Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • DRITTER TEIL DAS LEBEN IN CHRISTUS
    • ZWEITER ABSCHNITT DIE ZEHN GEBOTE
      • ZWEITES KAPITEL „DU SOLLST DEINEN NÄCHSTEN LIEBEN WIE DICH SELBST"
        • ARTIKEL 10 DAS ZEHNTE GEBOT
          • I Ungeordnetheit der Begierden
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I Ungeordnetheit der Begierden

 

2535 Das sinnliche Verlangen läßt uns angenehme Dinge ersehnen, die wir nicht haben. So verlangen wir z. B. nach Essen, wenn wir hungern, oder nach Wärme, wenn wir frieren. Diese Wünsche sind an sich gut, gehen aber oft über das vernünftige Maß hinaus und verleiten uns dazu, ungerechterweise nach etwas zu verlangen, das nicht uns, sondern einem anderen gehört oder zusteht.

 

2536 Das zehnte Gebot verbietet die Gier und das maßlose Verlangen nach irdischen Gütern; es verbietet die ungezügelte Habsucht, die aus dem unmäßigen, leidenschaftlichen Verlangen nach Reichtum und der damit verbundenen Macht entsteht. Es untersagt auch das Verlangen, eine Ungerechtigkeit zu begehen, die den irdischen Besitz eines anderen schädigen würde:

 

„Wenn durch das Gesetz verboten wird: ‚Du sollst nicht begehren‘ haben diese Worte den Sinn, daß wir unsere Begierden von fremden Dingen fernhalten; denn der Durst der Begierde nach fremden Dingen ist sehr groß und unendlich und läßt sich nie stillen, wie die Schrift sagt: ‚Der Geizige wird nie genug Geld bekommen‘ (Koh 5,9)" (Catech. R. 3,10,13).

 

2537 Der Wunsch nach Dingen, die dem Nächsten gehören, verletzt dieses Gebot nicht, sofern man sie sich mit rechten Mitteln verschaffen will. Die herkömmliche Katechese gibt realistisch an, welche Menschen gegen das Laster der Begierlichkeit besonders zu kämpfen haben und die man somit „sorgfältiger zur Einhaltung dieses Gebotes ermahnen muß":

 

„Kaufleute, die Hungersnot und Teuerung herbeiwünschen, und es ungern sehen, daß es andere neben ihnen gibt, die kaufen oder verkaufen, weil sie sonst teurer verkaufen und billiger kaufen könnten. In dieser Sache sündigen auch jene, die wünschen, daß andere Not leiden, damit sie beim Verkaufen oder Kaufen selber Gewinn machen ... auch die Ärzte, die Krankheiten wünschen; die Rechtsgelehrten, die viele schwere Fälle und Streitereien begehren" (Catech. R. 3,10,23).

 

2538 Das zehnte Gebot verlangt, den Neid aus dem Herzen der Menschen zu verbannen. Als der Prophet Natan den König David zur Reue bewegen wollte, erzählte er ihm die Geschichte vom Armen, der nur ein einziges Schaf besaß, das er wie sein eigenes Kind behandelte, und vom Reichen, der, obwohl er zahlreiche Herden besaß, den Armen beneidete und ihm schließlich sein Schaf wegnah [Vgl. 2 Sam 12,1-4]. Neid kann zu schlimmsten Untaten führen [Vgl. Gen 4,3-7; 1 Kön 21,1-29]. Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt [Vgl. Weish 2,24.].

 

„Wir bekämpfen einander, und der Neid bewaffnet uns gegeneinander... Wenn alle so verbissen den Leib Christi zerrütten, wo kommen wir dann hin? Wir sind im Begriff, den Leib Christi zu zermürben ... Wir sagen, wir seien Glieder ein und desselben Leibes, und verschlingen dabei einander wie Raubtiere" (Johannes Chrysostomus, hom. in 2 Cor. 27,3-4).

 

2539 Der Neid ist eine Hauptsünde. Er besteht darin, daß man traurig ist, weil es einem anderen gut geht, und maßlos danach verlangt, sich dessen Gut selbst auf ungerechte Weise anzueignen. Wer aus Neid dem Nächsten ein schlimmes Übel wünscht, begeht eine Todsünde.

 

Der hl. Augustinus erblickte im Neid „die teuflische Sünde schlechthin" (catech. 4,8). „Aus dem Neid entstehen Haß, üble Nachrede, Verleumdung, Freude am Unglück des Nächsten und Mißfallen an seinem Wohlergehen" (Gregor d. Gr., mor. 31,45).

 

2540 Der Neid stellt eine der Formen des Trübsinns dar und somit eine Zurückweisung der Liebe. Der Getaufte soll durch das Wohlwollen gegen ihn ankämpfen. Neid entspringt oft dem Stolz; der Getaufte bemüht sich, in Demut zu leben.

 

„Möchtet ihr Gott durch euch verherrlicht sehen? Gut, dann freut euch über die Fortschritte eures Bruders, und schon wird Gott durch euch verherrlicht sein. ‚Gott sei gelobt!‘ wird man sagen, weil sein Diener den Neid zu besiegen verstand, indem er sich über die Verdienste der anderen freute" (Johannes Chrysostomus, horn. in Rom. 7,5).

 





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