und dem Freistaate Preußen vom 14.
Juni 1929,
- im Gebiet des ehemaligen Landes Oldenburg auf der Bulle De salute
animarum vom 16. Juli 1821 und der zu ihrer Ausführung erfolgten weiteren
Grenzziehung durch den Vertrag zur Regulierung der Diözesanangelegenheiten
der katholischen Einwohner des Herzogtums Oldenburg vom 5. Januar 1830, durch
die das Gebiet des vormaligen Herzogtums Oldenburg dem Bistum Münster zugewiesen wurde,
- im Gebiet des ehemaligen Landes Braunschweig auf dem Konsistorialdekret vom 2.
Juli 1834, durch das das Gebiet des vormaligen Herzogtums Braunschweig dem
Bistum Hildesheim zugewiesen wurde, bleibt bestehen.
(2) Zwischen den Bistümern
Hildesheim und Osnabrück werden zum Zwecke der Grenzbereinigung im Bereich
des Landes Niedersachsen folgende Gebietsveränderungen vorgenommen :
- Das Bistum Osnabrück überträgt an das Bistum Hildesheim seine
Gebietsanteile an den Landkreisen Holzminden, Hameln-Pyrmont und Verden, den Landkreis Schaumburg-Lippe, die Stadt Cuxhaven und die
übrigen Gebiete des ehemaligen
Amtes Ritzebüttel sowie die Inseln Neuwerk und Scharhorn, ferner den links der
Weser liegenden Teil der Stadt Nienburg.
- Das Bistum Hildesheim überträgt an das Bistum Osnabrück den rechts der
Weser liegenden Teil des Landkreises Grafschaft Hoya.
(3) Der in Niedersachsen liegende Teil des Bistums Münster (das
ehemalige Land Oldenburg) bleibt als besonderer kirchlicher Verwaltungsbezirk bestehen, dessen Leitung der Bischof von Münster
weiterhin einem
ständigen Stellvertreter mit den diesem bisher zustehenden Befugnissen
anvertraut.
(4) Eine etwaige Änderung der Zirkumskription bleibt, soweit es sich nicht lediglich um Grenzverlegungen im
Interesse der örtlichen Seelsorge handelt, ergänzender Vereinbarung
vorbehalten.
Artikel 3
(1) Für die Besetzung der kirchlichen Ämter im gesamten
Gebiet des Landes Niedersachsen gelten die Vorschriften des Konkordats vom 14.
Juni 1929.
Die in Artikel 10 Absatz 2 vorgesehene Mitteilungspflicht
entfällt.
(2) Vor der Ernennung des in Artikel 2 Absatz 3 dieses Vertrages erwähnten Stellvertreters teilt der Bischof von Münster den Namen des in
Aussicht Genommenen der Landesregierung vertraulich mit, um ihr die Möglichkeit
zu geben, etwaige Bedenken allgemeinpolitischer Natur bezüglich dessen Person binnen 20 Tagen vorzubringen. Der Bischof wird vor Ablauf des angegebenen
Termins beziehungsweise vor der Prüfung der vorgetragenen Bedenken die
Ernennung nicht vor nehmen.
(3) Im Kathedralkapitel in Münster werden wie
bisher zwei der den nichtresidierenden Kapitularen vorbehaltenen Stellen an
den Oldenburger Klerus vergeben, und zwar so, daß eine Stelle dem in Artikel
2 Absatz 3 erwähnten Stellvertreter des Bischofs zuteil wird.
(4) Den
Kathedralkapiteln in Hildesheim und Osnabrück werden künftig je zwei
nichtresidierende Domkapitulare angehören. Nach Errichtung der in Artikel 4
vorgesehenen Fakultät tritt zu dem Kapitel in Hildesheim ein weiterer nichtresidierender Kapitular, der den ordentlichen Mitgliedern der
Fakultät
entnommen werden wird.
(5) Artikel 6 Absatz 2 des Konkordats vom 14. Juni 1929
fìndet für die in Absatz 3 und 4 genannten Mitglieder von Domkapiteln Anwendung.
(6) Die landesrechtlichen Vorschriften
über Patronate werden, soweit sie
staatliche Normen sind, aufgehoben.
Artikel 4
(1) Das Land wird zu gegebener
Zeit eine katholisch-theologische Fakultät an der Universität in Göttingen
errichten. Ihr Verhältnis zur kirchlichen Behörde regelt sich nach Artikel 12
Absatz 1 des Konkordats vom 14. Juni 1929 und dem dazugehörigen Schlußprotokoll.
(2) Für die Bischöfe von Hildesheim und
Osnabrück entfällt mit
Errichtung der in Absatz 1 vorgesehenen Fakultät Artikel 12 Absatz 2 des
Konkordats vom 14. Juni 1929.
Artikel 5
(1) Bei der Besetzung der Lehrstühle
für katholische Religionspädagogik und für Methodik des katholischen
Religionsunterrichts an den Pädagogischen Hochschulen sind Artikel 12 Absatz 1
des Konkordats vom 14. Juni 1929 und das dazugehörige Schlußprotokoll
entsprechend anzuwenden.
(2) Der gegenwärtige Charakter der Pädagogischen
Hochschule in Vechta wird gewährleistet.
Artikel 6
(1) Das Land gewährleistet die Beibehaltung und Neuerrichtung von
katholischen Bekenntnisschulen. Diese Volksschulen können grundsätzlich nur
mit gleichen Schulen zusammengefaßt werden; entsprechendes gilt für Schulen,
die als einzige Schule im Bereich eines Schulträgers einen weit überwiegenden Anteil katholischer Schüler haben.
(2) Auf Antrag von Eltern
oder sonstigen Erziehungsberechtigten werden im Bereich örtlicher oder überörtlicher Schulträger katholische Bekenntnisschulen errichtet, wenn eine
angemessene Gliederung der beantragten Schule gesichert erscheint und die
schulische Versorgung anderer Schüler im Bereich des Schulträgers gewährt wird.
Daneben bleibt die Errichtung solcher Schulen von Amts wegen nach Maßgabe der
allgemeinen Verwaltungsgrundsätze unberührt.
(3) Das Land wird
dafür Sorge tragen, dass, soweit katholische Schüler andere als katholische Bekenntnisschulen besuchen, die Zahl der katholischen Lehrer grundsätzlich
dem Anteil der katholischen Schüler entspricht.
Artikel 7
(1) Der katholische Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen Niedersachsens
ordentliches Lehrfach. Dieser Unterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Kirche erteilt; die Diözesen haben das Recht, sich
davon im Einvernehmen mit den staatlichen Schulaufsichtsbehörden
durch Beauftragte zu überzeugen. Sie beauftragen damit geeignete Beamte des
staatlichen Schuldienstes, insbesondere Schulaufsichtsbeamte, Schulleiter
oder Geistliche im Schuldienst, oder Religionspädagogen an Pädagogischen
Hochschulen; im Einvernehmen mit dem Land können auch andere erfahrene Pädagogen beauftragt werden. Daneben bleibt den Bischöfen das Recht zum Besuch des
Religionsunterrichts unbenommen.
(2) Für den Religionsunterricht werden die
Landesregierung und die Diözesen über
- die Zahl der Stunden,
- Richtlinien,
Lehrpläne und Lehrbücher,
- Maßnahmen zur Erleichterung des
Religionsunterrichts in den in Artikel 6 Absatz 3 genannten Schulen und
- das
Verfahren bei der Verwendung kirchlicher Lehrkräfte ein Einvernehmen
herstellen.
(3) Die Erteilung des Religionsunterrichtes setzt die
entsprechende Missio canonica des Diözesanbischofs voraus. Zur Sicherung des
Religionsunterrichts wird das Land die sich bewerbenden Lehrer mit Missio
canonica an den in Artikel 6 Absatz 1 genannten Schulen sowie im Umfang des
Bedarfs an Religionslehrern an den weiteren Schulen verwenden.
(4) Über die
Prüfungsvoraussetzungen und -anforderungen im Fach katholische Religion für
Lehrer an Schulen aller Art wird der niedersächsische Kultusminister sich mit
den Diözesanbischöfen mit dem Ziel einer freundschaftlichen Verständigung ins
Benehmen setzen. Diejenigen Prüfungen und Erweiterungsprüfungen für das
Fach katholische Religion, an denen ein Beauftragter der zuständigen
kirchlichen Oberbehörde mitzuwirken berechtigt ist, werden als Nachweis der
fachlichen Eignung zur Erteilung der Missio canonica anerkannt. Bei der Prüfung für das Lehramt an
höheren Schulen wirkt für die Kirche ein Mitglied
der katholisch-theologischen Fakultät an der Universität in Göttingen mit.
Artikel 8
Das Land wird im Rahmen der allgemeinen Förderung der Privatschulen den Schulen katholischer Träger weiterhin seine
Hilfe angedeihen
lassen. Nach Maßgabe der staatlichen Vorschriften werden diese Schulen
staatlich anerkannt und durch Finanzhilfe - mindestens unter Wahrung des
bisherigen Verhältnisses zu den Aufwendungen für die von Gemeinden und
Gemeindeverbänden getragenen öffentlichen Schulen - sowie durch
Erleichterung im Austausch von Lehrkräften gefördert. Über die Anwendung der
staatlichen Vorschriften werden die Landesregierung und die Diözesen eine
besondere Vereinbarung treffen.
Artikel 9
Die Kirche ist berechtigt, an der
Erwachsenenbildung mit eigenen Einrichtungen teilzunehmen. Diese werden in die
finanzielle Förderung der Erwachsenenbildung durch das Land einbezogen.
Artikel 10
Das Land wird bei den Rundfunkanstalten, an denen es beteiligt ist,
darauf bedacht bleiben, dass die Satzungen Bestimmungen enthalten, nach denen
das Programm das religiöse Empfinden der katholischen Bevölkerung nicht
verletzt, der katholischen Kirche angemessene Sendezeiten eingeräumt werden
und ihr eine angemessene Vertretung ihrer Interessen an den Fragen des Programms ermöglicht wird.
Artikel 11
(1) In Krankenhäusern, Strafanstalten und
sonstigen Anstalten des Landes werden die zuständigen katholischen
Geistlichen im Rahmen der allgemeinen Hausordnung zur Vornahme seelsorgerlicher
Besuche und kirchlicher Handlungen zugelassen. Soweit ein Bedürfnis für eine
hauptamtliche Seelsorge besteht, werden die Kosten vom Lande getragen; die
Geistlichen werden vom Lande im Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen
Behörde angestellt. Zu den Kosten einer nicht hauptamtlichen regelmäßigen
Seelsorge leistet das Land einen angemessenen Beitrag, wenn die Anstaltsseelsorge die
örtlich zuständigen Geistlichen unverhältnismäßig
belastet und zusätzliche Aufwendungen erfordert.
(2) Die vom Land
angestellten Geistlichen unterstehen unbeschadet der Disziplinargewalt des
Landes dem Diözesanbischof, soweit es sich um die Ausübung ihrer seelsorgerlichen Funktionen handelt.
(3) Bei Anstalten anderer
öffentlicher Träger wird
das Land dahin
wirken, dass die Anstaltspfleglinge entsprechend seelsorgerlich betreut werden
können.
Artikel 12
(1) Die Diözesen werden Entschließungen über die
Errichtung und Veränderung von Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbänden
acht Wochen vor Ausfertigung der entsprechenden kirchlichen Urkunde der
Landesregierung mitteilen. Sie werden ihre Entschließungen überprüfen, falls die Landesregierung Bedenken erhebt. Dasselbe gilt für die Veränderung
bestehender öffentlich-rechtlicher Körperschaften anderer als der in Satz 1
bezeichneten Art und für die Veränderung bestehender öffentlich-rechtlicher
Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit.
(2) Die
staatliche Mitwirkung bei der Errichtung öffentlich-rechtlicher kirchlicher
Körperschaften anderer als der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Art und bei der
Errichtung öffentlich-rechtlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener
Rechtspersönlichkeit erfolgt nach Richtlinien, die mit den Diözesanbischöfen
vereinbart werden. Solange eine solche Vereinbarung nicht erzielt ist, bleibt
es bei der bisherigen Rechtslage.
Artikel 13
Die Vorschriften über die staatliche Mitwirkung bei der vermögensrechtlichen Vertretung der
Diözesen, der
Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände sowie der sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen
der katholischen Kirche werden durch die in der Anlage getroffene Regelung
abgelöst.
Artikel 14
(1) Die Diözesen und Kirchengemeinden sind berechtigt,
nach Maßgabe der staatlichen Gesetze auf Grund von Steuerordnungen von den
Angehörigen der katholischen Kirche Kirchensteuern zu erheben. Die
Kirchensteuerordnungen und Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen
Genehmigung. Auf Antrag der Diözesen werden die Festsetzung und Einziehung der
Diözesankirchensteuer von den Landesbehörden gegen Entschädigung übernommen.
Die Kirchenbehörden erhalten auf Anfordern Einblick in die für sie im
Zusammenhang mit der Kirchensteuer wichtigen Unterlagen der Landes- und
Gemeindebehörden.
(2) Durch Vereinbarung zwischen Kirchengemeinde und Gemeinde
(Landkreis) können die Festsetzung und Einziehung der Ortskirchensteuer der
Gemeinde (dem Landkreis) übertragen werden.
(3) Die Landesregierung und die
Diözesen werden zur näheren Regelung eine Vereinbarung schließen, die auf der
Seite des Landes der Zustimmung des Landtags bedarf. Diese soll insbesondere
Bedingungen feststellen, unter denen die Kirchensteuersätze allgemein als
genehmigt gelten,
einheitliche Sätze bei der Diözesankirchensteuer im Landesgebiet sichern, die
Entschädigung für die Einziehung der Kirchensteuer durch die Landesbehörden
feststellen, die Abführung der Diözesankirchensteuer an die Diözesen regeln.
Artikel 15
(1) Das Land zahlt an die Diözesen, beginnend am 1. Januar 1965,
als Dotation und als Zuschuss für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung
jährlich drei Millionen zweihundertundfünfzigtausend Deutsche Mark. Der
Betrag ist in seiner Höhe laufend den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen.
(2) Für eine Ablösung gemäß Artikel 140 des
Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel
138 Absatz 1 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 bleibt die
bisherige Rechtslage maßgebend.
Artikel 16
Der Bischöfliche Stuhl in Hildesheim verzichtet auf die Ansprüche gegen das Land, die sich auf die Diözesangebäude und -grundstücke beziehen, und stellt das Land von
allen
Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden frei. Zum
Ausgleich überträgt das Land das Eigentum an Gebäuden und Grundstücken auf
den Bischöflichen Stuhl. Das Nähere bestimmt die Anlage.
Artikel 17
(1) Das Eigentum und andere Rechte der in Artikel 13 bezeichneten
Institutionen sowie der katholischen religiösen Vereine an ihrem Vermögen
werden im Umfange des Artikels 138 Absatz 2 der Verfassung des Deutschen
Reichs vom 11. August 1919 gewährleistet.
(2) Die Landesbehörden werden nach
Maßgabe der Anlage bei Enteignungen und bei der Erteilung von Genehmigungen
zum Erwerb von Ersatzgrundstücken auf die kirchlichen Belange Rücksicht
nehmen.
Artikel 18
Die diesem Vertrag beigefügte Anlage ist integrierender
Bestandteil des Vertrages.
Artikel 19
(1) Die Vertragschließenden werden über alle Fragen ihres Verhältnisses, insbesondere soweit sie sich aus den
Bestimmungen dieses Vertrages und der in der Präambel genannten
Vereinbarungen ergeben, einen ständigen Kontakt herstellen. Sie werden eine etwa
in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise
beseitigen.
(2) Die Vertragschließenden behalten sich das Recht vor, bei wesentlicher
Änderung der derzeitigen Struktur des öffentlichen Schulwesens
Verhandlungen über eine dem Geist dieses Vertrages entsprechende Anpassung
seiner Bestimmungen zu begehren.
Artikel 20
(1) Dieser Vertrag, dessen italienischer und deutscher Text gleiche
Kraft haben, soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Bad
Godesberg in der Apostolischen Nuntiatur ausgetauscht werden. Er tritt mit
dem Tage ihres Austausches in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages
treten die seinen Bestimmungen entgegenstehenden Vorschriften außer Kraft.
Zu Urkund dessen ist diese feierliche Übereinkunft in doppelter Urschrift
unterzeichnet worden.
Hannover, am 26. Februar 1965.
CORRADO BAFILE, Nunzio Apostolico
Dr. GEORG DIEDERICHS, Niedersächsischer Ministerpräsident
ANLAGE
§ 1
(zu Artikel1 Absatz 1)
Die Diözesen und die Kirchengemeinden sind
berechtigt, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben für kirchliche und
mildtätige Zwecke zu sammeln. Die Diözesen können alljährlich in ihrem Gebiet
eine Haussammlung für diese Zwecke ohne besondere staatliche Genehmigung
veranstalten; die Zeit wird im Benehmen mit der Landesregierung festgesetzt.
§ 2
(zu Artikel 4 Absatz 1)
(1) Der Kultusminister wird, bevor die Berufung,
d. h. das Angebot eines Lehrstuhles an der katholisch-theologischen Fakultät,
ergeht, die im Schlußprotokoll zu Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 des Konkordats vom 14.
Juni 1929 vorgesehene Äußerung des zuständigen Bischofs einholen.
(2) Über die
Listen geeigneter Persönlichkeiten, die vor der erstmaligen Besetzung der
Lehrstühle der katholisch-theologischen Fakultät dem Minister einzureichen sind, beschließt ein Ausschuß, dem drei vom Senat der Universität zu wählende
Mitglieder des Lehrkörpers der Universität und je drei von der katholisch-theologischen Fakultäten der Universitäten Bonn und Münster zu wählende
:Mitglieder dieser Fakultäten angehören.
§ 3
(zu Artikel 5 Absatz 1)
Über die
nach den Hochschulsatzungen vor der Besetzung der Lehrstühle dem
Minister einzureichenden Listen geeigneter Persönlichkeiten beschließt der
Lehrkörper auf Vorschlag eines Ausschusses, dem der Rektor und zwei weitere
Mitglieder des Lehrkörpers sowie drei Dozenten für katholische Religionspädagogik von anderen Pädagogischen Hochschulen des Landes und drei Vertreter der katholisch-theologischen
Fakultät an der
Universität in Göttingen angehören. Bis zur Errichtung der Fakultät treten
an die Stelle ihrer Vertreter drei weitere Dozenten für katholische
Religionspädagogik von den Pädagogischen Hochschulen des Landes. Der Kultusminister
wird, bevor die Berufung, d. h. das Angebot eines Lehrstuhls, ergeht, die im
Schlußprotokoll zu Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 des Konkordats vom 14. Juni 1929
vorgesehene Äußerung des zuständigen Bischofs einholen.
§ 4
(zu Artikel 6 und
7)
Die Vorschriften des Artikels 6 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3 sowie des
Artikels 7 Absatz 1 lassen die Bestimmungen über Volksschulen im
Verwaltungsbezirk Oldenburg unberührt.
§ 5
(zu Artikel 7)
An den Fachschulen
wird das Land, soweit Religionsunterricht nicht zum Lehrplan der Schulen gehört, die Veranstaltung religiöser Arbeitsgemeinschaften auf freiwilliger
Grundlage fordern.
§ 6
(1) Das Gymnasium Josephinum in Hildesheim geht als
öffentliche Schule auf den Bischöflichen Stuhl in Hildesheim als Träger über.
Das Land hat Rechte und Pflichten wie bei den sonstigen weiterführenden öffentlichen Schulen; der Bischöfliche Stuhl hat die gleichen Rechte
und Pflichten wie die kommunalen Schulträger nach dem allgemeinen Schulrecht des
Landes. Die im allgemeinen Schulrecht vorgesehenen Beiträge des Landes zum
Schulbau werden unter Anrechnung der schon gezahlten Beträge durch einen einmaligen Zuschuß von einer Million fünfhunderttausend Deutsche Mark abgefunden.
(2) Beim Gymnasium Josephinum soll die traditionelle Verbundenheit mit dem
Bischöflichen Stuhl durch die Zusammensetzung des Lehrkörpers gewahrt werden.
Die Leiterstelle wird nur im Einvernehmen mit dem Bischöflichen Stuhl besetzt
werden.
(3) Das Land verzichtet auf seine Rechte aus den früher über diese
Schule geschlossenen Verträgen.
§ 7
(zu Artikel12)
Die Errichtung und Veränderung der in Artikel 12 genannten Institutionen wird im Amtsblatt des
Regierungsbezirks veröffentlicht, in dem die Institution ihren Sitz hat.
§ 8
(zu Artikel 13)
(l) Vorschriften der Diözesen, welche die vermögensrechtliche
Vertretung der in Artikel 13 genannten Institutionen
betreffen, werden der Landesregierung vor ihrem Erlaß vorgelegt.
(2) Die Vorschriften werden eine geordnete Vertretung der Institutionen gewährleisten.
In Kirchengemeinden wirken in den Vertretungsorganen in
überwiegender Zahl Glieder der Kirchengemeinde mit, die periodisch durch
unmittelbare und geheime Wahl der Gemeindemitglieder berufen werden. Für
Verbände von Kirchengemeinden besteht das Vertretungsorgan in überwiegender
Zahl aus gewählten Mitgliedern der Vertretungsorgane der beteiligten
Kirchengemeinden, sofern es nicht durch unmittelbare Wahl gebildet wird. Die
Diözesen werden sich über einheitliche Bestimmungen für das Gebiet des Landes
Niedersachsen verständigen.
(3) Nach dem Erlaß solcher Bestimmungen wird das
Land die entsprechenden staatlichen Vorschriften aufheben; soweit diese
staatsaufsichtliche Genehmigungen vorsehen, entfallen sie mit dem
Inkrafttreten dieses Vertrages.
(4) Das Land wird bischöfliche Bestimmungen
über die vermögensrechtliche Vertretung der in Artikel 13 genannten
Institutionen im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlichen. Das
gleiche gilt für Bestimmungen über einen Genehmigungsvorbehalt von
kirchlichen Oberbehörden und andere Vorschriften, deren Veröffentlichung der Sicherheit im Rechtsverkehr dient.
§ 9
(zu Artikel 15)
(1) Für die
Staatsleistung wird ein Verwendungsnachweis gemal3 § 64 a der Reichshaushaltsordnung
nicht erfordert. Durch Vereinbarung der Diözesen untereinander wird der Anspruch
auf die Staatsleistung auf die einzelnen Diözesen aufgeteilt. Die Vereinbarung
ist der Landesregierung anzuzeigen.
(2) Die Staatsleistung wird mit einem
Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus bezahlt.
(3) Für die Zeit bis zum 31. Dezember 1964 wird eine einmalige Nachzahlung von sieben Millionen
vierhunderttausend Deutsche Mark geleistet.
(4) Die Anpassung an Änderungen
der Besoldung der Landesbeamten wird wie bei vergleichbaren Staatsleistungen
vorgenommen.
§ l0
(zu Artikel 16)
(1) Der Bischöfliche Stuhl in Hildesheim
verzichtet auf alle bisherigen Ansprüche gegen das Land, die sich auf die in §
11 Absatz 1 genannten Grundstücke und die dazugehörigen Gebäude sowie auf
den Dom einschließlich seiner Nebengebäude und seiner Innenausstattung beziehen; das gleiche gilt für alle sonstigen Geld- und Sachleistungen des Landes,
insbesondere auch für die Verpflichtung zur Unterhaltung des Hildesheimer
Domschatzes.
(2) Der Bischöfliche Stuhl stellt das Land von allen
Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden,
insbesondere von denen zur baulichen Unterhaltung von Gebäuden frei.
(3) Soweit Gebäude vorhanden
sind, die nur zum Teil katholischen ortskirchlichen Zwecken dienen, soll die
Unterhaltungslast, soweit möglich, durch Einzelvereinbarung geregelt werden.
(4) Das Land darf ohne Zustimmung des Bischöflichen Stuhls Verpflichtungen,
von denen es freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in
irgendeiner Weise anerkennen. Wird das Land wegen der genannten
Verpflichtungen in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es dem Bischöflichen
Stuhl alsbald den Streit verkünden und ihm Einsicht in seine Unterlagen über
den Prozeßstoff gewähren. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind
dem Land zu erstatten. (5) Der Bischöfliche Stuhl wird sich bemühen, Verträge
mit den berechtigten Kirchengemeinden zustande zu bringen, durch die das
Land aus seinen Verpflichtungen entlassen wird.
§11
(zu Artikel16)
(1) Das Land überträgt auf den Bischöflichen Stuhl in Hildesheim das Eigentum an den in
Hildesheim, Domhof Nummern 9, 10, 11, 17, 22, 23, 26, 27, 28, 29 und 29 a und
Pfaffenstieg 2 belegenen Grundstücken sowie an dem zwischen Domhof Nummern
17 und 18 belegenen Grundstück. Falls der Bischöfliche Stuhl beantragt, im
Grundbuch als Eigentümer der beiden Domhöfe eingetragen zu werden, wird das
Land den Bischöflichen Stuhl darin unterstützen.
(2) Das Land wird auf den Bischöflichen Stuhl das Eigentum an den in
Hildesheim, Domhof Nummern 18, 19, 20 und 21 belegenen Grundstücken
übertragen, sobald für die dort untergebrachten Dienststellen des Landes
neue Gebäude errichtet sind, spätestens jedoch am 31. Dezember 1969. Sind zu
diesem Zeitpunkt die neuen Gebäude nicht fertiggestellt, so wird der Bischöfliche Stuhl dem Land die Nutzung der Gebäude für eine weitere Frist gegen einen
angemessenen Mietzins überlassen.
(3) Das Land überträgt das Eigentum
an staatlichen Gebäuden und Grundstücken, die ausschließlich katholischen
ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind, auf den Bischöflichen Stuhl oder, wenn
darüber ein Einverständnis zwischen diesem und der Kirchengemeinde hergestellt
ist, auf die Kirchengemeinde. Bei Vorliegen besonderer Umstände
kann im Einzelfall etwas anderes vereinbart werden.
(4) Das Land und der Bischöfliche Stuhl werden die Gebäude und Grundstücke, die
in kirchliches Eigentum übergehen, mit allen Merkmalen gemeinsam festlegen.
(5) Bei der Eigentumsübertragung nach Absatz 1 bis 3 werden Grunderwerbsteuer und Gerichtsgebühren nicht erhoben; das gleiche gilt, wenn der Bischöfliche Stuhl
innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages das Eigentum auf die Kirchengemeinden weiterüberträgt.
§12
(zu Artikel 17)
Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die kirchlichen Belange Rücksicht
nehmen. Beabsichtigen die betroffenen Institutionen in Fällen der
Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke zur Vermeidung der Enteignung Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen
bei der Erteilung von Genehmigungen, die nach besonderen Vorschriften des
Grundstücksverkehrs vorgeschrieben sind, im Rahmen der geltenden gesetzlichen
Bestimmungen entgegenkommen.
§ 13
Die Diözesen werden der Erhaltung und Pflege denkmalswerter Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken
und sonstiger Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie werden
Veräußerungen oder Umgestaltungen nur im Benehmen mit den Stellen der staatlichen Denkmalspflege vornehmen. Sie werden dafür Sorge tragen, daß andere
kirchliche Institutionen entsprechend verfahren.
§ 14
(1) Die im Eigentum oder
in der Verwaltung der Kirchengemeinden und der Kirchengemeindeverbände
stehenden Friedhöfe genießen in demselben Umfang wie die kommunalen Friedhöfe
den staatlichen Schutz.
(2) Die Kirchengemeinden und die Kirchengemeindeverbände sind berechtigt, nach
Maßgabe der staatlichen Bestimmungen neue Friedhöfe anzulegen.
§15
Auf Landesrecht beruhende Gebührenfreiheiten des Landes gelten auch für die in
Artike113 bezeichneten Institutionen.
Hannover, am 26. Februar 1965
CORRADO BAFILE, Nunzio Apostolico
Dr. GEORG DIEDERICHS, Niedersächsischer Ministerpräsident
Sollemni Conventione inter Apostolicam Sedem et Saxoniam Inferiorem rata
habita, die IV mensis Octobris anno MDCCCCLXV Ratihabitionis Instrumenta accepta
et reddita mutuo fuerunt. Exinde, i. e. a die IV Octobris anno MDCCCCLXV,
huiusmodi Sollemnis Conventio inter Apostolicam Sedem et Saxoniam Inferiorem
icta vigere coepit ad normam articuli XX eiusdem Pactionis.
*A.A.S., Bd. LVII (1965), Nr. 12, S.
834-856
© Copyright 1965
- Libreria Editrice Vaticana
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