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WORTGOTTESDIENST AM ASCHERMITTWOCH IM PETERSDOM

PREDIGT VON KARD. JAMES FRANCIS STAFFORD

Petersdom
Mittwoch, 9. Februar 2005

 

(Joel 2,12–18; 2 Kor 5,20–6,2; Mt 6,1–6.16–18)

Wir sind am Petrusgrab in der vatikanischen Patriarchalbasilika, die die ganze Welt umfaßt, zur Aschermittwochsliturgie versammelt, die den Beginn der Fastenzeit anzeigt. Während ich mich an euch, Brüder und Schwestern, wende, habe ich die Freude und Ehre, im Namen des Heiligen Vaters dieser Liturgiefeier vorzustehen. Wir fühlen seine geistliche Anwesenheit unter uns und denken an ihn mit Liebe, indem wir den Herrn bitten, er möge ihm die notwendigen Gnaden schenken für sein besonderes Charisma, die Brüder in der Einheit des Glaubens zu stärken (vgl. Lk 22,32).

In der Ersten Lesung ruft der Prophet Joël im Namen des Herrn: »Kehrt um zu mir von ganzem Herzen!« In der Sprache des Alten Testamentes wurde der Begriff »Konversion«, also »Bekehrung «, sehr konkret durch das Verb »zurückkommen «, das heißt »umkehren« ausgedrückt. Wir wissen aus der Heiligen Schrift, daß das Volk Israel ständig versucht war, sich von Gott abzuwenden und falsche Wege zu gehen. Jedesmal, wenn es sich abwandte, sandte der Herr ihm seine Propheten, um zu sagen: »Kehrt um«, das heißt, »ändert die Marschrichtung, geht in die richtige Richtung, kehrt um zum Herrn«. Denn wir sollen uns nicht zu einer Ideologie, sondern zum Herrn bekehren. Unser Glaube ist ja keine Ideologie, sondern die Zustimmung zu Christus, dem Herrn. Der Herr selbst spricht: »Kehrt um zu mir!« Der Prophet erklärt dann an anderer Stelle diese Einladung und begründet sie: »Kehrt um zum Herrn, eurem Gott, denn er ist gnädig und barmherzig«, und er tut seinerseits nichts anderes als verstehen und verzeihen.

Die Botschaft der Ersten Lesung geht weiter. Alle – die alten Menschen, die Säuglinge, die Kinder, die Brautleute, die Priester – vernehmen den Klang der Hörner, denn sie werden als Volk zur Versammlung gerufen, zur Pflicht, umzukehren. Die Umkehr ist keine Erfahrung, die wir allein erleben können. Sie beginnt im Grunde im Neuen Testament, angefangen bei der liturgischen Versammlung. Denn der kultische Moment ist »der Höhepunkt und die Quelle« des christlichen Lebens, so lehrt uns das II. Vatikanische Konzil (SC 10).

Im Matthäusevangelium zeigt Jesus drei Methoden, die Umkehr zu leben: Almosengeben, das heißt Teilen; Beten, das heißt, sich dem Herrn anvertrauen; Fasten, das ist die Fähigkeit, sich Grenzen aufzulegen. Aber diese Verhaltensweisen sind noch keine wahre Umkehr, wenn sie nur auf formeller Nützlichkeit gründen: »Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut

Beim Fasten und Beten besteht Jesus auf dem inneren Aspekt. Wahres Beten, das mit der daraus folgenden echten Umkehr verbunden ist, muß aus einem Herzen kommen, das entschlossen ist, umzukehren. Denn im Herzen wird über das Schicksal des Menschen entschieden, so heißt es in der Bibel.

Jesus will uns nur anspornen, diese Innerlichkeit im Augenblick des persönlichen Gebets und vor allem während des liturgischen Gebets zu leben.

Der Apostel Paulus hilft uns, aus unserem Hören auf das Wort Gottes die Konsequenzen zu ziehen. Er ruft die Christen von Korinth auf, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Die Umkehr ist tatsächlich Versöhnung: zunächst die vertikale mit Gott, die jeder Christ vor allem in seinem Herzen vollziehen muß; ihr muß dann die horizontale Versöhnung mit den Brüdern folgen. Damit die Bekehrung in besonderer Weise aus der liturgischen Versammlung erwächst, müssen wir uns fragen, ob unser Leben eine echte Synthese dieser drei Momente ist: der Liturgie, der Umkehr und der Versöhnung.

Das Amt des Großpönitentiars läßt mich jeden Tag die Schönheit des Sakraments der Buße erfahren, das ein Geschenk der Gnade, ein Geschenk des Lebens ist. Darin wird das liebevolle Erbarmen Christi mit dem Menschen erneuert und zugleich die Gnade, die Freude des Herzens und das hochzeitliche Gewand wiedergeschenkt, das den Eintritt in das ewige Leben ermöglicht.

Brüder und Schwestern, nur die Kirche als Leib Christi ist imstande, am Anfang des dritten Jahrtausends im Inneren des Menschen wie auch in der Menschenfamilie die Spannungen zu lösen, die die Welt auf allen Ebenen erlebt. Auch wir in der Römischen Kurie – wie könnte es anders sein – machen täglich die Erfahrung unserer Grenzen und unserer Schwachheit. Der Heilige Vater hat uns oft an die Pflicht erinnert (vgl. Apostolische Konstitution Pastor Bonus), für die Kirche und die Welt ein herausragendes Vorbild gegenseitiger Eintracht, also des Friedens im wahrsten Sinn des Wortes zu sein, weil dieser in Jesus Christus seinen Ursprung hat. Denn er ist, gemäß den Worten des Briefes an die Epheser (2,14), unser Frieden.

Ich bin überzeugt, daß neben den bedeutenden Dokumenten vor allem das Buch unseres Lebens vor der Welt bezeugen soll, daß die Versöhnung, das heißt der Frieden, möglich ist. Und es wird keinen Frieden geben ohne die unerläßliche Aufmerksamkeit gegenüber den Armen, deren Verantwortung für die heutige ökologische Katastrophe hauptsächlich in unserer Konsumgesellschaft zu suchen ist. Das Wort Gottes richtet sich an die Mitbrüder und an alle, die im Dienst des Apostolischen Stuhls stehen, damit wir mit allen Mitteln und im Zustand der ständigen Umkehr fähig sind, das Vorbild eines strengen christlichen Lebens zu geben, so daß unser Blick frei ist, nur Gott zu dienen, indem wir immer das Wohl unserer Brüder suchen.

Auf die Frage, die sich die Welt heute immer wieder stellt: »Wo ist unser Gott?«, muß das glaubwürdige Zeugnis unseres Lebens Antwort geben. Denn Gottes Gegenwart und Erbarmen fallen nicht vom Himmel. Die aktive und wirksame Gegenwart Gottes unter den Menschen von heute geht über uns, vor allem wenn wir uns »als Kirche« um den Tisch des Wortes und des Brotes des Lebens versammeln.

Die diesjährige Fastenzeit hebt gemäß der Einladung des Heiligen Vaters besonders unsere wesentliche Beziehung zur Eucharistie hervor. »Ohne das Gedächtnis des Herrn – das heißt ohne die Eucharistie – können wir nicht leben«, erklärten die Christen in Nordafrika unter der Verfolgung durch Diokletian. Auch wir können ohne die Kraft, die von der Eucharistie, vor allem von der sonntäglichen, ausgeht, nicht leben. Ich möchte unsere Aufgabe in der Fastenzeit in drei Punkten zusammenfassen:

1. Die Liturgie der Kirche ist angesichts der verbreiteten Unsicherheit im Glauben das erste Mittel der echten Evangelisierung, die sich an der Ikone der Jünger von Emmaus inspiriert, die ihn, nachdem er ihnen auf dem Weg das Wort des Herrn erklärt hatte, beim Brotbrechen erkannten (vgl. Lk 24).

2. Mit dem Sonntag können wir die Eucharistie wiederentdecken! Eignen wir uns das »eucharistische Staunen« an, das den Heiligen Vater in der Abfassung der Ezyklika Ecclesia de Eucharistia (Nr. 5–6) geleitet hat. Aber bemühen wir uns, sie in der Dimension ihrer Tischgemeinschaft und in ihrem unverzichtbaren Opfercharakter zu entdecken, denn »die Eucharistie ist ein zu großes Gut, um Zweideutigkeiten und Verkürzungen zu dulden« (Nr. 10).

3. Mit der Eucharistie entdecken wir die Beziehung zwischen Liturgie und Leben, wie es im Apostolischen Schreiben Mane nobiscum Domine vom Heiligen Vater aufgezeigt wurde: Die Aufmerksamkeit für die verschiedenen Formen von Armut zusammen mit der gegenseitigen Liebe macht uns als wahre Jünger Christi erkenntlich. Das ist das grundlegende Merkmal, an dem die Echtheit unserer Eucharistiefeiern gemessen werden wird (Nr. 28). Diese Beziehung zwischen Liturgie und Leben erfordert das entschlossene Zeugnis für die wahren Werte: das Leben, die Familie, die persönliche Rechtschaffenheit, die Verpflichtungen, die erwachsen aus dem Ehebund, dem priesterlichen Zölibat, der Ordensweihe, dem zivilen Beruf, ohne die es kein wahres Armsein vor Gott gibt.

Wir bitten Gott, den Vater, daß er uns helfe, die Mystik des Dienstes in der Schule Jesu neu zu entdecken und zu eigen zu machen, die von den Propheten in der Gestalt des Gottesknechtes angekündigt wurde (Jes 52,13; etc.), ebenso in der Schule der Jungfrau und Mutter, die, indem sie sich als die Magd des Herrn erklärte (Lk 1,38), den großen Heilsplan möglicht gemacht hat. Amen.

 

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