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APOSTOLISCHE
REISE VON PAPST FRANZISKUS
IN DIE REPUBLIK KOREA AUS ANLASS DES
6. ASIATISCHEN JUGENDTAGES
(13.-18. AUGUST 2014)
BEGEGNUNG MIT DEN KOREANISCHEN
RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN
ANSPRACHE VON PAPST
FRANZISKUS
Training Center "School of Love"
(Kkottongnae)
Samstag, 16. August 2014
Video
Liebe Brüder und Schwestern in Christus,
Herzlich grüße ich euch alle im Herrn. Es ist gut, heute bei euch zu sein und
diese Augenblicke der Gemeinschaft zu teilen. Die großartige Vielfalt der
Charismen und der Apostolate, die ihr vertretet, bereichern auf wunderbare Weise
das Leben der Kirche in Korea und darüber hinaus. Im Rahmen dieses
Vespergottesdienstes, wo wir den Lobpreis von Gottes unendlicher Güte und seiner
Barmherzigkeit gesungen haben, danke ich euch und all euren Brüdern und
Schwestern für eure Bemühungen, das Reich Gottes in diesem geschätzten Land
aufzubauen. Ich danke Pater Hwang Seok-mo und Schwester Scholastica Lee
Kwang-ok, den Vorsitzenden der Koreanischen Konferenzen höherer Ordensoberer
männlicher und weiblicher Ordensinstitute und Gemeinschaften des Apostolischen
Lebens (Korean Conferences of Major Superiors of Men’s and Women’s Religious
Institutes and Societies of Apostolic Life), für ihre freundlichen
Begrüßungsworte.
Die Worte des Psalms, „Auch wenn mein Leib und mein Herz verschmachten, Gott ist
der Fels meines Herzens und mein Anteil auf ewig“ (Ps 73,26) laden uns
ein, über unser eigenes Leben nachzudenken. Der Psalmist strahlt freudiges
Vertrauen auf Gott aus. Wir wissen alle, das die Freude nicht alle Zeiten des
Lebens auf gleiche Weise zum Ausdruck kommt, dass aber in Augenblicken großer
Schwierigkeiten „immer wenigstens ein Lichtstrahl bleibt, der aus der
persönlichen Gewissheit hervorgeht, jenseits von allem grenzenlos geliebt zu
sein“ (Evangelii Gaudium, 6). Die feste Überzeugung, von Gott geliebt zu
sein, steht im Mittelpunkt eurer Berufung: für andere ein berührbares Zeichen
der Gegenwart des Reiches Gottes zu sein, ein Vorgeschmack der ewigen Freuden
des Himmels. Nur wenn unser Zeugnis freudig ist, werden wir Männer und Frauen
für Christus interessieren. Und diese Freude ist ein Geschenk und wird durch das
Gebetsleben, durch die Betrachtung des Wortes Gottes, durch die Feier der
Sakramente und durch das Gemeinschaftsleben genährt. Wenn das fehlt, werden
Schwächen und Schwierigkeiten aufkommen, um die Freude niederzudrücken, die wir
am Beginn unseres Ordenslebens so gut kannten.
Für euch als gottgeweihte Männer und Frauen ist diese Freude im Geheimnis der
Barmherzigkeit des Vaters verwurzelt, die im Opfer Christi am Kreuz offenbart
wurde. Ganz gleich, ob das Charisma eures Instituts mehr auf die Kontemplation
oder mehr auf das aktive Leben gerichtet ist, seid ihr aufgefordert, besonders
durch euer Gemeinschaftsleben „Experten“ der göttlichen Barmherzigkeit zu
werden. Aus Erfahrung weiß ich, dass das Gemeinschaftsleben nicht immer einfach
ist, aber es ist ein günstiges Übungsgelände für das Herz. Es ist unrealistisch,
keine Auseinandersetzungen zu erwarten; Missverständnisse werden aufkommen und
sie müssen gelöst werden. Trotz all dieser Schwierigkeiten sind wir gerade im
Gemeinschaftsleben gerufen, in Barmherzigkeit, in Langmut und vollkommener
Nächstenliebe zu wachsen.
Die Erfahrung von Gottes Barmherzigkeit, die durch Gebet und Gemeinschaft
genährt wird, muss allem, was ihr seid, und allem, was ihr tut, Gestalt geben.
Eure Keuschheit, eure Armut und euer Gehorsam werden ein freudiges Zeugnis für
Gottes Liebe sein in dem Maß, wie ihr fest auf dem Fels seiner Barmherzigkeit
steht. Das ist sicher der Fall hinsichtlich des religiösen Gehorsams. Reifer und
großherziger Gehorsam verlangt, dass ihr am Gebet mit Christus hängt, der in der
Annahme der Knechtsgestalt aus seinem Leiden Gehorsam erlernte(vgl. Perfectae Caritatis, 14). Da gibt es keine Einschränkungen: Gott
verlangt vollständig unsere Herzen ganz und das bedeutet, dass wir „uns selbst
loslassen“ und immer mehr „aus uns herausgehen“ müssen.
Eine lebendige Erfahrung der unerschütterlichen Barmherzigkeit des Herrn stärkt
den Wunsch, die Vollkommenheit der Nächstenliebe zu erlangen, die aus der
Reinheit des Herzens geboren wird. Die Keuschheit bringt eure zielstrebige
Hingabe zur Liebe Gottes zum Ausdruck, der „die Kraft unserer Herzen“ ist. Wir
alle wissen, was für ein persönliches und anspruchsvolles Engagement das zur
Folge hat. Versuchungen auf diesem Gebiet rufen nach demütigem Gottvertrauen,
Wachsamkeit und Ausdauer.
Durch den Evangelischen Rat der Armut seid ihr fähig, Gottes Barmherzigkeit
nicht nur als Quelle der Kraft, sondern auch als einen Schatz zu erkennen.
Selbst wenn wir müde sind, können wir ihm unsere Herzen aufopfern, die von Sünde
und Schwäche beladen sind; in diesen Zeiten, wenn wir uns am hilflosesten
fühlen, können wir uns nach Christus ausstrecken, der „arm wurde, um euch durch
seine Armut reich zu machen“ (2 Kor 8,9). Diese unsere fundamentale
Bedürftigkeit hinsichtlich Vergebung und Heilung ist in sich selbst eine Form
der Armut, die wir nie aus dem Blickfeld verlieren dürfen, ganz gleich wie sehr
wir im Tugendstreben vorankommen. Das sollte auch einen konkreten Ausdruck in
eurer individuellen und gemeinschaftlichen Lebensgestaltung finden. Ich denke
besonders an die Notwendigkeit, all jene Dinge zu vermeiden, die euch ablenken
und dann Verwirrung und Ärgernis für andere verursachen können. Im gottgeweihten
Leben ist die Armut beides, eine „Mauer“ und eine „Mutter“. Sie ist eine
„Mauer“, weil sie das gottgeweihte Leben schützt, und sie ist eine „Mutter“,
weil sie zu wachsen hilft und entlang des richtigen Weges führt. Die Heuchelei
jener gottgeweihten Männer und Frauen, welche die Gelübde der Armut versprechen,
dann aber wie der Reiche leben, verwundet die Seelen der Gläubigen und schadet
der Kirche. Denkt auch daran, wie gefährlich die Versuchung ist, eine bloß
funktionale, weltliche Mentalität anzunehmen, die uns dazu anleitet, unsere
Hoffnung allein auf menschliche Mittel zu setzen, und die das Zeugnis der Armut
zerstört, die unser Herr Jesus Christus gelebt und uns gelehrt hat.
Liebe Brüder und Schwestern, macht alles, was ihr könnt, mit großer Demut, um zu
zeigen, dass das gottgeweihte Leben ein kostbares Geschenk für die Kirche und
für die Welt ist. Behaltet es nicht für euch selbst, verteilt es, indem ihr
Christus in jeden Winkel dieses geschätzten Landes bringt. Lasst eure Freude
weiter Ausdruck finden in eurem Einsatz, Berufungen zu wecken und zu fördern,
und erkennt, dass ihr alle einen Anteil daran habt, die gottgeweihten Männer und
Frauen von morgen zu formen. Ganz gleich ob ihr mehr dem kontemplativen oder dem
apostolischen Leben zugehört – seid eifrig in eurer Liebe zur Kirche in Korea
und eurem Wunsch, durch euer eigenes, besonderes Charisma zu ihrer Sendung
beizutragen, das Evangelium zu verkünden und das Volk Gottes in Einheit,
Heiligkeit und Liebe aufzubauen.
Indem ich euch alle und in besonderer Weise die alten und kranken Mitglieder
eurer Gemeinschaften der liebenden Fürsorge Marias, der Mutter der Kirche,
empfehle, erteile ich euch meinen Segen als Unterpfand überreicher Gnaden und
des Friedens in Jesus, ihrem Sohn.