Der Heilige Stuhl
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Katechismus der Katholischen Kirche

1997
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  • VIERTER TEIL DAS CHRISTLICHE GEBET
    • ERSTER ABSCHNITT DAS GEBET IM CHRISTLICHEN LEBEN
      • ZWEITES KAPITEL DIE ÜBERLIEFERUNG DES GEBETES
        • ARTIKEL 6 FÜHRER ZUM GEBET
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ARTIKEL 6

FÜHRER ZUM GEBET

 

„Eine Wolke von Zeugen"

 

2683 Die Zeugen, die uns in das Reich Gottes vorausgegangen sind [Vgl. Hebr 12,2], besonders die von der Kirche anerkannten „Heiligen", wirken an der lebendigen Überlieferung des Gebetes durch das Vorbild ihres Lebens, die Weitergabe ihrer Schriften und durch ihr gegenwärtiges Beten mit. Sie betrachten Gott, loben ihn und sorgen unablässig für jene, die sie auf Erden zurückließen. Beim Eintritt in „die Freude ihres Herrn" wurden sie „über vieles gesetzt" [Vgl. Mt 25,21]. Ihre Fürbitte ist ihr höchster Dienst an Gottes Ratschluß. Wir können und sollen sie bitten, für uns und für die ganze Welt einzutreten.

 

2684 In der Gemeinschaft der Heiligen haben sich im Lauf der Geschichte der Kirchen verschiedene Spiritualitäten [geistliche Lebenshaltungen] entwikkelt. Das persönliche Charisma eines Zeugen der Liebe Gottes zu den Menschen konnte weitergegeben werden, wie der „Geist" des Elija an Elischa [Vgl. 2 Kön 2,9] und an Johannes den Täufer [Vgl. Lk 1,17], damit die Jünger an diesem Geist Anteil hätten [Vgl. PC 2.]. Eine Spiritualität erwächst aus verschiedenen liturgischen und theologischen Richtungen. Sie zeugt von der Einwurzelung des Glaubens in ein bestimmtes menschliches Umfeld und dessen Geschichte. Die verschiedenen christlichen Spiritualitäten nehmen an der lebendigen Überlieferung des Betens teil. Sie sind unerläßliche Führer für die Gläubigen. Die reiche Vielfalt geistlicher Lebenshaltungen widerspiegelt das reine und einzige Licht des Heiligen Geistes.

 

„Der Geist ist wahrhaft der Ort der Heiligen, und der Heilige ist für den Geist ein geeigneter Ort, denn er läßt Gott bei sich wohnen und wird Tempel des Geistes genannt" (Basilius, Spir. 26,62).

 

 

Diener des Gebetes

 

2685 Die christliche Familie ist der erste Ort der Erziehung zum Gebet. Auf der Grundlage des Sakramentes der Ehe ist die Familie „Hauskirche", in der die Kinder Gottes „als Kirche" beten und im Gebet verharren lernen. Besonders für die kleinen Kinder ist das tägliche Gebet der Familie das erste Zeugnis für das lebendige Gedächtnis der Kirche, das durch den Heiligen Geist geduldig geweckt wird.

 

2686 Auch die geweihten Amtsträger sind für die Ausbildung ihrer Brüder und Schwestern in Christus im Beten verantwortlich. Als Diener des guten Hirten sind sie geweiht, um das Volk Gottes zu den lebendigen Quellen des Gebetes zu führen: zum Wort Gottes, zur Liturgie, zum göttlichen Leben und zur Erkenntnis der Gegenwart Gottes in den Gegebenheiten des Lebens [Vgl. P0 4-6].

 

2687 Zahreiche Ordensleute haben ihr ganzes Leben dem Gebet geweiht. Seit der Zeit der Mönchsväter in der Wüste Ägyptens widmen Einsiedler, Mönche und Nonnen ihr Leben dem Lobpreis Gottes und der Fürbitte für sein Volk. Ohne das Gebet kann das gottgeweihte Leben weder bestehen noch sich ausbreiten; es ist eine der lebendigen Quellen der Betrachtung und des geistlichen Lebens in der Kirche.

 

2688 Die Katechese der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zielt darauf ab, daß das Wort Gottes im persönlichen Gebet betrachtet, im liturgischen Gebet vergegenwärtigt und innerlich aufgenommen wird, damit es in einem neuen Leben Frucht bringe. Die Katechese kann auch dazu dienen, die Volksfrömmigkeit zu beurteilen und zu fördern [Vgl. CT 54]. Das Auswendiglernen der Grundgebete bietet dem Gebetsleben eine unerläßliche Stütze; es ist jedoch wichtig, den Sinn dieser Gebete erfahren zu lernen [Vgl. CT 55.].

 

2689 Gebetsgruppen, ja „Schulen des Gebetes" sind heute ein Zeichen und eine der treibenden Kräfte der Erneuerung des Gebetes in der Kirche, sofern sie aus den wahren Quellen christlichen Betens schöpfen. Das Bemühen um die Gemeinschaft ist ein Zeichen für ein wahrhaft kirchliches Beten.

 

2690 Der Heilige Geist gibt einzelnen Gläubigen die Gaben der Weisheit, des Glaubens und der Unterscheidung der Geister zum Zweck der geistlichen Leitung, das heißt eines Wirkens in Hinblick auf dieses gemeinsame Gut des Gebetes. Die Männer und Frauen, denen solche Gaben zuteil werden, leisten der lebendigen Überlieferung des Gebetes einen wertvollen Dienst.

 

Deshalb muß eine Seele, die nach Vollkommenheit strebt, nach dem Rat des hl. Johannes vom Kreuz „gar wohl beachten, wessen Händen sie sich anvertraut; denn wie der Lehrmeister, so der Schüler, und wie der Vater, so das Kind". Der Seelenführer „muß weise und klug sein, aber auch Erfahrung besitzen ... Wenn dem Seelenführer die Erfahrung in rein geistigen Dingen fehlt, wird er in der Leitung einer Seele, die von Gott besondere Gnaden empfängt, nicht zurechtkommen und auch kein Verständnis dafür haben" (llama, Strophe 3).

 

Geeignete Orte des Gebetes

 

2691 Die Kirche, das Haus Gottes, ist für die Pfarrgemeinde der eigentliche Ort des liturgischen Gebetes. Sie ist auch der bevorzugte Ort, Christus in seiner Realpräsenz im heiligsten Sakrament anzubeten. Die Wahl eines geeigneten Ortes kann die Wahrhaftigkeit des Gebetes beeinflussen.

 

- Für das persönliche Gebet kann dieser Ort eine „Gebetsecke" mit der Heiligen Schrift und Ikonen sein, um dort, „im Verborgenen" [Vgl. PC 7], vor unserem Vater zu verweilen. In einer christlichen Familie begünstigt eine solche Gebetsstätte das gemeinsame Beten.

- Klösterliche Gemeinschaften sind dazu berufen, die Teilnahme der Gläubigen am Stundengebet zu fördern und die für ein tieferes persönliches Beten notwendige Einsamkeit zu bieten [Vgl. Mt 6,6].

 

Wallfahrten erinnern daran, daß wir auf Erden auf dem Weg zum Himmel sind. Sie sind von alters her zur Erneuerung des Gebetes besonders geeignet. Heiligtümer sind für Pilger auf der Suche nach ihren lebendigen Quellen besonders geeignete Orte, um die Formen christlichen Betens „als Kirche" zu leben.

 

 

 





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