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BISCHOFSSYNODE

XII. ORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG

DAS WORT GOTTES
IM LEBEN UND IN DER SENDUNG
DER KIRCHE

 

INSTRUMENTUM LABORIS

Vatikanstadt
2008

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

VORWORT

EINLEITUNG

I. Eine erwartete und gut aufgenommene Ankündigung
Zwölfte Ordentliche Generalversammlung der Synode

II. Das Instrumentum laboris und sein Gebrauch
Bezugspunkte
.
Gemeinsame Erwartungen
.
Das Ziel der Synode

VORWORT: Geschichtlicher Verlauf

Eine gute Zeit voller Früchte
Unsicherheiten und Fragen
Eine verschiedenartige und herausfordernde Glaubensbedingung
 
Die Struktur des
Instrumemtum laboris .

 

ERSTER TEIL
DAS GEHEIMNIS GOTTES, DER ZU UNS SPRICHT

ERSTES KAPITEL

A. Gott, der zu uns spricht. Die Identität des Wortes Gottes
Das Wort Gottes als mehrstimmiger Gesang
Pastorale Auswirkungen

B. Im Zentrum, das Geheimnis Christi und der Kirche
Das Geheimnis Christi im Herzen des Wortes Gottes
.
Das Geheimnis der Kirche im Herzen des Wortes Gottes
Pastorale Auswirkungen
 

ZWEITES KAPITEL

A. Die Bibel als inspiriertes Wort Gottes und ihre Wahrheit .
Die Fragen
 
Die Heilige Schrift, inspiriertes Wort Gottes
 .
Tradition, Schrift und Lehramt
 
Altes und Neues Testament, eine einzige Heilsökonomie
 .
Pastorale Auswirkungen

B. Wie die Bibel entsprechend dem Glauben der Kirche auszulegen ist
Das hermeneutische Problem in pastoraler Perspektive
Hören auf die Erfahrung
 
Der Sinn des Wortes Gottes und der Weg, um ihn zu finden
Pastorale Auswirkungen

DRITTES KAPITEL 

Die Haltung, die vom Hörer des Wortes gefordert wird 
Ein wirksames Wort
 
Der Gläubige: derjenige, der das Wort Gottes im Glauben hört
 
Maria, Modell der Aufnahme des Wortes Gottes für den Glaubenden
 
Pastorale Auswirkungen
 

 

DAS WORT GOTTES IM LEBEN DER KIRCHE 

VIERTES KAPITEL

Das Wort Gottes belebt die Kirche 
Die Kirche geht aus dem Wort Gottes hervor und lebt vom Wort
Das Wort Gottes erhält die Kirche in ihrer Geschichte
 
Das Wort Gottes durchdringt und belebt in der Kraft des Heiligen Geistes das ganze Leben der Kirche
.

Pastorale Auswirkungen

FÜNFTES KAPITEL

Das Wort Gottes in den vielfältigen Diensten der Kirche 
Der Dienst am Wort
 
Die Erfahrung in der Liturgie und im Gebet
 
Die theologisch-pastorale Motivation
: Wort, Geist,Liturgie, Kirche
Wort Gottes und Eucharistie
 
Wort und Ökonomie der Sakramente
 
Pastorale Auswirkungen
Die
Lectio Divina
Das Wort Gottes und der Dienst der Liebe
 
Die Exegese der Heiligen Schrift und die Theologie
 
Das Wort Gottes im Leben des Gläubigen
 

DRITTER TEIL

DAS WORT GOTTES IN DER SENDUNG DER KIRCHE

Die Sendung der Kirche 

SECHSTES KAPITEL

Für einen «Weiten Zugang zur Heiligen Schrift» (DV 22) 
Die Sendung der Kirche besteht darin, das Wort zu verkünden und das Reich Gottes aufzubauen
Die Sendung der Kirche erfüllt sich in der Evangelisierung und der Katechese

SIEBTES KAPITEL

Das Wort Gottes im Dienst und in der Bildung des Volkes Gottes             
Der Hunger und Durst nach dem Wort Gottes (vgl. Am 8, 11): Achtung vor den Bedürfnissen des Volkes Gottes 
«In der Heiligen Schrift also offenbart sich
[...] eine wunderbare Herablassung der ewigen Weisheit» (DV 13)
Die Bischöfe im Dienst am Wort
.
Die Aufgabe der Priester und der Diakone 
Die verschiedenen Diener des Wortes Gottes
 
Die Aufgabe der Laien
 
Der Dienst der Ordensleute
 
Das Wort Gottes muss jederzeit allen zur Verfügung stehen
.

ACHTES KAPITEL 

Das Wort Gottes, Gnade der Gemeinschaft .

Das Wort Gottes als ökumenisches Band 

Das Wort Gottes, Quelle des Dialogs zwischen Christen und Juden
Der interreligiöse Dialog 
Das Wort Gottes, Sauerteig der modernen Kulturen 
Das Wort Gottes und die Geschichte der Menschen

 

ZUSAMMENSCHAU.

Das Wort Gottes, Geschenk an die Kirche 

     

 

VORWORT

Das Wort Gottes in seiner in Vollendung ist Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch. Der ewig existierende Sohn ist das Wort, das immer bei Gott ist, weil es selber Gott ist: «Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott» (Joh 1, 1). Das Wort offenbart das Geheimnis des Einen und Dreieinen Gottes. Das Wort, von Ewigkeit her von Gott in der Liebe des Heiligen Geistes gesprochen, bezeichnet den Dialog, beschreibt die Gemeinschaft, führt ein in die Tiefen des seligen Lebens der Dreifaltigkeit. In Jesus Christus, dem ewigen Wort hat Gott uns vor der Erschaffung der Welt erwählt, und dazu bestimmt, seine Kinder zu werden (vgl. Eph 1, 4-5). Während der Geist noch über den Wassern schwebte und Finsternis die Urflut bedeckte (vgl. Gen 1, 2), entschied Gott, den Himmel und die Erde durch das Wort zu schaffen, durch das alles geworden ist (vgl. Joh 1, 3). Deshalb finden sich auch in der Schöpfung Spuren des Wortes: «Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes, / vom Werk seiner Hände kündet das Firmament» (Ps 18, 2). Das Meisterwerk der Schöpfung ist der Mensch, geschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes (vgl. Gen 1, 26-27), und in der Lage, sowohl in einen Dialog mit dem Schöpfer einzutreten, als auch in der Schöpfung das Siegel des Schöpfers, des schaffenden Wortes, wahrzunehmen, und durch den Geist in Gemeinschaft mit dem zu leben, der ist (vgl. Ex 3, 14), mit dem lebendigen und wahren Gott (vgl. Jer 10, 10).

Diese Freundschaft wurde durch die Sünde der Stammeltern unterbrochen (vgl. Gen 3, 1-24), welche auch den Zugang zu Gott durch die Schöpfung verdunkelte. Aber Gott, der gnädig und barmherzig ist (vgl. 2 Chr 30, 9), verließ in seiner Güte den Menschen nicht. Unter allen Völkern wählte er sich ein Volk aus (vgl. Gen 22, 18) und sprach zu ihm Jahrhunderte langdurch ausgewählte Männer, die Patriarchen und die Propheten, um jene Hoffnung lebendig zu erhalten, welche auch in den dramatischen Ereignissen der Heilsgeschichte Trost gewährte. Ihre inspirierten Worte sind in den Büchern des Alten Testamentes gesammelt. Sie haben die Erwartung der Ankunft des Messias, des Sohnes Davids, des Sprosses aus der Wurzel Jesse (vgl. Hes 11, 1) wach gehalten (vgl. Mt 22, 42).

Als dann in der Fülle der Zeit (vgl. Gal 4, 4) Gott den Menschen das Geheimnis seines Lebens offenbaren wollte, das seit Generationen und Jahrhunderten verborgen war (vgl. Kol 1, 26), wurde der Eingeborene Sohn Gottes Fleisch, «das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt» (Joh 1, 14). In allem uns gleich, außer der Sünde (vgl. Hebr 2, 17; 4, 15), musste das Wort Gottes sich auf menschliche Weise ausdrücken, durch Worte und Zeichen, wie sie im Neuen Testament, besonders in den Evangelien, berichtet werden. Es handelt sich um eine Sprache, welche in allem derjenigen der Menschen ähnlich ist, aber keinen Irrtum enthält. In der Schwachheit der menschlichen Natur Jesu Christi entdeckt der Gläubige mit den Augen des Glaubens den Glanz seiner Herrlichkeit, der «Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit» (Joh 1, 14). Mit Hilfe der Worte der Heiligen Schrift ist der Christ in ähnlicher Weise eingeladen, das Wort Gottes zu entdecken, den Glanz der Heilsbotschaft Christi, der Bild Gottes ist (vgl. 2 Kor 4, 4). Es geht hier um einen anspruchsvollen, geduldigen und dauerhaften Prozess, welcher ein geschichtliches und kritisches (auch diachronisches) Studium und die Anwendung einer Vielzahl von wissenschaftlichen und literarischen Methoden (die auf das synchrone Verstehen ausgerichtet sind) voraussetzt, wie sie auch bei der Erforschung anderer Schriften der Menschen angewandt werden. Erleuchtet vom Heiligen Geist, der Gabe des Auferstandenen, und unter der Führung des Lehramtes erforschen die Gläubigen die Schriften und nähern sich ihrer vollen Bedeutung, indem sie dem Wort Gottes, der Person des Herrn Jesus, demjenigen begegnen, der Worte des Ewigen Lebens hat (vgl. Joh 6, 68).

Daher kann das Thema der XII. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche christologisch verstanden werden: Jesus Christus im Leben und in der Sendung der Kirche. Der christologische Zugang ist notwendigerweise mit einem pneumatologischen Zugang verbunden. Beide zusammen führen zur Entdeckung der trinitarischen Dimension der Offenbarung. Einerseits sichert diese Lesart die Einheit der Offenbarung, insofern der Herr Jesus, das Wort Gottes, alle Worte und Zeichen verbindet, die von den inspirierten Autoren in der Heiligen Schrift wiedergegeben und von der Tradition treu bewahrt werden. Das gilt nicht nur im Hinblick auf das Neue Testament, welches das Geheimnis des Todes, der Auferstehung und der Gegenwart des Herrn Jesus inmitten seiner Kirche d.h. inmitten der Gemeinschaft seiner Jünger, die dazu berufen sind, die heiligen Geheimnisse zu feiern, erzählt und verkündet. Sie, die der Gnade gestatten, die Sünde zu vernichten (vgl. Röm 6, 6), versuchen, sich ihrem Meister gleich zu gestalten, damit in jedem von ihnen Christus leben kann (vgl. Gal 2, 20). Eine ähnliche Lesart gilt auch für das Alte Testament, das – dem Wort Jesu entsprechend – für ihn Zeugnis ablegt (vgl. Joh 5, 39; Lk 24, 27). Auf der anderen Seite erlaubt es die christologische Lesung der Schrift, zusammen mit der pneumatologischen, vom Buchstaben zum Geist, von den Worten zum Wort Gottes aufzusteigen, Es kommt nicht selten vor, dass die Worte ihre eigentliche Bedeutung verbergen, und zwar auf Grund der literarischen Gattung, der Kultur der inspirierten Autoren, ihrer Art und Weise, die Welt und ihre Gesetze zu verstehen. Deshalb ist es erforderlich, in der Vielzahl der Worte die Einheit des Wortes Gottes wieder zu entdecken, die nach diesem unerlässlichen aber anstrengenden Weg mit unerwarteter Klarheit leuchtet, welche bei weitem die Mühe der Suche übersteigt.

Diese doppelte und komplementäre Zugehensweise zum Wort Gottes ist im Instrumentum laboris enthalten, das der kommenden Synodenversammlung als Arbeitsdokument dient. Es ist das Ergebnis der Antworten auf die Lineamenta, und damit ein Dokument, das die Überlegungen der Synoden der Katholischen Ostkirchen sui iuris, der Bischofskonferenzen, der Dikasterien der Römischen Kurie, der Vereinigung der Generalobern, aber auch von Einzelpersonen enthält, welche ihren Beitrag zum Nachdenken der Kirche über dieses wichtige Thema leisten wollten. Dieses Nachdenken wurde vom Heiligen Vater Benedikt XVI., dem universalen Hirten der Kirche, geleitet, der sich in zahlreichen Ansprachen zum Thema der Synodenversammlung geäußert und sich unter anderem gewünscht hat, dass die Kirche sich durch die Wiederentdeckung des Wortes Gottes, das immer aktuell ist und nie veraltet, erneuert und einen neuen Frühling erlebt. Auf diese Weise könnte sie in der Welt von heute, die nach Gott und seinem Wort des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe hungert, mit neuer Dynamik ihre Sendung der Evangelisierung und der Förderung des Menschen erfüllen.

Der Text des Instrumentum laboris enthält ein Mosaik, in dem im Hinblick auf die verbreitete Kenntnis der Bedeutung des Wortes Gottes für das Leben und die Sendung der Kirche die positiven Aspekte überwiegen. Es wird zugleich auch auf Aspekte hingewiesen, die verbessert oder neu zu Bewusstsein gebracht werden müssten. Dies gilt besonders im Hinblick auf einen verbesserten Zugang zur Schrift und ihr stärker kirchlich geprägtes Verständnis. Beides kann nur zu einem größeren apostolischen und pastoralen Eifer in der Verkündigung der Guten Nachricht an die Nahen und die Fernen sowie der Belebung der irdischen Realitäten führen, um so zum Aufbau einer gerechteren und friedlicheren Welt beizutragen.

Es ist zu hoffen, dass das Instrumentum laboris, das vom XI. Ordentlichen Rat des Generalsekretariates der Bischofssynode mit Hilfe einiger Experten erarbeitet wurde, für das Nachdenken in der Synode ein brauchbares Dokument darstellt. Es kann die Synodenväter auf dem aufsteigenden und absteigenden Weg der Wiederentdeckung des Wortes Gottes, d.h. bei der Wiederentdeckung des Gottmenschen Jesus Christus, leiten. Dies geschieht in besonderer Weise bei den liturgischen Feiern, die ihren Höhepunkt in der Eucharistie haben, in welcher das Wort seine wunderbare Wirksamkeit zeigt. Denn tatsächlich verwandeln auf Grund des ausdrücklichen Willens Jesu Christi «Tut dies zu meinem Gedächtnis» (Lk 22, 19), die Worte, welche der Priester in persona Christi capitis spricht: «Nehmt, das ist mein Leib» (Mk 14, 22), «das ist mein Blut» (Mk 14, 24) durch das Wirken des Heiligen Geistes, der vom Vater geschenkt wird, das Brot in den Leib und den Wein in das Blut des auferstandenen Herrn. Die Kirche schöpft aus dieser ewigen Quelle der Gnade und der Liebe ihre Lebenskraft und den Schwung für ihre Sendung in der Welt von heute, deren Bewohner eingeladen sind, in der Person Jesu Christi das Wort Gottes zu entdecken, das für jeden Einzelnen und für die ganze Menschheit «der Weg, die Wahrheit und das Leben» (Joh 14, 6) ist.

 

+ Nikola Eterović
Titularerzbischof von Sisak
Generalsekretär

 

Vatikan, am Pfingstfest 2008


 

EINLEITUNG

«Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens. Denn das Leben wurde offenbart; wir haben gesehen und bezeugen und verkünden euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns offenbart wurde. Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Wir aber haben Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Wir schreiben dies, damit unsere Freude vollkommen ist» (1 Joh 1, 1-4).

I. Eine erwartete und gut aufgenommene Ankündigung

Zwölfte Ordentliche Generalversammlung der Synode

Die nächste, XII. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die vom 5. bis 26. Oktober 2008 stattfinden wird, hat das Thema Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche. Dieses Thema, das Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. am 6. Oktober 2006 ausgewählt hat, ist von Seiten der Bischöfe und des Volkes Gottes mit breiter Zustimmung aufgenommen worden. Um der gezielten Vorarbeit eine Orientierung zu geben, wurden die Lineamenta in der Absicht vorbereitet, im Licht des II. Vatikanischen Konzils über die Erfahrung des Wortes Gottes nachzudenken, welche die Kirche in der Verschiedenheit der Traditionen und der Riten macht, und dabei auch auf die Glaubensmotivation Bezug zu nehmen sowie eine differenzierte Reflexion über die verschiedenen Aspekte der Begegnung mit dem Wort Gottes anzuregen.

Auf die Lineamenta und den entsprechenden Fragebogen sind von Seiten der Katholischen Ostkirchen sui iuris, der Bischofskonferenzen, der Dikasterien der Römischen Kurie und der Vereinigung der Generalobern Antworten eingegangen. Hinzu kommen Anmerkungen von Seiten einzelner Bischöfe, Priester, Ordensleute, Theologen und Laien. Es kann festgestellt werden, dass die Beteiligung von Seiten der Teilkirchen aller Kontinente umfassend und sorgfältig war und davon Zeugnis ablegt, dass das Wort Gottes sich wirklich in der ganzen Welt verbreitet. Die verschiedenen Stellungnahmen sind gesammelt und in diesem Instrumentumlaboris entsprechend zusammengefasst worden.

II. Das Instrumentum laboris und sein Gebrauch

Bezugspunkte

In Gemeinschaft mit der ganzen Tradition der Kirche, besonders mit dem II. Vatikanischen Konzil, genauer gesagt mit der Dogmatischen Konstitution über die Göttliche Offenbarung Dei Verbum (DV), in Übereinstimmung mit den anderen Konzilsdokumenten, besonders mit der dogmatischen Konstitution über die Heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium (SC) und über die Kirche Lumen gentium (LG), und der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes (GS) [1]  wird das gehorsame Hören auf das Wort Gottes hervorgehoben. In Zusammenhang mit dem Thema der Synode stehen die beiden Texte der Päpstlichen Bibelkommission Die Interpretation der Bibel in der Kirche und Das jüdische Volk und seine Heiligen Schriften in der christlichen Bibel. Hinzu kommen mit ihrem je eigenen Gewicht der Katechismus der Katholischen Kirche und das Kompendium desselben sowie das Allgemeine Direktorium für die Katechese.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Aussagen des Lehramtes der PäpstePius XII., Paul VI., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. über das Wort Gottes. Gleiches gilt für die Dokumente der Dikasterien der Römischen Kurie in diesen vierzig Jahren nach dem Konzil. Darüber hinaus gibt es auch in den Teilkirchen und den kontinentalen, regionalen und nationalen kirchlichen Organen Texte über das Wort Gottes. Die Synode hat darüber hinaus zwei weitere Bezugspunkte. Der erste ergibt sich aus der vorausgehenden Synode über die Eucharistie, mit welcher sich das Wort Gottes verbindet und den einen Tisch des Brotes des Lebens bildet (vgl. DV 21). Daneben gibt es ein anderes wichtiges Ereignis, das die Synode in ihren Arbeiten anregt: es handelt sich um das Jahr des Apostels Paulus, in lebendiger Erinnerung an den Apostel, der Zeuge des Wortes Gottes sowie sein beispielhafter Verkünder war und ein dauerhafter Lehrer der Kirche ist.

Gemeinsame Erwartungen

In den Beiträgen der Bischöfe lassen sich viele gemeinsame Punkte feststellen, welche die Erwartungen an die Synode zum Ausdruck bringen. Unter den gemeinsamen Hinweisen sind hervorzuheben:

        -   die Notwendigkeit, dem Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche den ersten Platz zu geben; zugleich werden der Mut und die Kreativität einer den Erfordernissen der Zeit (Kultur, aktueller Lebenskontext, Kommunikation) angepassten Pädagogik der Kommunikation hervorgehoben;

        -   die Einladung anzuerkennen, dass Jesus Christus das Wort Gottes ist; dies erfordert eine Lektüre der ganzen Bibel, die in ihrem Geheimnis wahrgenommen werden soll, was besonders in der Feier der Liturgie und hier vor allem in der sonntäglichen Eucharistiefeier geschieht;

        -   die Überzeugung, dass der Heilige Geist zum vollständigen Verständnis des Wortes Gottes führt, indem er uns die Einsicht verleiht und die Schriftlesung in der Kirche beseelt, in der lebendigen Tradition der Verkündigung und der Liebe, so dass das Hören auf das Wort Gottes und jede Lektüre der Bibel die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Kirche und eine Haltung der Gemeinschaft und des Dienstes voraussetzen;

        -   die Überzeugung, dass die Bibel, trotz aller Schwierigkeiten ihres Verständnisses, besonders im Hinblick auf das Alte Testament, die Offenbarung des Wortes Gottes ist;

        -   das tiefe Verlangen der Gläubigen, das Wort Gottes zu hören, auf das mit entsprechenden pastoralen Initiativen geantwortet wird; zugleich wird das dringende Bedürfnis spürbar, Indifferenz, Unkenntnis und Verwirrung über die Wahrheit des Glaubens im Hinblick auf das Wort Gottes, sowie eine ungenügende Vorbereitung und den Mangel an entsprechenden biblischen Hilfsmitteln zu überwinden;

        -   die Notwendigkeit einer biblischen Pastoral, aber auch einer biblischen Durchdringung der ganzen Pastoral, welche die Unterweisung in der vollen Wahrheit des Glaubens umfasst;

        -   die notwendige Gemeinschaft im Glauben und in der Praxis des Wortes Gottes; zugleich wird gefordert, dass die einzelnen Teilkirchen für sich die Aufgabe übernehmen, das Wort im Zusammenhang mit ihrer besonderen Situation anzunehmen;

        -   die verschiedenen Zugehensweisen zur Bibel in der lateinischen und in der orientalischen Tradition; dabei wird hervorgehoben, dass diese entsprechend bekannt gemacht und als Reichtum begriffen werden sollen;

        -   die Kompetenz und die Verantwortung der Hirten im Hinblick auf die Verkündigung des Wortes Gottes, welche ihre ständige Weiterbildung voraussetzt;

        -   die Dringlichkeit, dass die Laien nicht nur passives Subjekt sind, sondern sowohl Hörer des Wortes Gottes, als auch dessen entsprechend vorbereitete Verkünder und dabei von der Gemeinschaft unterstützt werden;

        -   die Gewissheit, dass Gott sein Heilswort an jeden Menschen richtet, angefangen mit [von] den Ärmsten, und dass er daher will, dass sein Wort in der Sendung der Kirche vorkommt, d.h. dass sie allen Völkern als Gute Nachricht der Befreiung, des Trostes und des Heiles bekannt gemacht wird, und zwar im Dialog innerhalb der Kirchen und christlichen Gemeinschaften und mit den anderen Religionen, und darüber hinaus mit den anderen Kulturen, wobei die Samen der Wahrheit nicht übersehen werden dürfen, die von Gottes Vorsehung in sie hineingesenkt wurden.

Das Ziel der Synode

Erstrangiges Ziel der Synode ist es, sich dem Thema des Wortes zu widmen, in dem «der unsichtbare Gott (vgl. Kol 1, 15; 1 Tim 1, 17) aus überströmender Liebe die Menschen anredet wie Freunde (vgl. Ex 33, 11; Joh 15, 14-15) und mit ihnen verkehrt (vgl. Bar 3, 38), um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen» (DV 2). Das erfordert das Hören auf das Wort des Herrn, das in Übereinstimmung mit dem konkreten Leben der Menschen unserer Zeit steht und die Liebe zu ihm. Das Wort Gottes stellt einen Ruf dar, schafft Gemeinschaft, überträgt eine Sendung, damit das, was der Einzelne empfangen hat, zur Gabe für die Anderen wird. Es handelt sich daher um eine außerordentlich pastorale und missionarische Zielsetzung: die lehrmäßigen Gründe zu vertiefen und sich von ihnen erleuchten zu lassen bedeutet, die Praxis der Begegnung mit dem Wort Gottes, das in den verschiedenen Zusammenhängen Quelle des Lebens ist, zu erweitern und zu stärken und auf diese Weise, durch angemessene und begehbare Wege Gott hören und mit Ihm sprechen zu können.

      a.   Konkret gehört es zu den Zielen der Synode, dazu beizutragen, jene fundamentalen Aspekte der Wahrheit über die Offenbarung wie: Wort Gottes, Glauben, Tradition, Bibel, Lehramt zu klären, welche einen echten und wirksamen Weg des Glaubens begründen und verbürgen; die tiefe Liebe zur Heiligen Schrift anzuregen, damit «der Zugang zur Heiligen Schrift für die an Christus Glaubenden weit offen steht» (vgl. DV 22), und dabei die Einheit zwischen dem Brot des Wortes und dem Leib Christi hervorzuheben, um das Leben der Christen wahrhaft zu nähren. [2]  Darüber hinaus ist es erforderlich, die untrennbare Verbindung zwischen Wort Gottes und Liturgie in Erinnerung zu rufen; überall die Übung der Lectio Divina zu fördern, die entsprechend an die verschiedenen Umstände anzupassen ist; der Welt der Armen ein Wort des Trostes und der Hoffnung zu schenken. Diese Synode setzt es sich also zum Ziel, zu einem hermeneutisch richtigen Umgang mit der Bibel beizutragen, und auf diese Weise den notwendigen Prozess der Evangelisierung und der Inkulturation entsprechend auszurichten; es ist ihre Absicht, den ökumenischen Dialog, der eng mit dem Hören auf das Wort Gottes verbunden ist, zu ermutigen; sie will den jüdisch-christlichen Dialog und in einem weiteren Sinn den interreligiösen und interkulturellen Dialog fördern.

b.      Es ist ein Wunsch vieler Bischöfe, dass der abschließende Beitrag der Synode nicht nur informativen Charakter haben, sondern das Leben berühren und aktives Mittun hervorrufen soll, damit das Wort Gottes durch eine wesensgemäße und den Menschen verständliche Sprache lebendig, kraftvoll, wirksam (vgl. Hebr 4, 12) erscheint. In dieser Hinsicht ist es angemessen, daran zu erinnern, dass die Begriffe Bibel, Heilige Schrift, Heiliges Buch, die gleiche Bedeutung haben, und aus dem Zusammenhang zu erschließen ist, wann der Begriff „Wort Gottes“ den Sinn von „Heilige Schrift“ hat.

 

VORWORT

Geschichtlicher Verlauf

„Die Zeichen der Zeit“. Vier Jahrzehntenach dem Konzil

«Damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird»
(
2 Thess 3, 1)

 

Eine gute Zeit voller Früchte

In der Gemeinschaft der Christen hat das Wort Gottes viele positive Ergebnisse hervorgebracht. Auf einer objektiven und allgemeinen Ebene treten folgende Aspekte hervor:

        -   die tief greifende biblische Erneuerung im Bereich der Liturgie und der Katechese und noch deutlicher im Bereich der Theologie und Exegese;

        -   die beginnende, aber fruchtbare Praxis der Lectio Divina, die in verschiedenen Formen durchgeführt wird;

        -   die Verbreitung des Heiligen Buches durch das Bibelapostolat und der Schwung von Gemeinschaften, kirchlichen Gruppen und Bewegungen;

        -   die ständig wachsende Zahl von Lektoren und Dienern des Wortes Gottes;

        -   die steigende Verfügbarkeit von Mitteln und Arbeitshilfen aus dem Bereich der heutigen Kommunikation;

        -   das Interesse für die Bibel im kulturellen Bereich.

Unsicherheiten und Fragen

Andere Aspekte jedoch bleiben immer noch offen und problematisch. Wiederum auf einer objektiven Ebene der Lektüre der Daten verbleibend, können fast überall in den Teilkirchen die folgenden Mängel festgestellt werden:

        -  Dei Verbum ist als Text wenig bekannt;

          -   es wird eine größere Vertrautheit mit der Bibel festgestellt, zugleich aber auch eine nicht hinreichende Kenntnis des gesamten Glaubensgutes, zu dem die Bibel gehört;

        -   im Hinblick auf das Alte Testament gibt es verbreitete Schwierigkeiten des Verständnisses und der Aufnahme, die zu einem verkürzten Gebrauch führen können;

        -  der liturgische Zugang zum Wort Gottes in der Messe lässt oft zu wünschen übrig;

        -   eine delikate und schmerzhafte Verwicklung betrifft das Verhältnis von Bibel und Wissenschaft im Hinblick auf die Interpretation der Welt und des menschlichen Lebens;

        -  jedenfalls bleibt eine gewisse Distanz der Gläubigen zur Bibel; es kann nicht davon die Rede sein, dass ihr Gebrauch zur allgemeinen Erfahrung gehört;

        -   es wird an die Notwendigkeit erinnert, das enge Band nicht aus dem Auge zu verlieren, das zwischen der moralischen Lehre und der Heiligen Schrift in ihrer Fülle, besonders in Bezug auf die Zehn Geboten und das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, sowie die Bergpredigt und die Lehre des Apostels Paulus im Hinblick auf das Leben im Geist, besteht;

        -   schließlich ist auf eine doppelte Armut hinzuweisen, welche sowohl die konkreten Mittel zur Verbreitung der Bibel als auch häufig die Formen der Kommunikation betrifft, welche häufig unzureichend sind.

 

Eine verschiedenartige und herausfordernde Glaubensbedingung

Wenn man in diesem Gesamt von Licht und Schatten einen Blick auf die Bedingungen des Glaubens wirft, ergeben sich aus den Beiträgen der Bischöfe wichtige Anregungen zum Nachdenken, die auf drei Ebenen zusammengefasst werden können: auf der personalen, gemeinschaftlichen und sozialen Ebene.

    a.     Auf der Ebene der Personen. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass zu viele Gläubige aus verschiedenen Gründen zögern, die Bibel zu öffnen, besonders auf Grund des Eindrucks, dass sie ein schwer verständliches Buch sei. Auf Grund einer mangelhaften Kenntnis der Lehre verwirklicht sich bei vielen Gläubigen das intensive Bedürfnis, das Wort Gottes zu hören, eher im Bereich der Erfahrung von Emotion und nicht der Überzeugung. Dieser Bruch zwischen der Wahrheit des Glaubens und der Erfahrung des Lebens wird vor allem in der liturgischen Begegnung mit dem Wort Gottes deutlich. Hinzu kommt eine gewisse Trennung zwischen den Wissenschaftlern, den Hirten und den einfachen Menschen in den christlichen Gemeinden. In zweiter Linie gilt es zu beachten, dass von vielen der direkte Kontakt mit der Schrift in einer sehr anfänglichen Art und Weise gelebt wird. In dieser Hinsicht geben die Bewegungen ein besonderes Zeugnis, während die Ordensleute eine motivierende Rolle spielen.

    b.     Auf gemeinschaftlicher Ebene. Es darf nicht vergessen werden, dass die Tatsache, dass das Wort Gottes in aller Welt begeisterte Hörer findet, entscheidende Unterschiede innerhalb der Kirche nicht ausschließt. Man könnte sagen, dass in den erst kürzlich entstandenen Ortskirchen oder in den Kirchen, die in einer Minderheitensituation leben, der Gebrauch der Bibel unter den Gläubigen weiter verbreitet ist, als anderswo. Je nach Kontext gibt es darüber hinaus verschiedene Zugehensweisen, so dass man von einem unterschiedlichen Zugang zur Bibel in Europa, in Afrika, in Asien, in Amerika, in Ozeanien sprechen kann. Darüber hinaus gibt es die sich unterscheidenden und ergänzenden Zugehensweisen zum Wort Gottes in der lateinischen und orientalischen Kirche und im Verhältnis zu den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften.

    c.     Auf sozialer Ebene. Der sich schnell ausbreitende Prozess der Globalisierung betrifft auch die Kirche. Drei Faktoren, welche in den Antworten oft hervorgehoben werden, stellen dabei den Kontext für die Begegnung mit der Heiligen Schrift dar:

        -   die Säkularisierung, welche eine Lebensbedingung schafft, die besonders unter den jungen Generationen leicht in den konsumistischen Säkularismus, den Relativismus und die religiöse Indifferenz abgleiten kann;

        -   der religiöse und kulturelle Pluralismus der gnostische und esoterische Formen der Auslegung der Heiligen Schrift sowie innerhalb der Katholischen Kirche unabhängige religiöse Gruppen entstehen lässt. Im Hinblick auf den Gebrauch der Bibel entstehen darüber hinaus nicht leichte Herausforderungen und schmerzhafte Konflikte, besonders für die Minderheiten in einem nichtchristlichen Umfeld;

        -   der tief empfundene Wunsch, das Wort Gottes als Befreiung der Person aus unmenschlichen Bedingungen und als konkreten Trost für die Armen und die Leidenden zu verkünden.

Im Zusammenhang mit der neuen Evangelisierung muss sich die Weitergabe des Glaubens mit einer tiefen Entdeckung des Wortes Gottes verbinden. Es ist wünschenswert, dass das Wort Gottes als Stütze des Glaubens der Kirche durch die Jahrhunderte dargestellt wird.

Die Struktur des Instrumentum laboris

Die Struktur umfasst drei Teile: der erste Teil stellt entsprechend dem Glauben der Kirche die Identität des Wortes Gottes dar; der zweite Teil betrachtet das Wort Gottes im Leben der Kirche; der dritte Teil reflektiert das Wort Gottes in der Sendung der Kirche.

Jeder Teil ist in Kapitel gegliedert, welche die Lektüre erleichtern sollen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Synode das Geheimnis des Wortes Gottes, Sein großes Geschenk, betrachten und vorlegen und dafür Dank sagen will.


 

ERSTER TEIL

DAS GEHEIMNIS GOTTES, DER ZU UNS SPRICHT

«Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat» (Hebr 1, 1-2).

Die Beiträge der Bischöfe heben einige der Themen der Theologie hervor, denen im Hinblick auf die die Pastoral besondere Relevanz zukommt. Dazu gehören z.B. die Identität des Wortes Gottes; das Geheimnis Christi und der Kirche als Zentrum des Wortes Gottes; die Bibel als inspiriertes Wort und ihre Wahrheit; die Interpretation der Bibel entsprechend dem Glauben der Kirche; die richtige Haltung beim Hören des Wortes Gottes.

ERSTES KAPITEL

A. Gott, der zu uns spricht. Die Identität des Wortes Gottes

«Gott spricht die Menschen an wie Freunde» (DV 2)

Dei Verbum schlägt eine dialogische Theologie der Offenbarung vor. In diesem Dialog sind drei Aspekte eng miteinander verbunden: die Weite der Bedeutung, welche in der göttlichen Offenbarung dem Begriff „Wort Gottes“ zukommt; das Geheimnis Christi als voller und perfekter Ausdruck des Wortes Gottes; das Geheimnis der Kirche, Sakrament des Wortes Gottes.

 

Das Wort Gottes als mehrstimmiger Gesang

Das Wort Gottes ist wie ein mehrstimmiger Gesang, denn Gott spricht es während einer langen Geschichte durch verschiedene Verkünder in verschiedenen Formen und in verschiedener Weise aus (vgl. Hebr 1, 1). Es gibt allerdings eine Hierarchie der Bedeutungen und der Funktionen.

    a.     Das Wort Gottes hat seine Heimat in der Trinität; von ihr geht es aus, von ihr wird es erhalten, zu ihr kehrt es zurück. Es ist ein beständiges Zeugnis der Liebe des Vaters, des Heilswerkes des Sohnes, des fruchtbaren Wirkens des Heiligen Geistes. Im Licht der Offenbarung ist das Wort das ewige Wort Gottes, die zweite Person der Heiligsten Dreifaltigkeit, der Sohn des Vaters, das Fundament der innertrinitarischen Kommunikation und der Mitteilung nach außen: «Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist» (Joh 1, 1-3; vgl. Kol 1, 16).

    b.     Deshalb kündet die geschaffene Welt die Herrlichkeit Gottes (vgl. Ps 19, 1). Zum Beginn der Zeit hat Gott durch sein Wort den Kosmos geschaffen (vgl. Gen 1, 1), und dabei der Schöpfung das Siegel seiner Weisheit eingeprägt, weshalb seine Stimme aus allem spricht (vgl. Sir 46, 17; Ps 68, 34). In besonderer Weise aber ist die menschliche Person, geschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes (vgl. Gen 1, 26), unverletzliches Zeichen und wissender Interpret seines Wortes. Denn durch das Wort Gottes erhält der Mensch die Fähigkeit, mit Ihm und seiner Schöpfung in einen Dialog zu treten. Auf diese Weise hat Gott die ganze Schöpfung, und in primis den Menschen, dazu befähigt, jederzeit «Zeugnis von sich» (DV 3) zu geben. Auf Grund der Tatsache, dass «durch ihn (Christus) und auf ihn hin geschaffen wurde [...und] in ihm alles Bestand hat» (Kol 1, 16-17), finden sich «die „Saatkörner des Wortes“ (AG 11, 15) und die „Strahlen der Wahrheit, die alle Menschen erleuchtet“ (NA 2) [...] in den Personen und in den religiösen Traditionen der Menschheit». [3]

    c.     «Das Wort ist Fleisch geworden» (Joh 1, 14): Jesus Christus ist das letzte und definitive Wort Gottes, seine Person, seine Sendung, seine Geschichte, sind dem Plan des Vaters entsprechend eng miteinander verbunden. Dieser Plan läuft auf Ostern zu und wird vollendet, wenn Jesus dem Vater das Reich übergibt (vgl. 1 Kor 15, 24). Er ist das Evangelium Gottes für jeden Menschen (vgl. Mk 1, 1).

    d.     Im Hinblick auf das Wort Gottes, das der fleischgewordene Sohn ist, hat der Vater in früheren Zeiten durch die Propheten gesprochen (vgl. Hebr 1, 1). Die Apostel setzen in der Kraft des Geistes die Verkündigung Jesu und seines Evangeliums fort. Auf diese Weise wird das Wort Gottes in der Verkündigung der Propheten und der Apostel durch menschliche Worte zum Ausdruck gebracht.

    e.     Die Heilige Schrift, in welcher durch göttliche Eingebung die offenbarten Inhalte festgehalten werden, bezeugt in authentischer Weise, dass sie wirklich Wort Gottes ist (vgl. DV 24), ganz auf Christus ausgerichtet. Denn «gerade sie (die Schriften) legen Zeugnis über mich ab» (Joh 5, 39). Durch das Charisma der Inspiration haben die Bücher der Heiligen Schrift eine Kraft des direkten und konkreten Appells, den andere menschliche Texte oder Handlungen nicht haben.

    f.      Das Wort Gottes bleibt aber nicht auf die Schrift beschränkt. Auch, wenn die Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist (vgl. DV 4), wird das offenbarte Wort in der Geschichte der Kirche weiterhin verkündet und gehört. Die Kirche verpflichtet sich, es der ganzen Welt zu verkünden, um ihrem Bedürfnis nach Heil zu entsprechen. So setzt das Wort seinen Lauf in der lebendigen Predigt fort, welche die verschiedenen Formen der Evangelisierung umfasst, unter denen die Verkündigung und die Katechese, die liturgische Feier und der Dienst der Liebe hervortreten. In der Kraft des Heiligen Geistes ist die Predigt, im vorher erwähnten Sinn, von lebendigen Menschen leibhaftig weitergegebenes Wort Gottes.

    g.     Wie die Frucht zur Wurzel, so gehören auch die dogmatischen und moralischen Wahrheiten des Glaubens der Kirche zum Bereich des Wortes Gottes.

In diesem Zusammenhang wird verständlich, dass die gläubige Verkündigung der Offenbarung Gottes selbst ein Ereignis mit Offenbarungscharakter ist und wirklich als Wort Gottes in der Kirche bezeichnet werden kann.

Pastorale Auswirkungen

Hier wird an die vielen pastoralen Auswirkungen erinnert, die in vielen Antworten aus den Teilkirchen erwähnt werden.

        -   Dem Wort Gottes werden all die Qualitäten zugeschrieben, die zu einer echten interpersonalen Kommunikation gehören, welche von der Bibel häufig als Dialog des Bundes bezeichnet wird, in dem Gott und der Mensch als Glieder der gleichen Familie miteinander sprechen.

        -   In dieser Perspektive kann die christliche Religion nicht in enger Weise als „Religion des Buches“ bezeichnet werden, denn das inspirierte Buch gehört in lebendiger Weise zum Ganzen der Offenbarung. [4]

        -   Die geschaffene Welt ist Ausdruck des Wortes Gottes und das Leben und die Geschichte der Menschen enthalten es wie im Keim. Vor diesem Hintergrund stellen sich heute bedeutende Fragen im Hinblick auf das Naturrecht, den Ursprung der Welt, die Ökologie-Frage, an welche die Beiträge der Bischöfe erinnern.

        -   Es ist sicher angemessen, den schönen Begriff der „Heilsgeschichte“ (historia salutis) wieder aufzugreifen, welcher den Kirchenvätern so teuer war, und der traditionell als „heilige Geschichte“ gebraucht wird. Es kommt darauf an, all das begreifen zu wollen, was die „Religion des fleischgewordenen Wortes“ bedeutet, d.h. des Wortes Gottes, das nicht in abstrakten und statischen Formeln kristallisiert ist, sondern eine dynamische Geschichte hat, zu der, wie es eindeutig aus der Bibel hervorgeht, Personen und Ereignisse, Worte und Taten, Entwicklungen und Spannungen gehören. Die historia salutis ist im Hinblick auf ihre Gründungsphase abgeschlossen, setzt aber ihre Wirksamkeit in dieser Zeit der Kirche fort.

        -   Die Gesamtheit des Wortes Gottes wird durch all die Akte sichergestellt, welche es zum Ausdruck bringen, je nach der Rolle, die dem Einzelnen zukommt. Hier drängt sich kraftvoll die Tatsache ins Bewusstsein, dass die Heilige Schrift die lebendige Umwelt der Kirche ist. Auf der anderen Seite ist es erforderlich, dass alle Bereiche des Dienstes am Wort Gottes in wechselseitiger und harmonischer Interaktion stehen. Unter diesen Zeichen kommt der Verkündigung, der Katechese, der Liturgie und der Diakonie eine grundlegende Rolle zu.

        -   Es wird die Aufgabe der Hirten sein, den Gläubigen dabei zu helfen, diese harmonische Sicht des Wortes zu entwickeln, und dabei irrige, einschränkende oder ambivalente Formen des Verständnisses zu vermeiden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, aufmerksame Hörer des Wortes zu werden, wo immer sie es vernehmen, und auch an den einfachsten Worten der Bibel Geschmack zu finden.

 

B. Im Zentrum, das Geheimnis Christi und der Kirche

«In dieser Endzeit aber hat Gott zu uns gesprochen durch den Sohn» (Hebr 1, 2)

Das Geheimnis Christi im Herzen des Wortes Gottes

Größtenteils nehmen die Christendie zentrale Rolle wahr, welche der Person Jesu Christi in der Offenbarung Gottes zukommt. Aber nicht immer gelingt es ihnen, die Gründe dieser Bedeutung zu verstehen, oder zu begreifen, in welchem Sinn Jesus das Herz des Wortes Gottes ist. Daher fällt es ihnen auch oft schwer, die Bibel im christlichen Sinn zu lesen. Davon sprechen fast alle Antworten der befragten Organismen, die dabei von der doppelten Sorge bewegt sind, einerseits die Missverständnisse einer oberflächlichen oder fragmentarischen Lektüre der Schrift zu vermeiden, andererseits aber vor allem einen sicheren Weg anzuzeigen, um in das Reich Gottes zu gelangen und das ewige Leben zu gewinnen. Denn «das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast» (Joh 17, 3). Diese grundlegende Beziehung zwischen dem Wort Gottes und dem Geheimnis Christi stellt sich in der Offenbarung als Verkündigung und in der Geschichte der Kirche als unerschöpfliche Vertiefung dar.

Im Hinblick auf diese Beziehung sollen hier nur einige wesentliche theologische Bezüge mit klaren pastoralen Auswirkungen benannt werden.

        -   Im Licht von Dei Verbum ist daran zu erinnern, dass Gott einen ganz und gar ungeschuldeten Plan in die Tat umgesetzt hat: «Er hat seinen Sohn [...] gesandt, damit er unter den Menschen wohne und ihnen vom Innern Gottes Kunde bringe (vgl. Joh 1, 1-18). Jesus Christus, das fleischgewordene Wort, [...] „redet die Worte Gottes“ (Joh 3, 34) und vollendet das Heilswerk, dessen Durchführung der Vater ihm aufgetragen hat (vgl. Joh 5, 36; 17, 4)» (DV 4). Auf diese Weise nimmt Jesus in seinem irdischen und nun in seinem himmlischen Leben das ganze Ziel, den Sinn, die Geschichte und das Projekt des Wortes Gottes auf und verwirklicht es, denn, wie der Hl. Irenäus sagt: Christus «hat uns jede Neuheit gebracht, indem er sich uns selber brachte». [5]

        -   Der Plan Gottes sieht eine Geschichte der Offenbarung vor. So sagt der Verfasser des Hebräerbriefes: «Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn» (Hebr 1, 1-2). Das bedeutet, dass in Jesus Christus das Wort Gottes jene Bedeutung gewinnt, die er seiner Sendung gegeben hat: es hat das Ziel, die Menschen in das Reich Gottes zu führen (vgl. Mt 13, 1-9); es bringt sich in seinen Worten und Werken zum Ausdruck; es zeigt seine Kraft in den Wundern; es hat die Aufgabe, die Sendung der Jünger zu beseelen, sie in der Liebe zu Gott und zum Nächsten und in der Sorge um die Armen zu unterstützen; es offenbart seine volle Wahrheit im Ostergeheimnis, in Erwartung der vollkommenen Offenlegung; und jetzt leitet es das Leben der Kirche in der Zeit.

        -   Es trifft aber auch zu, dass das Wort Jesu – wie er selber gesagt hat – gemäß der Schrift verstanden werden muss (vgl. Lk 24, 44-49), d.h. im Kontext der Geschichte des Volkes Gottes des Alten Testamentes, das ihn als Messias erwartete, und heute im Kontext der Geschichte der christlichen Gemeinschaft, die ihn in der Predigt verkündet, ihn in der Bibel betrachtet, seine Freundschaft und seine Führung erfährt. Der Hl. Bernhard sagt, dass auf der Ebene der Fleischwerdung des Wortes Christus das Zentrum der ganzen Schrift ist. Das Wort Gottes, das im ersten Bund schon hörbar war, ist in Christus sichtbar geworden. [6]

        -   Es darf nicht vergessen werden, dass «alles durch ihn und auf ihn hin geschaffen» ist (Kol 1, 16). Jesus kommt eine zentrale Stellung im Kosmos zu, er ist der König des Universums, derjenige, welcher der ganzen Realität ihren letzten Sinn verleiht. Wenn das Wort Gottes wie ein mehrstimmiger Gesang ist, dann ist Christus in seinem umfassenden Geheimnis der Schlüssel zu seiner Interpretation unter der Führung des Heiligen Geistes. «Das Wort Gottes, das am Anfang bei Gott war, ist in seiner Fülle nicht eine Vielzahl von Worten, sondern ein einziges Wort, das eine große Zahl von Ideen umfasst, von denen jede ein Teil des Wortes in seiner Ganzheit ist. [...] Und wenn Christus sich auf die „Schriften“ bezieht, die von ihm Zeugnis ablegen, stellen die Bücher der Schrift für ihn eine einzige Schriftrolle dar, denn alles, was über ihn geschrieben wurde, ist in einer Ganzheit zusammengefasst». [7]

Das Geheimnis der Kirche im Herzen des Wortes Gottes

Die Kirche, deren Geheimnis darin besteht, der Leib Jesu zu sein, findet im Wort Gottes die Verkündigung ihrer Identität, die Gnade zu ihrer Bekehrung, den Auftrag zu ihrer Sendung, die Quelle für ihr prophetisches Amt und den Grund ihrer Hoffnung. Sie wird zuinnerst durch den Dialog mit ihrem Bräutigam aufgebaut und befähigt, Adressantin und bevorzugte Zeugin des liebevollen und heilenden Wortes Gottes zu sein. Die wahre Frucht des Hörens auf das Wort Gottes besteht darin, immer mehr Teil dieses „Geheimnisses“ zu werden, das die Kirche aufbaut. Daher ist die beständige Begegnung mit dem Wort die Ursache ihrer Erneuerung und Quelle «eines neuen geistlichen Frühlings». [8]

Auf der anderen Seite wird das lebendige Bewusstsein, zur Kirche, dem Leib Christi zu gehören, in den Maß wirksam, in dem es gelingt, die verschiedenen Beziehungen zum Wort Gottes in entsprechender Weise zum Ausdruck zu bringen: das Wort, das zu verkünden ist, das Wort, das betrachtet und studiert werden soll, das Wort, das zum Gebet und gefeiert, das Wort, das gelebt und verbreitet wird. Deshalb ist das Wort Gottes in der Kirche kein totes Kapital, sondern wird oberste Regel des Glaubens und Kraft zum Leben, es schreitet unter dem Beistand des Heiligen Geistes fort und wächst durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die persönliche Erfahrung des geistlichen Lebens und die Predigt der Bischöfe (vgl. DV 8; 21). Dies bezeugen in besonderer Weise die Heiligen, die aus der Kraft des Wortes gelebt haben. [9]  Es ist selbstverständlich, dass die erste Aufgabe der Kirche darin besteht, das göttliche Wort an alle Menschen weiter zu geben. Die Geschichte bezeugt, dass dies geschehen ist und auch heute geschieht, nach vielen Jahrhunderten, unter vielen Schwierigkeiten, aber auch mit lebendiger Fruchtbarkeit.

Die Anfangsworte von Dei Verbum sind Gegenstand beständigen Nachdenkens und treuer Ausführung: «Gottes Wort voll Ehrfurcht hörend und voll Zuversicht verkündigend» (DV 1). Sie fassen das Wesen der Kirche in seiner doppelten Dimension des Hörens und der Verkündigung des Wortes Gottes zusammen. Es besteht kein Zweifel: dem Wort Gottes kommt der erste Platz zu. Nur durch das Wort können wir die Kirche verstehen. Sie definiert sich als hörende Kirche. Und in dem Maß, in dem sie hört, kann sie auch eine Kirche sein, die verkündet. So sagt der Heilige Vater Benedikt XVI.: «die Kirche erhält ihr Leben nicht aus sich selbst, sondern vom Evangelium, und sie hört nicht auf, sich auf ihrem Pilgerweg am Evangelium zu orientieren». [10]

Pastorale Auswirkungen

Die Gemeinschaft der Christen wird durch das Wort Gottes ins Leben gerufen und erneuert, um das Antlitz Christi erkennen zu können. Klar und unwiderruflich sagt der Hl. Hieronymus: «Ignoratio enim Scripturarum, ignoratio Christi est» [11]  (Wer die Schrift nicht kennt, kennt Christus nicht). Hier werden einige der pastoralen Dringlichkeiten aufgelistet, wie sie in den Antworten auf die Lineamenta benannt werden:

        -   organische Wege des Nachdenkens über das Verhältnis Jesu zur Heiligen Schrift und darüber zu entwickeln, wie er sie liest und wie sie hilft, ihn zu verstehen;

        -   auf einfache Art die christlichen Kriterien der Schriftlesung darstellen, um auf diese Weise auch einen Zugang zu den schwierigen Stellen des Alten Testaments zu ermöglichen;

        -   den Gläubigen zu helfen, unter Führung des Lehramtes, die Kirche als lebendigen und beständigen Ort der Verkündigung des Wortes Gottes zu erkennen;

        -   jene Christen zu unterweisen, die von sich sagen, dass sie die Bibel nicht lesen, weil sie es bevorzugen, eine direkte und persönliche Beziehung zu Jesus aufzubauen;

        -   Dank der Gegenwart Jesu, des auferstandenen und in den Sakramenten gegenwärtigen Herrn, wird die Liturgie als erstrangiger Ort der Begegnung mit dem Wort Gottes betrachtet;

        -   schließlich darf im Hinblick auf die katechetische Kommunikation nicht vergessen werden, dass besonders die Evangelien als Texte auszuwählen sind, dass sie aber zugleich in Verbindung mit den anderen Büchern des Alten und Neuen Testamentes und den Dokumenten des Lehramtesder Kirche gelesen werden müssen.
 

ZWEITES KAPITEL

A. Die Bibel als inspiriertes Wort Gottes und ihre Wahrheit

«Die Kirche hat die Heiligen Schriften immer verehrt wie den Herrenleib selbst» (DV 21)

Die Fragen

Eines der von den Bischöfen am stärksten empfundenen Probleme ist das Verhältnis der Heiligen Schrift zum Wort Gottes, besonders ihre Inspiration und ihre Wahrheit. Es sind dabei drei Frageebenen zu unterscheiden:

        -   einige Fragen betreffen die Natur der Bibel: was ist unter Inspiration oder unter Kanon zu verstehen, welche Art der Wahrheit findet sich in der Schrift und wie ist ihre Geschichtlichkeit zu verstehen;

        -   andere Fragen betreffen das Verhältnis der Schrift zur Tradition und zum Lehramt;

        -   wieder andere Fragen berühren die schwierigen Seiten der Bibel, besonders des Alten Testamentes. Auf diese Fragestellung wird im Zusammenhang mit dem Wort Gottes in der Katechese eingegangen.

 

Die Heilige Schrift, inspiriertes Wort Gottes

Viele Antworten auf die Lineamenta enthalten Fragen im Hinblick auf die Art und Weise, in der den Gläubigen das Charisma der Inspiration und der Wahrheit der Schriften erklärt werden kann. In diesem Zusammenhang ist es zunächst einmal erforderlich, den Zusammenhang zwischen Bibel und Wort Gottes festzustellen; das Wirken des Heiligen Geistes zu klären; einige Dinge im Hinblick auf die Identität der Bibel näher zu erläuten.

    a.     Es ist davon auszugehen, dass zwischen Bibel und Wort Gottes eine Beziehung der Unterscheidung und der Gemeinsamkeit besteht. Es ist die Bibel selbst, die davon Zeugnis ablegt, dass Wort Gottes und Schrift nicht im materiellen Sinn in eins fallen. Das Wort Gottes ist eine lebendige, wirksame Wirklichkeit (vgl. Hebr 4, 12-13), ewig (vgl. Jes 40, 8), «allmächtig» (Weish 18, 15), schöpferisch (vgl. Gen 1, 3ff.) und Begründer der Geschichte. Für das Neue Testament ist dieses Wort der Sohn Gottes selbst, der Fleisch geworden ist (vgl. Joh 1, 1ff.; Hebr 1, 2). Die Schrift ihrerseits ist Bezeugung dieser Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, sie erleuchtet sie und gibt ihr sichere Orientierung. Das Wort Gottes geht also über das Buch hinaus, und erreicht den Menschen auch über den Weg der lebendigen Tradition, der Kirche. Das bedingt die Überwindung einer subjektiven und geschlossenen Interpretation der Schrift, denn sie ist innerhalb eines weiteren, letztlich unabschließbaren Prozesses des Wortes Gottes zu lesen, wie es die Tatsache unterstreicht, dass das Wort in immer neuen und anderen Zeiten das Leben der Generationen nährt. Die Gemeinschaft der Christen ist also gleichzeitig Subjekt der Weitergabe des Wortes Gottes und vorrangiger Ort, um den tiefen Sinn der Heiligen Schrift, die Glaubensentwicklung und damit auch die Entwicklung des Dogmas zu erfassen. Auf Grund dieser Vorrangstellung hat die Kirche von Anfang an die biblischen Bücher in besonderer Weise verehrt, und hat als Regel oder Kanon des Glaubens an die göttliche Offenbarung eine sichere und definitive Liste zusammengestellt: 73 Bücher, davon 46 im Alten Testament und 27 im Neuen Testament. [12]

    b.     Der Geist schafft dem geschriebenen Wort Raum und stellt das Buch in den weiteren Zusammenhang des Geheimnisses der Menschwerdung und der Kirche. Dank des Geistes ist daher das Wort Gottes liturgische und prophetische Realität, es ist Verkündigung (kerygma) bevor es zum Buch wird, es ist das Zeugnis des Heiligen Geistes für die Gegenwart Christi.

    c.     Zusammenfassend kann gesagt werden:

        -   dass es das Charisma der Inspiration erlaubt, zu sagen, Gott sei der Autor der Bibel, ohne dabei den Menschen selbst als wirklichen Autor auszuschließen. Denn im Unterschied zum Diktat hebt die Inspiration die persönliche Freiheit und die Fähigkeiten des Schriftstellers nicht auf, sondern erleuchtet und inspiriert sie;

        -   obwohl die Heilige Schrift in allen ihren Teilen inspiriert ist, bezieht sich ihre Irrtumslosigkeit nur auf «die Wahrheit [...], die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte» (DV 11);

        -   Dank des Charismas der Inspiration bestimmt der Heilige Geist die biblischen Bücher als Wort Gottes und vertraut sie der Kirche an, damit sie im Gehorsam des Glaubens angenommen werden;

        -   der Kanon stellt in seiner Vollständigkeit und organischen Einheit ein Kriterium der Interpretation des Heiligen Buches dar;

        -   da die Bibel Wort Gottes in menschlicher Sprache ist, erfolgt ihre Interpretation in Übereinstimmung mit literarischen, philosophischen und theologischen Kriterien, immer unter der einenden Kraft des Glaubens und unter Führung des Lehramtes. [13]

 

Tradition, Schrift und Lehramt

Das II. Vatikanische Konzil unterstreicht die Einheit des Ursprungs und die vielen Verbindungen zwischen Tradition und Schrift, welche von der Kirche «mit gleicher Liebe und Achtung» (DV 9) angenommen werden. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Wort Gottes, das in Christus Evangelium oder Gute Nachricht geworden ist (vgl. Röm 1, 16) und als solches der apostolischen Verkündigung anvertraut wurde, seinen Lauf fortsetzt und zwar:

        -   vor allem im Fluss der lebendigen Tradition, die in all dem zum Ausdruck kommt, «was sie [die Kirche] selber ist, alles, was sie glaubt» (DV 8), wie z.B. im Kult, in der Lehre, in der Liebe, der Heiligkeit, dem Martyrium;

        -   durch die Heilige Schrift, welche in dieser lebendigen Tradition durch die Inspiration des Heiligen Geistes gerade in der Unwandelbarkeit des Geschriebenen jene konstitutiven und ursprünglichen Elemente bewahrt. «Diese Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift beider Testamente sind gleichsam ein Spiegel, in dem die Kirche Gott, von dem sie alles empfängt, auf ihrer irdischen Pilgerschaft anschaut, bis sie hingeführt wird, ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen, so wie er ist (vgl. 1 Joh 3, 2)» (DV 7).

Schließlich ist es Aufgabe des Lehramtes der Kirche, das nicht über dem Wort Gottes steht, «das geschriebene oder überlieferte Wort Gottes verbindlich zu erklären», indem sie es «voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt» (DV 10). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine wirkliche Lesung der Schrift als Wort Gottes nur in Ecclesia, entsprechend ihrer Lehre, erfolgen kann.

 

Altes und Neues Testament, eine einzige Heilsökonomie

Ein drängendes Problem unter den Katholiken betrifft die Kenntnis des Alten Testamentes als Wort Gottes und in besonderer Weise seine Beziehung zum Geheimnis Christi und der Kirche. Nicht zuletzt auf Grund ungelöster exegetischer Schwierigkeiten kommt es nicht selten zu einem gewissen Widerstand angesichts der Seiten des Alten Testamentes, die unverständlich erscheinen, und die oft einer eigenwilligen Auswahl zum Opfer fallen bzw. zurückgewiesen werden. Dem Glauben der Kirche entsprechend ist das Alte Testament als Teil der einen christlichen Bibel aufzufassen, als entscheidender Bestandteil der Offenbarung und damit des Wortes Gottes. Aus all dem ergibt sich das dringende Bedürfnis nach einer Bildung im Hinblick auf die christliche Lektüre des Alten Testamentes, welche die Beziehung, die die beiden Testamente verbindet und die bleibenden Werte des Alten Testamentes anerkennt (vgl. DV 15-16). [14]  Diesbezüglich kommt uns die liturgische Praxis zu Hilfe, in welcher der Heilige Text des Alten Testamentes als wesentlicher Bestandteil für ein volles Verständnis des Neuen Testamentes verkündet wird, so wie es Jesus selbst in der Emmausepisode bezeugt hat, in der er «ausgehend von Mose und allen Propheten darlegte, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht» (Lk 24, 27). Entsprechend sagt auch der Hl. Augustinus: «Novum in Vetere latet et in Novo Vetus patet» [15]  (Das Neue Testament ist im Alten verborgen und das Alte wird im Neuen Testament offenbart). So sagt auch der Hl. Gregor der Große: «Das, was das Alte Testament versprochen hat, ist im Neuen sichtbar geworden; was jenes verborgen ankündigt, wird in diesem offen als erfüllt verkündet. Deshalb ist das Alte Testament Prophetie des Neuen; und das Neue Testament der beste Kommentar des Alten». [16]  Diese Lehre hat zahlreiche und lebenswichtige praktische Auswirkungen.

Pastorale Auswirkungen

Es wird immer mehr bewusst wahrgenommen, dass eine oberflächliche Lektüre der Bibel nicht ausreicht. Es ist festzustellen, dass verschiedene Bibelgruppen, die mit Begeisterung zur Entdeckung des Heiligen Buches aufbrechen, sich nach und nach auflösen, weil der gute Boden fehlt, d.h. weil das Wort Gottes nicht in seinem Gnadengeheimnis wahrgenommen wird, wie es Jesus im Gleichnis vom Sämann sagt (vgl. Mt 13, 20-21). In dieser Hinsicht werden hier einige Auswirkungen benannt:

    a.     Auf Grund der Tatsache, dass die Schrift eng mit der Kirche verbunden ist, kommt dieser im Zugang zur Schrift in ihrer grundlegenden Eigenheit eine wichtige Rolle zu. Diese Eigenart wird zugleich zum Kriterium für das rechte Verständnis der Tradition, denn sowohl die Liturgie als auch die Katechese nähren sich von der Bibel. Wie schon gesagt wurde, haben die Bücher der Heiligen Schrift eine Kraft des direkten und konkreten Appells, der anderen kirchlichen Texten oder Maßnahmen nicht zukommt.

    b.     Sodann ist die Unterscheidung zwischen der konstitutiven apostolischen Tradition und den kirchlichen Traditionen in ihren praktischen Folgen zu bedenken. Während nämlich die erste auf die Apostel zurückgeht und das übermittelt, was diese von Jesus und vom Heiligen Geist gehört haben, sind die kirchlichen Traditionen im Laufe der Zeit in den Ortskirchen entstanden und stellen Formen der Anpassung der «großen Tradition» [17]  dar. Darüber hinaus darf der entscheidende Beitrag nicht übersehen werden, den die Kirche durch die kanonische Anerkennung der Schriften, deren Authentizität sie garantiert, und die sie gegenüber der Verbreitung nicht authentischer und apokrypher Büchern abgrenzt, geleistet hat. Die heute verbreitete gnostische Interpretation im Hinblick auf die Wahrheit der Ursprünge des Christentums machen es erforderlich, zur erklären, was der Kanon der Heiligen Bücher ist und wie er entstanden ist. Aus dem gleichen Grund werden auch Orientierungen für die Übersetzung und Verbreitung der Schrift gegeben und die unerlässliche Anerkennung vonseiten der Kirche gerechtfertigt. Der Vergleich zwischen Schrift, Tradition und den Zeichen des Wortes Gottes in der geschaffenen Welt ist wieder aufzunehmen, und zwar besonders im Hinblick auf den Menschen und seine Geschichte, denn jedes Geschöpf ist Wort Gottes, denn es verkündet Gott. [18]

    c.     Wenn das Lehramt Orientierungen gibt oder Entscheidungen verkündet, ist es nicht seine Absicht, die persönliche Schriftlesung zu beschränken. Es will einen sicheren Bezugsrahmen bieten, innerhalb dessen die Lesung erfolgt. Leider sind die Lehren des Magisteriums und der Wert, welcher den verschiedenen Ebenen der Erklärung zukommt, nicht immer gut bekannt und akzeptiert. Während der Synode sollen Dei Verbum und die nachfolgenden päpstlichen Dokumente wieder entdeckt werden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen verschiedene Hinweise zum Verständnis und zum Gebrauch des Wortes Gottes in der Bibel, die in Ansprachen des Heiligen Vaters Benedikt XVI. enthalten sind.

    d.     Im Zusammenhang mit der lebendigen Tradition und daher als zuverlässiger Dienst am Wort Gottes, ist auch das Mittel des Katechismus zu betrachten, angefangen vom ersten Glaubensbekenntnis, Kern jedes Katechismus, bis hin zu den verschiedenen Erklärungen, die während der Jahrhunderte der Kirchengeschichte entstanden sind. Den jüngsten Ausdruck finden sie im Katechismus der Katholischen Kirche und den entsprechenden Katechismen der Ortskirchen.

    e.     An dieser Stelle ist es erforderlich, eine grundlegende Unterscheidung in Erinnerung zu rufen, die vielfältige Auswirkungen auf die pastorale Praxis hat: die Begegnung mit der Schrift findet einerseits im Zusammenhang mit dem Handeln der Kirche statt, etwa in der Liturgie oder der Katechese, wo die Bibel sich in einen Kontext des öffentlichen Gottesdienstes eingliedert. Andererseits gibt es auch die unmittelbare Begegnung, wie etwa die Lectio Divina, die Bibelkurse, die Bibelgruppen. Aufgrund einer gewissen Entfernung des Volkes Gottes vom direkten und persönlichen Gebrauch der Schrift ist diese Zugehensweise heute zu fördern.

    f.      Was das Alte Testament betrifft, so ist es als eine Etappe in der Entwicklung des Glaubens und des Verständnisses Gottes aufzufassen. Sein bildlicher Charakter und seine Beziehung zur wissenschaftlichen und geschichtlichen Mentalität unserer Zeit müssen geklärt werden. Gleichzeitig ist hervorzuheben, dass viele Stellen des Alten Testamentes eine einzigartige geistliche, weisheitliche und kulturelle Kraft haben, eine reiche Katechese über die Wirklichkeit des Menschen erlauben und die Etappen des Glaubensweges eines Volkes darstellen. Die Kenntnis und die Lesung der Evangelien schließt nicht aus, dass die Vertiefung des Alten Testamentes der Lektüre und dem Verständnis des Neuen Testamentes eine immer größere Tiefe geben kann.

    g.     Schließlich ist es in einer sehr konkreten pastoralen Sichtweise angebracht, einige Beobachtungen wiederzugeben, die dabei helfen, die Beziehung der Gläubigen zur Lehre des Glaubens besser zu verstehen. Im Allgemeinen unterscheiden die Gläubigen die Bibel von anderen religiösen Texten und betrachten sie als wichtiger für ihr Glaubensleben. In der Praxis aber bevorzugen nicht wenige geistliche Texte, Botschaften und erbauliche Schriften, die einfacher zu verstehen sind oder aber verschiedene Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit. Man könnte sagen, dass das Volk dem Wort Gottes auf praktische Weise begegnet, dass es das Wort lebt, ohne genauer den Ursprung und die Beweggründe zu kennen. Dies ist gleichzeitig eine positive und eine zerbrechliche Situation. Man muss es verstehen, zu den Leuten zu reden, und ihre Art der Auffassung in Betracht ziehen. Es ist eine notwendige Aufgabe des pastoralen Dienstes, den Gläubigen dabei zu helfen, zu verstehen, was die Bibel ist, warum es sie gibt, was sie dem Glauben zu geben hat, wie man sie gebraucht.

B. Wie die Bibel entsprechend dem Glauben der Kirche auszulegen ist

«Lebendig ist das Wort Gottes und kraftvoll» (Hebr 4, 12)

                             

Das hermeneutische Problem in pastoraler Perspektive

Das hermeneutische Problem, innerhalb dessen es um die Umsetzung des Wortes Gottes und zugleich um die Inkulturation geht, [19]  ist eine delikate und wichtige Fragestellung. Denn Gott legt dem Menschen nicht einfach eine mehr oder weniger interessante Information rein menschlicher oder wissenschaftlicher Art vor, sondern er teilt ihm sein Wort der Wahrheit und des Heiles mit, und das erfordert von Seiten des Hörers ein lebendiges, verantwortliches und zeitbezogenes Verständnis. Dies macht eine doppelte Bewegung erforderlich: einerseits ist der wirkliche Sinn des gesprochenen oder geschriebenen Wortes, so wie der Herr es durch die heiligen Verfasser mitteilt, zu erfassen; andererseits bringt dies mit sich, dass das Wort auch demjenigen etwas zu sagen hat, der es heute hört.

Hören auf die Erfahrung

Aus den Antworten der Bischöfe geht hervor, dass die Auslegung des Wortes, ungeachtet gegenläufiger Beobachtungen, durchaus möglich ist. Viele Christen beschäftigen sich gemeinschaftlich oder allein mit dem Wort Gottes in der Absicht, das, was Gott sagt, zu verstehen, und seinem Wort aufmerksam zu gehorchen. Diese Bereitschaft aus dem Glauben ist für die Kirche eine wertvolle Möglichkeit, zu einem richtigen Verständnis und einer entsprechenden Umsetzung des Heiligen Textes zu befähigen. Heute ist diese Gelegenheit (kairòs) in gewisser Weise noch stärker gegeben, denn es entwickelt sich eine neue Gegenüberstellung zwischen dem Wort Gottes und den Humanwissenschaften, besonders im Bereich der philosophischen, wissenschaftlichen und geschichtlichen Forschung. Aus diesem Kontakt zwischen dem Wort und der Kultur geht ein großer Reichtum hervor im Hinblick auf die Wahrheit über Gott, den Menschen und die Dinge und die damit verbundenen Werte. Die Vernunft befragt also den Glauben und wird von ihm in einen Zusammenarbeit hineinbezogen, wenn es um die Wahrheit und das Leben geht, die der Offenbarung Gottes und den Erwartungen der Menschheit entsprechen.

Es fehlt aber auch nicht an Gefahren, die eine eigensinnige und verkürzte Interpretation mit sich bringt, wie sie vor allem durch den Fundamentalismus bedingt ist. Auf der einen Seite drückt sich hier das Bedürfnis aus, dem Text treu zu bleiben, auf der anderen Seite missversteht man die eigene Natur der Texte, was zu schweren Fehlern und unnötigen Konflikten führt. [20] Es gibt daneben auch die so genannte ideologische Bibellesung, die einem engen geistlichen, sozialen oder politischen oder einfach einem menschlichen Vorverständnis folgt, ohne den Beitrag des Glaubens (vgl. 2 Petr 1, 19-20; 3, 16). Dies führt bis hin zu einer Entgegensetzung oder Trennung der Schriftform, wie sie vor allem in der Bibel bezeugt wird und den lebendigen Formen der Verkündigung und der Lebenserfahrung der Gläubigen. Im Allgemeinen ist eine geringe oder ungenaue Kenntnis der hermeneutischen Regeln zur Auslegung des Wortes festzustellen.

 

Der Sinn des Wortes Gottes und der Weg, um ihn zu finden

Im Licht des II. Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden Lehramtes [21]  scheinen heute im Hinblick auf eine entsprechende pastorale Vermittlung einige Aspekte der besonderen Beachtung und des Nachdenkens bedürftig: die Bibel, Buch Gottes und des Menschen, ist auf eine Art und Weise zu lesen, welche den historisch-literarischen und den theologisch-spirituellen oder einfach den geistlichen Sinn in rechter Weise vereint. [22]  Diesbezüglich gibt die schon erwähnte Note der Päpstlichen Bibelkommission diese Definition: «In der Regel lässt sich der geistliche Sinn in der Perspektive des christlichen Glaubens als der Sinn definieren, den die biblischen Texte ausdrücken, wenn sie unter dem Einfluss des Heiligen Geistes im Kontext des österlichen Mysteriums Christi und des daraus folgenden neuen Lebens gelesen werden. Diesen Kontext gibt es tatsächlich. Das Neue Testament erkennt darin die Erfüllung der Schriften. So ist es natürlich, die Schriften im Lichte dieses neuen Kontextes zu lesen, der das Leben im Heiligen Geiste ist». [23]

Das bedeutet, dass die historisch-kritische Methode, entsprechend durch andere Zugangsweisen ergänzt, für eine korrekte Exegese erforderlich ist. [24]  Um aber den ganzen Sinn der Schrift erreichen ist können, sind jene theologischen Kriterien anzuwenden, die von Dei Verbum erwähnt werden: «auf den Inhalt und die Einheit der ganzen Schrift zu achten, unter Berücksichtigung der lebendigen Überlieferung der Gesamtkirche und der Analogie des Glaubens» (DV 12). [25]  Diesbezüglich wird heute die Notwendigkeit eines vertieften theologischen und pastoralen Nachdenkens empfunden, um unsere Gemeinschaften auf ein richtiges und fruchtbares Verstehen hin zu bilden. So sagt Papst Benedikt XVI.: «Mir liegt sehr daran, dass die Theologen die Schrift auch so lieben und lesen lernen, wie das Konzil es wollte nach Dei Verbum: dass sie die innere Einheit der Schrift sehen, wozu heute die „Kanonische Exegese“ ja hilft (die freilich immer noch in schüchternen Ansätzen ist) und dann eine geistliche Lesung der Schrift üben, die nicht äußere Erbaulichkeit ist, sondern das innere Eintreten in die Präsenz des Wortes. Da etwas zu tun, dazu beizutragen, dass neben und mit und in der historisch-kritischen Exegese wirklich Einführung in die lebendige Schrift als heutiges Wort Gottes geschieht, erscheint mir eine sehr wichtige Aufgabe». [26]

 

Pastorale Auswirkungen

Das Volk Gottes ist daraufhin zu erziehen, den großen Horizont des Wortes Gottes zu entdecken, um zu verhindern, dass die Schriftlesung als etwas Kompliziertes empfunden wird. Es gilt die Wahrheit, dass die wichtigsten Dinge in der Bibel diejenigen sind, die am direktesten mit der Existenz verbunden sind, wie etwa das Leben Jesu. Es sei hier an einige wichtige Punkte im Hinblick auf die rechte Auslegung des heiligen Buches erinnert.

    a.     Vor allem darf nicht vergessen werden, dass das Wort Gottes immer dann ausgelegt wird, wenn sich die Kirche versammelt, um die heiligen Geheimnisse zu feiern. Diesbezüglich erinnert die Einleitung des Lektionars, das in der Eucharistiefeier verwendet wird, daran: «Nach dem Willen Christi zeichnet sich das neue Volk Gottes durch die Verschiedenheit seiner Glieder aus. Darum haben die einzelnen auch in Bezug auf das Wort Gottes verschiedene Aufgaben und Dienste. Das Wort Gottes zu hören und zu bedenken ist Aufgabe aller Gläubigen, das Wort Gottes auszulegen ist allein Sache jener, die auf Grund der Weihe am Lehramt teilhaben oder auf Grund einer Beauftragung den Dienst der Verkündigung ausüben. So führt die Kirche alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt, in Lehre, Leben und Gottesdienst durch die Zeiten weiter und übermittelt es allen Geschlechtern. Im Gang der Jahrhunderte strebt sie ständig der Fülle der göttlichen Wahrheit entgegen, bis an ihr sich Gottes Wort erfüllt». [27]

    b.     Es muss folgendes festgehalten werden: «Der geistliche Sinn darf nicht mit subjektiven Interpretationen verwechselt werden, die aus Einbildungskraft oder intellektueller Spekulation stammen». Der geistliche Sinn ist das Ergebnis der Beziehung zwischen «drei Ebenen der Wirklichkeit: dem biblischen Text (in seinem Literalsinn), dem Ostergeheimnis und den Umständen des Lebens im Geist». [28]  Es ist in jedem Fall angebracht, vom biblischen Text auszugehen, der auch für die pastorale Tätigkeit unersetzlicher vorrangiger Bezugspunkt ist.

    c.     In Anerkennung der Tatsache, dass die Note der Päpstlichen Bibelkommission Die Interpretation der Bibel in der Kirche allgemein nicht über den Kreis der Fachleute hinaus bekannt geworden ist, ist es eine Pflicht, den gläubigen Lesern dabei zu helfen, die elementaren Regeln des Zugangs zum biblischen Text zu kennen. Entsprechende Hilfsmittel sind von großer Nützlichkeit.

    d.     In dieser Perspektive gilt es auch, die außerordentliche Exegese der Kirchenväter [29]  und die seit dem Mittelalter bekannten „vier Sinne der Schrift“, die ihren Wert nicht verloren haben, zu beachten, recht zu verstehen und wieder zu entdecken. Die verschiedenen Wirkungen und Traditionen, welche die Bibel im Leben des Volkes Gottes, in den Heiligen, in den geistlichen Lehrern und den Zeugen hervorgebracht hat, dürfen ebenfalls nicht übersehen werden. Auch der Beitrag der theologischen und der Humanwissenschaften und die Wirkungsgeschichte besonders in der Kunst sind zu berücksichtigen, denn sie können ein fruchtbares Zeugnis des geistlichen Verständnisses der Schrift sein. Da heute die Bibel auch von Nichtglaubenden gelesen wird, die ihren anthropologischen Wert hervorheben, kann eine rechte Interpretation dieses Aspektes bereichernd sein. Die Heilige Schrift muss in Gemeinschaft mit der Kirche aller Orten und Zeiten gelesen werden, in Gemeinschaft mit den großen Zeugen des Wortes, angefangen von den Vätern bis zu den Heiligen und dem heutigen Lehramt. [30]

    e.     Es ist hervorzuheben, dass der Synode die Aufgabe gestellt wurde, nicht nur die klassischen Probleme der Bibel zu behandeln, sondern auch die aktuellen Fragestellungen etwa der Bioethik oder der Inkulturation zu ihr in Beziehung zu setzen. Dies kann in einer Weise ausgedrückt werden, welche in den Bibelgruppen häufig verwandt wird: „Wie gelangt man vom Leben zum Text und vom Text zu Leben“ oder aber „Wie kann die Bibel vom Leben her und das Leben von der Bibel her gelesen werden?“

    f.      Aus dem Blickwinkel der Kommunikation des Glaubens ist auch auf ein neues Problem der Bibelhermeneutik hinzuweisen. Es betrifft nicht nur das Verständnis der biblischen Sprache, sondern auch die Kenntnis der heutigen Kultur, die immer weniger an das gesprochene oder geschriebene Wort gebunden ist und sich mehr in Richtung auf eine elektronische Kultur entwickelt. Daher kann die traditionelle Verkündigung des Wortes den Hörern, die von den neuen Informationstechniken überschwemmt werden, langweilig erscheinen.


 

DRITTES KAPITEL

 

Die Haltung, die vom Hörer des Wortes gefordert wird

«Höre, mein Volk» (Ps 50, 7)

Aus den Antworten der Bischöfe auf die Lineamenta ergibt sich die Notwendigkeit, im Volk Gottes eine betende, persönliche und gemeinschaftliche Beziehung zum Wort Gottes zu pflegen, welche eine Antwort des Glaubens hervorruft und nährt.

 

Ein wirksames Wort

Das Wort Gottes ist Ereignis und hat als Subjekte sowohl Gott, der verkündet, als auch den Einzelnen oder die Gemeinschaft, an die es gerichtet ist. Gott spricht, aber ohne das Hören des Gläubigen ist das Wort zwar gesagt aber noch nicht aufgenommen. Daher kann man sagen, dass die biblische Offenbarung die Begegnung zwischen Gott und dem Volk in der Erfahrung des einen Wortes ist, und dass beide das Wort entstehen lassen. Der Glaube, den das Wort hervorruft, wirkt.

Der Brief an die Hebräer (4, 12-13) spricht genauso wie Jes 55, 9-11 und viele andere Texte von der unfehlbaren Wirksamkeit des Wortes Gottes. Wie ist diese Wirksamkeit zu verstehen? Diese Frage wird umso dringlicher, wenn man eine Tatsache in Rechnung stellt, die von vielen Bischöfen in ihren Beiträgen hervorgehoben wird, nämlich, dass einige neu getaufte Christen der Lesung der Heiligen Schrift eine quasi magische Bedeutung geben, ohne einen persönlichen, verantwortlichen Einsatz. Wie das Gleichnis vom Sämann (vgl. Mk 4, 1-20) bestätigt, entfaltet das Wort Gottes seine Wirksamkeit, wenn die Schwierigkeiten überwunden und die Bedingungen geschaffen werden, damit der Same des Wortes Frucht tragen kann.

Im Hinblick auf die dem Wort Gottes eigene Wirksamkeit ist ein anderer Text des Evangeliums erhellend, in dem das Bild des Samens gebraucht wird, der sterben muss, um Frucht bringen zu können: Christus spricht von der Notwendigkeit seines Todes, um den Heilsplan zu erfüllen. Das Kreuz ist in direkter Weise Kraft und Weisheit Gottes; das Evangelium, schreibt der Hl. Paulus an die Christen in Korinth, ist «das Wort vom Kreuz» (1 Kor 1, 18). Die Wirksamkeit des Wortes steht daher mit dem Kreuz in Zusammenhang. Wort und Kreuz sind zwei Gegebenheiten, die auf der gleichen Ebene liegen. Ihre Kraft hängt ganz und gar von der Dynamik der Liebe Gottes ab, die sie durchdringt: «Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab» (Joh 3, 16; vgl. Röm 5, 8). Derjenige, der an die Liebe Gottes glaubt, findet auch die Frucht des Wortes, das sie verkündet. Dann offenbart sich die Kraft des Wortes, es verwirklicht sich, wird wahrhaft persönlich.

Der Gläubige: derjenige, der das Wort Gottes im Glauben hört

«Dem offenbarenden Gott ist der Gehorsam des Glaubens zu leisten». Ihm, der sich gibt, indem er sich mittelt, «überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit» (DV 5), indem er ihn hört. Der Mensch, der auch kraft der inneren Struktur seiner Persönlichkeit Hörer des Wortes ist, empfängt von Gott die Gnade, im Glauben zu antworten. Dies erfordert von Seiten der Gemeinschaft und jedes einzelnen Gläubigen eine Haltung der vollen Zustimmung gegenüber dem Angebot einer totalen Gemeinschaft mit Gott und ein Sich-seinem-Willen-anvertrauen (vgl. DV 2). Diese Haltung des gemeinschaftlichen Glaubens kommt in jeder Begegnung mit dem Wort Gottes zum Ausdruck, in der lebendigen Predigt genauso wie in der Lesung der Bibel. Nicht zufällig wendet Dei Verbum auf das Heilige Buch das an, was allgemein vom Wort Gottes gesagt wird: «Gott redet die Menschen an wie Freunde [...], um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen» (DV 2). «In den Heiligen Büchern kommt ja der Vater, der im Himmel ist, seinen Kindern in Liebe entgegen und nimmt mit ihnen das Gespräch auf» (DV 21). Die Offenbarung ist jene Gemeinschaft der Liebe, welche die Schrift oft im Begriff des Bundes zum Ausdruck bringt. Zusammenfassend gesagt geht es um eine Haltung des Gebetes, um ein «Gespräch zwischen Gott und Mensch; denn „ihn reden wir an, wenn wir beten; ihn hören wir, wenn wir Gottes Weisungen lesen“ [31] » (DV 25).

Das Wort Gottes verwandelt das Leben derer, die sich ihm mit Glauben nähern. Das Wort Gottes kommt nie an ein Ende, es ist jeden Tag neu. Damit dies geschieht, ist ein hörender Glaube erforderlich. Die Schrift bezeugt immer wieder, dass das Hören Israel zum Volk Gottes werden lässt: «wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein» (Ex 19, 5; vgl. Jer 11, 4). Das Hören schafft Zugehörigkeit, eine Verbindung, es lässt in den Bund eintreten. Im Neuen Testament richtet sich das Hören auf die Person Jesu, des Sohnes Gottes: «Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören» (Mt 17, 5 parr.).

Der Gläubige ist einer, der hört. Wer hört, bekennt die Gegenwart dessen, der spricht und will mit ihm in Kontakt kommen; wer hört, schafft in sich einen Raum der Einwohnung für den Anderen; wer hört, stellt sich vertrauensvoll vor den, der spricht. Deshalb fordern die Evangelien die Gabe der Unterscheidung im Hinblick auf das, was man hört (vgl. Mk 4, 24) und wie man hört (vgl. Lk 8, 18): denn wir sind auch das, was wir hören! Das anthropologische Modell, das die Bibel vor Augen stellen will, ist daher das eines Menschen, der fähig ist zu hören, der ein hörendes Herz hat (vgl. 1 Kön 3, 9). Da es sich bei diesem Hören nicht um ein reines Vernehmen biblischer Worte handelt, sondern um die geistgewirkte Erkenntnis des Wortes Gottes, erfordert es den Glauben und muss im Heiligen Geist erfolgen.

 

Maria, Modell der Aufnahme des Wortes Gottes für den Glaubenden

In der Heilsgeschichte begegnen uns große Figuren der Hörer und Verkünder des Wortes Gottes: Abraham, Mose, die Propheten, die Heligen Petrus und Paulus, die anderen Apostel, die Evangelisten. Sie hören gläubig das Wort des Herrn und schaffen dem Reich Gottes Raum, indem sie es verkünden.

In dieser Hinsicht nimmt die Jungfrau Maria, welche die Begegnung mit dem Wort Gottes, das Jesus selbst ist, in unvergleichlicher Weise gelebt hat, eine zentrale Stellung ein. Daher ist sie ein von der Vorsehung gewolltes Modell alles Hörens und aller Verkündigung. Im Rahmen der intensiven Erfahrung mit den Schriften in dem Volk, zu dem sie gehörte, wird Maria von Nazareth, beginnend mit der Verkündigung bis hin zum Kreuz oder besser gesagt bis Pfingsten in eine Vertrautheit mit dem Wort Gottes hinein, zur Vertrautheit mit dem Wort Gottes erzogen, das sie im Glauben aufnimmt, betrachtet, verinnerlicht und in intensiver Weise lebt (vgl. Lk 1, 38; 2, 19.51; Apg 17, 11). In der Kraft ihres einmal gesprochenen und nie zurückgenommenen „Ja“ zum Wort Gottes versteht sie es, ihre Umgebung wahrzunehmen und den Notwendigkeiten des Alltags zu begegnen, in dem Bewusstsein, dass das, was sie von ihrem Sohn empfängt, eine Gabe für alle ist: im Dienst an Elisabeth, in Kanaan und unter dem Kreuz (vgl. Lk 1, 39; Joh 2, 1-12; 19, 25-27). Deshalb kann auf sie angewandt werden, was Jesus in ihrer Gegenwart sagt: «Meine Mutter und meine Brüder sind die, die das Wort Gottes hören und danach handeln» (Lk 8, 21). «Zuinnerst vom Wort Gottes durchdrungen, kann sie Mutter des fleischgewordenen Wortes werden». [32]

Besondere Beachtung verdient die Art und Weise, in der sie das Wort Gottes hört. Im Evangelium heißt es: «Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach» (Lk 2, 19). Das bedeutet, dass sie die Schriften hörte und kannte, und sie in ihrem Herzen in einer Art innerem Wachstumsprozess betrachtete, in dem die Intelligenz nicht vom Herzen getrennt wird. Maria suchte den geistlichen Sinn der Schrift zu verstehen und fand ihn, indem sie die Schrift in Verbindung setzte (symballousa) mit den Worten und dem Leben Jesu und den Ereignissen, die sie im Lauf ihrer persönlichen Geschichte entdeckte. Maria ist unser Modell, wenn es darum geht, das Wort im Glauben anzunehmen, und wenn es darum geht, das Wort zu betrachten. Es reicht ihr nicht, es aufzunehmen, sie verweilt bei ihm. Sie besitzt es nicht nur, sondern sie weiß es zugleich auch wertzuschätzen. Sie stimmt ihm zu und sie bringt es zur Entfaltung. So wird Maria für uns zum Symbol für den Glauben der einfachen Menschen und den der Kirchenlehrer, die danach suchen, abwägen und festlegen, wie das Evangelium zu bekennen ist.

Als sie die Gute Nachricht erhält, zeigt sich Maria als Idealtyp des Glaubensgehorsams und wird zur lebendigen Ikone der Kirche im Dienst am Wort. So sagt Isaak von Stella: «Das, was in den göttlich inspirierten Schriften allgemein über die reine Mutter Kirche gesagt wird, gilt im Besonderen für die Jungfrau und Mutter Maria. [...] Im umfassenden Sinn ist die Kirche das Erbe des Herrn, im engeren Sinn Maria, im besonderen Sinn jede gläubige Seele. Christus lebt neun Monate im Schoß Mariens wie in einem Tabernakel, im Tabernakel des Glaubens der Kirche lebt er bis ans Ende der Welt, in der Erkenntnis und in der Liebe der gläubigen Seelen in alle Ewigkeit». [33]  Maria lehrt, nicht fremde Beobachter des Wortes des Lebens zu sein, sich das „Hier bin ich“ der Propheten (vgl. Jes 6, 8) zu Eigen zu machen und sich vom Heiligen Geist führen zu lassen, der in uns wohnt. Sie preist den Herrn, denn sie hat in ihrem Leben die Barmherzigkeit Gottes gefunden, die sie selig werden lässt, weil «sie geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ» (Lk 1, 45). So sagt der Hl. Ambrosius, dass jeder gläubige Christ das Wort Gottes empfängt und gebiert. Dem Fleisch nach gibt es nur eine Mutter Christi; dem Glauben nach aber ist Christus die Frucht aller. [34]

 

Pastorale Auswirkungen

Die pastoralen Auswirkungen des Glaubens an das Wort Gottes sind beachtlich.

    a.     Man kann die Bibel ohne Glauben lesen, aber ohne Glauben kann man das Wort Gottes nicht hören. Eine Bibelgruppe hat dann ihren Wert, wenn sie den Glauben bildet, während sie die Bibel liest und das christliche Leben den Anweisungen angleicht, welche die Bibel gibt und die schwierigen Momente des Lebens mit dem Glauben erleuchtet.

    b.     Man muss in positiver und ermutigender Weise zum Menschen von heute sprechen und dabei vielfältige Hinweise geben, wie man sich einem Text, der geistlichen Lesung, dem Gebet und dem Teilen des Wortes nähern kann. Es geht vor allem darum, sich dem Wort zu nähern, nicht nur als einen Fundus von biblischen und pastoralen Bezügen, sondern als Quelle lebendigen Wassers, in der freudigen Überraschung, den Herrn im Kontext des eigenen Lebens zu hören. Es geht darum, den hermeneutischen Zirkel zu schließen: zu glauben, um zu verstehen, zu verstehen, um zu glauben; der Glaube sucht das Verständnis, das Verständnis öffnet sich dem Glauben. Die Erzählung von Emmaus ist ein beispielhaftes Modell der Begegnung des Gläubigen mit dem fleischgewordenen Wort selbst (vgl. Lk 24, 13-35).

    c.     «Höre, Israel», «Shemà Israel» ist das vorrangige Gebot des Volkes Gottes (Dtn6, 4). «Höre» ist auch das erste Wort der Regel des Hl. Benedikt. Gott lädt den Gläubigen ein, mit den Ohren des Herzens zu hören. Das Herz ist in der Bibel nicht nur der Sitz des Gefühls und der Emotionen, sondern das tiefste Zentrum der Person, wo die Entscheidungen gefällt werden. Deshalb ist die Stille, die sich jenseits der Worte entfaltet, notwendig. Der Heilige Geist, der sich in Stille mit unserem Geist vereint, lehrt uns, das Wort Gottes anzunehmen und zu verstehen (vgl. Röm 8, 26-27).

    d.     Es geht darum zu hören wie Maria und mit Maria, der Mutter und Erzieherin des Wortes Gottes. Es gibt die einfache und universale Form des betenden Hörens des Wortes in den Geheimnissen des Rosenkranzes. Johannes Paul II. hat seinen biblischen Reichtum unterstrichen, und ihn als «Kompendium des Evangeliums» bezeichnet, in dem die Ankündigung des Geheimnisses «Gott zu Wort kommen lässt», und es ermöglicht, «gemeinsam mit Maria Christus zu betrachten». [35]  Darüber hinaus soll die ganze Kirche nach dem Beispiel der Jungfrau Maria, Tempel des Geistes, in einem stillen, demütigen und verborgenen Leben dazu erzogen werden, diese enge Beziehung zwischen Wort und Schweigen, Wort und Geist Gottes zu bezeugen. Das Hören des Wortes Gottes im Glauben wird dann im Gläubigen zum Verständnis, zur Betrachtung, zur Gemeinschaft, zum Teilen, zur Wirklichkeit: hier sind die Umrisse der Lectio Divina als bevorzugtem Weg des gläubigen Zugangs zu Bibel zu erkennen.

    e.     Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Haltung des Glaubens das Wort Gottes in all seinen Zeichen und Sprachen betrifft. Es handelt sich um einen Glauben, der durch das in einer Erzählung oder einen Lehrsatz enthaltene Wort eine Mitteilung der Wahrheit erhält; einen Glauben, der das Wort Gottes als herausragende Anregung zu einer wirksamen Bekehrung betrachtet, als Licht zur Beantwortung vieler Fragen des Gläubigen, als Führer zu einer weisheitlichen Beurteilung der Wirklichkeit, als Anregung, das Wort zur Tat werden zu lassen (vgl. Lk 8, 21) und es nicht nur zu hören oder zu sagen, und schließlich als unerschöpfliche Quelle des Trostes und der Hoffnung. Daraus ergibt sich die Aufgabe, im Leben der Gläubigen den Primat des Wortes Gottes anzuerkennen und sicherzustellen, indem es so angenommen wird, wie die Kirche es verkündet, versteht, erklärt, lebt.

    f.      Schließlich sollen den vielen Menschen, die nicht lesen können, entsprechende Dienste für die Vermittlung des in entsprechende Sprachen übersetzen Wortes zur Verfügung gestellt werden.


 

ZWEITER TEIL

DAS WORT GOTTES IM LEBEN DER KIRCHE

«So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken. Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe» (Jes 55, 9-11).

VIERTES KAPITEL

Das Wort Gottes belebt die Kirche

«Der Brief, den Gott den Menschen gesandt hat» [36]

Eines der ersten und stärksten Zeichen dafür, dass der Heilige Geist beginnt, das Leben eines Volkes zu bereichern, ist die Liebe zum Wort Gottes in der Schrift und der Wunsch, es besser kennen zu lernen. Dies geschieht, weil das Wort der Schrift ein Wort ist, das Gott wie einen Brief in den konkreten Umständen des Lebens an jeden persönlich richtet. Es hat eine außerordentliche Unmittelbarkeit und die Kraft, ins Zentrum des menschlichen Wesens vorzudringen. Denn

-      die Kirche geht aus dem Wort Gottes hervor und lebt vom Wort;

-      das Wort Gottes erhält die Kirche in ihrer Geschichte;

-      das Wort Gottes durchdringt und belebt in der Kraft des Heiligen Geistes das ganze Leben der Kirche.

Die Kirche geht aus dem Wort Gottes hervor und lebt vom Wort

In der Apostelgeschichte ist zu lesen, dass Paulus und Barnabas nach ihrer Ankunft in Antiochien «die Gemeinde zusammenriefen und alles berichteten, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte» (Apg 14, 27).

Die Synode ist der Ort, an dem man sicher die «Zeichen und Wunder» des Wortes Gottes hören kann, so wie es in Antiochien und in der Versammlung von Jerusalem beim Bericht von Barnabas und Paulus geschehen ist (vgl. Apg 15, 12). Denn in allen Teilkirchen werden vielfältige Erfahrungen mit dem Wort Gottes gemacht: in der Eucharistie, in der gemeinschaftlichen und persönlichen Lectio Divina, in Tagen der Bibel, bei Bibelkursen, in Evangeliumsgruppen oder Gruppen, die gemeinsam auf das Wort Gottes hören, im biblischen Weg einer Diözese, in den Exerzitien, bei Wallfahrten ins Heilige Land, in Wortgottesdiensten, in musikalischen Ausdrucksformen, in der bildenden Kunst, in der Literatur und im Kino.

Aus den Antworten auf die Lineamenta ergeben sich verschiedene Feststellungen:

        -   Nach dem II. Vatikanischen Konzil wird das Wort Gottes vor allem im Zusammenhang mit der Eucharistie vermehrt gelesen. In vielen Kirchen erhält die Bibel einen bevorzugten Platz, und wird, wie es in den orientalischen Kirchen geschieht, in sichtbarer Weise neben oder auf dem Altar ausgestellt.

        -   Dahinter steht ein entsprechendes Bemühen von Seiten der Kirche, damit das ganze Volk einen Zugang zur Heiligen Schrift erhält. Bischofskonferenzen, Diözesen, Pfarreien, Ordensgemeinschaften, Vereinigungen und Bewegungen haben auf eine im Vergleich zu vergangenen Jahrzehnten neue Weise den großen Weg des Wortes Gottes beschritten.

        -   Der Wunsch, zum Verkosten des Wortes Gottes hingeführt zu werden, überwiegt für manche vor anderen Aspekten des pastoralen Dienstes. Er ist immer ein grundlegendes Bedürfnis auch der zerstreutesten Menschen, die gegenüber dem Jesus der Evangelien sensibel sind.

        -   Dies lässt nicht übersehen, dass der Grad der Vertrautheit mit dem Wort Gottes unterschiedlich ist. In der Welt des alten Christentums findet sich die Bibel mehr als zu anderen Zeiten in den Häusern, wird aber deshalb nicht immer auch gelesen. Statistische Erhebungen in einem Teil der Welt stellen fest, dass der entschiedene Gebrauch der Bibel noch deutlich wachsen kann. Zugleich muss das Bewusstsein der grundlegenden und entscheidenden Rolle des Wortes Gottes für ein Leben aus dem Glauben noch reifen.

        -   Aus anderen geografischen Gebieten kommen andere Ergebnisse. Hier ist das Problem häufig der Mangel an Mitteln, besonders an Übersetzungen. Es ist erbaulich, an die Erfahrungen zu erinnern, welche diese oft armen Schwestern und Brüder im Kontakt mit dem Wort Gottes machen. Es soll hier als deutlicher Hinweis genügen, was in der Note der Päpstlichen Bibelkommission steht: «Man darf sich freuen, die Bibel in den Händen der Armen, der einfachen Leute zu sehen, die zu ihrer Auslegung und Aktualisierung in geistlicher und existentieller Hinsicht ein helleres Licht bereitstellen können, als was eine selbstgerechte Wissenschaft zu seiner Erklärung beizutragen vermag». [37]

        -   Ein Paradox wird deutlich: dem Hunger nach dem Wort Gottes entspricht von Seiten der Hirten der Kirche nicht immer eine angemessene Predigt. Dies mag Gründe in der mangelnden Vorbereitung in den Seminaren oder aber im Mangel an pastoraler Erfahrung haben.

 

Das Wort Gottes erhält die Kirche in ihrer Geschichte

Es ist eine beständige Tatsache im Leben des Volkes Gottes, dass es seine Kraft aus dem Wort bezieht, das nicht statisch ist, sondern ein Wort das läuft (vgl. 2 Thess 3, 1) und wie ein fruchtbarer Regen vom Himmel strömt (vgl. Jes 55, 10-11). Dies geschieht, seit die Propheten zum Volk sprachen, Jesus zu den Jüngern und zur Menge, die Apostel zu den ersten Gemeinschaften, und es geschieht bis in unsere Tage. Man kann mit Recht sagen, dass der Dienst am Wort Gottes die verschiedenen Epochen der biblischen Welt und später der Geschichte der Kirche kennzeichnet.

So steht in den Zeiten der Väter die Schrift im Zentrum als Quelle, aus der Theologie, Spiritualität und pastorale Orientierung zu schöpfen sind. Die Väter sind die unüberbietbaren Meister dieser geistlichen Schriftlesung, welche, wenn sie echt ist, nicht vom Buchstaben, d.h. vom korrekten historischen Sinn absieht, sondern die Fähigkeit darstellt, den Buchstaben im Geist zu lesen. Im Mittelalter ist die Heilige Schrift die Grundlage des theologischen Nachdenkens; um ihr wirklich recht begegnen zu können, erarbeitet man die Lehre von den vier Schriftsinnen (Literal-, allegorischer, tropologischer und anagogischer Sinn). [38] In der Antike stellt die Lectio Divina die mönchische Form des Gebetes dar; das Wort Gottes ist außerdem Quelle der Inspiration für die Künstler; es wird dem Volk in vielfältigen Formen der Predigt und der Volksfrömmigkeit vermittelt. In der Neuzeit regen das Auftreten des kritischen Geistes, der wissenschaftliche Fortschritt, die Trennung zwischen den Christen und das daraus folgende ökumenische Bemühen nicht ohne Schwierigkeiten und Widerstände dazu an, einen methodisch korrekteren Zugang und zugleich ein besseres Verständnis des Geheimnisses der Schrift im Sinn der Tradition zu fördern. Derzeit entwickelt sich auf der Grundlage der Zentralität des Wortes Gottes ein Projekt der Erneuerung, das vom II. Vatikanischen Konzil bis zur gegenwärtigen Synode reicht.

Vor dem Hintergrund der großen Tradition entwickelt sich jede Teilkirche in der Zeit mit eigenem Charakter und in eigener Weise. Wie uns die Geschichte lehrt, ist es dabei möglich, wechselseitige Verbindungen, Einflüsse und Anleihen festzustellen. Des ungeachtet ist ein doppelter Hinweis erforderlich: auf der einen Seite ist festzustellen, dass das Wort Gottes sich ausbreitet und die Teilkirchen der fünf Kontinente evangelisiert: es senkt sich mehr und mehr in ihnen ein und wird die belebende Seele des Glaubens vieler Völker, ein grundlegender Faktor der Gemeinschaft und Quelle der Inspiration für die Umwandlung der Kulturen und der Gesellschaft; auf der anderen Seite scheint aber die biblische Pastoral aus geschichtlichen Gründen, die mit der Situation der Evangelisierung, aber auch mit echten Glaubensproblemen in den verschiedenen Kontexten oder aber mit ökonomischem Mangel zu tun haben, zu leiden.

 

Das Wort Gottes durchdringt und belebt in der Kraft des Heiligen Geistes das ganze Leben der Kirche

Es besteht eine Verbindung zwischen dem Gebrauch der Bibel, der Auffassung von Kirche und der pastoralen Praxis. Die rechte Beziehung entsteht, wenn der Heilige Geist Harmonie zwischen Schrift und Gemeinschaft herstellt. Es ist deshalb von Bedeutung, das innere Bedürfnis zu beachten, welches die Gemeinschaft bewegt, dem Wort Gottes zu begegnen; gleichzeitig ist darauf zu achten, jenes Empfinden zu kontrollieren, das die Spontaneität, die ausdrücklich subjektive Erfahrung und den Durst nach dem Wunderbaren zu sehr betont. Gleicher Weise ist auf das zu achten, was der Text der Schrift sagt, zu versuchen, bei ihm zu verweilen, um seinen wirklichen Sinn zu erfassen, bevor er auf das Leben angewandt wird. Das ist nicht immer leicht. Es ist hier auf die Gefahr des Fundamentalismus hinzuweisen, ein Phänomen, das weitläufige anthropologische, soziologische und psychologische Konsequenzen hat, das aber in besonderer Weise bei der Schriftlesung und der aus ihr folgenden Interpretation der Welt anzutreffen ist. Im Bereich der Schriftlesung flieht der Fundamentalismus in die Wörtlichkeit und weigert sich, die geschichtliche Dimension der biblischen Offenbarung zu berücksichtigen, so dass es ihm nicht gelingt, die Inkarnation ganz und gar anzunehmen. «Diese Art der Lektüre findet immer mehr Anhänger […] auch unter Katholiken. Der Fundamentalismus verlangt ein totales Einverständnis mit starren doktrinären Haltungen und fordert als einzige Quelle der Lehre im Hinblick auf das christliche Leben und Heil eine Lektüre der Bibel, die jegliches kritisches Fragen und Forschen ablehnt». [39]  Die extreme Form dieser Haltung findet sich in den Sekten. Hier wird die Schrift dem dynamischen und belebenden Wirken des Geistes entzogen und die Gemeinschaft stirbt mehr und mehr ab, ist nicht mehr ein lebendiger Körper, sondern eine geschlossene Gruppe, die in sich selbst Unterschiede und Pluralität nicht mehr zulässt und gegenüber anderen Denkweise eine aggressive Haltung zeigt. [40]

Es ist hingegen dringend erforderlich, in der Gemeinschaft die Verfügbarkeit für den Heiligen Geist offen zu halten und auf diese Weise der Gefahr zu begegnen, den Geist durch zu großen Aktivismus und die Äußerlichkeit des Glaubenslebens auszulöschen sowie die Gefahr einer Bürokratisierung der Kirche und einer pastoralen Tätigkeit, die sich nur noch auf ihre institutionellen Aspekte beschränkt und die Schriftlesung zu einer Aktivität unter vielen werden lässt, zu vermeiden.

Wie Jesus sagt, führt der Geist die Kirche in die ganze Wahrheit ein (vgl. Joh 16, 13), lässt den wahren Sinn des Wortes Gottes verstehen und führt schließlich zur Begegnung mit dem Wort selbst, dem Sohn Gottes, Jesus von Nazareth. Dies gilt es, gegenwärtig zu halten. Der Heilige Geist ist die Seele und der Ausleger der Heiligen Schrift. Daher gilt nicht nur, dass die Schrift «in dem Geist gelesen und ausgelegt werden muss, in dem sie geschrieben wurde» (DV 12), sondern unter der Führung des Heiligen Geistes sucht die Kirche «zu einem immer tieferen Verständnis der Heiligen Schriften vorzudringen, um ihre Kinder unablässig mit dem Worte Gottes zu nähren» und bedient sich dabei besonders des Studiums der Väter des Ostens und des Westens (vgl. DV 23), der exegetischen und theologischen Forschung sowie des Lebens der Zeugen und der Heiligen.

In dieser Hinsicht ist der Weg zu beachten, welchen die Praenotanda zum Lektionar aufzeigen: «Damit aber das Wort Gottes nicht nur in den Ohren klingt, sondern in den Herzen wirkt, ist das Handeln des Heiligen Geistes notwendig. Durch seine Eingebung und seinen Beistand wird das Wort Gottes zum Fundament des Gottesdienstes, zur Wegweisung und Quelle der Kraft für das ganze Leben. So geht das Wirken des Geistes allem gottesdienstlichen Handeln voraus, begleitet es und geht neu aus ihm hervor. Der Geist lehrt aber auch das Herz jedes einzelnen Menschen, was in der Verkündigung des Wortes Gottes der ganzen Gemeinde der Gläubigen gesagt wird. Er entfaltet die verschiedenen Gnadengaben, ermutigt zu vielfältigem Handeln und fügt alles zur Einheit zusammen». [41]

Die christliche Gemeinschaft baut sich jeden Tag neu auf, indem sie sich unter der Führung des Heiligen Geistes, welcher Erleuchtung, Bekehrung und Trost schenkt, vom Wort Gottes leiten lässt. Denn «alles, was einst geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch Geduld und durch den Trost der Schrift Hoffnung haben» (Röm 15, 4). Es ist eine vorrangige Aufgabe der Hirten, den Gläubigen dabei zu helfen, zu verstehen, was es heißt, dem Wort Gottes unter der Führung des Geistes zu begegnen und wie dies vor allem in der geistlichen Lesung der Bibel, in der Haltung des Hörens und des Gebetes geschieht. In diesem Zusammenhang sagt Petrus Damascenus: «Wer den geistlichen Sinn der Schriften erfahren hat, der weiß, dass der Sinn des einfachsten Wortes der Schrift und der Sinn eines in außerordentlicher Weise weisheitlichen Wortes ein einziger ist und immer das Heil des Menschen zum Ziel hat». [42]

Pastorale Auswirkungen

Wenn das Wort Gottes für die Kirche Quelle des Lebens ist, kommt es darauf an, die Heilige Schrift als lebendige Nahrung zu betrachten. Das bedeutet:

    a.     Beständig zu überprüfen, welchen Rang das Wort Gottes wirklich im Leben der eigenen Gemeinschaft einnimmt und dabei die konstruktiven Erfahrungen genauso zu berücksichtigen, wie die häufigsten Gefahren.

    b.     Die Geschichte und Verbreitung des Wortes Gottes in der eigenen Gemeinschaft, Diözese, Nation, Kontinent, in der Kirche im allgemeinen wahrzunehmen, um die großen Taten Gottes (magnalia Dei) zu sehen und die Bedürfnisse sowie die Initiativen, die unternommen werden müssen, besser zu erkennen und mit den Gemeinschaften solidarisch zu sein, denen materielle und geistliche Ressourcen fehlen.

    c.     Um in wirksamer Weise eine Pastoral ins Leben zu rufen, die vom Wort Gottes beseelt wird, ist es unerlässlich, die unersetzbare Rolle der Teilkirchen in Gemeinschaft untereinander anzuerkennen und zu fördern. Aus den Initiativen, welche sie als Volk Gottes in Gemeinschaft mit dem Bischof unternehmen, gehen große und kleine Erfahrungen hervor, und es entsteht ein beständiger Fluss des Wortes in den verschiedenen Gemeinschaften.


 

FÜNFTES KAPITEL

Das Wort Gottes in den vielfältigen Diensten der Kirche

«Das Brot des Lebens vom Tisch des Wortes Gottes wie des Leibes Christi» (DV 21)

 

Der Dienst am Wort

«Wie die christliche Religion selbst, so muss auch jede kirchliche Verkündigung sich von der Heiligen Schrift nähren und sich an ihr orientieren» (DV 21). Mit dieser Aussage erinnert das II. Vatikanische Konzil an besondere Verpflichtungen, welche konkrete Maßnahmen erforderlich machen.

Es ist festzustellen, dass der Dienst am Wort Gottes in den Teilkirchen in verschiedenen Lebensbereichen und Lebensformen verwirklicht wird, wobei die Tatsache anerkannt wird, dass die Feier der Eucharistie oder der anderen Sakramente der erstrangige Erfahrungsbereich des Wortes Gottes ist. Es wird die Notwendigkeit empfunden, die betenden Schriftlesung in der Form der Lectio Divina auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene als hohes und gemeinsames Ziel anzuerkennen, und eine Katechese zu fördern, welche Hinführung zur Heiligen Schrift ist. Zugleich sollen die katechetischen Programme, die Katechismen selbst, die Predigt und die Volksfrömmigkeit von der Schrift belebt werden. Darüber hinaus ist es angemessen, über das Bibelapostolat die Begegnung mit dem Wort Gottes zu fördern sowie die Entstehung und Begleitung von Bibelgruppen zu pflegen, und alles zu tun, damit das Wort, Brot des Lebens, auch wirkliches Brot wird, d.h. dahin führt, den Armen und Leidenden zu helfen. Es erscheint dringend, den Wert des Wortes auch durch Studien und Begegnungen zum Ausdruck zu bringen, die seine Beziehung zur Kultur und zum menschlichen Geist in einem interreligiösen und interkulturellen Austausch zum Ausdruck bringen. Um diese Ziele verwirklichen zu können, sind in einem Klima, das den Geist der Gemeinschaft fördert, ein aufmerksamer Glaube, apostolische Hingabe, sowie eine durchdachte, kreative und beständige Pastoral erforderlich. In keinem anderen Bereich tritt die Notwendigkeit einer beständig von der Bibel beseelten Pastoral so sehr hervor.

In dieser Perspektive der Einheit und der Zusammenarbeit muss jene Dynamik der Begegnung zwischen dem Wort Gottes und den Menschen voll anerkannt und unterstützt werden, eine Dynamik, die an der Basis aller pastoralen Tätigkeit der Kirche steht: das verkündete und gehörte Wort erfordert es, durch die Liturgie und die Sakramente zum gefeierten Wort zu werden, um auf diese Weise durch die Erfahrung der Gemeinschaft, der Liebe und der Sendung zu einem Leben nach dem Wort anregen zu können. [43]

 

Die Erfahrung in der Liturgie und im Gebet

Aus den Erfahrungen der Teilkirchen gehen einige gemeinsame Erkenntnisse hervor: in allen Teilen der Welt erfolgt die Begegnung mit dem Wort Gottes für einen Großteil der Christen nur während der sonntäglichen Eucharistiefeier; im Volk Gottes wächst das Bewusstsein der Wichtigkeit des Wortgottesdienstes, nicht zuletzt Dank seiner Neuordnung durch das neue Lektionar; einige wünschen sich aber auch eine Überarbeitung des Lektionars, nicht nur, um mehr Treue zum Urtext zu gewährleisten, sondern auch, um die drei Lesungen besser aufeinander abzustimmen; im Hinblick auf die Predigten werden entscheidende Verbesserungen erwartet; manchmal wird der Wortgottesdienst in Form einer Lectio Divina angelegt; schließlich hat das Stundengebet im Volk keine weite Verbreitung gefunden. Auf der anderen Seite ist festzustellen, dass das Volk Gottes nicht vollständig in die Theologie des Wortes Gottes in der Liturgie eingeführt wurde und ihr eher passiv beiwohnt, ohne sich des sakramentalen Charakters bewusst zu werden, und in Unkenntnis der reichhaltigen Einführungen der liturgischen Bücher, an denen auch die Hirten nicht immer interessiert zu sein scheinen; die Weite der Zeichen, welche dem Wortgottesdienst eigen sind, scheint nicht selten auf eine rituelle Formalität beschränkt und nicht innerlich verstanden zu werden; die Beziehung zwischen Wort Gottes und Sakrament wird, besonders im Hinblick auf das Sakrament der Versöhnung, zu wenig wertgeschätzt.

Die theologisch-pastorale Motivation: Wort, Geist, Liturgie, Kirche

Auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens ist es erforderlich, das Verständnis dafür reifen zu lassen, dass die Liturgie der bevorzugte Ort des Wortes Gottes ist, das die Kirche aufbaut. Einige grundlegende Aussagen sind in diesem Zusammenhang wichtig.

        -   Die Bibel ist das Buch eines Volkes und für ein Volk. Sie ist eine Erbschaft, ein den Lesern übergebenes Testament, damit sie in ihrem Leben die Heilsgeschichte Wirklichkeit werden lassen, die in der Schrift bezeugt ist. Zwischen Volk und Buch besteht daher eine wechselseitige, lebendige Zugehörigkeit: die Bibel bleibt ein lebendiges Buch, wenn das Volk sie liest; das Volk besteht nicht ohne das Buch, denn in ihm findet es den Grund seines Daseins, seine Berufung, seine Identität.

        -   Diese wechselseitige Zugehörigkeit von Volk und Heiliger Schrift wird in der liturgischen Versammlung gefeiert, welche den Ort darstellt, an dem das Werk des Empfangs der Bibel sich vollzieht. Die Rede Jesu in der Synagoge von Nazareth (vgl. Lk 4, 16-21) ist in dieser Hinsicht bedeutsam. Das, was dort geschieht, geschieht auch jedes Mal dann, wenn in der Liturgie das Wort Gottes verkündet wird.

        -   Die Verkündigung des in der Schrift enthaltenen Wortes Gottes ist Tätigkeit des Geistes: so, wie er bewirkt hat, dass das Wort Buch wird, so verwandelt er in der Liturgie das Buch in das Wort. In der alexandrinischen liturgischen Tradition gibt es eine doppelte Epiklese, eine Anrufung des Heiligen Geistes vor der Verkündigung der Lesungen und eine zweite nach der Homilie: [44]  Es ist der Geist, der den Vorsteher in seiner prophetischen Aufgabe leitet, das Wort Gottes zu verstehen und es der Versammlung entsprechend zu verkünden und auszulegen und parallel dazu eine würdige und rechte Aufnahme des Wortes durch die versammelte Gemeinschaft zu erbitten.

        -   In der Kraft des Heiligen Geistes hört die liturgische Versammlung Christus, «da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden» (SC 7) und nimmt den Bund an, den Gott mit seinem Volk erneuert. Schrift und Liturgie streben also demselben Ziel zu, das Volk zum Dialog mit dem Herrn zu führen. Das Wort, das aus Gottes Mund hervorgegangen ist und in den Schriften bezeugt wird, kehrt in der Gestalt der betenden Antwort des Volkes zu Ihm zurück (vgl. Jes 55, 10-11).

        -   In der Liturgie, vor allem bei der Feier der Eucharistie, erfolgt die Verkündigung des Wortes der Schrift, welche durch die Dynamik eines tief greifenden Dialoges gekennzeichnet ist. Von den Anfängen der Geschichte des Volkes Gottes an, sei es zu biblischer oder nachbiblischer Zeit, ist die Bibel immer das Buch gewesen, das dazu diente, die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk aufrecht zu erhalten; deshalb wurde sie Buch des Kultes und des Gebetes. Denn der Wortgottesdienst ist «nicht nur ein Augenblick der Erbauung und Katechese, sondern das Gespräch Gottes mit seinem Volk [...], ein Gespräch, in dem diesem die Heilswunder verkündet und immer wieder die Ansprüche des Bundes vor Augen gestellt werden». [45]

        -   Im Zusammenhang mit der Beziehung Wort-Liturgie kommt für die ganze Kirche, vor allem aber für das Ordensleben dem Stundengebet eine besondere Bedeutung zu. Das Stundengebet ist vor allem dank der Psalmen, in denen sich in besonderer Weise der gott-menschliche Charakter der Schrift zum Ausdruck bringt, als bevorzugter Ort der Bildung zum Gebet aufzufassen. Die Psalmen lehren zu beten, indem sie denjenigen, der sie singt oder rezitiert, dazu führen, das Wort Gottes zu hören, zu verinnerlichen und es auszulegen.

        -   Das Wort Gottes über das persönliche und gemeinschaftliche Gebet hinaus auch im liturgischen Gebet anzunehmen, wird so für alle Christen zum unumgänglichen Ziel, weshalb sie aufgerufen sind, eine neue Sicht der Heiligen Schrift zu entwickeln. Sie soll nicht so sehr als geschriebenes Buch, sondern vielmehr als Verkündigung und Bezeugung des Heiligen Geistes über die Person Christi verstanden werden, entsprechend der schon zitierten Aussage des Konzils: Christus ist gegenwärtig «in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden» (SC 7). Daraus folgt, dass «die Heilige Schrift für die Liturgiefeier von größter Bedeutung ist» (SC 24).

 

Wort Gottes und Eucharistie

In der Praxis mag der Wortgottesdienst nicht selten improvisiert und manchmal nicht ausreichend mit der Eucharistie verbunden scheinen. Die enge Einheit zwischen Wort und Eucharistie hat aber ihren Ursprung im Zeugnis der Schrift (vgl. Joh 6), wird von den Kirchenväter bezeugt und vom II. Vatikanischen Konzil bestätigt (vgl. SC 48.51.56; DV 21.26; AG 6.15; PO 18; PC 6). In der großen Tradition der Kirche finden wird dies in herausragender Weise ausgedrückt: «Corpus Christi intelligitur etiam Scriptura Dei» (auch die Schrift Gottes ist als Leib Christi zu betrachten), [46]  «ego Corpus Iesu Evangelium puto» (ich betrachte das Evangelium als Leib Jesu). [47]

Das gewachsene Bewusstsein der Gegenwart Christi im Wort fördert sowohl die unmittelbare Vorbereitung auf die eucharistische Feier, als auch die Einheit mit dem Herrn im Wortgottesdienst. Deshalb stellt diese Synode eine Fortsetzung der vorausgegangenen über die Eucharistie dar und erfordert in besonderer Weise ein Nachdenken über die Beziehung zwischen Wort Gottes und Eucharistie. [48]  So sagt der Hl. Hieronymus: «Der Leib des Herrn ist wahre Speise und sein Blut ist wahrer Trank; im gegenwärtigen Leben ist es das höchste Gut, das wir erreichen können, uns von seinem Fleisch zu nähren und sein Blut zu trinken, und das nicht nur in der Eucharistie, sondern auch bei der Lesung der Heiligen Schrift. Das Wort Gottes, das wir durch die Schriftlesung kennen lernen, ist nämlich wirklich Speise und Trank». [49]

 

Wort und Ökonomie der Sakramente

Innerhalb der sakramentalen Ökonomie muss das Wort nicht nur als Mitteilung von Wahrheit, Lehre oder ethischer Vorschrift gelebt werden, sondern im Sinne des Empfangs von Kraft und Gnade. In dem, der im Glauben hört, ruft sie eine Begegnung hervor und wird zur Feier des Bundes.

Die gleiche Aufmerksamkeit verdient jede Begegnung mit dem Wort in der liturgischen Handlung: in den Sakramenten, in der Feier des liturgischen Jahres, im Stundengebet, in den Sakramentalien. Besondere Beachtung verdienen die Wortgottesdienste in der Feier der drei Sakramente der christlichen Initiation: der Taufe, der Firmung und der Eucharistie. Die Verkündigung des Wortes Gottes in der Feier ist neu zu Bewusstsein zu bringen, besonders bei der Einzelfeier des Bußsakramentes. Das Wort Gottes soll auch in den unterschiedlichen Formen der Predigt und der Volksfrömmigkeit wertgeschätzt werden.

 

Pastorale Auswirkungen

Der erste Platz besonderer pastoraler Aufmerksamkeit gehört der Eucharistie, denn der «Tisch des Wortes Gottes wie des Leibes Christi» sind eng miteinander verbunden (DV 21), besonders deutlich am Tag des Herrn. Die Eucharistie «ist der vorzügliche Ort, wo die Gemeinschaft ständig verkündet und gepflegt wird». [50] Dabei ist zu bedenken, dass für viele Christen die Sonntagsmesse bis heute der einzige Möglichkeit der sakramentalen Begegnung mit dem Herrn ist. Dies müsste eine wirkliche pastorale Leidenschaft hervorbringen, die Begegnung mit dem Wort in der sonntäglichen Eucharistiefeier authentisch und mit Freude feiern und leben zu können. Die Eucharistie, die im Bewusstsein der engen Verbindung von Wort, Opfer und Gemeinschaft gefeiert wird, stellt ein vorrangiges Ziel der Verkündigung und des christlichen Lebens dar.

Der harmonische Verlauf der verschiedenen Teile des Wortgottesdienstes muss besonders gepflegt werden: im Hinblick auf den Vortrag der Lesungen, die Predigt, das Glaubensbekenntnis und die Fürbitten ist die enge Verbindung mit der Eucharistiefeier immer bewusst zu halten. [51]  Derjenige, von dem die Texte sprechen, wird in der Ganzhingabe seiner selbst an den Vater gegenwärtig.

Die Einleitungen, welche den Inhalt der Liturgie erschließen, sollen wertgeschätzt werden. Besonders gilt dies für die Praenotanda des Messbuches, die orientalischen Anaforen, den Ordo Lectionum Missae, die Lektionare, das Stundengebet. Sie sollen zusammen mit der Konstitution des II. Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie Gegenstand der liturgischen Bildung der Hirten und der Gläubigen sein.

Auch im Hinblick auf die Übersetzung wird eine geringere Fragmentierung der Stellen und größere Treue zum Ursprungstext gefordert. Es wird daran erinnert, dass in der Liturgie der Ritus und das Wort eng miteinander verbunden bleiben müssen (vgl. SC 35), damit die Begegnung mit dem Wort Gottes sich in der Besonderheit der Zeichen ereignen kann, die zur liturgischen Feier gehören. Dazu gehört z.B. der Ort des Ambo, die Pflege der liturgischen Bücher, ein entsprechender Stil des Vortrages der Lesungen, die Evangelienprozession, die Inzenz des Evangeliums usw.

Darüber hinaus soll der Wortgottesdienst besonders gepflegt werden. Die Texte sollen klar und verständlich vorgetragen werden, die Predigt ein reines und ermutigendes Echo des Wortes darstellen. [52]  Dies setzt voraus, dass entsprechend vorbereitete und fähige Lektoren zur Verfügung stehen. Diesem Ziel dienen auch auf diözesaner Ebene Schulungen zur Bildung der Lektoren. In diesem Zusammenhang des besseren Verständnisses des Wortes Gottes in der Messe erscheinen kurze Hinweise, die den Sinn der zu verkündenden Lesungen erschließen, angebracht zu sein.

Bezüglich der Homilie wird eine größere Treue zum biblischen Text und zur Lebenssituation der Gläubigen erwartet. Die Predigt soll dabei behilflich sein, die Ereignisse des Lebens und der Geschichte im Licht des Glaubens zu interpretieren. Sie darf sich nicht ausschließlich auf den biblischen Hintergrund beziehen. Es ist wünschenswert, dass sie auch grundlegende dogmatische um moralische Themen einbezieht. In dieser Hinsicht ist eine entsprechende Ausbildung der zukünftigen Beauftragten unerlässlich. Es wird empfohlen, dass die Verkündigung des Wortes Gottes als Einheit mit dem Gesang und der Musik betrachtet wird, wobei Wort und Schweigen gleichermaßen zu schätzen sind; außerhalb der Liturgie gibt es auch die Möglichkeit der dramatischen Umsetzung des Wortes Gottes mit Hilfe von Schriften und Gestaltungen oder entsprechenden Kunstwerken wie z.B. das Heilige Theater.

Es wird gewünscht, dass die Ordensgemeinschaften, besonders die monastischen, den Pfarrgemeinden dabei helfen, das Wort Gottes in der Feier der Liturgie zu entdecken und Geschmack daran zu finden. Im Hinblick auf das Stundengebet, an dem das Volk gerne teilnehmen würde, ist es heute unerlässlich, über die Art und Weise nachzudenken, wie dieser ausgezeichnete Kanal des Wortes Gottes den Gläubigen in entsprechend pastoraler Form erschlossen und zugänglich gemacht werden kann.

Die Lectio Divina

Die betende Begegnung mit dem Wort Gottes verfügt über eine herausragende Erfahrung, die traditionell als Lectio Divina bezeichnet wird. «Die Lectio divina ist eine Lesung in individueller oder gemeinschaftlicher Form eines mehr oder weniger langen Abschnittes der Heiligen Schrift, die als Wort Gottes angenommen wird. Unter dem Einfluss des Heiligen Geistes führt sie zur Meditation, zum Gebet und zur Kontemplation». [53]

Es kann festgestellt werden, dass es in allen Kirchen eine neue und besondere Aufmerksamkeit für die Lectio Divina gibt. In einigen Ländern ist sie eine jahrhundertealte Tradition. In anderen Diözesen hat sie sich nach dem II. Vatikanischen Konzil schrittweise eingebürgert. In vielen Gemeinschaften ist sie dabei, zu einer neuen Form des Gebetes und der christlichen Spiritualität zu werden, und dies mit ökumenischen Vorteilen. Darüber hinaus wird das Erfordernis einer Anpassung der klassischen Form an die verschiedenen Situationen wahrgenommen, um die realen Möglichkeiten der Gläubigen berücksichtigen zu können. Dabei soll das Wesen dieser betenden Lesung erhalten bleiben und zugleich seine Fähigkeit, nahrhafte Speise für den Glauben aller zu sein, gefördert werden.

Hier ist daran zu erinnern, dass die Lectio Divina eine Form der Lektüre der Bibel ist, welche auf die Anfänge des Christentums zurückgeht und die Kirche durch ihre Geschichte begleitet hat. Sie blieb in der monastischen Erfahrung lebendig, aber heute schlägt sie der Geist durch das Lehramt als pastoral bedeutsames Mittel vor, das von der Kirche als solches wertzuschätzen ist, und zwar für die Erziehung und geistliche Bildung der Priester, für das tägliche Leben der Ordensleute, für die Pfarrgemeinden, für die Familien, für die Vereinigungen und Bewegungen, für die einfachen Gläubigen, für Jugendliche und Erwachsene. Sie alle können in dieser Form der Lektüre ein zugängliches und praktikables Mittel finden, um persönlich und gemeinschaftlich Zugang zum Wort Gottes zu finden (vgl. OT 4). [54]

Der Papst Johannes Paul II. schreibt: «Besonders notwendig ist es, dass das Hören des Wortes zu einer lebendigen Begegnung in der alten und noch immer gültigen Tradition der Lectio Divina wird. Sie lässt uns im biblischen Text das lebendige Wort erfassen, das Fragen an uns stellt, Orientierung gibt und unser Dasein gestaltet». [55] Der Heilige Vater Benedikt XVI. verdeutlicht, dies solle geschehen «auch durch den Gebrauch neuer Methoden, die entsprechend der Zeit aufmerksam zu bewerten sind». [56]  Der Heilige Vater erinnert in besonderer Weise die Jugendlichen daran, «dass es immer wichtig ist, die Bibel in sehr persönlicher Weise zu lesen, in einem persönlichen Gespräch mit Gott; gleichzeitig ist es wichtig, sie in Gemeinschaft mit den Menschen zu lesen, mit denen man unterwegs ist». [57] Er lädt sie dazu ein, sich «mit der Bibel vertraut zu machen, sie immer bei der Hand zu haben, damit sie euch gleichsam zum Kompass werde, der den Weg weist, dem man folgen muss». [58]  Dass die Verbreitung der Lectio Divina Benedikt XVI. am Herzen liegt und von ihm als entscheidender Punkt für die Erneuerung des Glaubens heute erkannt wurde, wird in der Botschaft deutlich, die er an verschiedene Gruppen, besonders aber an die Jugendlichen gerichtet hat, und in der er empfiehlt: «In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem an die alte Tradition der Lectio Divina erinnern und sie empfehlen: Das vom Gebet begleitete aufmerksame Lesen der Heiligen Schrift führt zu jenem vertrauten Gespräch, in dem man beim Lesen Gott sprechen hört und ihm im Gebet antwortet, während sich das Herz vertrauensvoll öffnet (vgl. DV 25). Wenn diese Praxis wirksam gefördert wird, wird sie – davon bin ich überzeugt – der Kirche einen neuen geistlichen Frühling schenken. Als fester Bezugspunkt der Bibelpastoral muss die Lectio Divina daher weiter gefördert werden, auch durch die Anwendung sorgfältig überlegter neuer, zeitgemäßer Methoden. Es darf dabei niemals vergessen werden, dass das Wort Gottes unseren Füßen eine Leuchte und ein Licht auf unserem Weg ist (vgl. Ps 119, 105)». [59]

Die Neuheit der Lectio Divina im Volk Gottes erfordert eine entsprechende Pädagogik der Hinführung, die gut verstehen lehrt, um was es geht, und dazu beiträgt, den Sinn der verschiedenen Schritte und ihre treue und zugleich entsprechend kreative Anwendung zu klären. Es gibt ja verschiedene Vorgehensweisen, wie die Sieben Schritte (Seven Steps), die besonders in einigen Teilkirchen Afrikas praktiziert werden. Sie heißen so, weil die Begegnung mit der Bibel wie ein Weg ist, der aus sieben Etappen besteht: die Gegenwart Gottes, die Lesung, die Meditation, das Innehalten, die Kommunikation, das Gespräch, das gemeinsame Gebet. Die Bezeichnung Lectio Divina wird an manchen Orten auch abgewandelt und man spricht etwa von der Schule des Wortes oder der betenden Lesung.

Man muss sich vor allem dessen bewusst bleiben, dass der Hörer/Leser von heute sich von dem der Vergangenheit unterscheidet und in einer Situation der schnellen Entwicklung und der Fragmentierung lebt. Dies macht eine klare, geduldige und beharrliche Bildung der Priester, Ordensleute und Laien erforderlich. Nützliche, schon erprobte Ziele können die Mitteilung von Erfahrungen, welche durch das gehörte Wort hervorgerufen wurden (collatio) [60]  oder der praktischen Entscheidungen, besonders im Bereich der Caritas (actio) sein.

Die Lectio Divina soll eine Quelle werden können, welche die verschiedenen Vollzüge der Gemeinschaft wie geistliche Exerzitien, Besinnungstage, Frömmigkeitsformen und religiöse Erfahrungen inspiriert. Ein wichtiges Ziel besteht darin, die Personen auf eine Lektüre des Wortes hin reifen zu lassen, die zu einer weisheitlichen Beurteilung der Wirklichkeit befähigt. Die Lectio Divina ist in keiner Weise eine Praxis, welche nur einigen besonders engagierten Gläubigen oder Gruppen von Spezialisten im Gebet vorbehalten werden soll. Sie stellt eine Wirklichkeit dar, ohne die wir in einer säkularisierten Welt nicht in authentischer Weise Christen sein können. Diese Welt erfordert kontemplative, aufmerksame, kritische, mutige Persönlichkeiten. Sie erfordert von Mal zu Mal neue und vorher nicht getroffene Entscheidungen. Sie wird besondere Maßnahmen erforderlich machen, die nicht aus der reinen Gewohnheit und auch nicht aus der allgemeinen Meinung hervorgehen, sondern aus dem Hören auf das Wort des Herrn und der geheimnisvollen Wahrnehmung des Heiligen Geistes in den Herzen.

Das Wort Gottes und der Dienst der Liebe

Die Diakonie oder der Dienst der Liebe ist, entsprechend der Liebe, welche das Wort Gottes in seinen Worten und Taten vorgelebt hat, die Berufung der Kirche Jesu Christi.

Es ist erforderlich, dass das Wort Gottes zur Nächstenliebe führt. In vielen Gemeinschaften wird daran festgehalten, dass die Begegnung mit dem Wort nicht mit dem Hören und der Feier selbst abgeschlossen, sondern darauf ausgerichtet ist, gegenüber der Welt der Armen konkrete, persönliche und gemeinschaftliche Verpflichtung zu werden, denn sie sind Zeichen der Gegenwart des Herrn. In diesem Zusammenhang wird auf den befreiungstheologischen Zugang zur Bibel verwiesen. «Für seine weitere Entwicklung und seine Fruchtbarkeit in der Kirche wird es entscheidend sein, seine hermeneutischen Voraussetzungen, seine Methoden sowie seine Kohärenz mit dem Glauben und der Tradition der gesamten Kirche zu klären». [61]

Es ist dringlich, diesen Zusammenhang zwischen dem Wort Gottes und der Caritas ins Licht zu stellen, denn für Gläubige und Ungläubige enthält die Caritas einen starken Impuls zur Begegnung mit demWort Gottes. Diese Verbindung wird in der Enzyklika Deus caritas est des Heiligen VatersBenedikt XVI. hervorgehoben, in welcher die drei Elemente, die die tiefste Natur der Kirche ausmachen, zusammen dargestellt werden: die Verkündigung des Wortes Gottes (kerygma-martyria), die Feier der Sakramente (leitourgia) und die Ausübung des Dienstes der Liebe (diakonia). Der Papst schreibt: «Die Kirche kann den Dienst der Liebe genauso wenig vernachlässigen wie die Sakramente». [62]  Die Enzyklika Spe salvi stellt fest: «Die christliche Botschaft war nicht nur „informativ“, sondern „performativ“ – das heißt: Das Evangelium ist nicht nur Mitteilung von Wissbarem; es ist Mitteilung, die Tatsachen wirkt und das Leben verändert». [63]  An der Basis dieser Beziehung zwischen Wort und Caritas steht das fleischgewordene Wort selbst, Jesus von Nazareth, der «umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm» (At 10, 38).

In Erinnerung an die vielen Seiten der Heiligen Schriften, welche die Achtung der Gerechtigkeit gegenüber dem Nächsten nicht nur empfehlen, sondern sie anordnen (vgl. Dtn 24, 14-15; Am 2, 6-7; Jer 22, 13; Jak 5, 4), ist die Treue zum Wort Gottes dann gegeben, wenn die erste Form der Caritas im Respekt vor den Rechten der menschlichen Person und in der Verteidigung der Unterdrückten und der Leidenden verwirklicht wird. Im Hinblick auf dieses Ziel ist an die Bedeutung der Glaubensgemeinschaften zu erinnern, die auch von den Armen gebildet und von der Lektüre der Bibel beseelt werden. Den Armen der Welt ist Trost und Hoffnung zu schenken. Der Herr, der das Leben liebt, beabsichtigt, mit seinem Wort das ganze Leben der Gläubigen in jeder Situation, bei der Arbeit und beim Fest, im Leiden, in der Freizeit, bei sozialen und familiären Verpflichtungen, und in allen Wechselfällen des Lebens zu erleuchten, zu führen und aufzurichten damit jeder alles prüfen und das behalten kann, was gut ist (vgl. 1 Thess 5, 21), um auf diese Weise den Willen Gottes zu erkennen und zu tun (vgl. Mt 7, 21).

 

Die Exegese der Heiligen Schrift und die Theologie

«Deshalb sei das Studium des heiligen Buches gleichsam die Seele der heiligen Theologie» (DV 24). Die Früchte, die in diesem Bereich nach dem II. Vatikanischen Konzil erreicht wurden, sind ohne Zweifel ein Grund, den Herrn zu loben. Heute treten dabei besonders hervor: der Einsatz einer großen Zahl von Exegeten und Theologen, welche die Schriften „dem Sinn der Kirche entsprechend“ studieren und erklären und das geschriebene Wort der Bibel im Kontext der lebendigen Tradition aus- und vorlegen, d.h. das Erbe der Väter wertschätzen, sich mit den Vorgaben des Lehramtes auseinandersetzen (vgl. DV 12) und mit Hingabe den Hirten in ihrem Dienst helfen. Sie verdienen ein Wort des Dankes und der Ermutigung. [64]

Da das Wort Gottes sein Zelt unter uns aufgeschlagen hat (vgl. Joh 1, 14), treibt uns ohne Zweifel der gleiche Heilige Geist dazu an, über die neuen Wege nachzudenken, die das Wort unter den Menschen unserer Zeit einschlagen will. Der Geist lädt uns ein, die Erwartungen an das Wort und die Herausforderungen wahrzunehmen, welche die Menschheit heute bereithält. Daraus folgen einige neue Erfordernisse auf der Ebene des Studiums, aber auch des Dienstes an der Gemeinschaft.

Es ist unerlässlich, das Studium der Schrift nach den Vorgaben des Lehramtes auszurichten, sei es im Hinblick auf die Kenntnis und die Anwendung der Untersuchungsmethoden, sei es bezüglich des Auslegungsprozesses, der zu jener Fülle gelangen soll, die im geistlichen Sinn des heiligen Textes liegt. [65]  Es ist erforderlich, durch eine wechselseitige Zusammenarbeit jene Distanz zu überwinden, die zwischen der exegetischen Forschung und der theologischen Arbeit festzustellen ist: die Theologen sollen die biblischen Daten gebrauchen, ohne sie instrumentalisieren zu wollen, während die Exegeten ihre Forschung nicht nur auf die Schriftgattung beschränken, sondern sich dafür einsetzen sollen, die theologischen Inhalte, die in den inspirierten Texten liegen, anzuerkennen und mitzuteilen. Besonders wird vom Theologen gefordert, eine Theologie der Heiligen Schrift zu übernehmen, welche dabei hilft, die Wahrheit der Bibel im Leben des Glaubens und im Dialog mit den Kulturen verstehen und schätzen zu können, indem er über die derzeitigen Tendenzen der Anthropologie, die moralischen Dringlichkeiten, das Verhältnis zwischen Glaube und Vernunft sowie den Dialog mit den großen Religionen nachdenkt.

Unter den Bezugspunkten der exegetischen und theologischen Arbeit sollen die Zeugen der Heiligen Tradition, wie etwa die Liturgie und die Kirchenväter wieder neu geschätzt werden. Von den Gelehrten erwartet sich die christliche Gemeinschaft „entsprechende Hilfsmittel“, die den Dienern des göttlichen Wortes dabei helfen, dem Volk Gottes «mit wirklichem Nutzen die Nahrung der Schriften zu reichen, die den Geist erleuchtet, den Willen stärkt und die Menschenherzen zur Gottesliebe entflammt» (DV 23). Zu diesem Zweck ist ein intensiver und konstruktiver Dialog zwischen Exegeten, Theologen und Hirten wünschenswert. Dieser Dialog würde es ermöglichen, das theologische Nachdenken in wirkungsvollere Vorschläge der Evangelisierung zu übersetzen. In dieser allgemeinen Perspektive wird die Aufmerksamkeit auf jene Vorschläge gelenkt, die zu seiner Zeit das Dekret des II. Vatikanischen Konzils Optatam totius im Hinblick auf die Lehre der Theologie und der biblischen Exegese und daher auch auf die bei der Bildung zukünftiger Hirten anzuwendende Methode umschrieben hat. Die dort aufgezeigten Perspektiven müssen zum großen Teil neu umgesetzt werden.

 

Das Wort Gottes im Leben des Gläubigen

Das Bewusstsein um das Wort Gottes als unschätzbares Geschenk hat die Verantwortung für seine Aufnahme im Glauben gestärkt. Und weil das Hören des Wortes – wie Jesus sagt – auch das Tun des Wortes erforderlich macht (vgl. Mt 7, 21), hat die Kirche immer eine entsprechende Lebensführung vorgeschlagen, und auf die Bildung einer biblischen Spiritualität hingezielt.

Die Art der Beziehung zum Wort Gottes ist sicherlich von der Vision des Glaubens her bestimmt. Die Auswertung der Erfahrung zeigt, dass für einige die Gefahr besteht, in der Bibel nur ein kulturelles Objekt zu sehen, ohne Auswirkung auf das Leben. Für andere ist sie ein Buch, das sie lieben, ohne zu wissen warum. Schließlich gibt es, wie die Erde im Gleichnis vom Sämann, diejenigen, die dreißigfache, sechzigfache oder hundertfache Frucht bringen (cf. Mc 4, 20). Die Feststellung, dass zusammen mit dem Fortschritt in der Katechese der spirituelle Fortschritt einen der schönsten und vielversprechendsten Aspekte der Begegnung des Wortes Gottes mit seinem Volk darstellt, ist berechtigt.

Die Gründe für eine lebendige Beziehung zu Bibel werden von Dei Verbum zusammengefasst. Dementsprechend ist es erforderlich, dass alle in beständiger heiliger Lesung und gründlichem Studium sich mit der Schrift befassen (vgl.DV 25), denn die Bibel ist «reiner, unversieglicher Quell des geistlichen Lebens» (DV 21). Im Hinblick auf eine genuine Spiritualität des Wortes wird daran erinnert, dass das «Gebet die Lesung der Heiligen Schrift begleiten muss, damit sie zu einem Gespräch werde zwischen Gott und Mensch; denn „ihn reden wir an, wenn wir beten; ihn hören wir, wenn wir Gottes Weisungen lesen“ [66] » (DV 25). Das bestätigt der Hl. Augustinus: «Dein Gebet ist das Wort, das Du an Gott richtest. Wenn Du die Bibel liest, spricht Gott zu Dir; wenn Du betest, sprichst Du zu Gott». [67]  Es ist erforderlich, die Gläubigen dahingehend zu unterrichten, was die gläubige Lektüre der Bibel zum Leben des Christen beitragen kann, wenn er selbst aus seinem Herzen eine Bibliothek des Wortes gemacht hat. [68]

Das Wort Gottes trägt zum Leben des Glaubens bei, weil es nicht in erster Linie ein Kompendium doktrinärer Fragen oder eine Reihe ethischer Prinzipien zum Ausdruck bringt, sondern die Liebe Gottes, die zur persönlichen Begegnung mit Ihm einlädt und im Osterereignis ihre unüberbietbare Größe zeigt. Das Wort Gottes legt jedem Menschen und jedem Volk das Heilsangebot des Vaters vor. Es hinterfragt, ermahnt und regt an zu einem Weg der Jüngerschaft und der Nachfolge, es bereitet darauf vor, die verwandelnde Tätigkeit des Geistes anzunehmen, es fördert maßgeblich die Geschwisterlichkeit, indem es tiefe Beziehungen schafft und regt zum Einsatz für die Evangelisierung an. All dies gilt in besonderer Weise im Hinblick auf die Ordensleute.

Dies erfordert die aufmerksame Pflege einiger Haltungen. Zunächst einmal kommt es darauf an, dem Wort Gottes innerlich und äußerlich mit dem Geist des Armen zu begegnen, denn «Jesus Christus, unser Herr [...] der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen» (2 Kor 8, 9). Es geht um ein Sein, welches das Wesen Jesu nachahmt, der das Wort des Vaters hört und es den Armen verkündet (vgl. Lk 4, 18).Es gibt Menschen, vor allem Frauen, die unter manchmal schwierigen Bedingungen arbeiten, sie hüten das Herdfeuer, widmen sich den Kindern, stehen den Nachbarn mit vielen Diensten zur Seite, und das alles mit einem lebendigen Glauben und einer spontanen Beziehung zu den Psalmen und den Evangelien. Es ist das Zeugnis des Lebens, das der Schriftlesung Glaubwürdigkeit verleiht.

Die geistlichen Meister rufen jene Bedingungen in Erinnerung, dank derer das Wort das Leben des Gläubigen nährt und eine biblische Spiritualität entstehen lässt: die tiefe Verinnerlichung des Wortes; die Beständigkeit in den Prüfungen, welche das Wort hervorruft; und schließlich der geistliche Kampf gegen falsche und feindliche Worte, Gedanken und Verhaltensweisen. Auch die Bibel steht unter dem Zeichen des Kreuzes, sie ist Wohnung des Gekreuzigten. Diese Haltungen werden von den Ordensgemeinschaften und in den geistlichen Zentren bezeugt, die eine wertvolle Hilfe für eine tiefe Erfahrung des Wortes Gottes sind.


 

DRITTER TEIL

DAS WORT GOTTES IN DER SENDUNG DER KIRCHE

«So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. Dann schloss er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt» (Lk 4, 16-21).

Die Sendung der Kirche

Bei der Verkündigung der Guten Nachricht ist die Sendung der Kirche aufs Engste mit der Erfahrung des Wortes Gottes im Leben verbunden. In der Schule des fleischgewordenen Wortes wird sich die Kirche bewusst, dass ihre Beziehung zu Christus, durch das Gebot des Herrn selbst ein Wort und eine Erfahrung des Lebens ist, welche an alle weitergegeben werden muss. Im Dienst am Wort Gottes wendet sich die Sendung der Kirche heute an verschiedene Umfelder: Völker und Gruppen, sozio-kulturelle Kontexte, in denen Christus und sein Evangelium nicht bekannt oder noch nicht ausreichend verwurzelt sind; es gibt Gemeinschaften von Christen, die voll von Glauben und Leben sind; aber zugleich auch die Situation, dass ganze Gruppen von Getauften sich nicht mehr als Glieder der Kirche empfinden und eine von Christus und seinem Evangelium weit entfernte Existenz führen. [69]  Es ist daher erforderlich, in entsprechender Weise über diese unterschiedliche missionarische Dynamik des Wortes Gottes in der Kirche nachzudenken.

SECHSTES KAPITEL

Für einen «weiten Zugang zur Heiligen Schrift» (DV 22)

Die Sendung der Kirche besteht darin, das Wort zu verkünden und das Reich Gottes aufzubauen

Zu Beginn dieses neuen Jahrtausends ist es die Sendung der Kirche, sich vom Wort zu nähren, um im Einsatz für die Evangelisierung Dienerin des Wortes sein zu können. [70]

Ohne Zweifel ist die Verkündigung des Evangeliums der Grund für das Bestehen der Kirche und ihrer Sendung. Das beinhaltet, dass sie lebt, was sie predigt. Dies ist der entscheidende Weg, damit das, was sie verkündet, ungeachtet ihrer Schwäche und ihrer Armut, glaubwürdig erscheint. Wenn das Volk Israel dem Wort Gottes antwortete, sagte es: «Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun; wir wollen gehorchen!» (Ex 24, 7); auch Jesus lädt seine Jünger am Ende der Bergpredigt zu einer solchen Antwort ein (vgl. Mt 7, 21-27).

In der Schule Jesu hat die Verkündigung des Wortes das Reich Gottes zum Inhalt, das zugleich innere Kraft ist (vgl. Mk 1, 14-15). Das Reich Gottes ist Jesus in Person, der in Worten und Werken allen Menschen das Heil anbietet. Wenn die Kirche Christus predigt, nimmt sie teil am Aufbau des Reiches Gottes, verdeutlicht seine Dynamik als Samen, der aufgeht (vgl. Mk 4, 27) und lädt alle ein, es anzunehmen.

Das Wort des Hl. Paulus: «Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!» (1 Kor 9, 16) erklingt auch heute mit einer gewissen Dringlichkeit in der Kirche, und stellt für die Christen nicht einfach eine Information unter anderen dar, sondern die Berufung zum Dienst am Evangelium für die Welt. Denn, wie Jesus gesagt hat, «die Ernte ist groß» (Mt 9, 37) und vielfältig: es gibt besonders in Afrika und Asien viele Menschen, die das Evangelium noch nie gehört haben und immer noch die Erstverkündigung erwarten. Es gibt andere, die das Evangelium vergessen haben und eine Neuevangelisierung benötigen. Ein klares und von allen geteiltes Zeugnis eines Lebens nach dem von Jesus bezeugten Wort zu geben, wird zum unentbehrlichen Kriterium der Überprüfung der Sendung der Kirche.

Dabei fehlen aber auch nicht die Schwierigkeiten, welche den Weg der Verkündigung des Evangeliums und des Hörens auf den Herrn behindern. Die Gründe sind vielfältig: die gegenwärtige Kultur, welche aus verschiedenen Motiven dem Relativismus und Säkularismus zuneigt; die vielfältigen Anforderungen von Seiten der Welt und der Aktivismus im Leben des Einzelnen ersticken den Geist, weshalb im Hinblick auf die Verinnerlichung der Botschaft des Evangeliums eine gewisse Schwierigkeit festzustellen ist; das Fehlen von entsprechenden Hilfsmitteln erlaubt es in vielen Gegenden nicht, den biblischen Text zu benutzen, ihn zu übersetzen oder zu verbreiten. In besonderer Weise begegnet man im Hinblick auf eine korrekte Auslegung der Bibel den Hindernissen von Seiten der Sekten und des Fundamentalismus. Das Wort Gottes zu bringen ist eine anspruchsvolle Sendung, die ein tiefes und überzeugtes Sentire cum Ecclesia erforderlich macht.

Eine der ersten Voraussetzungen für eine wirksame Verkündigung des Evangeliums ist das Vertrauen auf die verwandelnde Kraft des Wortes im Herzen dessen, der es hört. Denn «lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll [...] es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens» (Hebr 4, 12). Eine zweite Voraussetzung, die heute besonders erforderlich und glaubwürdig ist, besteht darin, das Wort Gottes als Quelle der Bekehrung, der Gerechtigkeit, der Hoffnung, der Geschwisterlichkeit und des Friedens zu verkünden. Andere Voraussetzungen sind die Aufrichtigkeit, der Mut, der Geist der Armut, die Demut, die Kohärenz, die Herzlichkeit dessen, der dem Wort Gottes dient. Der Hl. Augustinus schreibt: «Es ist unerlässlich, zu verstehen, dass die Liebe die Fülle des Gesetzes und die Fülle der göttlichen Schriften ist. [¼].Wer also glaubt, die Schriften oder irgend einen Teil von ihnen verstanden zu haben, ohne sich darum zu bemühen, auf Grund dieses Verständnisses diese zweifache Liebe zu Gott und zum Nächsten zu leben, zeigt, dass er sie noch nicht verstanden hat». [71]  Zusammenfassend kann mit dem Heiligen Vater PapstBenedikt XVI. gesagt werden, dass aus der Annahme des Wortes, das die Liebe ist, folgt, dass man den Herrn nicht wirksam verkünden kann ohne eine Praxis der Liebe in der Ausübung der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe. [72]

Die Sendung der Kirche erfüllt sich in der Evangelisierung und der Katechese

In der Geschichte des Volkes Gottes erfolgt die Verkündigung des Wortes seit jeher in der Evangelisierung und der Katechese. Ausgehend vom II. Vatikanischen Konzil scheint es so zu sein, dass die Beziehung zwischen der Bibel und der Evangelisierung in ihren verschiedenen Formen, von der ersten Verkündigung bis zur beständigen Katechese, sehr eng ist. Überall sind die nationalen Katechismen und die Direktorien, die sie anregen, biblisch qualifiziert und geben dem aus der Schrift geschöpften Wort Gottes den ersten Platz. Es sind allerdings Klärungen vor allem im Hinblick auf einen zentralen Punkt erforderlich: die Integration zwischen dem Verständnis des Glaubens, wie es Tradition und Lehramt vorlegen und dem biblischen Text.

Grundlegend ist wegen ihrer Klarheit an die Aussage des Konzils zu erinnern: «Auch der Dienst des Wortes, nämlich die seelsorgliche Verkündigung, die Katechese und alle christliche Unterweisung - in welcher die liturgische Homilie einen hervorragenden Platz haben muss - holt aus dem Wort der Schrift gesunde Nahrung und heilige Kraft» (DV 24). Der Papst Johannes Paul II. stellt fest, dass «die Arbeit der Evangelisierung und der Katechese, gerade in der Aufmerksamkeit für das Wort Gottes neu belebt wird». [73]  Das Allgemeine Direktorium für die Katechese klärt, was es heißt, das Wort Gottes sei Quelle der Katechese, indem es feststellt: «Die Katechese schöpft ihren Inhalt immer aus der lebendigen Quelle des Wortes Gottes, das von der Schrift und der Tradition überliefert wird». [74]

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass in der Katechese das Wort Gottes nicht wie ein Schulfach auf ein bloßes Wissensobjekt reduziert werden darf. Im Licht der Offenbarung ist vielmehr daran zu erinnern, dass man in der Katechese, ähnlich wie es auch in den liturgischen Feiern geschieht, den Schriften als einem Handeln begegnet, mit dem Gott selbst sich den Menschen zuwendet. Es geht darum, Dank der biblischen Texte, die treue und wohlwollende Gegenwart Gottes, der nicht aufhört, sich den Menschen zu zeigen, erfahrbar zu machen. In dieser Perspektive ist die Katechese eng mit der Lectio Divina verbunden, denn sie ist von Jugend auf die Erfahrung des Hörens und des Betens des Wortes Gottes.

Im Hinblick auf die praktische Umsetzung müssen die Gestalten der Kommunikation gegenwärtig gehalten werden, welche dem Wort Gottes eigen sind. Zugleich sind die immer neuen Bedürfnisse der Gläubigen in den verschiedenen Altersstufen und geistlichen, kulturellen und sozialen Umständen zu beachten, so wie es auch das Allgemeine Direktorium für die Katechese und die Katechetischen Direktorien der verschiedenenTeilkirchen hervorheben. [75]

Als bevorzugte Wege bedient sich die Evangelisierung des liturgischen Jahres, der christlichen Initiation und der ständigen Weiterbildung. [76]  Die Katechese der Katechumenen und die mystagogische Katechese führen zu einer fruchtbaren biblischen Grundhaltung, die es auch ermöglicht, durch das Wort Gottes, aus dem sie häufig schöpft, die Volksfrömmigkeit wirksam zu bereichern. Eine wichtige Rolle kommt dabei der direkten Begegnung mit der Heiligen Schrift zu. Es handelt sich hier um ein erstrangiges Ziel. Die Katechese «muss sich durch ständigen Kontakt mit den Texten von Gedanken, Geist und Haltungen der Bibel und der Evangelien selber prägen und durchdringen lassen». [77]

Wegen seiner besonderen kulturellen Bedeutung verdient die Rolle der Bibel im schulischen Unterricht, vor allem im Religionsunterricht besondere Beachtung, wenn es darum geht, einen vollständigen Weg der Entdeckung der großen biblischen Themen und der von der Kirche angewandten Auslegungsmethoden einzuschlagen. Im Hinblick auf diese Zielsetzung ist der Katechismus der Katholischen Kirche ein «gültiges und legitimes Werkzeug im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft, und sichere Norm für die Lehre des Glaubens». [78]  Es geht nicht darum, auf diese Weise die biblische Katechese zu ersetzen, sondern sie in eine Gesamtsicht der Kirche zu integrieren.

Durch die starken kulturellen und sozialen Wandlungsprozesse der letzten Jahrzehnte wird eine Katechese erforderlich, die dabei hilft, die „schwierigen Seiten“ der Bibel zu erklären. Diese Schwierigkeiten treten vor allem im Hinblick auf die Geschichte, die Wissenschaft und das moralische Leben hervor, und betreffen in besonderer Weise die Art und Weise der Darstellung Gottes und des ethischen Verhaltens des Menschen, besonders im Alten Testament. Um hier eine Lösung finden zu können, ist ein organisches exegetisch-theologisches, aber auch anthropologisches und pädagogisches Nachdenken erforderlich.

Schließlich bleibt die Predigt in ihren verschiedenen Formen eines der herausragenden Mittel für die Weitergabe des Glaubens in der Kirche. Sie ist aber auch die Form, welche am meisten dem Urteil der Gläubigen ausgesetzt ist. Es gilt, ein zielgerichtetes Projekt der Bildung im Hinblick auf die Predigt des Wortes zu entwickeln (vgl. DV 25). Im Hinblick auf den Prozess der Kommunikation ist das Apostolische Schreiben des Papstes Paul VI. Evangelii nuntiandi von bleibender Bedeutung, besonders wenn dort festgestellt wird, dass in der Verkündigung des Wortes Gottes der Vorrang dem persönlichen Zeugnis und der Vermittlung des Wortes in der Familie oder in den Umfeldern, zu denen viele Zugang haben, gebührt.


 

SIEBTES KAPITEL

Das Wort Gottes im Dienst und in der Bildung des Volkes Gottes

Ein beständiger Kontakt mit den Schriften (vgl. DV 25)

Eine wesentliche pastorale Verpflichtung besteht darin, die Gläubigen zu bilden, damit sie das Wort Gottes empfangen und weitergeben können. Dies geht eindeutig aus Dei Verbum hervor, wenn vom vielfältigen Wert des Wortes Gottes die Rede ist und ausdrücklich die Aufgaben, die Verantwortlichen und der Weg der Bildung benannt werden.

 

Der Hunger und Durst nach dem Wort Gottes (vgl. Am 8, 11): Achtung vor den Bedürfnissen des Volkes Gottes

Diese Bedürfnisse bestehen im Hinblick auf die Kenntnis, das Verständnis und die Praxis des Wortes. Die Kenntnis betrifft die wahre Natur des Wortes und die Wege seiner Vermittlung, Schrift und Tradition, sowie den Dienst, den das Lehramt zu leisten berufen ist. Nach dem II. Vatikanischen Konzil ist diesbezüglich vieles geschehen, aber nach wie vor gibt es ein großes Bedürfnis, das, was die Offenbarung anbietet, klar und sicher erkennen zu können. Im Hinblick auf das Verständnis bleibt, wie vorher schon gesagt wurde, das Problem der Interpretation und der Inkulturation des Wortes Gottes zentral. Schwierigkeiten sind im Hinblick auf die Praxis der Bibel festzustellen. Viele Gläubige haben immer noch keine Übersetzung des biblischen Textes in Händen.

Heute werden andere Fragen wahrgenommen, die nicht außer Acht gelassen werden können: in vielen Teilen der Welt gibt es noch Analphabetismus und daher die Schwierigkeit, zu lesen; viele lernen vor allem durch das Sehen und das Hören, und daher häufig rasch und bruchstückhaft; schließlich hat die vorherrschende religiöse Kultur in einigen Teilen der Welt keinen unmittelbaren Bezug zum heiligen Buch.

 

 

«In der Heiligen Schrift also offenbart sich [...]

eine wunderbare Herablassung der ewigen Weisheit» (DV 13)

In diesem Zusammenhang legt es sich nahe, zu sagen, dass der Geist die Teilkirchen dazu anregt, die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils, besonders die vier Konstitutionen, deren Zentrum Dei Verbum ist, wieder zur Hand zu nehmen, und sie in der Art, die den Einzelnen am meisten entspricht, zum Gegenstand der Katechese für das ganze Volk Gottes zu machen. Grundlegende Themen, die nur im Rahmen einer organischen Katechese und strukturierter Bibelkurse angegangen werden können, sind die Theologie der Offenbarung, die Theologie der Schrift, das Verhältnis zwischen Altem und Neuem Testament, die Pädagogik Gottes usw.

Auch die Notwendigkeit, entsprechende Vorgehensweisen und Hilfsmittel zu entwickeln, darf nicht vergessen werden. Es gibt viele Möglichkeiten, das Wort Gottes zu hören. Die wesentliche Schwierigkeit besteht darin, dass es wirklich die Herzen berührt und nicht nur gehörtes und gekanntes Wort bleibt, sondern lebendiges Wort wird. Deshalb kann die regelmäßige und geduldige Arbeit, die der Einzelne im Gebet verrichtet, durch nichts ersetzt werden. Das soll ermutigt und durch den Einsatz von einfachen, allen zugänglichen Hilfsmitteln erleichtert werden. Verschiedene Bewegungen, unter ihnen die Katholische Aktion, schlagen Vorgehensweisen vor, um Leben und Wort Gottes vereinigen zu können. Heute gibt es eine Vielzahl normalerweise gut durchdachter Techniken und Mittel zur Begegnung mit der Bibel: Kommentare, Einführungen in die Bibel, Bibeln für Kinder und Jugendliche, geistliche Bücher, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Zeitschriften, sowie ein sehr weites Feld im Bereich der einfacheren oder komplexeren Medien, die im Dienst der Verbreitung der Bibel stehen. Es ist erforderlich, sich verständlich zu machen und den Brüdern und Schwestern im Glauben das Brot des Wortes zu reichen. In diesem Zusammenhang wird das Bedürfnis nach einer Solidarität unter den Kirchen, auch auf materieller Ebene, spürbar.

Hier ergibt sich die Notwendigkeit, in neuer und angemessenerer Weise über die neuen Kommunikationsformen nachzudenken. Es ist nicht einfach, mit der Heiligen Schrift vertraut zu werden. Um das zu verstehen, was der Text sagt, ist eine Pädagogik erforderlich, die ausgehend von der Schrift das Verständnis und die Annahme der Guten Nachricht Jesu ermöglicht, wie es beim Diener der Königin von Äthiopien der Fall war (vgl. Apg 8, 26-40). Es gilt, einen Anfang zu machen und vor allem kreative und dem Evangelium entsprechende Formen zu finden, um den Lehren von Dei Verbum wieder neue Aktualität zu geben. Dei Verbum erlaubt seinerseits einen in Umfang und Qualität glaubensgemäßen Zugang zum Wort Gottes, das uns in der Schrift geschenkt wird.

 

Die Bischöfe im Dienst am Wort

Das II. Vatikanische Konzil lehrt: «Diekirchlichen Vorsteher [...] sollen die ihnen anvertrauten Gläubigen zum rechten Gebrauch der Heiligen Bücher [...] anleiten» (DV 25). Dies ist, ihrem munus docendi entsprechend,  [79] eine den Bischöfen persönlich und direkt übertragene Aufgabe. Sie sind zugleich Hörer und Diener des Wortes. In einer Welt, die von der Kommunikation bestimmt wird, muss der Bischof ein qualifizierter Kommunikator der biblischen Weisheit sein, nicht so sehr durch seine Gelehrsamkeit, sondern durch die Haltung des beständigen Umgangs mit den heiligen Büchern. Auf diese Weise wird er für all diejenigen zum Führer, welche jeden Tag die Bibel aufschlagen. Indem er das Wort Gottes und die Heilige Schrift zur Seele der Pastoral macht, ist er in der Lage, die Gläubigen zur Begegnung mit Christus, dem lebendigen Quell, zu führen. Der Heilige Vater Papst Benedikt XVI. hat das Erfordernis hervorgehoben, das Volk zur Lektüre und zu Meditation des Wortes Gottes, das geistliche Speise ist, zu erziehen, «damit die Gläubigen durch eigene Erfahrung feststellen, dass die Worte Jesu Geist und Leben sind (vgl. Joh 6, 63). [...] Wir müssen unseren missionarischen Einsatz und unser ganzes Leben auf den Fels des Wortes Gottes gründen. Ich ermutige daher die Hirten, sich zu bemühen, das Wort Gottes bekannt zu machen». [80]  Die beste Art und Weise, Geschmack an der Heiligen Schrift zu bekommen, ist daher die Person des Bischofs selbst, der sich vom Wort Gottes formen lässt. Er hat die beständige Möglichkeit, den Gläubigen dabei zu helfen, auf den Geschmack der Schrift zu kommen. Immer, wenn er zu den Gläubigen, besonders zu den Priestern spricht, kann er ein Beispiel für die Lectio Divina geben. Wenn er gelernt hat, sie entsprechend anzuwenden und sie in einfacher Weise vorlegt, werden die Gläubigen lernen. Dies ist ein sicheres objektives Ziel des Hirtendienstes: Die Praxis der Bibel und all die Initiativen, welche diese fördern, müssen als Weg der Kirche und Grundlage aller Frömmigkeit betrachtet werden.

 

Die Aufgabe der Priester und der Diakone

Im Hinblick auf die Evangelisierung, zu der sie durch ihren Dienst berufen sind, stellt auch für die Priester und Diakone die Kenntnis und Vertrautheit mit dem Wort Gottes eine vordringliche Aufgabe dar. Das II. Vatikanische Konzil bestätigt, dass alle Kleriker, besonders die Priester und Diakone durch eifrige Lesung und genaues Studium einen beständigen Kontakt mit den Schriften haben müssen, damit sie nicht nach außen hin vergeblich Prediger des Wortes Gottes sind, weil sie es nicht innerlich hören (vgl. DV 25; PO 4). Dieser konziliaren Lehre entspricht die kirchenrechtliche Bestimmung im Hinblick auf den Dienst am Wort Gottes, der den Priestern und Diakonen als Mitarbeitern des Bischofs anvertraut wird. [81]

Aus dem täglichen Umgang mit dem Wort erhalten sie das notwendige Licht, um sich nicht der Mentalität der Welt anzugleichen und eine gesunde persönliche und gemeinschaftliche Unterscheidung der Geister vorzunehmen, damit sie mit Eifer in der apostolischen Tätigkeit das Volk Gottes auf den Wegen des Herrn führen können. Das alles macht eine Erziehung und pastorale Bildung erforderlich, welche vom Wort erleuchtet wird. Die Entwicklung der biblischen Wissenschaften, die Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse sowie die Entwicklung der pastoralen Situationen machen eine ständige Weiterbildung notwendig.

Die Aufgabe der Verkündigung erfordert den Einsatz besonderer Initiativen, wie zum Beispiel die volle Wertschätzung der Bibel in den pastoralen Projekten. In jeder Diözese dient ein Projekt biblischer Pastoral unter der Leitung des Bischofs dazu, die Bibel in den großen Unternehmungen der Kirche, in der Evangelisierung und der Katechese gegenwärtig zu halten. Auf diese Weise wird dafür Sorge getragen, dass sich die Gemeinschaft zwischen Klerikern und Laien, zwischen Pfarreien, Ordensgemeinschaften und kirchlichen Bewegungen auf das Wort Gottes gründet und sich in ihm zum Ausdruck bringt.

Im Hinblick auf den priesterlichen Dienst erfordert die Seminarausbildung immer mehr eine breite und auf dem neuesten Stand befindliche Kenntnis in Exegese und Theologie, eine nicht oberflächliche Bildung im Bereich des pastoralen Einsatzes der Bibel, eine echte Anleitung zur biblischen Spiritualität, welche im Dienst am Volk Gottes die Erziehung zu einer großen Leidenschaft für das Wort nie unterlassen darf. Es ist daher wünschenswert, dass sich viele Kleriker auch den akademischen Studien der Heiligen Schrift widmen.

 

Die verschiedenen Diener des Wortes Gottes

Die biblische und liturgische Erneuerung hat die Notwendigkeit hervortreten lassen, Diener des Wortes Gottes zu haben, besonders für die Liturgie, aber auch für jede andere Form der Weitergabe der Bibel. Was den liturgischen Dienst betrifft, so kommt der Dienst am Wort sowohl durch den Vortrag der Lesungen als auch vor allem in der Homilie zum Ausdruck. Die Homilie ist allein Sache des geweihten Amtsträgers, die Verkündigung des Wortes ist Aufgabe des Lektors, der zu diesem Dienst bestellt wurde, kann in seiner Abwesenheit aber auch von anderen Laien (Männern oder Frauen) erfüllt werden. [82]  In bestimmten, vom Kirchenrecht vorgesehenen Fällen kann auch Laien die Predigt in Kirchen oder Kapellen gestattet werden. [83]

Zu den Dienern des Wortes sind auch die Katecheten, die Leiter von Bibelgruppen und alle jene zu zählen, die im Bereich der Liturgie, der Caritas oder des Religionsunterrichts eine Rolle als Ausbilder der Gläubigen haben. Das Allgemeine Direktorium für die Katechese umschreibt die erforderlichen Fähigkeiten. Aber in allen Teilkirchen ist die Aufmerksamkeit für diese pastoralen Mitarbeiter lebendig, denn es wird einerseits ihre Liebe zur Schrift und andererseits die Schwierigkeit festgestellt, diesen Dienst zu leisten.

 

Die Aufgabe der Laien

Durch die Taufe Glieder der Kirche geworden und des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes Christi teilhaftig, teilen die gläubigen Laien die Heilssendung, welche der Vater seinem Sohn zum Heil aller Menschen anvertraut hat (LG 34-36). [84]  Um ihre Sendung ausüben zu können, «werden die Laien nicht nur des übernatürlichen Glaubenssinnes der Kirche, der „im Glauben nicht irren“ (LG 12) kann, sondern auch der Gnade des Wortes (vgl. Apg 2, 17-18; Offb 19, 10) teilhaftig; auch sind sie dazu berufen, die Neuheit und die Kraft des Evangeliums in ihrem täglichen Familien- und gesellschaftlichen Leben sichtbar werden zu lassen». [85]  Auf diese Weise leisten sie durch die Treue zu Seinem Wort ihren Beitrag zum Aufbau des Reiches Gottes.

Um ihre Sendung in der Welt zu erfüllen, ist es Sache der Laien, den Menschen in ihrer konkreten Lebenssituation die Gute Nachricht zu verkünden. Im prophetischen StilJesu von Nazareth muss die Verkündigung des Wortes «jedem Menschen als Lösung seiner Probleme, Antwort auf die eigenen Fragen, eine Weitung des eigenen Werthorizontes und zugleich eine Erfüllung der eigenen Erwartungen erscheinen». [86]

Der Laie, der mit der Bibel unterwegs ist, darf nicht nur passiver Hörer sein, sondern muss in allen Bereichen, die es mit der Bibel zu tun haben, aktiv werden: in der Wissenschaft, im Dienst am Wort im liturgischen oder katechetischen Bereich, in der biblischen Bereicherung der verschiedenen Gruppen. Der Dienst der Laien erfordert eine Vielzahl von Kompetenzen, die wiederum eine spezifische biblische Bildung voraussetzen. Hier soll nur an die herausragendsten Aufgaben erinnert werden: die Bibel in der christlichen Initiation der Kleinen; die Bibel für die Welt der Jugend, z.B. während der Weltjugendtage; die Bibel für die Kranken, die Soldaten, die Gefangenen.

Ein bevorzugtes Mittel für die Begegnung mit Gott, der zu uns spricht, ist die Katechese innerhalb der Familien, welche die Vertiefung einer Bibelstelle und die Vorbereitung der Sonntagsliturgie umfassen kann. Es bleibt Aufgabe der Familie, die Kinder durch die Erzählung der großen biblischen Geschichten, vor allem des Lebens Jesu, und ein durch die Psalmen oder andere geoffenbarte Bücher inspirierten Gebet zur Heiligen Schrift hinzuführen.

Auch die Bewegungen oder Gruppen, Vereinigungen, Zusammenschlüsse, neue Gemeinschaften verdienen besondere Aufmerksamkeit. Auch, wenn sie auf Grund der Vorgehensweise und der Betätigungsfelder sehr unterschiedlich sind, kennzeichnen sie sich alle durch eine Wiederentdeckung des Wortes Gottes, und die herausragende Rolle, die sie ihm in ihrem spirituell-pädagogischen Projekt geben, um ihr geistliches Leben zu wecken und zu nähren. Sie verfügen über wirksame Bildungswege, die alle auf die lebendige Aufnahme des Wortes Gottes ausgerichtet sind. Sie lehren, die Liturgie und das persönliche Gebet unter starker Beachtung des Wortes zu leben und bevorzugen die Liturgie der Kirche. Auch das Stundengebet und die Lectio Divina werden von ihnen als Möglichkeiten der geistlichen Nahrung praktiziert.

Es ist eine verpflichtende Aufgabe, sicherzustellen, dass in dieser leidenschaftlichen Begegnung mit dem Wort Gottes auch die Gemeinschaft mit der Kirche und die Liebe gegenüber den Gläubigen bezeugt werden, die nicht zu den Vereinigungen gehören.

Der Dienst der Ordensleute

Auf dem Weg des Wortes Gottes im christlichen Volk kommt den Ordensleuten eine besondere Rolle zu. Sie, so unterstreicht es das II. Vatikanische Konzil, «sollen täglich die Heilige Schrift zur Hand nehmen, um durch Lesung und Betrachtung des Gotteswortes „die überragende Erkenntnis Jesu Christi“ (Phil 3, 8) zu gewinnen» (PC 6) und in ihrer Aufgabe der Erziehung und der Evangelisierung, besonders der Armen, der Kleinen und der zu kurz gekommenen, durch die Schriften neuen Schwung erhalten. Dies gilt vor allem für «die Evangelien, die „das Herzstück aller Schriften“ sind. [... Sie sollen], jeweils in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Charisma Schulen des Gebets, Schulen für Spiritualität und zur betrachtenden Lesung der Heiligen Schrift fördern». [87]

Für die Ordensleute ist der biblische Text Gegenstand der täglichen Ruminatio und der Auseinandersetzung, um persönlich und gemeinschaftlich Entscheidungen im Hinblick auf die Evangelisierung treffen zu können. Wenn der Mensch beginnt die göttlichen Schriften zu lesen – meint der Hl. Ambrosius – geht Gott wieder mit ihm im irdischen Paradies spazieren. [88]  Die betende Lesung des Wortes in Gemeinschaft mit den Jugendlichen ist ein Weg für das erneute Wachstum in der Berufung sowie eine fruchtbare Rückkehr zum Evangelium und zum Geist der Gründer, wie es vom II. Vatikanischen Konzil besonders gewünscht wurde und wie es Seine Heiligkeit Benedikt XVI. kürzlich den Ordensleuten wieder vorgeschlagen hat. [89]  In besonderer Weise sollen die Ordensleute den gemeinschaftlichen Austausch mit dem Wort Gottes wertschätzen, der brüderliche Gemeinschaft sowie eine freudige Teilhabe und Teilgabe an den Erfahrungen Gottes im eigenen Leben mit sich bringt und ihnen das Wachstum im geistlichen Leben erleichtert. [90]  Der Papst Johannes Paul II. hält fest: «Das Wort Gottes ist die erste Quelle jeder christlichen Spiritualität. Es nährt eine persönliche Beziehung zum lebendigen Gott und zu seinem heilwirkenden und heiligenden Willen. Deshalb ist seit dem Entstehen der Institute des geweihten Lebens, insbesondere im Mönchtum der Lectio Divina höchste Achtung entgegengebracht worden. Dank dieser wird das Gotteswort ins Leben übertragen, auf das es das Licht der Weisheit wirft, die die Gabe des Geistes ist». [91]

 

Das Wort Gottes muss jederzeit allen zur Verfügung stehen

Die Kirche hält es «für erforderlich, dass die Gläubigen einen breiten Zugang zur Heiligen Schrift haben» (DV 22), [92] denn die Menschen haben ein Recht, der Wahrheit zu begegnen. [93]  Heute ist dies eine unerlässliche Voraussetzung für die Sendung. Da nicht selten die Gefahr besteht, dass die Begegnung mit der Schrift kein kirchliches Tun, sondern dem Subjektivismus und der Willkür ausgesetzt ist, wird eine entschiedene und glaubwürdige pastorale Förderung der Heiligen Schrift unerlässlich, um das Wort in der christlichen Gemeinschaft verkünden, feiern und leben zu können, zugleich im Dialog mit den Kulturen unserer Zeit zu stehen, sich in den Dienst der Wahrheit und nicht der momentanen Ideologien zu stellen, sowie den Dialog zu fördern, den Gott mit allem Menschen führen will (vgl. DV 21).

Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die biblische Praxis durch entsprechende Hilfsmittel zu verbreiten, unter den Laien biblische Bewegungen hervorzurufen, die Bildung der Leiter von Bibelgruppen zu pflegen und dabei besonders die Jugendlichen zu berücksichtigen, [94]  indem man die Kenntnis des Glaubens über das Wort Gottes auch den Flüchtlingen und all denen vorschlägt, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind.

«Ein erster Areopag der neuen Zeit ist die Welt der Kommunikation, die die Menschheit immer mehr eint [...] Darum ist der Einsatz der Massenmedien für die Evangelisierung und die Katechese unabdingbar geworden. [...] Die Kirche würde vor ihrem Herrn schuldig, wenn sie nicht diese machtvollen Mittel nützte. [...] In ihnen findet sie eine moderne, wirksame Form der Kanzel. Durch sie vermag sie zur Masse des Volkes zu sprechen» [95] (vgl. IM 11). In einer weisen und ausgeglichenen Form ist daher auch den neuen Methoden und den neuen Formen der Sprache und der Kommunikation bei der Verbreitung des Wortes breiter Raum einzuräumen. Dazu gehören: Radio, TV, Theater, Kino, Musik und Lieder, bis hin zu den neuen Medien wie CD, DVD, Internet, usw. Es darf aber nicht vergessen werden, dass der rechte Gebrauch der Medien bei den pastoralen Mitarbeitern ernsthaften Einsatz und Kompetenz voraussetzt. Es kommt darauf an, die Botschaft selbst in die „neue Kultur“, die von der modernen Kommunikation geschaffen wurde, mit ihren neuen Sprachen, neuen Techniken und neuen psychologischen Haltungen, zu integrieren. [96]

Schließlich ist daran zu erinnern, seit 1968 die Katholische Bibelföderation (KBF) besteht und arbeitet, die Papst Paul VI. im Dienst an der Verbreitung der Leitlinien des II. Vatikanischen Konzils über das Wort Gottes ins Leben gerufen hat.


 

ACHTES KAPITEL

Das Wort Gottes, Gnade der Gemeinschaft

Das Wort Gottes als ökumenisches Band

Die volle und sichtbare Einheit aller Jünger Jesu Christi wird vom Heiligen Vater Benedikt XVI. als eine Frage erstrangiger Bedeutung betrachtet, die sich auf die Bezeugung des Evangeliums auswirkt. [97]  Die Christen werden in zweifacher Weise geeint: durch das Wort Gottes und die Taufe. In der Annahme dieser Gaben kann der Weg der Ökumene seine Vollendung finden. Die Abschiedsrede Jesu im Abendmahlssaal unterstreicht deutlich, dass diese Einheit sich darin zum Ausdruck bringt, dass ein gemeinsames Zeugnis für das Wort des Vaters, das uns vom Herrn geschenkt wird, abgelegt wird (vgl. Joh 17, 8). So sagt Papst Benedikt XVI.: «Das Hören des Wortes Gottes ist auch von vorrangiger Bedeutung für unseren ökumenischen Einsatz. Denn nicht wir sind es, die die Einheit der Kirche machen oder organisieren. Die Kirche macht sich nicht selbst, sie lebt nicht aus sich selbst, sondern sie lebt aus dem schöpferischen Wort, das aus dem Mund Gottes kommt. Gemeinsam das Wort Gottes hören; die Lectio Divina der Bibel halten, das heißt das an das Gebet gebundene Lesen der Heiligen Schrift; sich überraschen lassen von der Neuheit des Wortes Gottes, die nie alt wird und sich nie erschöpft; unsere Taubheit für jene Worte überwinden, die nicht mit unseren Vorurteilen und unseren Meinungen übereinstimmen; Hören und Studieren in der Gemeinschaft der Gläubigen aller Zeiten; all das stellt einen Weg dar, der beschritten werden muss, um die Einheit im Glauben zu erreichen, als Antwort auf das Hören des Wortes». [98]

Allgemein kann mit Befriedigung festgestellt werden, dass die Bibel heute für das Gebet und den Dialog zwischen den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften der wichtigste Bezugspunkt ist. Man ist sich dessen bewusst geworden, dass der Glaube, der uns eint und die verschiedenen Akzente in der Interpretation des einen Wortes eine Einladung sind, gemeinsam die Gründe wieder zu entdecken, die zur Trennung geführt haben. Es bleibt jedenfalls die Überzeugung, dass die Fortschritte, welche im ökumenischen Dialog mit dem Wort Gottes erzielt wurden, auch andere fruchtbare Ergebnisse zeitigen. In den letzten Jahrzehnten zeigt sich eine wertvolle Erfahrung im positiven und anerkannten Einfluss der Traduction oecuménique de la Bible (TOB) und der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen christlichen Bibelgesellschaften, die eine Übereinkunft und einen Dialog mit verschiedenen Konfessionen ermöglicht haben. Aber der Rote Faden, der sich auf dem ökumenischen Weg vom Beginn des letzten Jahrhunderts bis in unsere Tage durchzieht, ist das gemeinsame Gebet der Anrufung Gottes, in der Kraft des Heiligen Geistes, der zwischen den Christen jene geistliche Ökumene fördert, von der das II. Vatikanische Konzil sagt: «Die Bekehrung des Herzens und die Heiligkeit des Lebens ist in Verbindung mit dem privaten und öffentlichen Gebet für die Einheit der Christen als die Seele der ganzen ökumenischen Bewegung anzusehen» (UR 8).

 

Das Wort Gottes, Quelle des Dialogs zwischen Christen und Juden

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Beziehung zum jüdischen Volk. Christen und Juden sind gemeinsam Kinder Abrahams, verwurzelt im gleichen Bund, denn Gott, der seinen Versprechen treu ist, hat den ersten Bund nicht widerrufen (vgl. Röm 9, 4; 11, 29). [99] So sagt auch Papst Johannes Paul II.: «Dieses Volk wird von Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde eingeladen und geführt. Seine Existenz ist nicht einfach eine natürliche oder kulturelle Gegebenheit, in dem Sinne, wie der Mensch durch die Kultur die Möglichkeiten seiner Natur nutzt. Es handelt sich um eine übernatürliche Gegebenheit. Dieses Volk harrt trotz allem aus, denn es ist das Volk des Bundes und der Herr ist seinem Bund treu, ungeachtet der Untreue der Menschen». [100] Christen und Juden teilen große Teile des biblischen Kanons, jene „heiligen Schriften“ (vgl. Röm 1, 2), welche die Christen das Alte Testament nennen. Diese biblisch fundierte, enge Beziehung verleiht dem Dialog zwischen Christen und Juden einen besonderen Charakter. Diesbezüglich gibt es heute ein wichtiges Dokument der Päpstlichen Bibelkommission: Das jüdische Volk und seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel [101] das dazu anregt, über die enge Verbindung im Glauben nachzudenken, auf die schon Dei Verbum hingewiesen hat (vgl. DV 14-16). Um in angemessenerer Weise die Person Jesu Christi selbst zu verstehen, ist es erforderlich, ihn als «Sohn dieses Volkes» [102]  anzuerkennen; Jesus ist Jude und er ist es für immer.

Zwei Aspekte verdienen besondere Beachtung. Zunächst kann das jüdische Verständnis der Bibel dem Verständnis und dem Studium der Bibel seitens der Christen hilfreich sein. [103]  Hier und da haben sich Vorgehensweisen des Studiums der Heiligen Schriften gemeinsam mit den Juden entwickelt – und können sich weiter entwickeln – wobei die einen von den anderen lernen, und dabei die Verschiedenheit respektieren. Sodann ist es erforderlich, jede mögliche Form des Antisemitismus zu überwinden. Das II. Vatikanische Konzil selbst hat hervorgehoben, dass man die Juden «nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen soll, als wäre dies aus der Heiligen Schrift zu folgern» (NA 4). Im Gegenteil, nach dem Beispiel Abrahams müssen und dürfen wir füreinander und für die Welt zur Quelle des Segens werden, wie es Papst Johannes Paul II. verschiedentlich hervorgehoben hat. [104]

 

Der interreligiöse Dialog

Bezugnehmend auf all das, was das Lehramt der Kirche bisher gesagt hat (vgl. AG 11; NA 2-4), [105]  und auf die verschiedenen eingesandten Beiträge, wird an folgende Punkte zur Reflexion und Bewertung erinnert. Die Kirche, gesandt, allen Geschöpfen das Evangelium zu bringen (vgl. Mk 16, 15), begegnet einer Vielzahl von Anhängern anderer Religionen, sei es der so genannten traditionellen Religionen, oder derjenigen, die Heilige Bücher und eine ihnen eigene Weise des Verstehens haben. Sie trifft überall auf Personen, die auf der Suche sind oder einfach die Gute Nachricht erwarten. Allen schuldet die Kirche das Wort, das rettet (vgl. Röm 1, 14). In positiver Perspektive kommt es darauf an, die „Samen des Evangeliums“ (semina Verbi), welche unter den Völkern ausgestreut sind, zu erkennen. Sie können eine echte Vorbereitung auf das Evangelium darstellen. [106] Besonders die Religionen und die religiöse Traditionen, die auf Grund ihres Alters und ihrer Verbreitung in der ganzen Welt bekannt sind, wie der Hinduismus, der Buddhismus und der Taoismus müssen von Seiten der Katholiken im Hinblick auf einen respektvollen und aufrichtigen Dialog Gegenstand des Studiums sein.

«Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat» (NA 3). Wie die Christen und die Juden beziehen auch sie sich auf Abraham, und versuchen, ihn in seiner Ergebenheit Gott gegenüber nachzuahmen, den sie vor allem durch das Gebet, das Almosen und das Fasten ehren. Auch, wenn sie Jesus nicht als Gott anerkennen, verehren sie ihn als Prophet und sie ehren auch Maria, seine jungfräuliche Mutter (vgl. NA 3). Sie erwarten den Tag des Gerichts und schätzen ein moralisches Leben.

Der Dialog der Christen mit den Muslimen und den Mitgliedern der anderen Religionen wird dringlich und erlaubt eine bessere gegenseitige Kenntnis und Zusammenarbeit in der Förderung der religiösen, ethischen und moralischen Werte. Dies trägt zum Aufbau einer besseren Welt bei.

Das Treffen von Assisi im Jahr 1986 erinnert daran, dass das Hören auf Gott dazu führen muss, jede Form der Gewalt zu überwinden, damit Er im Herzen der Menschen und in ihren Werken für die Förderung der Gerechtigkeit und des Friedens tätig werden kann. [107]  Wie es der Heilige Vater Benedikt XVI. sagt: «Wir wollen die Wege der Versöhnung suchen und lernen, im gegenseitigen Respekt vor der Identität des Anderen zu leben». [108]

Bei den Gelegenheiten, in denen man versucht, die Bibel mit den heiligen Texten der anderen Religionen zu vergleichen, ist es zu vermeiden, auch auf Grund der verschiedenen Auffassungen im Hinblick auf die Inspiration der heiligen Texte, in Synkretismus, oberflächliche Zugehensweisen und Verformungen der Wahrheit zu verfallen.

Besondere Aufmerksamkeit ist auf die verschiedenen Sekten zu richten, welche in den einzelnen Kontinenten tätig sind, und sich für abweichende Ziele und mit der Kirche fremden Methoden der Bibel bedienen.

Die Bibel gehört nicht nur den Christen, sondern ist ein Schatz für die ganze Menschheit. Durch einen brüderlichen und persönlichen Kontakt kann sie auch für jene, die nicht an Christus glauben, zur Quelle der Inspiration werden.

 

Das Wort Gottes, Sauerteig der modernen Kulturen

Im Verlauf der Jahrhunderte ist das Buch der Bibel in die verschiedenen Kulturen eingedrungen und hat dabei die verschiedenen Bereiche des philosophischen, pädagogischen, naturwissenschaftlichen, künstlerischen und literarischen Wissens bereichert. Das biblische Gedankengut ist so stark in die Kultur eingedrungen, dass es zur Synthese und zur Seele der Kultur selbst geworden ist. Der damalige Kardinal Ratzinger hat dies in einem Kommentar zur Enzyklika Fides et Ratio folgendermaßen ausgedrückt: «Schon in der Bibel selbst wird ein Patrimonium an vielfältigen religiösen und philosophischen Gedanken erarbeitet, welche aus verschiedenen Kulturwelten stammen. Das Wort Gottes entwickelt sich im Kontext einer Reihe von Begegnung mit der Suche des Menschen nach einer Antwort auf seine letzten Fragen. Es ist nicht direkt vom Himmel gefallen, sondern es ist tatsächlich eine Synthese der Kulturen». [109] Die ökonomischen und technischen Einflüsse säkularistischer Prägung, welche durch die breite Aktivität der Massenmedien verstärkt werden, erfordern einen intensiveren Dialog zwischen Bibel und Kultur. Dieser kann manchmal dialektisch sein, ist aber immer reich an Möglichkeiten der Verkündigung, denn er ist reich an Fragen nach dem Sinn, welche im Wort des Herrn eine befreiende Antwort finden.

Das bedeutet, dass das Wort Gottes als Sauerteig in eine pluralistische und säkularisierte Welt eintreten will, in die modernen Areopage, um«die Kraft des Evangeliums in das Herz der Kultur und der Kulturen zu bringen» [110] um sie zu reinigen, zu erhöhen und zu Instrumenten des Reiches Gottes zu machen. Das erfordert eine Inkulturation des Wortes Gottes, die nicht oberflächlich verwirklicht werden kann, sondern entsprechend auf die Auseinandersetzung mit anderen Positionen vorbereitet werden muss, damit die Identität des christlichen Wesens und seine wirksame Wohltat jedem Menschen gegenüber deutlich wird. In diesem Zusammenhang muss auch die Erforschung der so genannten Wirkungsgeschichte der Bibel in der Kultur und im gemeinsamen Ethos gepflegt werden, die dazu geführt hat, sie vor allem im Westen als das Buch der Bücher zu bezeichnen. So sagt der Heilige Vater Benedikt XVI.: «Mehr denn je ist heute die gegenseitige Öffnung unter den Kulturen ein bevorzugter Boden für den Dialog zwischen Menschen, die sich jenseits aller sie trennenden Divergenzen für die Suche nach einem echten Humanismus einsetzen. Auch auf kulturellem Gebiet hat das Christentum allen die mächtigste Kraft der Erneuerung und Erhebung zu bieten, das heißt die Liebe Gottes, die zu menschlicher Liebe wird». [111]  Die vielen katholischen Kulturzentren, die es in der Welt gibt, übernehmen diese Aufgabe mit großem Einsatz und Verdienst.

 

Das Wort Gottes und die Geschichte der Menschen

Während des II. Vatikanischen Konzils hat Papst Paul VI. die Kirche als «Dienerin der Menschheit» umschrieben, [112]  dazu bestellt, die Welt entsprechend dem Maß Jesu Christi, des perfekten Menschen (GS 22) auf das Reich Gottes hin auszurichten. Die Kirche anerkennt daher die Spur Gottes in der Geschichte, die von der Freiheit der Menschen gestaltet und von der göttlichen Gnade erhalten wird.

In diesem Zusammenhang ist sich die Kirche dessen bewusst, dass das Wort Gottes auch in den Ereignissen und den Zeichen der Zeit gesucht werden muss, durch welche Gott sich in der Geschichte offenbart. So sagt das Zweite Vatikanische Konzil: «Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags [der Welt zu dienen] obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. So kann sie dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben» (GS 4). Sie, die in die menschlichen Lebensvollzüge einbezogen ist, hat die Aufgabe, «in den Ereignissen, Bedürfnissen und Wünschen, die es zusammen mit den übrigen Menschen unserer Zeit teilt, zu unterscheiden, was darin wahre Zeichen der Gegenwart oder der Absicht Gottes sind» (GS 11). Indem sie auf diese Weise durch all ihre Glieder ihre prophetische Aufgabe erfüllt, kann sie der Menschheit dabei helfen, in der Geschichte den Weg zu finden, der sie vom Tod befreit und zum Leben führt.

So ruft der Heilige Geist die ganze Kirche dazu auf, das Wort Gottes als Quelle der Gnade, der Freiheit, des Friedens, des Schutzes alles Geschaffenen zu verkünden, und dabei das Wort des Herrn entsprechend der verschiedenen Kompetenzen und in Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens in die Tat umzusetzen. Die ersten Worte, die Gott in der Bibel im Hinblick auf die Erschaffung der Welt und des Menschen spricht, sind dabei Bezugspunkt und Ermutigung: «Gott sah [...] dass es gut war [...] sehr gut» (Gen 1, 4.31). Gleiches gilt verstärkt für die Worte und das Beispiel Jesu. Der tatsächliche Einsatz zur Förderung der Gerechtigkeit und der Menschenrechte, die Beteiligung der Katholiken am öffentlichen Leben, die Pflege der Umwelt als Haus aller, finden in der Bibel – nicht ohne eine entsprechende kulturelle Vermittlung – Inspiration und Motivation.

Auf diese Weise wird das Wort, das Jesus als Samen des Reiches ausgestreut hat, seinen Lauf in der Geschichte der Menschen fortsetzen (vgl. 2 Thess 3, 1) und wenn Jesus in Herrlichkeit erscheint, als Einladung erschallen, an der Freude seines Reiches ganz und gar teilzunehmen (vgl. Mt 25, 24).Auf dieses sichere Versprechen antwortet die Kirche mit ihrem unermüdlichen Gebet: „Marana tha. Komm, o Herr.“ (1 Kor 16, 22; vgl. Offb 22, 20).


 

Zusammenschau

«Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. Belehrt und ermahnt einander in aller Weisheit! Singt Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder, wie sie der Geist eingibt, denn ihr seid in Gottes Gnade. Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater!» (Kol 3, 16-17).

Das Wort Gottes, Geschenk an die Kirche

In seiner Güte wollte der dreieine Gott dem Menschen das Geheimnis seines seit Jahrhunderten verborgenen Lebens mitteilen (vgl. Eph 3, 9). In seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus hat Gott der Vater in der Gnade des Heiligen Geistes sein endgültiges Wort gesprochen, das jeden Menschen herausfordert, der in diese Welt kommt. Grundlegende Bedingung für die Begegnung des Menschen mit Gott ist das ehrfürchtige Hören des Wortes. Es ist insofern möglich, ein Leben aus dem Geist zu führen, als es gelingt, dem Wort Raum zu geben, das Wort Gottes im menschlichen Herzen wieder geboren werden zu lassen. Von sich aus kann der Mensch das Wort Gottes nicht ergründen. Das Wort kann von ihm Besitz ergreifen und ihn bekehren, indem es ihn seinen Reichtum und seine Geheimnisse entdecken lässt, und ihm Horizonte des Sinns sowie Perspektiven der Freiheit und der menschlichen Reifung eröffnet (vgl. Eph 4, 13). Die Kenntnis der Heiligen Schrift ist das Werk eines kirchlichen Charismas, das den Gläubigen in die Hand gegeben wird, die sich dem Geist öffnen.

Der Hl. Maximus der Bekenner sagt: «Wenn die Worte Gottes einfach nur ausgesprochen werden, hört man nicht auf sie, denn ihnen fehlt bei denjenigen, die sie sagen, die Stimme des Tuns. Wenn sie aber in Verbindung mit der Befolgung der Gebote ausgesprochen werden, haben sie mit dieser Stimme die Kraft, die Dämonen zu vertreiben, und die Menschen dazu zu bringen, den göttlichen Tempel des Herzens mit dem Fortschritt in den Werken der Gerechtigkeit zu errichten». [113]  Es geht darum, sich wie Maria, die hörende Jungfrau, in einem Klima der Einfachheit und des anbetenden Gebetes dem stillen Lobpreis des Herzens hinzugeben, denn alle Worte Gottes sind in der Liebe zusammengefasst und werden in Liebe gelebt (vgl. Dtn 6, 5; Joh 13, 34-35).

Als Gemeinschaft der Glaubenden ist die Kirche vom Wort Gottes zusammen gerufen. Sie ist das bevorzugte Umfeld, in dem die Gläubigen Gott begegnen, der nicht aufhört, in der Liturgie, im Gebet und im Dienst der Liebe zu ihnen zu sprechen. Durch das gefeierte Wort, vor allem in der Eucharistie, gliedern sich die Gläubigen immer mehr in die Gemeinschaft der Kirche ein, die ihren Ursprung in der Dreifaltigkeit, dem Geheimnis unendlicher Gemeinschaft, hat.

Der Vater, der in der Liebe des Heiligen Geistes alles, was ist, durch den Sohn und auf ihn hin schafft (vgl. Kol 1, 16), setzt dieses ihm eigene Werk in dem fort, was der Sohn hier auf Erden wirkt (vgl. Joh 5, 17). Seine Kirche, die Kirche des fleischgewordenen Wortes ist sein Werk. Sie ist ein Weg, der auf der einen Seite von Gott zum Menschen absteigt und auf der anderen Seite vom Menschen zu Gott aufsteigt (vgl. Joh 3, 13). Durch dieses lebendige und wirksame Wort (vgl. Hebr 4, 12) wird die Kirche geboren und aufgebaut (vgl. Joh 15, 16; Apg 2, 41f.) und findet sie die Fülle des Lebens (vgl. Joh 10, 10).

Durch das Gebot Jesu, des auferstandenen Herrn, ist die Kirche, die von den Aposteln geleitete Gemeinschaft seiner Jünger, dazu gesandt, immer und überall das Heil zu verkünden, in der Treue zum Wort des Meisters: «Geht in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen» (Mk 16, 15).


  
 
 


[1]  Cf. Synodus Episcoporum, Relatio finalis Synodi episcoporum Exeunte coetu secundo: Ecclesia sub verbo Dei mysteria Christi celebrans pro salute mundi (7.12.1985) B, a), 1-4: Enchiridion del Sinodo dei Vescovi 1, EDB, Bologna 2005, pp. 2316-2320.
[2]  Benedictus XVI, Adhort. Apost. post-syn. Sacramentum caritatis (22.2.2007), 6; 52: AAS 99 (2007) 109-110; 145.
[3] Ioannes Paulus II, Litt. Enc. Redemptoris missio (7.12.1990), 56: AAS 83 (1991) 304.
[4]  Cf. Benedictus XVI, Litt. Enc. Deus caritas est (25.12.2005), 1: AAS 98 (2006) 217.
[5]  S. Irenaeus, Adversus Haereses IV, 34, 1: SChr100, 847.
[6]  Cf. S. Bernardus, Super Missus est, Homilia IV, 11: PL 183, 86.
[7]  Origenes , In Johannem V, 5-6: SChr 120, 380-384.
[8]  Benedictus XVI, Ad Conventum Internationalem La Sacra Scrittura nella vita della Chiesa (16.9.2005): AAS 97 (2005) 957. Cf. Paulus VI, Epist. Apost. Summi Dei Verbum (4.11.1963): AAS 55 (1963) 979-995; Ioannes Paulus II, Udienza Generale (22.5.1985): L’Osservatore Romano (23.5.1985), p. 6; Discorso sull’interpretazione della Bibbia nella Chiesa (23.4.1993): L’Osservatore Romano (25.4.1993), pp. 8-9; Benedictus XVI, Angelus (6.11.2005): L’Osservatore Romano (7-8.11.2005), p. 5.
[9]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 825.
[10]  Benedictus XVI, Ad Conventum Internationalem La Sacra Scrittura nella vita della Chiesa (16.09.2005): AAS 97 (2005) 956.
[11]  S. Hieronimus, Com. In Is., Prol.: PL 24, 17.
[12]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 120.
[13]  Cf. Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), IV, C 3: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1724.
[14]  Cf. Pontificia Commissio Biblica, Le peuple juif et ses Saintes Écritures dans la Bible Chrétienne (24.5.2001), 19: Enchiridion Vaticanum 20, EDB, Bologna 2004, pp. 570-574.
[15]  S. Augustinus, Quaestiones in Heptateucum, 2, 73: PL 34, 623; cf. DV 16.
[16]  S. Gregorius Magnus, In Ezechielem, I, 6, 15: CCL 142, 76.
[17]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 83; Ratzinger J., Commento alla Dei Verbum, L Th K, 2, pp. 519-523.
[18]  Cf. S. Bonaventura, Itinerarium mentis in Deum, II, 12: ed. Quaracchi, 1891, vol. V, p. 302s.Cf. Ratzinger J., Un tentativo circa il problema del concetto di tradizione: Rahner K. - Ratzinger J., Rivelazione e Tradizione, Morcelliana, Brescia 2006, pp. 27-73.
[19]  Cf. Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), IV, A-B: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, pp. 1702-1714.
[20]  Cf. ibidem, I, A-F, pp. 1568-1634.
[21]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 115-119; Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), I, F: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, pp. 1628-1634.
[22]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 117.
[23]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), II, B 2: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, pp. 1648-1650.
[24]   Ibidem, I, pp. 1568-1628.
[25]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 109-114.
[26]  Benedictus XVI, Discorso ai Vescovi della Svizzera (7.11.2006): L’Osservatore Romano (10.11.2006), 4; cf. Ratzinger J., Gesù di Nazaret, Rizzoli, Milano 2007, pp. 7-20.
[27]  Missale Romanum, Ordo Lectionum Missae: Editio typica altera, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 1981: Praenotanda, 8.
[28]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), II, B 2: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1650.
[29]  Cf. ibidem, III, B 2, pp. 1672-1676.
[30]  Cf. Benedictus XVI, Ad sacrorum alumnos Seminarii Romani Maioris (19.2.2007): AAS 99 (2007) 254.
[31]  S. Ambrosius, De officiis ministrorum, I, 20, 88: PL 16, 50.
[32]  Benedictus XVI, Litt. Enc. Deus caritas est (25.12.2005), 41: AAS 98 (2006) 251.
[33]  Isaac De Stella, Serm. 51: PL 194, 1862-1863.1865.
[34]  Cf. S. Ambrosius, Evang. secundum Lucam 2, 19: CCL 14, 39.
[35]  Ioannes Paulus II, Epist. Apost. Rosarium Virginis Mariae (16.10.2002), 1; 3; 18; 30: AAS 95 (2003) 5; 7; 17; 27.
[36]  S. Gregorius Magnus, Registrum Epistolarum V, 46, ed. Ewald-Hartmann, 345-346.
[37]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), IV, C 3: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1724.
[38]  Cf. Catechismus Catholicae Ecclesiae, 115-119.
[39]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), I, F: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1630.
[40]  Cf. Ioannes Paulus II, Discorso sull’interpretazione della Bibbia nella Chiesa (23.4.1993): L’Osservatore Romano (25.4.1993), pp. 8-9.
[41]  Missale Romanum, Ordo Lectionum Missae: Editio typica altera, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 1981: Praenotanda, 9.
[42]  Petrus Damascenus, Liber II, vol. III, 159: La Filocalia, 3, Torino 1985, p. 253.
[43]  Cf. Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), 47-49: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, pp. 662-664.
[44]  Cf. Euchologion Serapionis, 19-20, ed. Johnson M.E., The Prayers of Serapion of Thmuis ( Orientalia Christiana Analecta 249), Roma 1995, pp. 70-71.
[45]  Ioannes Paulus II, Epist. Apost. Dies Domini (31.5.1998), 41: AAS 90 (1998) 738-739.
[46]  Waltramus, De unitate Ecclesiae conservanda: 13, ed. W. Schwenkenbecher, Hannoverae 1883, p. 33: *Dominus enim Iesus Christus ipse est, quod praedicat Verbum Dei, ideoque Corpus Christi intelligitur etiam Evangelium Dei, doctrina Dei, Scriptura Dei+.
[47]  Origenes, In  Ps. 147: CCL 78, 337 .
[48]  Cf. Benedictus XVI, Adhort. Apost. post-syn. Sacramentum caritatis (22.2.2007), 44-46: AAS 99 (2007) 139-141.
[49]  S. Hieronymus, Commentarius in Ecclesiasten, 313: CCL 72, 278.
[50]  Ioannes Paulus II, Litt. Apost. Novo millennio ineunte (6.1.2001), 36: AAS 93 (2001) 291.
[51]  Cf. Benedictus XVI, Adhort. Apost. post-syn. Sacramentum caritatis (22.2.2007), 44-48: AAS 99 (2007) 139-142.
[52] Cf. ibidem, 46: AAS 99 (2007) 141.
[53]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), IV, C 2: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1718.
[54]  Cf. Ioannes Paulus II,Adhort. Apost. post-syn.  Pastores dabo vobis (25.3.1992), 47: AAS 84 (1992) 740-742; Benedictus XVI, Incontro con i giovani romani (6.4.2006): L’Osservatore Romano (7.4.2006), p. 5; Messaggio per la Giornata Mondiale della Gioventù (22.2.2006): L’Osservatore Romano (27-28.2.2006), p. 5.
[55]  Ioannes Paulus II, Litt. Apost. Novo millennio ineunte (6.1.2001), 39: AAS 93 (2001) 294.
[56]  Benedictus XVI, Ad Conventum Internationalem La Sacra Scrittura nella vita della Chiesa (16.9.2005): AAS 97 (2005) 957.
[57]  Benedictus XVI, Incontro con i giovani romani (6.4.2006): L’Osservatore Romano (7.4.2006), p. 5.
[58]  Benedictus XVI, Messaggio per la Giornata Mondiale della Gioventù (22.2.2006): L’Osservatore Romano (27-28.2.2006), p. 5.
[59]  Benedictus XVI, Ad Conventum Internationalem La Sacra Scrittura nella vita della Chiesa (16.9.2005): AAS 97 (2005) 957. Cf. DV 21.25; PO 18-19; Catechismus Catholicae Ecclesiae, 1177; Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn.  Pastores dabo vobis (25.3.1992), 47: AAS 84 (1992) 740-742; Adhort. Apost. post-syn. Vita consecrata (25.3.1996), 94: AAS 88 (1996) 469-470; Litt. Apost. Novo millennio ineunte (6.1.2001), 39-40: AAS 93 (2001) 293-295; Adhort. Apost. post-syn. Ecclesia in Oceania (22.11.2001), 38: AAS 94 (2002) 411; Adhort. Apost. post-syn. Pastores gregis (16.10.2003), 15: AAS 96 (2004) 846-847.
[60] Cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Vita consecrata (25.3.1996), 94: AAS 88 (1996) 469-470.
[61]  Pontificia Commissio Biblica, L’interprétation de la Bible dans l’Église (15.4.1993), I, E 1: Enchiridion Vaticanum 13, EDB, Bologna 1995, p. 1622.
[62] Benedictus XVI, Litt. Enc. Deus caritas est (25.12.2005), 22: AAS 98 (2006) 234-235.
[63]  Benedictus XVI, Litt. Enc. Spe salvi (30.11.2007), 2: AAS 99 (2007) 986.
[64] Cf. Ratzinger J., Gesù di Nazaret, Rizzoli, Milano 2007, p. 19.
[65] Cf. ibidem, p. 275.
[66]  S. Ambrosius, De officiis ministrorum, I, 20, 88: PL 16, 50.
[67]  S. Augustinus, Enarrat. in Ps. 85, 7: CCL 39, 1177.
[68]  Cf. Origenes, In Genesim homiliae, 2.6: SChr7 bis, 108.
[69]  Cf. Ioannes Paulus II, Litt. Enc. Redemptoris missio (7.12.1990), 33: AAS 83 (1991) 277-278.
[70]  Cf. Ioannes Paulus II, Litt. Apost. Novo millennio ineunte (6.1.2001), 40: AAS 93 (2001) 294.
[71]  S. Augustinus, De doctrina Christiana, I, 35, 39 - 36, 40: PL 34, 34.
[72]  Cf. Benedictus XVI, Litt. Enc. Deus caritas est (25.12.2005): AAS 98 (2006) 217-252.
[73]  Ioannes Paulus II, Litt. Apost. Novo millennio ineunte (6.1.2001), 39: AAS 93 (2001) 293.
[74] Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), 94: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, pp. 738-740; cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. Catechesi tradendae (16.10.1979), 27: AAS 71 (1979) 1298.
[75]  Cf. Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, Direttorio su pietà popolare e liturgia (9.4.2002), 87-89, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 2002, pp. 81-82.
[76]  Cf. Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), I, 2: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, pp. 684-708.
[77]   Ibidem, 127, p. 794; cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. Catechesi tradendae (16.10.1979), 27: AAS 71 (1979) 1298..
[78]  Ioannes Paulus II, Const. Apost. Fidei depositum (11.10.1992), IV: AAS 86 (1994) 117.
[79] Cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Pastores gregis (16.10.2003), III: AAS 96 (2004) 859-867.
[80] Benedictus XVI, Allocutio In inauguratione operum V Coetus Generalis Episcoporum Americae Latinae et Regionis Caraibicae (13.5.2007), 3: AAS 99 (2007) 450.
[81]  Cf. CIC can. 757; CCEO can. 608; 614.
[82]  Cf. Missale Romanum, Institutio generalis, 66, editio typica III, Typis Vaticanis 2002, p. 34.
[83]  Cf. CIC can. 766, CCEO can. 614, § 3; 4.
[84]  Cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Christifideles laici (30.12.1988), 8.14: AAS 81 (1989) 404-405; 409-411; CIC can. 204; CCEO can. 7, 1.
[85]  Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Christifideles laici (30.12.1988), 14: AAS 81 (1989) 411.
[86]  Paulus VI, Voti e norme per il IV Congresso Nazionale Francese dell’insegnamento religioso (1-3.4.1964): L’Osservatore Romano (4.4.1964), p. 1.
[87]  Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Vita consecrata (25.3.1996), 94: AAS 88 (1996) 469.
[88]  Cf. S. Ambrosius, Epist. 49, 3: PL 16, 1154 B.
[89]  Cf. Benedictus XVI, Allocuzione in occasione della Giornata Mondiale della Vita Consacrata (2.2.2008): L’Osservatore Romano (4-5.2.2008), p. 8.
[90]  Cf. Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. post-syn. Vita consecrata (25.3.1996), 94: AAS 88 (1996) 469.
[91]   Ibidem.
[92]  Cf. CIC can. 825; CCEO can. 662 §1; 654.
[93]  Cf. Congregatio pro Doctrina Fidei, Nota dottrinale su alcuni aspetti dell’evangelizzazione (3.12.2007): L’Osservatore Romano (15.12.2007), pp. 4-5.
[94]  Cf. Benedictus XVI, Messaggio del Santo Padre per la XXI Giornata Mondiale della Gioventù (22.2.2006): L’Osservatoro Romano (27-28.2.2006), p. 5.
[95]  Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), 160: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, p. 844; Cf. Paulus VI, Adhort. Apost. Evangelii nuntiandi (8.12.1975), 45: AAS 68 (1976) 35; Ioannes Paulus II, Litt. Enc. Redemptoris missio (7.12.1990), 37: AAS 83 (1991) 284-286; CIC can. 761; CCEO can. 651 § 1.
[96]  Cf. Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), 161: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, p. 846.
[97]  Cf. Benedictus XVI, Pontificatus exordia: Sermo ad S.R.E. Cardinales ad universumque orbem catholicum (20.4.2005), 5: AAS 97 (2005) 697-698.
[98]  Benedictus XVI, Allocutio Il mondo attende la testimonianza comune dei cristiani (25.1.2007): L’Osservatore Romano (27.1.2007), pp. 4-5.
[99]  Cf. Ioannes Paulus II, Allocutio Mogontiaci ad Iudaeos habita Veteris Testamenti Haereditas ad pacem et iustitiam fovendas trahit (Mainz, 17.11.1980): AAS 73 (1981) 78-82.
[100]  Ioannes Paulus II, Ai partecipanti all’incontro di studio su Radici dell’antigiudaismo in ambiente cristiano (31.10.1997), 3: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, 20/2, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 2000, p. 725.
[101] Cf. Pontificia Commissio Biblica, Le peuple juif et ses Saintes Écritures dans la Bible chrétienne (24.5.2001): Enchiridion Vaticanum 20, EDB, Bologna 2004, pp. 506-834.
[102]   Ibidem, 2, p. 524; cf. Ratzinger J., Gesù di Nazaret, Rizzoli, Milano 2007, pp. 127ss.
[103] Cf. Pontificia Commissio Biblica, Le peuple juif et ses Saintes Écritures dans la Bible chrétienne (24.5.2001), 22: Enchiridion Vaticanum 20, EDB, Bologna 2004, pp. 584-586.
[104]  Cf. Ioannes Paulus II, Messaggio agli Ebrei polacchi in occasione del 50º Anniversario dell’insurrezione (6.4.1993): Insegnamenti di Giovanni Paolo II, 16/1, Libreria Editrice Vaticana, Città del Vaticano 1993, p. 830: «Come cristiani ed ebrei, seguendo l’esempio della fede di Abramo, siamo chiamati ad essere una benedizione per il mondo. Questo è il compito comune che ci attende. È dunque necessario per noi, cristiani ed ebrei, essere prima una benedizione l’uno per l’altro».
[105]  Cf. Congregatio pro Doctrina Fidei, Declaratio Dominus Jesus (6.8.2000), 20-22: AAS 92 (2000) 761-764.
[106] Cf. Congregatio pro Clericis, Directorium generale pro catechesi (15.8.1997), 109: Enchiridion Vaticanum 16, EDB, Bologna 1999, pp. 764-766.
[107]  Cf Benedictus XVI, Nuntii ob diem ad Pacem fovendam Nella verità, la pace (8.12.2005): AAS 98 (2006) 56-64; La persona umana, cuore della pace (8.12.2006): L’Osservatore Romano (13.12.2006), pp. 4-5.
[108] Benedictus XVI, Allocutio Ai rappresentanti di alcune comunità musulmane (20.8.2005): L’Osservatore Romano (22-23.8.2005), p. 5.
[109]  Ratzinger J., Allocutio Fede e Ragione in occasione dell’incontro su “La Fede e la ricerca di Dio” (Roma 17.11.1998): L’Osservatore Romano (19.11.1998), p. 8.
[110]  Ioannes Paulus II, Adhort. Apost. Catechesi tradendae (16.10.1979), 53: AAS 71 (1979) 1320.
[111]  Benedictus XVI, Allocutio Al Pontificio Consiglio della Cultura (15.6.2007): L’Osservatore Romano (16.6.2007), p. 1.
[112]  Paulus VI, Homilia ad Patres conciliares (7.12.1965): AAS 68 (1966) 57.
[113]  S. Maximus Confessor, Capitum theologicorum et oeconomicorum duae centuriae IV, 39: MG 90, 1084.

 

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