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BEITRAG DES STÄNDIGEN BEOBACHTERS 
DES HEILIGEN STUHLS ZUR 
5. AUßERORDENTLICHEN SITZUNG DER KOMMISSION 
FÜR MENSCHENRECHTE DER VEREINTEN NATIONEN 

17.-19. Oktober 2000

Herr Präsident! 

Die schwerwiegenden Ereignisse, die den Nahen Osten in Trauer versetzen, beweisen die Dringlichkeit eines beharrlichen Einsatzes für die Achtung der Menschenrechte. Zudem erinnern sie uns daran, daß die Verletzung von Menschenrechten eine ganze Reihe von oft unkontrollierbaren Gewaltakten nach sich ziehen kann. 

Der Hl. Stuhl möchte seine Wertschätzung und Ermutigung zum Ausdruck bringen für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zugunsten des Friedens in dieser Region durch die Wiederaufnahme eines konstanten und konstruktiven Dialogs. Zugleich möchte er darauf hinweisen, daß der Friede nur dann echt und dauerhaft sein wird, wenn er auf das internationale Recht, die Gerechtigkeit und die Respektierung der Rechte aller gegründet ist. 

In den letzten Tagen sah man sich Situationen gegenüber, die rasche politische Entscheidungen erfordern, durch die eine Atmosphäre des Vertrauens zwischen den Völkern dieses Landes wiederhergestellt werden soll. Das Wort »heilig« ist in seinem Namen enthalten, weil sich auf seinem Boden die spirituellen Wurzeln der drei wichtigsten monotheistischen Religionen – Christentum, Islam und Judentum – befinden. 

Gerade in letzter Zeit wurden zahlreiche und ermutigende Bemühungen unternommen, um den Frieden wiederherzustellen, den sich alle wünschen. Dennoch läßt sich bedauerlicherweise noch immer feststellen, daß gewisse Rechte nicht respektiert werden, wie zum Beispiel das Recht auf einen unabhängigen Staat und eine unabhängige Regierung sowie die Rechte auf Sicherheit und freie Äußerung der eigenen Kultur und Geschichte. Die Umsetzung des Rechtes der Völker auf Selbstbestimmung und freiheitliche Zusammenarbeit für das internationale Gemeinwohl wird mit Sicherheit zum Aufbau des Friedens beitragen, und zwar in dem Maße, wie ein jeder sich respektiert und als Partner im Dialog zur Schaffung einer besseren Welt fühlen wird.  

Solange ein Volk nicht im Besitz seiner unveräußerlichen Rechte ist, wird es immer Konfliktsituationen geben, die früher oder später in Gewalt ausarten und Gefühle des Hasses und der Rachsucht schüren können, die von der Vernunft nicht mehr kontollierbar sind. 

Die Geschichte hat es so gewollt, daß zwei Völker Seite an Seite leben – oft in einer äußerst gespannten und heiklen Lage. Diese Feindschaft, die die jungen Generationen in friedliches Miteinander und gegenseitigen Respekt verwandeln möchten, währt schon allzu lange! Die beiden Völker haben das Bedürfnis, ihre Rechte anerkannt zu sehen: das Recht auf sichere und friedliche Lebensbedingungen sowie das Recht auf ein eigenes Land und die Möglichkeit, sich selbst zu regieren und in Eintracht und Ruhe mit den Nachbarn zu leben. Die volle Achtung der Menschenrechte ist die alleinige Gewähr für ein echtes Zusammenleben, das allen Völkern dieser Region erlaubt, ihre Würde und Ehre wiederzuerlangen. 

Die Worte, die der Heilige Vater bei seinem Besuch im Lager von Dheisheh an die Flüchtlinge richtete, sind nach Meinung der Delegation des Hl. Stuhls von brennender Aktualität: »Die erniedrigenden Bedingungen, unter denen die Flüchtlinge oft leben müssen; das Andauern über lange Zeitabschnitte von Zuständen, die schon in Notfällen oder über kurze Übergangszeiten kaum auszuhalten sind; die Tatsache, daß die Vertriebenen gezwungen sind, sich oft jahrelang in den Durchgangslagern aufzuhalten: Diese Elemente sind das Maß der dringenden Forderung nach einer gerechten Lösung zu den tieferliegenden Gründen des Problems. Nur durchsetzungsfähige Anstrengungen seitens der Spitzenpolitiker im Nahen Osten und in der internationalen Gemeinschaft insgesamt – angeregt von einer höheren Auffassung der Politik als Dienst für das Gemeinwohl – können die Ursachen eurer jetzigen Situation aus dem Weg räumen. Mein Aufruf gilt einer verstärkten internationalen Solidarität und dem politischen Willen, diese Herausforderung aufzunehmen. Ich bitte alle, die sich aufrichtig für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen, den Mut nicht zu verlieren. Ich appelliere an die politisch Verantwortlichen, die schon erreichten Abkommen auch umzusetzen und weiter auf den Frieden zuzugehen, nach dem sich alle vernünftigen Männer und Frauen sehnen, und auf die Gerechtigkeit, auf die sie ein unveräußerliches Recht besitzen« (Grußworte am 22. März, Nr. 2; in O.R. dt., Nr. 13, 31.3.2000, S. 9). 

Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verkündet folgendes: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.« Die internationale Gemeinschaft muß sich dafür einsetzen, daß dieser Grundsatz immer gewahrt und verteidigt werden möge, und Gerechtigkeit einfordern, wenn er verletzt wird.

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