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B I S C H O F S S Y N O D E

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XIV. O R D E N T L I C H E  G E N E R A L V E R S A M M L U N G

Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute

 

l i n e a m e n t a

Vatikanstadt

2014

 

I N D I C E

Vorwort

Relatio Synodi der III. außerordentlichen Generalversammlung

Einleitung

I. Teil
Das Hören: Der Kontext und die Herausforderungen im Hinblick auf die Familien
 

Der soziokulturelle Kontext
Die Bedeutung des Gefühlslebens
Die Herausforderung für die Seelsorge

II. Teil
Der Blick auf Christus: Das Evangelium der Familie

Der Blick auf Jesus und die göttliche Pädagogik in der Heilsgeschichte
Die Familie im Heilsplan Gottes
Die Familie in den Dokumenten der Kirche
Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Freude des Zusammenlebens
Wahrheit und Schönheit der Familie und Barmherzigkeit gegenüber den verletzten und schwachen Familien.

III. Teil
Die Auseinandersetzung: Pastorale Perspektiven
Das Evangelium heute in den unterschiedlichen Kontexten verkünden


Die Brautleute auf dem Weg der Vorbereitung der Ehe führen
Die ersten Jahre des Ehelebens begleiten
Seelsorge für jene, die in einer Zivilehe oder ohne Trauschein zusammenleben
Die verwundeten Familien heilen (Getrenntlebende, nicht wiederverheiratete Geschiedene, wiederverheiratete Geschiedene, Alleinerziehende)
Die pastorale Aufmerksamkeit gegenüber Personen mit homosexueller Orientierung
Die Weitergabe des Lebens und die Herausforderung des Geburtenrückgangs
Die Herausforderung der Erziehung und die Rolle der Familie bei der Evangelisierung    

Schluss

 

Fragen im Hinblick auf die Rezeption und die Vertiefung der Relatio Synodi

Einleitende Frage bezüglich aller Teile der Relatio Synodi

Fragen zum I. Teil
Das Hören: Der Kontext und die Herausforderungen im Hinblick auf die Familien
 

Der soziokulturelle Kontext (Nr. 5-8)
Die Bedeutung des Gefühlslebens (Nr. 9-10)
Die Herausforderung für die Seelsorge (Nr. 11)

Fragen zum II. Teil
Der Blick auf Christus: Das Evangelium der Familie

Der Blick auf Jesus und die göttliche Pädagogik in der Heilsgeschichte (Nr. 12-14)
Die Familie im Heilsplan Gottes (Nr. 15-16)
Die Familie in den Dokumenten der Kirche (Nr. 17-20)
Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Freude des Zusammenlebens (Nr. 21-22)
Wahrheit und Schönheit der Familie und Barmherzigkeit gegenüber den verletzten und schwachen Familien (Nr. 23-28)

Fragen zum III. Teil
Die Auseinandersetzung: Pastorale Perspektiven

Das Evangelium der Familie heute in den unterschiedlichen Kontexten verkünden (Nr. 29-38)
Die Brautleute auf dem Weg zur Vorbereitung der Ehe führen (Nr. 39-40)
Die ersten Jahre des Ehelebens begleiten (Nr. 40)
Seelsorge für jene, die in einer Zivilehe oder ohne Trauschein zusammenleben (Nr. 41-43)   
Die verwundeten Familien heilen (Getrenntlebende, nicht wiederverheiratete Geschiedene, wiederverheiratet Geschiedene, Alleinerziehende) (Nr. 44-54)
Die pastorale Aufmerksamkeit gegenüber Personen mit homosexueller Orientierung (Nr.55-56)
Die Weitergabe des Lebens und die Herausforderung des Geburtenrückgangs (Nr. 57-59)
Die Herausforderung der Erziehung und die Rolle der Familie bei der Evangelisierung (Nr.60-61)

 

 VORWORT

Am Ende der III. Außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode über Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung, die 2014 stattfand, hat Papst Franziskus entschieden, die Relatio Synodi, das Dokument, mit dem die Arbeiten der Synode abgeschlossen wurden, zu veröffentlichen. Gleichzeitig hat der Heilige Vater bestimmt, dass dieses Dokument die Lineamenta für die XIV. Ordentliche Generalversammlung darstellen soll, welche vom 4.-25. Oktober stattfinden wird und das Thema hat: Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute.

Die Relatio Synodi, die nunmehr als Lineamenta verschickt wird, schließt mit diesen Worten: „Die vorliegenden Überlegungen, Ergebnis der Synodenarbeit, die sich in großer Freiheit und einer Haltung gegenseitigen Zuhörens vollzog, möchten Fragen und Perspektiven aufzeigen, welche in dem Jahr, das uns von der Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode trennt, durch die Reflexion der Ortskirchen heranreifen und präzisiert werden sollen.“ (Relatio Synodi Nr. 62).

Um die Rezeption des Dokumentes kenne zu lernen, wird den Lineamenta eine Reihe von Fragen beigefügt, die auch dazu dienen sollen, die Vertiefung der im Rahmen der außerordentlichen Synodenversammlung begonnenen Arbeit anzuregen. Es geht darum, „mit neuer Frische und Begeisterung erneut darüber nachzudenken, was uns die im Glauben der Kirche überlieferte Offenbarung über die Schönheit, die Rolle und die Würde der Familie sagt“ (Relatio Synodi, Nr. 4). In dieser Perspektive sind wir dazu eingeladen, im kommenden Jahr „die hier vorgeschlagenen Ideen in einer wirklichen geistlichen Unterscheidung reifen zu lassen und konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen“ (Papst Franziskus, Abschlußansprache, 18. Oktober 2014). Gemeinsam mit der Relatio Synodi wird das Ergebnis dieser Befragung das Material für das Instrumetum laboris der XIV. Ordentlichen Generalversammlung 2015 darstellen.

"Die Bischofskonferenzen sind eingeladen, zu diesem Zweck die entsprechenden Modalitäten zu wählen, um dabei alle Glieder der Teilkirche, akademische Einrichtungen, Organisationen, Vereinigungen und andere kirchliche Instanzen einzubeziehen".

 

RELATIO SYNODI
DER
III. AUSSERORDENTLICHE GENERALVERSAMMLUNG

(5-19 Oktober 2014)

Einleitung

   1.  Um den Papst versammelt richtet die Bischofssynode ihre Gedanken auf alle Familien der Welt, mit ihren Freuden, ihren Sorgen, ihren Hoffnungen. Insbesondere fühlt sie die Verpflichtung, dem Herrn für die großherzige Treue zu danken, mit der viele christliche Familien ihrer Berufung und ihrer Sendung entsprechen. Sie tun dies mit Freude und mit Glauben, auch wenn sie ihr Weg als Familie mit Hindernissen, Verständnislosigkeit und Leiden konfrontiert. Diesen Familien gilt die Wertschätzung, der Dank und die Ermutigung der ganzen Kirche und dieser Synode. Während der Gebetsvigil, die zur Vorbereitung auf die Synode über die Familie am Samstag, den 4. Oktober auf dem Petersplatz stattfand, hat Papst Franziskus in einfacher und konkreter Form an die Zentralität der Erfahrung von Familie im Leben aller erinnert, als er sagte: «Mittlerweile senkt sich der Abend auf unsere Versammlung herab. Es ist die Zeit, in der man gerne nach Hause zurückkehrt, sich gemeinsam um den Tisch versammelt, in tiefer Zuneigung, in der Stärke des vollbrachten und empfangenen Guten, der Begegnungen, die das Herz erwärmen und es wachsen lassen – guter Wein, der in des Menschen Tage das Fest ohne Untergang vorwegnimmt. Es ist auch die schwerste Stunde für denjenigen, der der eigenen Einsamkeit Auge in Auge gegenübersteht, in der bitteren Dämmerung der zerbrochenen Träume und gescheiterten Pläne: wie viele Menschen schleppen die Tage in die Sackgasse der Entmutigung, des Aufgebens oder zumindest des Grolls. In wie vielen Häusern fehlt der Wein der Freude und damit der Geschmack des Lebens, die Weisheit des Lebens selbst […] Den einen wie den anderen geben wir an diesem Abend die Stimme mit unserem Gebet, einem Gebet für alle.»

   2.  Als Ort der Freude und der Prüfungen, der tiefen Zuneigung und der zuweilen verletzten Beziehungen ist die Familie tatsächlich die „Schule der Menschlichkeit“ (vgl. Gaudium et Spes, 52), derer wir besonders bedürfen. Trotz der vielen Anzeichen einer Krise der Institution Familie in den verschiedenen Kontexten des „globalen Dorfes“ bleibt, vor allem unter den Jugendlichen, der Wunsch nach Familie lebendig. Dies bestärkt die Kirche, Expertin der Menschlichkeit und in Treue zu ihrer Sendung, ohne Unterlass und in tiefster Überzeugung das „Evangelium der Familie“ zu verkünden, das ihr mit der Offenbarung der Liebe Gottes in Jesus Christus anvertraut und von den Kirchenlehrern, den Meistern der Spiritualität und vom Lehramt der Kirche ununterbrochen gelehrt wurde. Die Familie hat für die Kirche eine ganz besondere Bedeutung und zu einer Zeit, in der alle Gläubigen eingeladen sind, aus sich selbst herauszugehen, ist es notwendig, dass die Familie sich als unverzichtbares Subjekt der Evangelisierung wiederentdeckt. Wir denken an das missionarische Zeugnis vieler Familien.

   3.  Der Bischof von Rom hat die Bischofssynode zusammengerufen, um bei ihrer außerordentlichen Generalversammlung im Oktober 2014 über die entscheidende und wertvolle Rolle der Familie nachzudenken, und diese Gedanken bei der ordentlichen Generalversammlung, die im Oktober 2015 stattfinden wird, zu vertiefen. Auch während des Jahres, das zwischen den beiden synodalen Ereignissen liegt, soll die Reflexion weiter gehen. «Bereits das convenire in unum um den Bischof von Rom ist ein Ereignis der Gnade, in dem die bischöfliche Kollegialität auf einem Weg der geistlichen und pastoralen Unterscheidung zum Ausdruck kommt.» So hat Papst Franziskus die synodale Erfahrung beschrieben und aufgezeigt, dass ihre Aufgabe im zweifachen Hören besteht: dem Hören auf die Zeichen Gottes und dem Hören auf die Geschichte der Menschen sowie in der zweifachen und einzigen Treue, die daraus folgt.

   4.  Im Lichte dieser Ansprache haben wir die Ergebnisse unserer Überlegungen und Gespräche in folgenden drei Teilen zusammen getragen: Das Zuhören, um die Realität der heutigen Familie in der Vielschichtigkeit ihrer Licht- und Schattenseiten betrachten zu können; der auf Christus gerichtete Blick, um mit neuer Frische und Begeisterung erneut darüber nachzudenken, was uns die im Glauben der Kirche überlieferte Offenbarung über die Schönheit, die Rolle und die Würde der Familie sagt; die vergleichende Sicht im Licht Jesu, um die Wege zu erkennen, auf denen Kirche und Gesellschaft sich in ihrem Einsatz für die auf der Ehe zwischen Mann und Frau begründete Familie erneuern können.

 

I. Teil
Das Hören: Der Kontext und die Herausforderungen
im Hinblick auf die Familie

Der soziokulturelle Kontext

   5.  In Treue zur Lehre Christi betrachten wir die Wirklichkeit der heutigen Familie in ihrer ganzen Komplexität, mit ihren Licht- und Schattenseiten. Wir denken an die Eltern, an die Großeltern, an die Brüder und Schwestern, an die nahen und entfernten Verwandten und an das Band zwischen zwei Familien, das durch jede Ehe geknüpft wird. Der anthropologisch-kulturelle Wandel beeinflusst heute alle Aspekte des Lebens und erfordert eine analytische und differenzierte Zugehensweise. Es gilt zuallererst, die positiven Aspekte hervorzuheben: die zumindest in einigen Regionen vorhandene größere Ausdrucksfreiheit und breitere Anerkennung der Rechte der Frau und der Kinder. Doch andererseits muss ebenso die wachsende Gefahr betrachtet werden, die im ausufernden Individualismus zum Ausdruck kommt, der die familiären Bindungen entstellt und dazu führt, jedes Mitglied der Familie als eine Insel zu betrachten, wobei in einigen Fällen die Vorstellung eines Subjekts überwiegt, das sich nach eigenen Wünschen formt, welche wiederum als etwas Absolutes angesehen werden. Hinzu kommt die Krise des Glaubens, die viele Katholiken betrifft und die oft an der Wurzel der Krisen von Ehe und Familie steht.

   6.  Eine der größten Erscheinungsformen der Armut in der gegenwärtigen Kultur ist die Einsamkeit, Ergebnis der Abwesenheit Gottes im Leben der Menschen und der Zerbrechlichkeit der Beziehungen. Es gibt außerdem ein allgemeines Gefühl der Ohnmacht angesichts der sozioökonomischen Wirklichkeit, das oft dazu führt, die Familien zu erdrücken. Das gilt etwa für die wachsende materielle Armut und die prekären Arbeitsverhältnisse, welche bisweilen als wahrer Alptraum erlebt werden, oder hinsichtlich einer allzu drückenden Steuerbelastung, die junge Menschen sicherlich nicht zur Ehe ermutigt. Oft fühlen sich die Familien auf Grund des Desinteresses und der geringen Aufmerksamkeit von Seiten der Institutionen verlassen. Im Hinblick auf die soziale Organisation sind die negativen Folgen sehr deutlich: von der demographischen Krise bis zu den Schwierigkeiten in der Erziehung, vom Zaudern bei der Annahme des ungeborenen Lebens bis dahin, dass die Gegenwart der alten Menschen als Last empfunden wird und zur Ausbreitung eines affektiven Unwohlseins, das zur Gewalt führt. Es liegt in der Verantwortung des Staates, rechtliche und wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen, welche den Jugendlichen eine Zukunft garantieren und ihnen dabei helfen, ihr Vorhaben der Familiengründung umzusetzen.

   7.  Es gibt kulturelle und religiöse Kontexte, welche besondere Herausforderungen bereithalten. In einigen Gesellschaften besteht weiterhin die Praxis der Polygamie und in einigen traditionellen Zusammenhängen die Sitte der „Stufenehe“. In anderen Kontexten hält sich die Praxis der arrangierten Ehen. In den Ländern, in denen die Präsenz der katholischen Kirche eine Minderheit darstellt, gibt es viele gemischtreligiöse und kultusverschiedene Ehen, mit all den Schwierigkeiten, welche diese hinsichtlich ihrer juristischen Form, der Taufe und Erziehung der Kinder sowie bezüglich des gegenseitigen Respekts im Hinblick auf die Verschiedenheit des Glaubens mit sich bringen. In diesen Ehen kann die Gefahr des Relativismus oder der Gleichgültigkeit gegeben sein, aber sie können auch eine Gelegenheit darstellen, den ökumenischen Geist und den interreligiösen Dialog in einem harmonischen Miteinander von Gemeinschaften, die am gleichen Ort leben, zu fördern. In vielen Bereichen, nicht nur im Westen, verbreitet sich weitgehend die Praxis des Zusammenlebens der Paare vor der Ehe oder auch das Zusammenleben ganz ohne die Absicht, eine institutionalisierte Bindung einzugehen. Dazu kommt oft eine zivile Gesetzgebung, welche Ehe und Familie gefährdet.  Auf Grund der Säkularisierung in vielen Teilen der Welt ist die Bezugnahme auf Gott stark zurückgegangen und der Glaube ist kein gesellschaftliches Gemeingut mehr.

   8.  Besonders in einigen Ländern werden viele Kinder außerhalb der Ehe geboren, und viele von ihnen wachsen dann mit nur einem Elternteil oder in einem erweiterten oder neugebildeten familiären Umfeld auf. Die Zahl der Scheidungen wächst, und nicht selten werden Entscheidungen allein von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt. Die Kinder sind häufig Streitobjekte ihrer Eltern und die wahren Opfer familiärer Zerwürfnisse. Gerade dort, wo es nötig wäre, dass sie klarer die Verantwortung für die Kinder und die Familie übernehmen, sind die Väter, nicht nur aus ökonomischen Gründen, häufig abwesend. Die Würde der Frau muss noch weiter verteidigt und gefördert werden. Vielfach ist in der Tat das Frau-Sein Grund für Diskriminierung und auch das Geschenk der Mutterschaft führt oft eher zu Nachteilen als dass es wertgeschätzt wird. Auch die zunehmenden Formen der Gewalt gegen Frauen, manchmal auch innerhalb der Familien, dürfen genauso wenig vergessen werden, wie die schlimme und in einigen Kulturen weit verbreitete Genitalverstümmelung der Frau. Schließlich ist die sexuelle Ausbeutung von Kindern eine der skandalösesten und perversesten Wirklichkeiten der heutigen Gesellschaft. Auch die von kriegerischer Gewalt, Terrorismus oder organisierter Kriminalität heimgesuchten Gesellschaften erleben, dass sich die Lage der Familien verschlechtert. Vor allem in den großen Metropolen und ihren Randgebieten wächst das so genannte Phänomen der Straßenkinder. Auch die Migrationen stellen ein weiteres Zeichen der Zeit dar, das mit all seinen negativen Auswirkungen auf das Familienleben verstanden und angegangen werden muss.

Die Bedeutung des Gefühlslebens

   9.  Angesichts des skizzierten gesellschaftlichen Rahmens ist in vielen Teilen der Welt beim Einzelnen ein stärkeres Bedürfnis feststellbar, sich um die eigene Person zu kümmern, sich innerlich zu erforschen, besser im Einklang mit den eigenen Emotionen und Gefühlen zu leben, qualitätsvolle affektive Beziehungen zu suchen. Dieses gerechtfertigte Streben kann zu dem Wunsch führen, Beziehungen zu schaffen, die, wie jene der Familie, auf Hingabe und Gegenseitigkeit beruhen, kreativ, verantwortungsvoll und solidarisch sind. Die Gefahr des Individualismus und das Risiko, in egoistischer Weise zu leben, sind groß. Die Herausforderung für die Kirche besteht darin, den Paaren durch die Förderung des Dialogs, der Tugend, und des Vertrauens auf die barmherzige Liebe Gottes bei der Reifung der emotionalen Dimension und der affektiven Entwicklung zu helfen. Der volle Einsatz, den eine christliche Ehe erfordert, kann ein starkes Mittel gegen die Versuchung eines egoistischen Individualismus sein.

10.  In der gegenwärtigen Welt fehlt es nicht an kulturellen Tendenzen, die eine Affektivität ohne Grenzen zu propagieren scheinen, von der sie alle Seiten, auch die komplexesten, erkunden wollen. Und so ist die Frage der Zerbrechlichkeit der Affektivität drängender denn je: eine narzisstische, instabile und veränderliche Affektivität, die dem Einzelnen nicht immer hilft, eine größere Reife zu erreichen. Eine gewisse Verbreitung der Pornographie und der Vermarktung des Körpers, die auch durch den Missbrauch des Internets begünstigt wird, gibt Anlass zur Besorgnis. Zu beklagen ist die Situation der Menschen, die zur Prostitution gezwungen werden. In diesem Gesamtkontext sind Paare manchmal unsicher, zögernd, und haben Mühe, Möglichkeiten zu finden, wie sie wachsen können. Viele neigen dazu, in frühen Stadien ihres Gefühls- und Sexuallebens stecken zu bleiben. Die Krise der Paarbeziehung destabilisiert die Familie und kann durch Trennungen und Scheidungen schwere Konsequenzen für Erwachsene, Kinder und die ganze Gesellschaft mit sich bringen, indem sie den Einzelnen und die sozialen Bindungen schwächt. Auch der durch eine geburtenfeindliche Mentalität und eine weltweite, verhütungsfördernde Politik hervorgerufene demographische Rückgang führt nicht nur zu einer Situation, in welcher der Generationswechsel nicht mehr gesichert ist, sondern mit der Zeit  auch zu dem Risiko einer wirtschaftlichen Verarmung und des Verlustes von Vertrauen in die Zukunft. Die Biotechnologien haben sich ebenfalls stark auf die Geburtenrate ausgewirkt.

Die Herausforderung für die Seelsorge

11.  In diesem Zusammenhang spürt die Kirche die Notwendigkeit, ein Wort der Wahrheit und der Hoffnung zu sagen. Es gilt, von der Überzeugung auszugehen, dass der Mensch von Gott kommt und dass daher ein Nachdenken, das die großen Fragen über die Bedeutung des Menschseins neu stellt, angesichts der tiefen Erwartungen der Menschheit auf fruchtbaren Boden fallen kann. Die großen Werte der christlichen Ehe und Familie entsprechen jener Suche, welche die menschliche Existenz durchzieht, auch in einer von Individualismus und Hedonismus geprägten Zeit. Man muss die Menschen in ihrer konkreten Existenz annehmen, es verstehen, ihnen bei ihrer Suche beizustehen, sie in ihrer Sehnsucht nach Gott und in ihrem Wunsch, sich ganz als Teil der Kirche zu fühlen, ermutigen, auch jene, die eine Erfahrung des Scheiterns gemacht haben oder sich in verzweifelten Situationen befinden. Die christliche Botschaft enthält immer die Wirklichkeit und Dynamik der Barmherzigkeit und der Wahrheit, die in Christus zur Einheit geführt werden.

 

II. Teil
Der Blick auf Christus: Das Evangelium der Familie

Der Blick auf Jesus und die göttliche Pädagogik in der Heilsgeschichte

12.  Wenn wir «wirklich unsere Schritte auf dem Terrain der zeitgenössischen Herausforderungen verifizieren wollen, dann besteht die entscheidende Bedingung darin, den Blick fest auf Jesus Christus gerichtet zu halten, in der Kontemplation und Anbetung seines Antlitzes zu verweilen [...].Denn jedes Mal, wenn wir zur Quelle der christlichen Erfahrung zurückkehren, dann öffnen sich neue Wege und ungeahnte Möglichkeiten» (Papst Franziskus, Ansprache am 4.Oktober 2014). Jesus hat mit Liebe und Zärtlichkeit auf die Männer und Frauen geblickt, die ihm begegneten; als er die Erfordernisse des Gottesreiches verkündete, hat er ihre Schritte mit Wahrheit, Geduld und Barmherzigkeit begleitet.

13.  Weil die Schöpfungsordnung von der Orientierung auf Christus hin bestimmt ist, müssen wir die verschiedenen Grade unterscheiden, durch die Gott der Menschheit die Gnade seines Bundes vermittelt, ohne sie voneinander zu trennen. Auf Grund der göttlichen Pädagogik, entsprechend der sich die Schöpfungsordnung in aufeinander folgenden Schritten in die Erlösungsordnung verwandelt, muss das Neue am christlichen Ehesakrament in Kontinuität mit der natürlichen Ehe des Anfangs verstanden werden. Auf diese Weise erkennt man die Art des Heilshandelns Gottes, sowohl in der Schöpfung, als auch im christlichen Leben. In der Schöpfung: weil alles durch Christus und auf ihn hin geschaffen wurde (vgl. Kol 1,16), spüren die Christen «mit Freude und Ehrfurcht […] die Saatkörner des Wortes auf, die in ihr verborgen sind. Sie sollen aber auch den tiefgreifenden Wandlungsprozess wahrnehmen, der sich in diesen Völkern vollzieht» (Ad Gentes, 11). Im christlichen Leben: Insofern der Gläubige, vermittelt durch jene Hauskirche, die seine Familie ist, durch die Taufe in die Kirche eingefügt wird, tritt er ein in jenen «dynamischen Prozess von Stufe zu Stufe entsprechend der fortschreitenden Hereinnahme der Gaben Gottes» (Familiaris Consortio, 9), durch die beständige Umkehr zur Liebe, die von der Sünde erlöst und die Fülle des Lebens schenkt.

14.  Jesus selbst bestätigt unter Bezugnahme auf die ursprüngliche Absicht hinsichtlich des menschlichen Paares die unauflösliche Verbindung von Mann und Frau, auch wenn er sagt: «Nur, weil ihr so hartherzig seid, hat Mose erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so» (Mt 19,8). Die Unauflöslichkeit der Ehe („Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ Mt 19,6) ist nicht vor allem als ein dem Menschen auferlegtes „Joch“ zu verstehen, sondern als ein „Geschenk“ für die in der Ehe vereinten Menschen. Auf diese Weise zeigt Jesus, wie Gottes Entgegenkommen den Weg der Menschen immer begleitet, die verhärteten Herzen mit seiner Gnade heilt und verwandelt und sie über den Weg des Kreuzes auf ihren Ursprung hin ausrichtet. Aus den Evangelien geht klar das Beispiel Jesu hervor, das für die Kirche ein Paradigma ist. So hat Jesus eine Familie angenommen, hat seine Zeichenhandlungen bei der Hochzeit in Kana begonnen, hat die Botschaft von der Bedeutung der Ehe als Vollendung der Offenbarung verkündet, die den ursprünglichen Plan Gottes wieder herstellt (vgl. Mt 19,3). Doch gleichzeitig hat er die verkündigte Lehre in Taten umgesetzt und so die wahre Bedeutung der Barmherzigkeit dargelebt. Das geht deutlich aus den Begegnungen mit der Samaritanerin (vgl. Joh 4,1-30) und der Ehebrecherin (vgl. Joh 8,1-11) hervor, in denen Jesus in einer Haltung der Liebe gegenüber dem sündigen Menschen zu Reue und Umkehr führt („geh und sündige von nun an nicht mehr“), den Bedingungen für die Vergebung.

Die Familie im Heilsplan Gottes

15.  Die Worte des ewigen Lebens, die Jesus seinen Jüngern hinterlassen hat, schließen die Lehre über Ehe und Familie ein. Diese Lehre Jesu lässt uns den Plan Gottes im Hinblick auf Ehe und Familie in drei grundlegenden Abschnitten erkennen. An seinem Beginn steht die Familie des Anfangs, als der Schöpfergott die ursprüngliche Ehe zwischen Adam und Eva als feste Grundlage der Familie stiftete. Gott hat den Menschen nicht nur als Mann und Frau geschaffen (vgl. Gen 1,27), sondern er hat sie auch gesegnet, damit sie fruchtbar seien und sich vermehren (vgl. Gen 1,28). Deshalb «verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch » (Gen 2,24). Diese Einheit wurde durch die Sünde beschädigt und wurde zur historischen Form der Ehe im Volk Gottes, dem Mose die Möglichkeit gab, einen Scheidungsbrief auszustellen (vgl. Dtn 24, 1ff). Dies war in der Zeit Jesu die übliche Praxis. Mit seiner Ankunft und mit der durch seinen Erlösertod bewirkten Versöhnung der gefallenen Welt ging die von Mose eingeleitete Ära zu Ende.

16.  Jesus, der alles in sich versöhnt hat, hat Ehe und Familie zu ihrer ursprünglichen Form zurückgeführt (vgl. Mk 10,1-12). Christus hat Ehe und Familie erlöst (vgl. Eph5,21-32) und nach dem Bild der Heiligsten Dreifaltigkeit, dem Geheimnis, aus dem jede Liebe entstammt, wieder hergestellt. Der eheliche Bund, der in der Schöpfung grundgelegt und in der Heilsgeschichte offenbart wurde, erhält die volle Offenbarung seiner Bedeutung in Christus und in seiner Kirche. Ehe und Familie empfangen von Christus durch die Kirche die notwendige Gnade, um Gottes Liebe zu bezeugen und ein gemeinsames Leben zu leben. Das Evangelium der Familie zieht sich durch die Geschichte der Welt, von der Erschaffung des Menschen nach dem Bild und Gleichnis Gottes (vgl. Gen 1, 26-27) bis zur Erfüllung des Geheimnisses des Bundes in Christus am Ende der Zeit mit dem Hochzeitsmahl des Lammes (vgl. Offb19,9; Johannes Paul II, Katechesen über die menschliche Liebe).

Die Familie in den Dokumenten der Kirche

17.  «Im Verlauf der Jahrhunderte hat es die Kirche nicht an der beständigen und vertieften Lehre über Ehe und Familie fehlen lassen. Eine der höchsten Ausdrucksformen dieses Lehramtes ist vom II. Vatikanischen Konzil in der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes vorgelegt worden, die ein ganzes Kapitel der Förderung der Würde von Ehe und Familie widmet (vgl. Gaudium et Spes 47-52). Hier ist die Ehe als Gemeinschaft des Lebens und der Liebe definiert worden (vgl. Gaudium et Spes 48), wobei die Liebe in die Mitte der Familie gestellt und zugleich die Wahrheit dieser Liebe angesichts der verschiedenen Formen des Reduktionismus, wie sie in der heutigen Kultur gegenwärtig sind, gezeigt wird. Die „wahre Liebe zwischen Mann und Frau“ (Gaudium et Spes 49) umfasst die gegenseitige Hingabe seiner selbst, und schließt nach dem Plan Gottes auch die sexuelle Dimension und die Affektivität ein und integriert sie (vgl. Gaudium et Spes 48-49). Darüber hinaus unterstreicht Gaudium et Spes Nr. 48 die Verwurzelung der Brautleute in Christus: Christus, der Herr, „begegnet den christlichen Gatten im Sakrament der Ehe“ und bleibt bei ihnen. In der Menschwerdung nimmt Er die menschliche Liebe an, reinigt sie, bringt sie zur Vollendung, und schenkt den Brautleuten mit seinem Geist die Fähigkeit, sie zu leben, indem er ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdringt. Auf diese Weise werden die Brautleute gleichsam geweiht und bauen durch eine eigene Gnade den Leib Christi auf, indem sie so etwas wie eine Hauskirche bilden (vgl. Lumen Gentium 11). Daher schaut die Kirche, um ihr eigenes Geheimnis in Fülle zu verstehen, auf die christliche Familie, die es in unverfälschter Weise darlebt» (Instrumentum Laboris, 4).

18.  «Auf der Linie des II. Vatikanischen Konzils hat das päpstliche Lehramt die Leher über Ehe und Familie vertieft. Besonders Paul VI. hat, mit der Enzyklika Humanae vitae, das innere Band zwischen der ehelichen Liebe und der Weitergabe des Lebens ins Licht gehoben. Der Hl. Johannes Paul II. hat der Familie durch seine Katechesen über die menschliche Liebe, den Brief an die Familien (Gratissimam sane) und vor allem durch das Apostolische Schreiben Familiaris Consortio eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In diesen Dokumenten hat der Papst die Familie als den „Weg der Kirche“ bezeichnet, und eine Gesamtschau der Berufung des Mannes und der Frau zur Liebe dargeboten. Zugleich hat er die Grundlinien der Familienpastoral und eine Pastoral im Hinblick auf die Gegenwart der Familie in der Gesellschaft vorgelegt. Vor allem hat er, im Zusammenhang mit der „ehelichen Liebe“ (vgl. Familiaris Consortio 13), die Art und Weise beschrieben, in der die Eheleute in ihrer gegenseitigen Liebe die Gabe des Geistes Christi empfangen und ihre Berufung zur Heiligkeit leben» (Instrumentum Laboris, 5).

19.  «In der Enzyklika Deus caritas est hat Papst Benedikt das Thema der Wahrheit der Liebe zwischen Mann und Frau wieder aufgegriffen, das erst im Licht der Liebe des gekreuzigten Christus vollkommen deutlich wird (vgl. Deus Caritas est 2). Der Papst unterstreicht: „Die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe beruhende Ehe wird zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk und umgekehrt: die Art, wie Gott liebt, wird zum Maßstab menschlicher Liebe“ (Deus Caritas est 11). Darüber hinaus unterstreicht er in der Enzyklika Caritas in veritate die Bedeutung der Liebe als Prinzip des Lebens in der Gesellschaft (vgl. Caritas in Veritate 44), dem Ort, an dem man die Erfahrung des Gemeinwohls macht» (Instrumentum Laboris, 6).

20.  «In der Enzyklika Lumen Fidei schreibt Papst Franziskus über den Zusammenhang von Familie und Glauben: „Christus zu begegnen und sich von seiner Liebe ergreifen und führen zu lassen weitet den Horizont des Lebens und gibt ihm eine feste Hoffnung, die nicht zugrunde gehen lässt. Der Glaube ist nicht eine Zuflucht für Menschen ohne Mut, er macht vielmehr das Leben weit. Er lässt eine große Berufung entdecken, die Berufung zur Liebe, und er garantiert, dass diese Liebe verlässlich ist und es wert ist, sich ihr zu übereignen, da ihr Fundament auf der Treue Gottes steht, die stärker ist als all unsere Schwäche“ (Lumen Fidei, 53)» (Instrumentum Laboris, 7).

Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Freude des Zusammenlebens

21.  Das gegenseitige Geschenk, welches für die sakramentale Ehe grundlegend ist, hat seinen Ursprung in der Gnade der Taufe, die den Bund jedes Menschen mit Christus in der Kirche begründet. In der gegenseitigen Annahme und mit der Gnade Christi versprechen sich die Eheleute vollkommene Hingabe, Treue und Offenheit für das Leben. Sie erkennen die Gaben, die Gott ihnen schenkt, als konstitutive Elemente der Ehe an und nehmen ihre gegenseitige Verpflichtung in seinem Namen und gegenüber der Kirche ernst. Im Glauben ist es dann möglich, die Güter der Ehe als Aufgabe anzunehmen, die durch die Gnade des Sakramentes besser erfüllt werden kann. Gott heiligt die Liebe der Eheleute und bestätigt ihre Unauflöslichkeit, indem er ihnen hilft, die Treue, die gegenseitige Ergänzung und die Offenheit für das Leben zu leben. Deshalb blickt die Kirche auf die Eheleute als das Herz der ganzen Familie, die ihrerseits ihren Blick auf Jesus richtet.

22.  In derselben Perspektive machen wir uns die Lehre des Apostels zu eigen, nach der die ganze Schöpfung in Christus und im Hinblick auf ihn gedacht wurde (vgl. Kol 1,16). So wollte das II. Vatikanische Konzil seine Wertschätzung für die natürliche Ehe und die wertvollen Elemente, die in den anderen Religionen (vgl. Nostra Aetate, 2) und Kulturen, ungeachtet ihrer Grenzen und Unzulänglichkeiten (vgl. Redemptoris Missio, 55) vorhanden sind, zum Ausdruck bringen. Das Vorhandensein der „semina Verbi” in den Kulturen (vgl. Ad Gentes, 11) könnte teilweise auch auf die Realität von Ehe und Familie  in vielen Kulturen und bei den Nichtchristen angewandt werden. Es gibt also auch wertvolle Elemente in einigen Formen außerhalb der christlichen Ehe – solange sie auf der dauerhaften und wahrhaftigen Beziehung zwischen Mann und Frau gründen –, die wir in jedem Fall als darauf hin orientiert betrachten. Im Blick auf die menschliche Weisheit der Völker und Kulturen erkennt die Kirche auch diese Familien als notwendige und fruchtbare Grundzellen des menschlichen Zusammenlebens an.

Wahrheit und Schönheit der Familie und Barmherzigkeit gegenüber den verletzten und schwachen Familien

23.  Mit innerer Freude und tiefem Trost blickt die Kirche auf die Familien, die den Lehren des Evangeliums treu bleiben. Sie dankt ihnen für ihr Zeugnis und ermutigt sie darin. Durch sie werden die Schönheit der unauflöslichen Ehe und ihre immer dauernde Treue glaubwürdig. In der Familie, die man als „Hauskirche“ bezeichnen könnte (Lumen Gentium, 11), reift die erste kirchliche Erfahrung der Gemeinschaft unter den Menschen, in der sich durch die Gnade das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit spiegelt. «Hier lernt man Ausdauer und Freude an der Arbeit, geschwisterliche Liebe, großmütiges, ja wiederholtes Verzeihen und vor allem den Dienst Gottes in Gebet und Hingabe des Lebens» (Katechismus der Katholischen Kirche, 1657). Die Heilige Familie von Nazareth ist dafür ein wunderbares Vorbild. In ihrer Schule «verstehen wir, warum wir eine geistliche Disziplin halten müssen, wenn wir der Lehre des Evangeliums Jesu folgen und Jünger Christi werden wollen» (Paul VI, Ansprache in Nazareth, 5.Januar 1964).Das Evangelium der Familie nährt auch jene Samen, die noch nicht reif sind, und muss jene Bäume pflegen, die ausgedörrt sind und nicht vernachlässigt werden dürfen.

24.  Als verlässliche Lehrerin und fürsorgliche Mutter ist sich die Kirche – obwohl sie anerkennt, dass es für die Getauften kein anderes als das sakramentale Eheband gibt und dass jeder Bruch desselben Gottes Willen zuwiderläuft – auch der Schwäche vieler ihrer Kinder bewusst, die sich auf dem Weg des Glaubens schwer tun. «Daher muss man, ohne den Wert des vom Evangelium vorgezeichneten Ideals zu mindern, die möglichen Wachstumsstufen der Menschen, die Tag für Tag aufgebaut werden, mit Barmherzigkeit und Geduld begleiten. […] Ein kleiner Schritt inmitten großer menschlicher Begrenzungen kann Gott wohlgefälliger sein als das äußerlich korrekte Leben dessen, der seine Tage verbringt, ohne auf nennenswerte Schwierigkeiten zu stoßen. Alle müssen von dem Trost und dem Ansporn der heilbringenden Liebe Gottes erreicht werden, der geheimnisvoll in jedem Menschen wirkt, jenseits seiner Mängel und Verfehlungen» (Evangelii Gaudium, 44).

25.  Einer pastoralen Zugehensweise entsprechend ist es Aufgabe der Kirche, jenen, die nur zivil verheiratet oder geschieden und wieder verheiratet sind oder einfach so zusammenleben, die göttliche Pädagogik der Gnade in ihrem Leben offen zu legen und ihnen zu helfen, für sich die Fülle des göttlichen Planes zu erreichen. Dem Blick Christi folgend, dessen Licht jeden Menschen erleuchtet (vgl. Joh 1,9; Gaudium et Spes, 22) wendet sich die Kirche liebevoll jenen zu, die auf unvollendete Weise an ihrem Leben teilnehmen. Sie erkennt an, dass Gottes Gnade auch in ihrem Leben wirkt, und ihnen den Mut schenkt, das Gute zu tun, um liebevoll füreinander zu sorgen und ihren Dienst für die Gemeinschaft, in der sie leben und arbeiten, zu erfüllen.

26.  Die Kirche blickt mit Sorge auf das Misstrauen vieler junger Menschen gegenüber dem Eheversprechen. Sie leidet unter der Voreiligkeit, mit der viele Gläubige sich entscheiden, dem eingegangenen Bund ein Ende zu setzen und einen neuen eingehen. Diese Gläubigen, die zur Kirche gehören, brauchen eine barmherzige und ermutigende seelsorgliche Zuwendung, wobei die jeweiligen Situationen angemessen zu unterscheiden sind. Die jungen Getauften sollen ermutigt werden, nicht zu zaudern angesichts des Reichtums, den das Ehesakrament ihrem Vorhaben von Liebe schenkt, gestärkt vom Beistand der Gnade Christi und der Möglichkeit, ganz am Leben der Kirche teilzunehmen.

27.  In diesem Sinn besteht für die heutige Familienpastoral eine neue Dimension darin, der Realität der Zivilehe zwischen Mann und Frau, den Ehen gemäß älteren kulturellen Bräuchen und – bei aller gebührenden Unterscheidung – auch den unverheiratet zusammenlebenden Paaren ihre Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn eine Verbindung durch ein öffentliches Band offenkundig Stabilität erlangt, wenn sie geprägt ist von tiefer Zuneigung, Verantwortung gegenüber den Kindern, von der Fähigkeit, Prüfungen zu bestehen, kann dies als Anlass gesehen werden, sie auf ihrem Weg zum Ehesakrament zu begleiten. Doch sehr oft fällt die Entscheidung für das Zusammenleben ohne jede Absicht einer institutionellen Bindung und nicht im Hinblick auf eine mögliche zukünftige Ehe.

28.  In Übereinstimmung mit dem barmherzigen Blick Jesu, muss die Kirche ihre schwächsten Kinder, die unter verletzter und verlorener Lebe leiden aufmerksam und fürsorglich begleiten und ihnen Vertrauen und Hoffnung geben. Wie das Licht eines Leuchtturms im Hafen oder einer Fackel, die unter die Menschen gebracht wird, um jene zu erleuchten, die die Richtung verloren haben oder sich in einem Sturm befinden. Im Bewusstsein, dass die größte Barmherzigkeit darin besteht, mit Liebe die Wahrheit zu sagen, geht es uns um mehr als Mitleid. Wie die barmherzige Liebe anzieht und vereint, so verwandelt und erhebt sie auch. Sie lädt zur Umkehr ein. Auf diese Art und Weise verstehen wir auch die Haltung des Herrn, der die Ehebrecherin nicht verurteilt, sondern sie auffordert, nicht mehr zu sündigen (vgl. Joh 8,1-11).

III. Teil
Die Auseinandersetzung: Pastorale Perspektiven
Das Evangelium der Familie heute in den unterschiedlichen Kontexten verkünden

29.  Der synodale Dialog hat sich mit einigen dringlicheren pastoralen Anliegen befasst, die in Gemeinschaft „cum Petro et sub Petro“ der Konkretisierung in den einzelnen Ortskirchen anzuvertrauensind.Die Verkündigung des Evangeliums der Familie stellt für die neue Evangelisierung eine Dringlichkeit dar. Die Kirche ist dazu aufgerufen, diese Verkündigung mit der Zärtlichkeit einer Mutter und der Klarheit einer Lehrmeisterin (vgl. Eph 4,15) durchzuführen, in Treue zur barmherzigen Entäußerung Christi. Die Wahrheit nimmt in der menschlichen Schwachheit Fleisch an, nicht um sie zu richten, sondern um sie zu retten (vgl. Joh 3,16 -17).

30. Die Evangelisierung ist eine Verantwortung des ganzen Gottesvolkes, einesJeden nach seinem eigenen Dienst und Charisma. Ohne das freudige Zeugnis der Eheleute und der Familien, der Hauskirchen, läuft die Verkündigung – auch, wenn sie konkret ist – Gefahr, unverständlich zu bleiben oder im Meer der Worte, das unsere Gesellschaft kennzeichnet, unterzugehen (vgl. Novo Millennio Ineunte, 50). Die Synodenväter haben mehrfach unterstrichen, dass die katholischen Familien aus der Kraft der Gnade des Ehesakramentes dazu berufen sind, selbst Subjekte der Familienpastoral zu werden.

31.  Es wird entscheidend sein, den Primat der Gnade hervorzuheben und damit die Möglichkeiten, die der Geist im Sakrament schenkt. Es geht darum, erfahrbar zu machen, dass das Evangelium der Familie Freude ist, die «das Herz und das gesamte Leben erfüllt», weil wir in Christus «von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung» befreit sind (Evangelii Gaudium, 1). Im Lichte des Gleichnisses vom Sämann (vgl. Mt 13,3-9), ist es unsere Aufgabe, an der Aussaat mitzuarbeiten. Alles andere ist das Werk Gottes. Man darf auch nicht vergessen, dass die Kirche, die über die Familie predigt, Zeichen des Widerspruchs ist.

32.  Deshalb ist von der ganzen Kirche eine missionarische Umkehr gefordert: Man darf nicht bei einer rein theoretischen, von den wirklichen Problemen der Menschen losgelösten Verkündigung stehen bleiben. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Krise des Glaubens zu einer Krise der Ehe und der Familie geführt hat, und als Konsequenz oft die Weitergabe des Glaubens von den Eltern an die Kinder unterbrochen wurde. Angesichts eines starken Glaubens können sich kulturelle Ansichten, die Familie und Ehe schwächen, nicht durchsetzen.

33.  Damit die Umkehr wirklich an Bedeutung gewinnt, umfasst sie auch die Sprache. Die Verkündigung muss erfahrbar machen, dass das Evangelium der Familie die Antwort auf die tiefsten Erwartungen des Menschen darstellt: Auf seine Würde und auf die vollkommene Verwirklichung in der Gegenseitigkeit, in der Gemeinschaft und in der Fruchtbarkeit. Es geht nicht allein darum, Normen vorzulegen, sondern Werte anzubieten, und damit auf eine Sehnsucht nach Werten zu antworten, die heute selbst in den säkularisiertesten Ländern festzustellen ist.

34.  Das Wort Gottes ist Quelle des Lebens und der Spiritualität der Familie. Die betrachtende Lesung der Heiligen Schrift in Gemeinschaft mit der Kirche muss die Familienpastoral innerlich formen und die Mitglieder der Hauskirche bilden. Das Wort Gottes ist nicht nur eine frohe Botschaft für das Privatleben der Menschen, sondern auch ein Urteilskriterium und ein Licht der Unterscheidung der verschiedenen Herausforderungen, mit denen sich die Eheleute und Familien auseinandersetzen.

35.  Zugleich haben viele Synodenväter auf einem positiven Zugang zu den Reichtümern der unterschiedlichen religiösen Erfahrungen bestanden, ohne die Schwierigkeiten zu verschweigen. In diesen unterschiedlichen religiösen Wirklichkeiten und der großen kulturellen Verschiedenheit, welche die Nationen prägt, ist es angemessen, zunächst die positiven Möglichkeiten zu würdigen und in ihrem Licht die Grenzen und Mängel zu bewerten.

36.  Die christliche Ehe ist eine Berufung, die man durch eine angemessene Vorbereitung auf einem Glaubensweg und mit einer reifen Urteilsfähigkeit annimmt. Sie darf nicht nur als kulturelle Tradition oder als soziale und rechtliche Anforderung verstanden werden. Deshalb muss man Wege entdecken, um die Einzelnen und das Paar so zu begleiten, dass sich die Vermittlung der Glaubensinhalte mit der Lebenserfahrung verbindet, welche die gesamte Gemeinschaft der Kirche anbietet.

37.  Immer wieder wurde an die Notwendigkeit einer radikalen Erneuerung der pastoralen Praxis im Licht des Evangeliums der Familie erinnert, um die individualistischen Sichtweisen zu überwinden, die sie derzeit noch kennzeichnen. Deshalb wurde mehrfach auf eine Erneuerung der Ausbildung von Priestern, Diakonen, Katecheten und anderen Mitarbeitern in der Seelsorge beharrt, welche durch eine stärkere Einbeziehung der Familien geschehen könnte.

38.  In gleicher Weise wurde die Notwendigkeit einer Evangelisierung unterstrichen, die offen die kulturellen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Konditionierungen, wie den zügellosen Einfluss der Logik des Marktes anprangert, welche ein authentisches Familienleben verhindern und Diskriminierungen, Armut, Ausgrenzung und Gewalt hervorrufen. Deshalb muss ein Dialog und eine Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen Strukturen entwickelt werden, und es gilt, jene Laien zu ermutigen und zu unterstützen, die sich als Christen im kulturellen und gesellschaftlichen Bereich engagieren.

Die Brautleute auf dem Weg der Vorbereitung zur Ehe führen

39.  Die komplexe gesellschaftliche Wirklichkeit und die Herausforderungen, mit denen sich die Familien auseinandersetzen müssen, erfordern einen größeren Einsatz der ganzen christlichen Gemeinde im Hinblick auf die Vorbereitung der Brautleute auf die Ehe. Dazu ist es notwendig, an die Bedeutung der Tugenden zu erinnern. Unter ihnen erweist sich die Keuschheit als wertvolle Voraussetzung für ein echtes Wachstum der zwischenmenschlichen Liebe. Bezüglich dieser Erfordernis stimmen die Synodenväter darin überein, die Notwendigkeit des Einbezuges der ganzen Gemeinde hervorzuheben und das Zeugnis der Familien selbst zu begünstigen. Ferner sollte die Ehevorbereitung auf dem Weg der christlichen Initiation verankert werden, indem die Verbindung zwischen Ehe und Taufe und den anderen Sakramenten betont wird. Zugleich wurde die Notwendigkeit besonderer Kurse zur unmittelbaren Vorbereitung der Eheschließung betont, die eine wirkliche Erfahrung der Teilnahme am kirchlichen Leben sein sollen und die unterschiedlichen Aspekte des Familienlebens vertiefen.

Die ersten Jahre des Ehelebens begleiten

40.  Die ersten Jahre der Ehe sind ein wesentlicher und heikler Zeitabschnitt, während dessen die Paare im Bewusstsein der Herausforderung und der Bedeutung der Ehe wachsen. Hieraus ergibt sich das Erfordernis einer pastoralen Begleitung, die nach der Feier des Sakramentes fortgesetzt wird (vgl. Familiaris Consortio, III. Teil). Bei dieser Pastoral ist die Anwesenheit erfahrener Ehepaare von großer Bedeutung. Die Pfarrei wird als der Ort verstanden, an dem erfahrene Paare jüngeren zur Verfügung stehen können, möglicherweise unter Mithilfe von Vereinigungen, kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften. Brautleute sollen zu der grundlegenden Haltung ermutigt werden, Kinder als ein großes Geschenk anzunehmen. Dabei gilt es, die Bedeutung der Spiritualität der Familie, des Gebetes und der Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistie zu unterstreichen. Die Paare sollen ermutigt werden, sich regelmäßig zu treffen, um das Wachstum des geistlichen Lebens sowie die Solidarität in den konkreten Herausforderungen des Lebens zu fördern. Die Liturgie, Übungen der Frömmigkeit und die Eucharistie für die Familien, vor allem am Hochzeitstag, wurden als wichtig zur Förderung der Evangelisierung durch die Familien erwähnt.

Seelsorge für jene, die in einer Zivilehe oder ohne Trauschein zusammenleben

41.   Während die Synode weiterhin die christliche Ehe verkündet und fördert, ermutigt sie zugleich zu einer pastoralen Unterscheidung der Situationen vieler Menschen, die diese Wirklichkeit nicht mehr leben. Es ist wichtig, in einen pastoralen Dialog mit diesen Menschen zu treten, um jene Elemente in ihrem Leben hervorzuheben, die zu einer größeren Offenheit gegenüber dem Evangelium der Ehe in seiner Fülle führen können. Die Hirten müssen jene Elemente erkennen, welche die Evangelisierung und das menschliche und geistliche Wachstum fördern können. Eine neue Sensibilität der heutigen Pastoral besteht darin, jene positiven Elemente zu erfassen, die in Zivilehen und – bei gebührender Unterscheidung – im Zusammenleben ohne Trauschein vorhanden sind.Es ist angebracht, dass wir im Angebot der Kirche, das mit Klarheit die christliche Botschaft verkündet, auch auf die konstitutiven Elemente in jenen Situationen hinweisen, die ihr noch nicht oder nicht mehr entsprechen.

42.   Es wurde darauf hingewiesen, dass in vielen Ländern eine «steigende Zahl von Paaren ad experimentum zusammenleben, ohne kirchliche oder zivile Trauung» (Instrumentum Laboris, 81). In einigen Ländern geschieht dies vor allem in traditionellen Ehen, die unter Familien vereinbart und oft in verschiedenen Stufen geschlossen werden. In anderen Ländern wächst hingegen die Zahl derer, die nach einem langen Zusammenleben um die Feier der kirchlichen Trauung bitten. Das einfache Zusammenleben wird oft auf Grund der allgemeinen Mentalität gewählt, die sich gegen Institutionen und endgültige Verpflichtungen wendet, aber auch in Erwartung einer existentiellen Sicherheit (Arbeit und festes Einkommen). Schließlich sind die faktischen Verbindungen in anderen Ländern sehr zahlreich, nicht nur, weil die Werte der Familie und der Ehe zurückgewiesen werden, sondern vor allem, weil dort die Heirat aus gesellschaftlichen Gründen als Luxus betrachtet wird, so dass die materielle Not die Menschen zu solchen faktischen Verbindungen drängt.

43.  All diese Situationen müssen in konstruktiver Weise angegangen werden, indem versucht wird, sie in Gelegenheiten für einen Weg hin zur Fülle der Ehe und der Familie im Licht des Evangeliums zu verwandeln. Es geht darum, sie mit Geduld und Feingefühl anzunehmen und zu begleiten. Dabei ist das attraktive Zeugnis authentischer christlicher Familien als Subjekt der Evangelisierung der Familie wichtig.

Die verwundeten Familien heilen (Getrenntlebende, nicht wiederverheiratete Geschiedene, wiederverheiratet Geschiedene, Alleinerziehende)

44.  Wenn die Eheleute in ihren Beziehungen Schwierigkeiten begegnen, müssen sie auf die Hilfe und Begleitung der Kirche zählen können. Die Pastoral der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit sind darauf ausgerichtet, Menschen wieder aufzurichten und Beziehungen wiederherzustellen. Die Erfahrung zeigt, dass ein großer Prozentsatz der Ehekrisen durch eine angemessene Hilfe und die versöhnende Kraft der Gnade in zufriedenstellender Weise überwunden werden. Vergeben können und Vergebung erfahren ist eine grundlegende Erfahrung des Familienlebens. Die gegenseitige Vergebung der Eheleute erlaubt es, eine Liebe zu erfahren, die für immer ist und nie vergeht (vgl. 1 Kor 13,8). Manchmal fällt es aber dem, der die Vergebung Gottes empfangen hat, schwer, selbst die Kraft zu einer aufrichtigen Vergebung aufzubringen, die den Menschen erneuert.

45.  Auf der Synode wurde die Notwendigkeit mutiger pastoraler Entscheidungen deutlich. Die Synodenväter haben nachdrücklich die Treue zum Evangelium der Familie bekräftigt und anerkannt, dass Trennung und Scheidung stets eine Verwundung darstellen, welche den betroffenen Paaren und den Kindern tiefes Leid zufügt. So sehen die Synodenväter die Dringlichkeit neuer pastoraler Wege, die von der tatsächlichen Realität der Zerbrechlichkeit der Familie ausgehen, im Wissen darum, dass Trennung und Scheidung oft eher mit Schmerz „erlitten“, als aus freien Stücken gewählt werden. Es handelt sich um unterschiedliche Situationen sowohl auf Grund persönlicher als auch kultureller und sozioökonomischer Faktoren. Das verlangt einen differenzierten Blick, wie es der hl. Johannes Paul II empfohlen hat (vgl. Familiaris Consortio, 84).

46.  Jede Familie muss vor allem mit Respekt und Liebe angehört werden, indem man sich zum Weggefährten macht, wie Christus mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Für diese Situationen gelten in besonderer Weise die Worte von Papst Franziskus: «Die Kirche wird ihre Glieder – Priester, Ordensleute und Laien – in diese „Kunst der Begleitung” einführen müssen, damit alle stets lernen, vor dem heiligen Boden des anderen sich die Sandalen von den Füßen zu streifen (vgl. Ex 3,5). Wir müssen unserem Wandel den heilsamen Rhythmus der Zuwendung geben, mit einem achtungsvollen Blick voll des Mitleids, der aber zugleich heilt, befreit und zum Reifen im christlichen Leben ermuntert.» (Evangelii Gaudium, 169).

47.  Ein besonderes Urteilvermögen ist unerlässlich, um die Getrenntlebenden, die Geschiedenen und die Verlassenen pastoral zu begleiten. Vor allem muss das Leid derer angenommen und geachtet werden, die ungerechter Weise Trennung oder Scheidung erlitten haben, die verlassen wurden oder wegen Misshandlungen des Ehepartners gezwungen waren, das Zusammenleben aufzugeben. Die Vergebung des erlittenen Unrechts ist nicht einfach, sie istaber ein Weg, den die Gnade möglich macht. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Pastoral der Versöhnung und der Mediation, auch durch besondere Beratungsstellen, die in den Diözesen einzurichten sind. In gleicher Weise muss stets betont werden, dass es unerlässlich ist, sich in aufrichtiger und konstruktiver Weise um die Folgen der Trennung oder der Scheidung für die Kinder zu kümmern, die in jedem Fall unschuldige Opfer der Situation sind. Sie dürfen nicht zum „Streitobjekt“ werden; stattdessen gilt es, die besten Wege zu finden, damit sie das Trauma der familiären Spaltung überwinden und möglichst unbeschwert aufwachsen können. In jedem Fall wird die Kirche immer das Unrecht hervorheben müssen, das sehr oft aus der Situation der Scheidung entsteht. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt der Begleitung der Alleinerziehenden. Vor allem müssen Frauen unterstützt werden, die allein die Verantwortung für den Haushalt und die Kindererziehung zu tragen haben.

48.   Eine große Zahl der Synodenväter hat die Notwendigkeit unterstrichen, die Verfahren zur Anerkennung der Nichtigkeit einer Ehe zugänglicher und schneller zu gestalten, und möglicherweise ganz auf Gebühren zu verzichten. Dazu werden u.a. folgende Vorschläge gemacht: Die Notwendigkeit zweier gleichlautender Urteile aufzugeben; die Möglichkeit, einen Verwaltungsweg unter Verantwortung des Diözesanbischofs festzulegen; ein verkürztes Verfahren, das bei Fällen offenkundiger Nichtigkeit anzuwenden wäre. Einige Synodenväter haben sich dennoch gegen diese Vorschläge ausgesprochen, weil sie kein verlässliches Urteil garantieren würden. Es muss betont werden, dass es in all diesen Fällen darum geht, die Wahrheit über die Gültigkeit des Ehebundes zu ermitteln. Anderen Vorschlägen zufolge sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, mit Blick auf die Gültigkeit des Ehesakramentes der Rolle des Glaubens der Brautleute Gewicht zu verleihen, ohne dadurch infrage zu stellen, dass unter Getauften alle gültigen Ehen Sakrament sind.

49.  Mit Blick auf eine von vielen geforderte Straffung des Eheprozesses muss neben der Ausbildung ausreichender Mitarbeiter – Kleriker und Laien –, die sich dieser Aufgabe vorrangig widmen, die Verantwortung des Diözesanbischofs betont werden. Er könnte in seiner Diözese entsprechend vorbereitete Berater beauftragen, welche die Parteien über die Gültigkeit ihrer Ehe unentgeldlich beraten. Diese Aufgabe könnten ein Amt oder qualifizierte Personen übernehmen (vgl. Dignitas Connubii, Art. 113, 1).

50.  Nicht wiederverheiratete Geschiedene, die oft Zeugen der ehelichen Treue sind, werden ermutigt, in der Eucharistie die Nahrung zu finden, die sie in ihrer Lebensform stärkt. Die Gemeinde vor Ort und die Hirten müssen diese Menschen fürsorglich begleiten, vor allem wenn Kinder vorhanden sind, oder sie unter schwerer Armut leiden.

51.  Auch die Situationen der wiederverheirateten Geschiedenen verlangen eine aufmerksame Unterscheidung und von großem Respekt gekennzeichnete Begleitung, die jede Ausdrucksweise und Haltung vermeidet, die sie als diskriminierend empfinden könnten. Stattdessen sollte ihre Teilnahme am Leben der Gemeinschaft gefördert werden. Diese Fürsorge bedeutet für das Leben der christlichen Gemeinschaft keine Schwächung ihres Glaubens und ihres Zeugnisses im Hinblick auf die Unauflöslichkeit der Ehe. Im Gegenteil, sie bringt gerade in dieser Fürsorge ihre Nächstenliebe zum Ausdruck.

52.  Es wurde über die Möglichkeit nachgedacht, wiederverheiratete Geschiedene zum Sakrament der Buße und der Eucharistie zuzulassen. Mehrere Synodenväter haben auf Grund der konstitutiven Beziehung zwischen der Teilnahme an der Eucharistie und der Gemeinschaft mit der Kirche und ihrer Lehre über die Unauflöslichkeit der Ehe auf der derzeitigen Regelung bestanden. Andere haben sich für eine nicht zu verallgemeinernde Zulassung an den Tisch der Eucharistie ausgesprochen – und zwar in einigen besonderen Situationen und unter genau festgelegten Voraussetzungen, vor allem wenn es sich um unumkehrbare Fälle handelt, die mit moralischen Verpflichtungen gegenüber den Kindern einhergehen, die ungerechtem Leid ausgesetzt würden. Einem möglichen Zugang zu den Sakramenten müsste unter der Verantwortung des Diözesanbischofs ein Weg der Buße vorausgehen. Diese Frage gilt es aber noch zu vertiefen, wobei die Unterscheidung zwischen einem objektiven Zustand der Sünde und mildernden Umständen genau zu bedenken ist, da «die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie […] durch […] psychische oder gesellschaftliche Faktoren gemindert, ja sogar aufgehoben sein» könnte (Katechismus der Katholischen Kirche, 1735).

53.  Einige Synodenväter waren der Ansicht, dass wiederverheiratete oder mit einem Partner zusammenlebende Geschiedene in fruchtbarer Weise an der geistlichen Kommunion teilhaben können. Andere Synodenväter stellten daraufhin die Frage, warum sie dann keinen Zugang zur sakramentalen Kommunion erhalten könnten. Es wird also eine Vertiefung dieser Thematik gefordert, um so die Eigenart der beiden Formen und ihre Verbindung zur Ehetheologie herauszuarbeiten.

54.   Die Probleme bezüglich der Mischehen kamen bei den Beiträgen der Synodenväter immer wieder zur Sprache. Die Verschiedenheit des Eherechts der orthodoxen Kirche führt in einige Zusammenhängen zu Problemen, über die in der Ökumene nachgedacht werden muss. Analog wird für interreligiöse Ehen der Beitrag des interreligiösen Dialogs bedeutsam.

Die pastorale Aufmerksamkeit gegenüber Personen mit homosexueller Orientierung

55.  Einige Familien machen die Erfahrung, dass in ihrer Mitte Menschen mit homosexueller Orientierung leben. Diesbezüglich hat man sich gefragt, welche pastorale Aufmerksamkeit in diesen Fällen angemessen ist, indem man sich auf das bezog, was die Kirche lehrt: « Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn.»Dennoch müssen Frauen und Männer mit homosexuellen Tendenzen mit Achtung und Feingefühl aufgenommen werden. «Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen.» (Kongregation für die Glaubenslehre, Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen, 4).

56.  Es ist vollkommen unannehmbar, dass auf die Hirten der Kirche in dieser Frage Druck ausgeübt wird und dass die internationalen Organisationen Finanzhilfen gegenüber armen Ländern davon abhängig machen, dass sie in ihrer Gesetzgebung eine „Ehe“ unter Personen des gleichen Geschlechts einführen.

Die Weitergabe des Lebens und die Herausforderung des Geburtenrückgangs

57.  Es ist nicht schwer, festzustellen, dass sich eine Mentalität ausbreitet, welche die Weitergabe des Lebens auf eine Variable in der Planung eines Einzelnen oder eines Paares verkürzt. Die wirtschaftlichen Faktoren üben manchmal ein entscheidendes Gewicht aus und tragen zum starken Geburtenrückgang bei, der das soziale Netzwerk schwächt, die Beziehungen unter den Generationen beeinträchtigt und den Blick in die Zukunft unsicher macht. Die Offenheit für das Leben ist ein Erfordernis, das der eheliche Liebe innewohnt. In diesem Licht unterstützt die Kirche die Familien, die behinderte Kinder aufnehmen, erziehen und mit ihrer Liebe umfangen.

58.  Auch auf diesem Gebiet muss man davon ausgehen, was die Menschen sagen, und die Schönheit und Wahrheit einer vorbehaltlosen Offenheit gegenüber dem Leben als das darstellen und begründen, dessen die menschliche Liebe bedarf, um in ihrer Fülle gelebt zu werden. Auf diese Grundlage kann sich eine angemessene Lehre über die natürlichen Methoden für eine verantwortliche Fortpflanzung stützen. Sie verhilft dazu, die Gemeinschaft unter den Ehepartnern in all ihren Dimensionen und mit generativen Verantwortung harmonisch und bewusst zu leben. Es gilt, die Botschaft der Enzyklika Humanae Vitae Papst Paul VI. wiederzuentdecken, die hervorhebt, dass bei der moralischen Bewertung der Methoden der Geburtenregelung die Würde der Person respektiert werden muss. Die Adoption verwaister und vernachlässigter Kinder ist eine besondere Form des Familienapostolates (vgl. Apostolicam Actuositatem, 11), worauf das Lehramt mehrfach hingewiesen und wozu es ermutigt hat (vgl. Familiaris Consortio, 41; Evangelium Vitae, 93). Die Entscheidung zur Adoption oder Pflegschaft bringt eine besondere Fruchtbarkeit der ehelichen Erfahrung zum Ausdruck, nicht nur, wenn sie von Unfruchtbarkeit gekennzeichnet ist. Eine solche Entscheidung ist ein eindrucksvolles Zeichen der familiären Liebe. Sie erlaubt es, den eigenen Glauben zu bezeugen und denen die Würde des Kindseins zurückzugeben, die sie verloren haben.

59.  Es gilt, auch im Band der Ehe die Affektivität als Weg der Reifung zu leben, in der immer tieferen Annahme des Anderen und einer immer vollkommeneren Hingabe. In diesem Zusammenhang muss die Notwendigkeit bekräftigt werden, Wege der Bildung anzubieten, die das eheliche Leben stärken. Daneben braucht es Laien, die durch ihr lebendiges Zeugnis Begleitung anbieten. Eine große Hilfe ist dabei das Beispiel einer treuen und tiefen Liebe, die geprägt ist von Zärtlichkeit und Achtung, die fähig ist, mit der Zeit zu wachsen und die in ihrer konkreten Offenheit gegenüber der Weitergabe des Lebens die Erfahrung eines Geheimnisses macht, das uns übersteigt.

Die Herausforderung der Erziehung und die Rolle der Familie bei der Evangelisierung

60.  Eine der grundlegenden Herausforderungen, vor der die heutigen Familien stehen, ist sicherlich die Erziehung, welche durch die aktuelle kulturelle Wirklichkeit und den großen Einfluss der Medien noch anspruchsvoller und komplexer gemacht wird.Dabei gilt es, die Bedürfnisse und Erwartungen der Familie gebührend zu berücksichtigen, die in der Lage sind, im Alltag Orte des Wachstums und der konkreten und grundlegenden Weitergabe jener Tugenden zu sein, die dem Dasein Gestalt verleihen. Das bedeutet, dass Eltern die Freiheit haben müssen, ihren Kindern die Art von Erziehung zu vermitteln, die ihren Überzeugungen entspricht.

61.  Die Kirche hat, ausgehend von der christlichen Initiation und durch aufnahmebereite Gemeinschaften im Hinblick auf die Unterstützung der Familien eine wichtige Rolle. Sie ist mehr denn je gefordert, die Eltern in den alltäglichen wie in den komplexen Situationen bei der Aufgabe der Erziehung zu unterstützen und die Kinder und Jugendlichen in ihrem Wachstum auf personalisierten Wegen zu begleiten, die in der Lage sind, sie in den umfassenden Sinn des Lebens einzuführen und ihnen Entscheidungen und die Übernahme von Verantwortung zu ermöglichen, die im Lichte des Evangeliums gelebt werden. Maria kann in ihrer Zärtlichkeit, Barmherzigkeit und mütterlichen Liebe den Hunger nach Menschlichkeit und Leben stillen. Deshalb wird sie von den Familien und vom christlichen Volk angerufen. Seelsorge und Marienverehrung sind gute Ausgangspunkte, um das Evangelium der Familie zu verkünden.

Schluss

62.  Die vorliegenden Überlegungen, Ergebnis der Synodenarbeit, die sich in großer Freiheit und einer Haltung gegenseitigen Zuhörens vollzog, möchten Fragen stellen und Perspektiven aufzeigen, welche in dem Jahr, das uns von der Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode trennt, durch die Reflexion der Ortskirchen heranreifen und präzisiert werden sollen. Die Synode soll im Oktober 2015 stattfinden und sich der Berufung und Sendung der Familien in der Kirche und der Welt von heute widmen. Es handelt sich weder um getroffene Entscheidungen noch um einfache Perspektiven. Der kollegiale Weg der Bischöfe und die Einbeziehung des ganzen Gottesvolkes unter dem Wirken des Heiligen Geistes und mit Blick auf das Vorbild der Heiligen Familie können uns aber leiten, um Wege der Wahrheit und der Barmherzigkeit für alle zu finden.Diesen Wunsch hat Papst Franziskus seit Beginn unserer Arbeiten an uns gerichtet, und er hat uns zum Mut des Glaubens und zur demütigen und aufrichtigen Annahme der Wahrheit in der Liebe eingeladen.

Fragen im Hinblick auf die Rezeption
und die Vertiefung der
Relatio Synodi

 

Einleitende Frage bezüglich aller Teile der Relatio Synodi

Entspricht die Beschreibung der Realität der Familie, wie sie die Relatio Synodi vornimmt dem, was heute in Kirche und Gesellschaft festgestellt werden kann? Welche fehlenden Aspekte können ergänzt werden?

Fragen zum I. Teil
Das Hören: Der Kontext und die Herausforderungen im Hinblick auf die Familien

Wie in der Einleitung festgehalten wird (Nr. 1-4) wollte sich die außerordentliche Synode an alle Familien der Welt wenden, um an ihren Freuden, ihren Sorgen und ihren Hoffnungen teilzunehmen. Die Synode hat sodann einen anerkennenden Blick auf die christlichen Familien geworfen, die ihrer Berufung treu sind, und sie ermutigt, sich in dieser Stunde der „Kirche, die aus sich herausgeht,“ entschiedener einzubringen und sich dabei wieder neu als unverzichtbares Subjekt der Evangelisierung zu begreifen, besonders, wenn es darum geht, für sich selbst und für die Familien in Schwierigkeiten jene „Sehnsucht nach Familie“ zu nähren, die immer lebendig bleibt, und die Grundlage der Überzeugung darstellt, dass es erforderlich sei, „neu von der Familie auszugehen,“ um den Kern des Evangeliums wirksam zu verkünden.

Der erneuerte, von der außerordentlichen Synode vorgezeichnete Weg gliedert sich in einen weiteren kirchlichen Zusammenhang ein, wie er von Papst Franziskus im Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium dargelegt wurde, der nämlich von den „existentiellen Peripherien“ ausgeht, einer von der „Kultur der Begegnung“ gekennzeichneten Pastoral, welche in der Lage ist, das freie Handeln des Herrn auch außerhalb unserer gewohnten Schemata zu erkennen und, ohne Verlegenheit, jenen Charakter des „Feldlazaretts“ zu übernehmen, welche der Verkündigung der Barmherzigkeit Gottes so förderlich ist.Auf diese Herausforderungen antworten die Abschnitte des ersten Teils der Relatio Synodi, in denen jene Aspekte behandelt werden, die den konkreteren Bezugsrahmen im Hinblick auf die tatsächliche Situation der Familie darstellen, innerhalb dessen dann die Überlegungen weiterzuführen sind.

Die im Folgenden, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf die im ersten Teil der Relatio Synodi angesprochenen Themen, vorgelegten Fragen, beabsichtigen, den notwendigen Realismus bei den Überlegungen der einzelnen Bischofskonferenzen zu erleichtern, um zu vermeiden, dass ihre Antworten ausgehend von solchen Schemata und Perspektiven gegeben werden, die einer Pastoral eigen sind, welche lediglich die Lehre anwendet und auf diese Weise die Schlussfolgerungen der außerordentlichen Synodenversammlung nicht berücksichtigen und damit die eigenen Überlegungen von dem schon vorgezeichneten Weg wegführen würde.

Der soziokulturelle Kontext (Nr. 5-8)

1.  Welche Initiativen gibt es im Hinblick auf die Herausforderungen, vor welche die kulturellen Widersprüche die Familie stellt (vgl. Nr. 6-7), welche sind diesbezüglich geplant? Dabei geht es um Programme, welche die Gegenwart Gottes im Leben der Familien wieder ins Bewusstsein rücken wollen; solche, die auf feste interpersonale Beziehung hin erziehen und diese stabilisieren wollen; solche die beabsichtigen, sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Nutzen der Familie zu fördern; solche, die die Schwierigkeiten erleichtern, die mit der Betreuung von Kindern, Alten und kranken Familienmitgliedern verbunden sind; solche die geeignet sind, sich mit dem besonderen kulturellen Kontext auseinanderzusetzen, in dem die jeweilige Ortskirche lebt.

2.  Welche analytischen Instrumente werden genutzt, und welches sind diesbezüglich die wichtigsten Ergebnisse in Bezug auf die (positiven und negativen) Aspekte des anthropologisch-kulturellen Wandels? (vgl. Nr. 5) Lassen die Ergebnisse die Möglichkeit erkennen, im kulturellen Pluralismus gemeinsame Elemente zu finden?

3.  Welche Mittel werden neben der Verkündigung und der Anklage gewählt, um als Kirche den Familien in Extremsituationen nahe zu sein? (vgl. Nr. 8). Welche erzieherischen Maßnahmen gibt es, um ihnen vorzubeugen? Was kann getan werden, um die gläubigen Familien zu unterstützen und zu stärken, die treu zum Ehebund stehen?

4.  Wie reagiert die Pastoral der Kirche auf den in der säkularisierten Gesellschaft verbreiteten kulturellen Relativismus und die daraus bei vielen folgende Zurückweisung des Familienmodells, der durch das Eheband verbundenen Familie aus Mann und Frau, die für die Zeugung offen ist?

Die Bedeutung des Gefühlslebens (Nr. 9-10)

5.  Auf welche Weise und durch welche Aktivitäten werden die christlichen Familien einbezogen, wenn es darum geht, den neuen Generationen den Fortschritt der affektiven Reife zu bezeugen? (vgl. Nr. 9-10). Was könnte bei der Ausbildung der geweihten Amtsträger im Hinblick auf diese Themen hilfreich sein? Welche Arten entsprechend qualifizierter pastoraler Mitarbeiter werden als besonders dringlich empfunden?

Die Herausforderung für die Seelsorge (Nr. 11)

6.  Inwieweit und durch welche Maßnahmen richtet sich die ordentliche Familienpastoral an die Fernstehenden? (vgl. Nr. 11). Welche Vorgehensweisen werden gewählt, um das „Verlangen nach Familie“ hervorzurufen und wertzuschätzen, das vom Schöpfer in das Herz jedes Menschen gesät wurde und besonders bei den Jugendlichen vorhanden ist, auch bei denen, die in einer Familiensituation leben, welche nicht der christlichen Sicht entspricht? Welche Früchte sind bei den Initiativen, die sich an sie richten, feststellbar? Wie hoch ist die Zahl der natürlichen Ehen unter den Nichtgetauften, auch im Hinblick auf den Wunsch der Jugendlichen nach einer Familie?

Fragen zum II. Teil
Der Blick auf Christus: Das Evangelium der Familie

Das Evangelium der Familie, das von der Kirche auf den Spuren der geschriebenen und überlieferten christlichen Offenbarung treu bewahrt wird, muss in der heutigen Welt mit erneuerter Freude und Hoffnung verkündet werden, wobei der Blick beständig auf Jesus Christus zu richten ist. Die Berufung und die Sendung der Familie stellen sich in ihrer Vollgestalt in der Schöpfungsordnung dar, die in die Erlösungsordnung übergeht. Das Konzil hat sie in folgenden Wunsch zusammengefasst: «Die Ehegatten selber aber sollen, nach dem Bild des lebendigen Gottes geschaffen, in eine wahre personale Ordnung gestellt, eines Strebens, gleichen Sinnes und in gegenseitiger Heiligung vereint sein, damit sie, Christus, dem Ursprung des Lebens, folgend, in den Freuden und Opfern ihrer Berufung durch ihre treue Liebe Zeugen jenes Liebesgeheimnisses werden, das der Herr durch seinen Tod und seine Auferstehung der Welt geoffenbart hat» (Gaudium et Spes, 52; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche 1533-1535).

In diesem Licht haben die Fragen, welche sich aus der Relatio Synodi ergeben das Ziel, bei den Hirten und im Volk Gottes treue und mutige Antworten hervorzurufen, um die Verkündigung des Evangeliums der Familie erneuern zu können.

Der Blick auf Jesus und die göttliche Pädagogik in der Heilsgeschichte (Nr. 12-14)

Die Einladung von Papst Franziskus aufnehmend, blickt die Kirche auf Christus in seiner beständigen Wahrheit und unerschöpflichen Neuheit, der auch jede Familie erleuchtet. «Christus ist das „ewige Evangelium“ (Offb14,6), und er ist „derselbe gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr13,8), aber sein Reichtum und seine Schönheit sind unerschöpflich. Er ist immer jung und eine ständige Quelle von Neuem» (Evangelii Gaudium, 11).

7.  Der auf Christus gerichtete Blick eröffnet neue Möglichkeiten. «Denn jedes Mal, wenn wir zur Quelle der christlichen Erfahrung zurückkehren, dann öffnen sich neue Wege und ungeahnte Möglichkeiten» (Nr. 12). Wie wird die Unterweisung in der Heiligen Schrift im Hinblick auf die Familienpastoral genutzt? Inwieweit nährt ein solcher Blick eine mutige und treue Familienpastoral?

8.  Welche Werte der Ehe und der Familie betrachten die Jugendlichen und die Eheleute als in ihrem Leben umgesetzt? Und in welcher Form? Gibt es Werte, die ans Licht gebracht werden können? (vgl. Nr. 13)Welche sind die Dimensionen der Sünde die zu vermeiden und zu überwinden sind?

9.  Welche humane Pädagogik sollte – in Übereinstimmung mit der göttlichen Pädagogik – angewandt werden, um besser zu verstehen, was von der Pastoral der Kirche im Hinblick auf das Wachstum im Leben der Paare hin auf eine zukünftige Ehe gefordert wird? (vgl. Nr. 13).

10.  Was ist zu tun, um die Größe und Schönheit der Gabe der Unauflöslichkeit aufzuzeigen, damit das Verlangen hervorgerufen wird, sie zu leben und sie immer mehr aufzubauen? (vgl. Nr. 14)

11.  Auf welche Weise könnte man verstehen helfen, dass die Beziehung zu Gott es gestattet, die Schwächen zu überwinden, die auch in die ehelichen Beziehungen eingeschrieben sind? (vgl. Nr. 14).Wie kann bezeugt werden, dass der Segen Gottes jede wirkliche Ehe begleitet? Wie zeigt man auf, dass die Gnade des Sakramentes die Brautleute auf ihrem ganzen Lebensweg unterstützt?

Die Familie im Heilsplan Gottes (Nr. 15-16)

Die geschöpfliche Berufung zur Liebe zwischen Mann und Frau erhält ihre vollendete Form vom Ostereignis Christi, des Herrn, der sich ohne Rückhalt gibt und auf diese Weise die Kirche zu seinem mystischen Leib werden lässt. Aus der Gnade Christi schöpfend, wird die christliche Ehe auf diese Weise zum Weg, auf welchem diejenigen, die dazu berufen sind, auf die Fülle der Liebe zugehen, die in der Heiligkeit besteht.

12.  Wie kann man verständlich machen, dass die christliche Ehe der ursprünglichen Absicht Gottes entspricht und auf diese Weise eine Erfahrung der Fülle und eben keine Erfahrung der Grenze ist? (vgl. Nr. 13)

13.  Wie kann die Familie als die „Hauskirche“ (vgl. LG 11) gedacht werden, die Subjekt und Objekt der evangelisierenden Tätigkeit im Dienst des Reiches Gottes ist?

14.  Wie kann das Bewusstsein der missionarischen Verpflichtung der Familie gefördert werden?

Die Familie in den Dokumenten der Kirche (Nr. 17-20)

Das kirchliche Lehramt muss in seinem ganzen Reichtum Volk Gottes besser bekannt sein. Die eheliche Spiritualität nährt sich von der beständigen Lehre der Hirten, die sich um die Herde sorgen, und sie wächst Dank des beständigen Hörens auf das Wort Gottes, Dank der Sakramente des Glaubens und der Liebe.

15.  Die christliche Familie lebt unter dem liebenden Blick des Herrn und wächst in der Beziehung zu Ihm als echte Gemeinschaft des Lebens und der Liebe. Wie kann die Spiritualität der Familie entwickelt und wie kann den Familien geholfen werden, ein Ort des neuen Lebens in Christus zu sein? (vgl. Nr. 21)

16.  Wie können katechetische Initiativen entwickelt und gefördert werden, welche die Lehre der Kirche über die Familie bekannt machen und dabei helfen, sie zu leben, um die Überwindung der möglichen Distanz zwischen dem, was gelebt und dem was bekannt wird, zu fördern und Wege der Umkehr zu begünstigen?

Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Freude des Zusammenlebens (Nr. 21-22)

«Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen und durch die erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der Kirche gelenkt und bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt werden und in ihrer hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und gefestigt werden . So werden die christlichen Gatten in den Pflichten und der Würde ihres Standes durch ein eigenes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht. In der Kraft dieses Sakramentes erfüllen sie ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist Christi, durch den ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen wird, gelangen sie mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur gegenseitigen Heiligung und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes» (Gaudium et Spes, 48).

17. Was wird unternommen, um den Wert der unauflöslichen und fruchtbaren Ehe als Weg der vollen persönlichen Verwirklichung verstehen zu können? (vgl. Nr. 21)

18. Wie kann die Familie als ein in vielfacher Hinsicht einzigartiger Ort zur Verwirklichung der Freude am Menschsein dargestellt werden?

19. ´Das II. Vatikanische Konzil hat die Wertschätzung für die natürliche Ehe zum Ausdruck gebracht und damit eine alte kirchliche Tradition erneuert. Inwieweit gelingt es der Pastoral in den Diözesen, auch diese Weisheit der Völker wertzuschätzen, die auch für die gemeinsamen Kultur und Gesellschaft grundlegend ist? (vgl. Nr. 22)

Wahrheit und Schönheit der Familie und Barmherzigkeit gegenüber den verletzten und schwachen Familien (Nr. 23-28)

Nachdem sie die Schönheit der gelungenen Ehen und der stabilen Familien bedacht, sowie das großzügige Zeugnis jener wertgeschätzt hatten, die dem Bund treu geblieben sind, auch wenn sie vom Ehepartner verlassen wurden, haben sich die in der Synode versammelten Hirten – in einer offenen und mutigen Weise, nicht ohne Sorge und Vorsicht – gefragt, welchen Blick die Kirche auf jene Katholiken werfen muss, die nur durch ein ziviles Band vereint sind, auf diejenigen, die immer noch nur zusammenleben, und jene, die sich nach einer gültigen Ehe scheiden ließen und zivil wieder geheiratet haben.

Im Bewusstsein der offensichtlichen Grenzen und Unvollkommenheiten, welche in so verschiedenen Situationen gegenwärtig sind, haben die Väter die von Papst Franziskus vorgegebene Perspektive positiv aufgenommen, entsprechend derer man,«ohne den Wert des vom Evangelium vorgezeichneten Ideals zu mindern, die möglichen Wachstumsstufen der Menschen, die Tag für Tag aufgebaut werden, mit Barmherzigkeit und Geduld begleiten» muss (Evangelii Gaudium, 44).

20. Wie kann man dabei helfen zu verstehen, dass niemand von der Barmherzigkeit Gottes ausgeschlossen ist und wie kann diese Wahrheit in der pastoralen Tätigkeit der Kirche im Hinblick auf die Familien, besonders den verletzten und schwachen gegenüber, ausgedrückt werden? (vgl. Nr. 28)

21. Wie können die Gläubigen gegenüber denen, die noch nicht zum vollkommenen Verständnis des Geschenks der Liebe Christi gelangt sind, eine Haltung der Annahme und der vertrauensvollen Begleitung zeigen, ohne jemals auf die Verkündigung der Erfordernisse des Evangeliums zu verzichten? (vgl. Nr. 24)

22. Was kann im Fall der verschiedenen Formen von Verbindungen – in denen verschiedene menschliche Werte festgestellt werden können - getan werden, damit die Männer und Frauen von Seiten der Kirche den Respekt, das Zutrauen und die Ermutigung, im Guten zu wachsen spüren, und wie kann ihnen geholfen werden, zur Fülle der christlichen Ehe zu gelangen? (vgl. Nr. 25)

Fragen zum III. Teil
Die Auseinandersetzung: Pastorale Perspektiven

Bei der Vertiefung des dritten Teils der Relatio Synodi kommt es darauf an, sich von der pastoralen Wende leiten zu lassen, welche die außerordentliche Synode, vor dem Hintergrund des II. Vatikanums und des Lehramtes von Papst Franziskus, zu umschreiben begonnen hat.Den Bischofskonferenzen kommt es zu, sie weiter zu vertiefen und in ihrem spezifischen Kontext zu konkretisieren und dabei in der am besten geeigneten Weise alle Glieder der Kirche einbeziehen. Es ist nötig, alles zu tun, damit nicht wieder bei Null angefangen, sondern der auf der außerordentlichen Synode schon eingeschlagene Weg als Ausgangspunkt übernommen wird.

Das Evangelium der Familie heute in den unterschiedlichen Kontexten verkünden (Nr. 29-38)

Angesichts der Notwendigkeit von Familie und der gleichzeitig vorhandenen vielfältigen und komplexen Herausforderungen, die es in unserer Welt gibt, hat die Synode die Bedeutung eines erneuerten Einsatzes für eine klare und signifikante Verkündigung des Evangeliums der Familie unterstrichen.

23. Wie wird die Dimension der Familie in der Ausbildung der Priester und der anderen in der Pastoral Tätigen behandelt? Werden dabei die Familien selbst einbezogen?

24.  Ist man sich dessen bewusst, dass die schnelle Entwicklung unserer Gesellschaft eine beständige Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Sprache der pastoralen Kommunikation erfordert? Wie kann man wirksam den Vorrang der Gnade bezeugen, damit dasLeben der Familie als Annahme des Heiligen Geistes geplant und gelebt werden kann?

25. Wie kann man bei der Verkündigung des Evangeliums der Familie die Bedingungen schaffen, damit jede Familie so sei, wie Gott sie gewollt hat und in ihrer Würde und Sendung gesellschaftlich anerkannt wird? Welche „pastorale Bekehrung“ und welche weitergehenden Vertiefungen werden in dieser Richtung unternommen?

26. Wird die Zusammenarbeit mit den sozialen und politischen Institutionen im Dienst der Familie in ihrer vollen Bedeutsamkeit erkannt? Wie wird sie tatsächlich umgesetzt? Von welchen Kriterien soll man sich leiten lassen? Welche Rolle können dabei die Familienvereinigungen spielen? Wie kann diese Zusammenarbeit auch von der offenen Anklage der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Prozesse, welche die Realität der Familie bedrohen, getragen werden?

27. Wie kann man die Beziehung zwischen Familie, Gesellschaft und Politik zum Wohl der Familie begünstigen? Wie kann die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und der Staaten für die Familie gefördert werden?

Die Brautleute auf dem Weg zur Vorbereitung der Ehe führen (Nr. 39-40)

Die Synode hat die Schritte anerkannt, die in den letzten Jahren unternommen wurden, um eine angemessene Vorbereitung der Jugendlichen auf die Ehe zu ermöglichen. Sie hat aber auch die Notwendigkeit eines größeren Einsatzes von Seiten der ganzen christlichen Gemeinschaft, nicht nur in der Vorbereitung, sondern auch in den ersten Jahren des Familienlebens, unterstrichen.

28. Wie können die Wege der Ehevorbereitung so gestaltet werden, dass sie die Berufung und Sendung der Familie entsprechend dem Glauben an Christus hervorheben? Werden sie als Angebot einer echt kirchlichen Erfahrung umgesetzt? Wie können sie erneuert und verbessert werden?

29. Wie stellt die Katechese im Zusammenhang mit der christlichen Initiation die Offenheit für die Berufung und Sendung der Familie dar? Welche Schritte werden als besonders dringlich erachtet? Wie kann der Zusammenhang zwischen Taufe – Eucharistie und Ehe dargestellt werden? In welcher Weise kann der katechumenale und mystagogische Charakter hervorgehoben werden, den die Wege der Ehevorbereitung oft haben müssen? Wie kann die Gemeinschaft in diese Vorbereitung einbezogen werden?

Die ersten Jahre des Ehelebens begleiten (Nr. 40)

30. Wird bei der Vorbereitung und bei der Begleitung der ersten Jahre des Ehelebens der wichtige Beitrag, den das Zeugnis und die Unterstützung von Seiten der Familien, Familienvereinigungen und Bewegungen leisten können, entsprechend wertgeschätzt? Welche positiven Erfahrungen können in diesem Bereich weitergegeben werden?

31.  Die Pastoral der Begleitung der Paare in den ersten Jahren des Familienlebens – so wurde in der Synodendebatte festgestellt – bedarf einer weiteren Entwicklung. Welches sind diesbezüglich die bedeutendsten Initiativen, die bereits durchgeführt wurden? Welche Aspekte sollten auf der Ebene der Pfarreien, der Diözesen oder im Bereich der Vereinigungen und Bewegungen verstärkt werden?

Seelsorge für jene, die in einer Zivilehe oder ohne Trauschein zusammenleben (Nr. 41-43)

In der Synodendebatte ist an die Verschiedenheit der Situationen erinnert worden, die auf Grund vielfältiger kultureller und ökonomischer Faktoren, in der Tradition verwurzelter Praktiken oder durch Schwierigkeiten der Jugendlichen, sich in Entscheidungen für ein ganzes Leben zu binden, entstanden sind.

32. Welche Kriterien für eine rechte pastorale Unterscheidung der einzelnen Situationen können im Licht der Lehre der Kirche, für welche die Wesenseigenschaften der Ehe Einheit, Unauflöslichkeit und Offenheit für das Leben sind, angedacht werden?

33.  Ist die christliche Gemeinschaft in der Lage, pastoral in diese Situationen einbezogen zu werden? Wie ist sie dabei behilflich, diese positiven Elemente von jenen negativen im Leben von Menschen zu unterscheiden, die in ziviler Ehe verbunden sind, und sie auf dem Weg des Wachstums und der Bekehrung hin zum Sakrament der Ehe zu orientieren und zu unterstützen? Wie kann denjenigen, die nur zusammenleben geholfen werden, sich für die Ehe zu entscheiden?

34. Welche Antworten sollen sodann auf die Problematiken gegeben werden, die sich aus der Fortdauer von traditionellen Formen der Ehe in Etappen oder der von Familien vereinbarten Ehe ergeben?

Die verwundeten Familien heilen (Getrenntlebende, nicht wiederverheiratete Geschiedene, wiederverheiratet Geschiedene, Alleinerziehende) (Nr. 44-54)

In der Synodendebatte wurde die Notwendigkeit einer Pastoral hervorgehoben, die von der Kunst der Begleitung getragen wird. «Wir müssen unserem Wandel den heilsamen Rhythmus der Zuwendung geben, mit einem achtungsvollen Blick voll des Mitleids, der aber zugleich heilt, befreit und zum Reifen im christlichen Leben ermuntert» (Evangelii Gaudium, 169).

35.  Ist die christliche Gemeinschaft bereit, sich der verwundeten Familien anzunehmen, um sie die Barmherzigkeit des Vaters erfahren zu lassen? Was können wir tun, um die sozialen und ökonomischen Faktoren, die sie oft bestimmen, zu beseitigen? Welche Schritte wurden im Hinblick auf das Wachsen dieser Tätigkeit und des missionarischen Bewusstseins, das sie trägt, unternommen; welche sind noch zu gehen?

36.  Was kann getan werden, um auf der Ebene der Ortskirche gemeinsame pastorale Richtlinien zu fördern? Wie kann der diesbezügliche Dialog unter den verschiedenen Teilkirchen „cum Petro e sub Petro“ gefördert werden?

37. Wie können die Prozesse zur Feststellung der Ehenichtigkeit zugänglicher, schneller und möglichst kostenlos gestaltet werden? (Nr. 48).

38.  Die Sakramentenpastoral im Hinblick auf die wiederverheiratet Geschiedenen bedarf einer weiteren Vertiefung, bei der auch die Praxis der orthodoxen Kirche bedacht werden sowie «die Unterscheidung zwischen einem objektiven Zustand der Sünde und mildernden Umständen» (Nr. 52) gegenwärtig gehalten werden soll. Innerhalb welcher Perspektive kann man sich hier bewegen? Was sind die möglichen Schritte? Welche Vorschläge gibt es, um Formen von nicht notwendigen und nicht angezeigten Hindernissen zu umgehen.?

39. Erlaubt es die gegenwärtige rechtliche Regelung, im Hinblick auf die Herausforderungen, vor die uns die Mischehen und interkonfessionelle Ehen stellen, nützliche Antworten zu geben? Müssen andere Elemente berücksichtigt werden?

Die pastorale Aufmerksamkeit gegenüber Personen mit homosexueller Orientierung (Nr. 55-56)

Die Seelsorge gegenüber Personen mit homosexuellen Tendenzen stellt heute vor neue Herausforderungen, die auch der Art und Weise geschuldet sind, wie ihre Rechte gesellschaftlich berücksichtigt werden.

40.  Wie richtet die christliche Gemeinschaft ihre pastorale Aufmerksamkeit auf Familien, in denen Menschen mit homosexuellen Tendenzen leben? Wie kann man sich im Licht des Evangeliums um Menschen in diesen Situationen kümmern, und dabei jede ungerechte Diskriminierung verhindern? Wie kann man ihnen die Erfordernisse des Willens Gottes in ihrer Situation deutlich machen?

Die Weitergabe des Lebens und die Herausforderung des Geburtenrückgangs (Nr. 57-59)

Die Weitergabe des Lebens ist ein grundlegender Bestanteil der Berufung und Sendung der Familie: «In ihrer Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben und zu erziehen, die als die nur ihnen zukommende Sendung zu betrachten ist, wissen sich die Eheleute als mitwirkend mit der Liebe Gottes des Schöpfers und gleichsam als Interpreten dieser Liebe» (Gaudium et Spes, 50).

41.  Welches sind die bedeutendsten Schritte, die unternommen wurden, um die Offenheit für das Leben und die Schönheit und menschliche Würde des Mutter- und Vaterwerdens, zum Beispiel im Licht von Humanae Vitae des seligen Paul VI. zu verkünden und zu fördern? Wie kann der Dialog mit der biomedizinischen Wissenschaft und den entsprechenden Technologien vorangebracht werden, damit die menschliche Ökologie der Zeugung geachtet wird?

42.  Eine großzügige Elternschaft braucht Strukturen und Instrumente. Lebt die christliche Gemeinschaft eine effektive Solidarität und Subsidiarität? Wie? Ist sie mutig, wenn es darum geht, auch auf sozialpolitischer Ebene durchführbare Lösungen vorzuschlagen? Wie kann zu Adoption und Pflegschaften, als hohes Zeichen fruchtbarer Großzügigkeit, ermutigt werden? Wie kann die Sorge um und der Respekt gegenüber den Kindern gefördert werden?

43.  Der Christ lebt die Elternschaft als Antwort auf eine Berufung. Wird diese Berufung in der Katechese ausreichend hervorgehoben? Welche Wege der Bildung werden vorgeschlagen, damit sie tatsächlich das Gewissen der Eheleute leitet? Ist man sich der schweren Folgen des demographischen Wandels bewusst?

44. Wie bekämpft die Kirche die Plage der Abtreibung; und fördert sie eine wirksame Kultur des Lebens?

Die Herausforderung der Erziehung und die Rolle der Familie bei der Evangelisierung (Nr. 60-61)

45.  Ihre erzieherische Sendung zu erfüllen ist nicht immer leicht für die Eltern: finden sie in der christlichen Gemeinschaft Solidarität und Unterstützung? Welche Wege der Bildung sind vorzuschlagen? Welche Schritte sind zu unternehmen, damit die erzieherische Aufgabe der Eltern auch auf sozio-politischer Ebene anerkannt wird?

46. Wie kann bei den Eltern und in den christlichen Familien das Bewusstsein um die Pflicht der Weitergabe des Glaubens als der christlichen Identität innewohnende Dimension gefördert werden?


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