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BOTSCHAFT ZUM GRÜNDUNGSJUBILÄUM DER DIÖZESE ROTTENBURG-STUTTGART

14. Mai 2003

 

Seiner Exzellenz 
dem Hochwürdigsten 
Herrn Bischof Dr. Gebhard Fürst 
Bischof von Rottenburg-Stuttgart Exzellenz! 

Hochwürdigster Herr Bischof! 

1. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart feiert in diesem Jahr ihr Gründungsjubiläum. Die ganze Bistumsfamilie – Bischof, Klerus und Gläubige – blickt voll Freude und Dankbarkeit gegen Gott auf 175 Jahre Diözesangeschichte zurück. Der Heilige Vater Papst Johannes Paul II. nimmt herzlichen Anteil an diesem Jubelfest und beauftragt Sie, Exzellenz, allen Christen, die gläubigen Sinnes an den Feiern unter dem bedeutungsvollen und schönen Motto Gott und den Menschen nahe teilnehmen, seine Segenswünsche zu überbringen. Möge das Diözesanfest die wunderbare Nähe Gottes zu den Menschen neu aufscheinen lassen und Ihnen allen helfen, aus dieser Glaubenserfahrung heraus die Beziehungen zu den anderen zu gestalten! 

2. Das Bistum Rottenburg, heute mit dem Namen Rottenburg-Stuttgart, entstand im Zuge der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse Deutschlands an der Wende zum 19. Jahrhundert. Die 175 Jahre ihrer Existenz waren für die schwäbische Diözese nicht zuletzt durch das Wirken hervorragender geistlicher Persönlichkeiten geprägt. Ihrer aus diesem frohen Anlaß rückblickend in Dankbarkeit zu gedenken, bedeutet zugleich, die Weisungen zu erkennen, die die großen Gestalten süddeutscher Kirchengeschichte dem heutigen Bistum für seinen Weg in das Dritte Millennium zu geben vermögen. 

3. Der Rahmen dieser Grußbotschaft erlaubt den Blick auf nur drei ausgewählte Persönlichkeiten. Aus der Frühzeit des schwäbischen Bistums tritt der theologische Lehrer Johann Adam Möhler hervor, dem es gegeben war, nach den Verdunkelungen der Aufklärung das eigentliche Wesen der Kirche als Organ der Überlieferung der göttlichen Offenbarung und Gnade, als den geheimnisvollen Leib des in der Geschichte sein Erlösungswerk fortsetzenden Christus neu zu entdecken. Eine begeisterte Generation junger Priester schöpfte aus seiner Lehre eine tief Liebe zu der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche und ihrem sichtbaren Oberhaupt, dem Nachfolger Petri in Rom. Unter den Gläubigen wuchs bald eine kraftvolle Frömmigkeit, die sich auch in mannigfachen Werken der Nächstenliebe ausdrückte. 

4. Wer wie Johann Adam Möhler die Kirche Christi liebte, mußte unter der Glaubensspaltung, mit welcher er in seiner württembergischen Heimat von Jugend auf konfrontiert war, innerlich leiden. Aus der Begegnung mit den evangelischen Christen erwuchs ihm darum der Impuls, der Wiedergewinnung der Einheit im Glauben mit den Mitteln der Wissenschaft im Rückgriff auf die authentische Überlieferung zu dienen. So entstand sein bekanntes Werk, die »Symbolik«, die wohl eine der glanzvollsten Leistungen der Tübinger Schule darstellt. Ihr Prinzip ist Einheit in Wahrheit und Liebe. Heute gilt es für das Heimatbistum Möhlers, das Christusmysterium der Kirche in geistlicher Tiefe neu zu entdecken und die Schätze ihrer zeitlosen Wahrheit aus den Quellen der heiligen Überlieferung schöpfend für die Welt von heute fruchtbar zu machen. 

5. Ein glücklicher Umstand läßt das Diözesanjubiläum mit dem »Jahr der Bibel« zusammenfallen, das Christen verschiedener Konfessionen im Jahr 2003 begehen. Die Diözese Rottenburg kann sich in ihrer Geschichte eines großen Künders des Wortes Gottes rühmen: Bischof Paul Wilhelm Keppler, der das Bistum Rottenburg dreißig Jahre lang, von 1898 bis 1926, mit Weisheit und Kraft »im Dienst des Wortes« geleitet hat. Die unter seinem Namen bekannt gewordene »Keppler-Bibel« hat zahllosen Gläubigen den Zugang zur Heiligen Schrift erleichtert und neue Maßstäbe für die Verkündigung des Wortes Gottes gesetzt. Heute gilt es, auf dem von Bischof Keppler gewiesenen Weg voranzuschreiten und den Menschen unserer Tage das wahre Antlitz Jesu Christi, wie es in der Heiligen Schrift aufleuchtet, sichtbar zu machen. So kann auch unsere mit schw rwiegenden Problemen konfrontierte Zeit »durch den Trost der Schrift Hoffnung haben« (Röm 15, 4). 

6. Schließlich sei auch jenes dlen Oberhirten gedacht, der unter dem ehrenvollen Namen eines »Bekennerbischofs« in die Geschichte eingegangen ist: Es ist der noch immer unvergessene Johannes Baptist Sproll, als Nachfolger Bischof Kepplers von 1927 bis 1949 Oberhirte von Rottenburg. In den dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte hat er sich gemäß seinem Wahlspruch »fortiter in fide« als mutiger Kämpfer gegen den national-sozialistischen Ungeist jener Jahre in der Kraft des Glaubens bewährt und selbst die Verbannung aus seinem Bistum erduldet. Seine beeindruckende Gestalt steht für Glaubenstreue und Kraft zum Widerstand gegen einen gott- und menschenfeindlichen Zeitgeist. 

7. Je tiefer ein Baum seine Wurzeln in die Erde senkt, desto sicherer zieht er Lebenskraft aus dem Boden, desto fester ist er in ihm verankert, desto unerschütterlicher hält er den Stürmen stand. Je mehr das Bistum Rottenburg-Stuttgart sich heute an den Vorbildern seiner zwar nicht langen, doch aber großen Geschichte orientiert und aus der in die lebendige Tradition der Kirche eingebetteten Botschaft des Evangeliums Kraft zu schöpfen bereit ist, desto zuversichtlicher mag es im Vertrauen auf die Führung durch den Geist Gottes der Zukunft entgegengehen. Auf diesem Weg sind die Christen der Diözese Rottenburg-Stuttgart nicht ohne Begleiter. Es sind die Heiligen und Seligen ihrer schwäbischen Heimat, es ist das »Schwäbische Himmelreich«, das ihnen ein Geschichtsschreiber vor Augen gestellt hat. Ihrer Fürsprache sei das Bistum Rottenburg-Stuttgart auf seinem Weg in das Dritte Millennium empfohlen. 

Besonders aber möge Maria, die Mutter unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, der in der Diözese berühmte Heiligtümer geweiht sind, ihr schützende Hand über Hirten und Gläubige des schwäbischen Bistums halten. Von Herzen erteilt der Heilige Vater Papst Johannes Paul II. den Bischöfen, dem Klerus und den Gläubigen sowie allen, die sich zu dieser Diözesanen Jubiläumsfeier versammelt haben, den Apostolischen Segen. 

Mit besten persönlichen Wünschen 

Angelo Kardinal Sodano 
Staatssekretär Seiner Heiligkeit 

Aus dem Vatikan, am 14. Mai 2003 

 

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