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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE VOLLVERSAMMLUNG
DER PÄPSTLICHEN KOMMISSION
FÜR DIE KULTURGÜTER DER KIRCHE

Freitag, 31. März 2000

 

Verehrte Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

1. Mit Freude empfange ich euch, die Mitglieder der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, die ihr in diesen Tagen zur Vollversammlung zusammengekommen seid, und heiße euch herzlichst willkommen!

Insbesondere grüße ich euren Präsidenten, Erzbischof Francesco Marchisano, und danke ihm für die freundlichen Worte, mit denen er die Tätigkeiten und Programme der Kommission darlegte. Unter anderem erinnerte er auch an die Heiligjahrfeier der Künstler, deren Vorbereitung den intensiven Einsatz eures Dikasteriums erforderte und deren gelungene Durchführung mir große Freude bereitet hat. Mit den zahlreichen im Petersdom versammelten Künstlern konnte ich sozusagen persönlich jenen Dialog fortsetzen, den ich mit dem Brief an die Künstler begonnen hatte.

2. Auch eure Vollversammlung, die das Thema »Kulturgüter im Kontext der Neuevangelisierung« gewählt hat, fügt sich in den Horizont des Großen Jubiläums ein. Sie macht sich dessen wesentliches Ziel, die Neuverkündigung Christi zweitausend Jahre nach seiner Geburt, zu eigen.

Während eurer Versammlungen habt ihr euch, ausgehend von der bemerkenswerten Arbeit, die eure Kommission in den vergangenen Jahren geleistet hat, vor allem um eine der kirchlichen »mens« [Denkart] entsprechende Darlegung des Begriffs »Kulturgut« bemüht. Auch habt ihr eure Aufmerksamkeit auf den umfangreichen Bestand an kunsthistorischen Gütern gerichtet und im Hinblick auf ihren bedeutenden pastoralen Wert Fragen bezüglich ihrer Sicherheit und Erhaltung erörtert. Ferner habt ihr euch um die Ausbildung von Fachpersonal bemüht und hierzu Kontakte mit den Künstlern aus verschiedenen Bereichen gepflegt.

Dieser lobenswerte Weg muß fortgesetzt werden. Daher möchte ich euch heute ermutigen, keine Mühe zu scheuen, damit die der kirchlichen Obhut anvertrauten Kunst- und Kulturzeugnisse für die wahre Entwicklung des Menschen und die Verbreitung des Evangeliums besser zur Geltung kommen.

3. In der Tat sind Kulturgüter in ihren zahlreichen Ausdrucksformen – Kirchen, Monumente verschiedenster Art, Museen, Archive und Bibliotheken – wesentliche Bestandteile der kirchlichen Sendung zur Evangelisierung und Förderung der Menschheit.

Vor allem die christliche Kunst leistet als äußerst bedeutendes »Kulturgut« weiterhin einen einzigartigen Dienst. Durch die Schönheit sinnlich wahrnehmbarer Formen vermittelt sie außerordentlich wirkungsvoll die Geschichte vom Bund zwischen Gott und den Menschen und den Reichtum der geoffenbarten Botschaft. In den zwei Jahrtausenden der christlichen Geschichte brachte die Kunst auf wundervolle Weise den Eifer zahlreicher Bekenner des Glaubens und das Bewußtsein der Gegenwart Gottes unter den Gläubigen zum Ausdruck. Sie veranschaulichte den Lobpreis, den die Kirche überall in der Welt ihrem Herrn erweist. Die Kulturgüter erweisen sich als ausgezeichnete Dokumente der verschiedenen Momente dieser großartigen Geschichte des Glaubens.

Außerdem bedient sich die in menschlichen Belangen erfahrene Kirche der Kulturgüter zur Förderung eines wahren Humanismus, der sich an Christus anlehnt, den »neuen Menschen«, der dem Menschen den Menschen selbst voll kundmacht (vgl. Gaudium et spes, 22). Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Ortskirchen mit einfachen und außergewöhnlichen Initiativen die Erhaltung ihres kunsthistorischen Erbes fördern, um so dessen Wert voll zur Geltung zu bringen.

4. Die Kirche ist nicht nur die Hüterin ihrer Vergangenheit; sie belebt vor allem die Gegenwart der menschlichen Gemeinschaft im Hinblick auf den Aufbau ihrer Zukunft. Daher ist sie ständig bedacht, ihr Kulturgut zu erweitern, um den Anforderungen jeder Epoche und Kultur zu entsprechen und um das, was verwirklicht worden ist, an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben, damit auch sie von diesem großen Fluß der »traditio Ecclesiae« profitieren können.

In dieser Hinsicht ist es notwendig, daß sich die zahlreichen Ausdrucksformen sakraler Kunst im Einklang mit der »mens« [Denkart] der Kirche und im Dienst ihrer Sendung entwickeln und sich einer Sprache bedienen, die fähig ist, allen das Reich Gottes zu verkünden.

Beim Ausarbeiten ihrer Pastoralprogramme werden die Ortskirchen daher in angemessener Form von ihren jeweiligen Kulturgütern Gebrauch machen. Jene haben die einzigartige Fähigkeit, dem Menschen geistige Werte auf lebendige Weise bewußt zu machen. Zudem bereiten sie die Seelen auf die Annahme der Neuartigkeit des Evangeliums vor, indem sie von der Gegenwart Gottes in der Geschichte der Menschheit und im Leben der Kirche auf verschiedene Art Zeugnis geben. Die Darstellung des Schönen, das seiner Natur nach eine universale Sprache spricht, unterstützt die Kirche bei ihrer Aufgabe, allen Menschen im Geist der Ökumene und des interreligiösen Dialogs in einem von Achtung und gegenseitiger Toleranz geprägten Klima zu begegnen.

5. Voraussetzung der Neuevangelisierung ist ein erneuerter Einsatz im Bereich der heiligen Liturgie, die auch viel Belehrung für das gläubige Volk in sich birgt (vgl. Sacrosanctum Concilium, 33). Bekanntlich war die Kunst schon immer eine Verbündete des Gottesdienstes, denn in sakralen Kunstwerken verbindet sich der ihnen eigene ästhetische mit dem katechetischen und kultischen Wert. Daher müssen wir die Kunstwerke bewerten, indem wir ihr liturgisches »habitat« [Lebensumfeld] berücksichtigen. Hierbei ist die Achtung vor der Geschichte mit der Aufmerksamkeit für die gegenwärtigen Anforderungen der christlichen Gemeinschaft in Verbindung zu bringen. Zudem müssen wir dafür Sorge tragen, daß das kunsthistorische Erbe seine Ausdruckskraft im Dienst der Liturgie nicht verliert.

6. In den verschiedenen kirchlichen Bereichen wie auch in den staatlichen Organisationen muß der notwendige Rechtsschutz dieser Güter gefördert werden. Wesentlich ist ein Geist der Zusammenarbeit mit den jeweiligen öffentlichen Einrichtungen und die Fortsetzung von Kontakten sowohl mit den Verantwortlichen für die Verwaltung von Kulturgütern als auch mit den Künstlern der verschiedenen Disziplinen. Von großem Nutzen ist in dieser Hinsicht der Dialog mit den Vereinigungen für den Schutz, die Erhaltung und Wertschätzung von Kulturgütern wie auch mit Gruppen von Freiwilligen.

Insbesondere ist es Aufgabe eures Amtes, all jene aufzufordern, mit der Kirche zu fühlen, »sentire cum ecclesiae«,die direkt oder indirekt auf diesem Gebiet tätig sind, damit sich das besondere Werk jedes einzelnen in eine wertvolle Hilfe für den Evangelisierungsauftrag der Kirche verwandeln kann.

7. Liebe Brüder und Schwestern! Herzlichen Dank für eure Arbeit und euren Beitrag zum Schutz und zur vollen Wertschätzung kirchlicher Kunstschätze. Von ganzem Herzen hoffe ich, daß diese Schätze auf stets wirksamere Art und Weise all jenen die Botschaft des Evangeliums näherbringen werden, die ihr noch fernstehen. Möge es ihnen gelingen, in der Christenheit jene Liebe für das Schöne zu wecken, das den Geist für das Wahre und Gute öffnet.

Für eure Aufgabe erflehe ich den mütterlichen Schutz Marias und bitte den Herrn gerne um seinen Beistand für all eure Vorhaben und Initiativen. Von Herzen segne ich euch und alle, die euch durch ihre großzügige Mitarbeit unterstützen.

 

 

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