Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • VIERTER TEIL DAS CHRISTLICHE GEBET
    • ERSTER ABSCHNITT DAS GEBET IM CHRISTLICHEN LEBEN
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VIERTER TEIL

DAS CHRISTLICHE GEBET

ERSTER ABSCHNITT

DAS GEBET IM CHRISTLICHEN LEBEN

 

2558 Groß ist das „Geheimnis des Glaubens". Die Kirche bekennt es im Symbolum der Apostel (erster Teil) und feiert es in der Liturgie der Sakramente (zweiter Teil), damit das Leben der Gläubigen im Heiligen Geist zur Ehre Gottes des Vaters Christus gleichgestaltet werde (dritter Teil). Die Gläubigen sollen an dieses Geheimnis glauben, es feiern und in einer lebendigen, persönlichen Beziehung zum lebendigen und wahren Gott daraus leben. Diese Beziehung ist das Gebet.

 

 

 

WAS IST GEBET?

 

„Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein schlichter Blick zum Himmel, ein Ausruf der Dankbarkeit und Liebe inmitten der Prüfung und inmitten der Freude" (Theresia vom Kinde Jesu, ms. autob. C 25r).

 

 

Gebet als Gabe Gottes

 

2559 „Das Gebet ist die Erhebung der Seele zu Gott oder eine an Gott gerichtete Bitte um die rechten Güter" (Johannes v. Damaskus, f. o. 3,24). Von woher sprechen wir, wenn wir beten? Von der Höhe unseres Stolzes und unseres Eigenwillens herab oder „aus der Tiefe" (Ps 130, 1) eines demütigen und reuigen Herzens? Wer sich erniedrigt, wird erhöht [Vgl. Lk 18,9-14]. Die Demut ist die Grundlage des Betens, denn „wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen" (Röm 8,26). Um die Gabe des Gebetes zu empfangen, müssen wir demütig gesinnt sein: Der Mensch ist vor Gott ein Bettler [Vgl. Augustinus, serm. 56,6,9].

 

2560 „Wenn du wüßtest, worin die Gabe Gottes besteht" (Joh 4,10). Das Wunder des Gebetes zeigt sich gerade da, am Rande der Brunnen, bei denen wir Wasser holen. Dort begegnet Christus jedem Menschen; er sucht uns, bevor wir ihn suchen, und er bittet: „Gib mir zu trinken!" Jesus dürstet; seine Bitte kommt aus der Tiefe Gottes, der nach uns verlangt. Ob wir es wissen oder nicht, im Gebet begegnet der Durst Gottes unserem Durst. Gott dürstet danach, daß wir nach ihm dürsten [Vgl. Augustinus, quæs 1. 64,4].

 

2561 Du hättest „ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben" (Joh 4, 10). Unser Bittgebet ist auf geheimnisvolle Weise eine Antwort - Antwort auf die Klage des lebendigen Gottes: „Mein Volk hat ... mich ... verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten!" (Jer 2,13). Es ist gläubige Antwort auf die unverdiente Heilsverheißung [Vgl. Joh 7,37-39; Jes 12,3: 51,1]; liebende Antwort auf den Durst des eingeborenen Sohnes [Vgl. Joh 19,28; Sach 12,1(1; 13,1].

 

 

Gebet als Bund

 

2562 Woher kommt das Gebet des Menschen? Welches auch immer die Handlungen und Worte sein mögen, in denen sich das Gebet ausdrückt, es betet doch immer der ganze Mensch. Um aber den Ort zu bezeichnen, aus dem das Gebet hervorgeht, spricht die Schrift zuweilen von der Seele oder dem Geist, am häufigsten aber - mehr als tausendmal - vom Herzen. Das Herz betet. Ist dieses fern von Gott, ist das Gebet sinnentleert.

 

2563 Das Herz ist das Zuhause, in dem ich bin und in dem ich wohne (in semitischer oder biblischer Sprechweise: wo ich „absteige"). Es ist unsere verborgene Mitte, die weder unsere Vernunft noch andere Menschen erfassen können. Einzig der Geist Gottes kann es ergründen und erkennen. Im Innersten unseres Strebens ist das Herz Ort der Entscheidung. Es ist Ort der Wahrheit, wo wir zwischen Leben und Tod wählen. Es ist Ort der Begegnung, da wir nach dem Bilde Gottes in Beziehung leben. Das Herz ist der Ort des Bundes.

 

2564 Das christliche Gebet ist eine Bundesbeziehung zwischen Gott und dem Menschen in Christus. Es ist Handeln Gottes und Handeln des Menschen. Es geht aus dem Heiligen Geist und aus uns hervor. In Vereinigung mit dem menschlichen Willen des menschgewordenen Gottessohnes richtet es sich ganz auf den Vater.

 

Gebet als Gemeinschaft

 

2565 Im Neuen Bund ist das Beten die lebendige Beziehung der Kinder Gottes zu ihrem unendlich guten Vater, zu seinem Sohn Jesus Christus und zum Heiligen Geist. Die Gnade des Gottesreiches ist „die Vereinigung der ganzen heiligsten Dreifaltigkeit mit dem ganzen Geist" des Menschen (Gregor v. Nazianz, or. 16,9). Das Leben des Gebetes besteht somit darin, daß wir immer in Gegenwart des dreimal heiligen Gottes und in Gemeinschaft mit ihm sind. Diese Lebensgemeinschaft ist stets möglich, da wir durch die Taufe mit Christus eins geworden sind [Vgl. Röm 6,5]. Das Gebet ist christlich, insofern es Gemeinschaft mit Christus ist und sich in der Kirche, dem Leib Christi, ausweitet. Es ist umfassend wie die Liebe Christi [Vgl. Eph 3,18-21].

 

 





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