I In der Mitte der Schrift
2762 Nachdem
der hl. Augustinus festgestellt hat, daß die Psalmen die Hauptnahrung des
christlichen Betens sind und in die Bitten des Vaterunsers einfließen, hält er
fest:
„Geht
sämtliche Gebete durch, die sich in der Schrift finden. Meines Erachtens könnt
ihr darin nichts finden, was nicht im Gebet des Herrn enthalten wäre" (ep.
130, 12, 22).
2763 Alle
Schriften des Alten Testamentes (das Gesetz, die Propheten und die Psalmen)
sind in Jesus Christus in Erfüllung gegangen [Vgl. Lk 24,44]. Das Evangelium
ist diese frohe Botschaft. Seine erste Verkündigung wird vom hl. Matthäus in
der Bergpredigt zusammengefaßt [Vgl. Mt 5-7.]. Das Gebet zu unserem Vater steht
in der Mitte dieser Verkündigung. Dieser Zusammenhang verdeutlicht jede Bitte
des uns vom Herrn übergebenen Gebetes:
„Das Gebet des Herrn ist das
vollkommenste ... In ihm wird nicht nur um alles gebeten, wonach wir in
richtiger Weise verlangen können, sondern auch in derjenigen Reihenfolge, in
der wir danach verlangen sollen; so lehrt uns dieses Gebet nicht bloß bitten,
sondern formt auch unser ganzes Gemüt" (Thomas v. A., s. th. 2-2, 83, 9).
2764 Die
Bergpredigt ist Lebenslehre, das Vaterunser ist Gebet; in beiden formt der
Geist des Herrn unser Verlangen, das heißt unsere inneren Regungen. Jesus
leitet uns mit seinen Worten zu diesem neuen Leben an und lehrt uns, im Gebet
darum zu bitten. Von der Richtigkeit unseres Betens hängt die Richtigkeit
unseres Lebens in Christus ab.
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