María Caridad Brader (1860-1943) foto Charitas Brader, Tochter des Ehepaares Sebastian Brader und Maria Karolina Zahner, erblickte das Licht der Welt am 14. August 1860 in Kaltbrunn, Sankt Gallen, Schweiz. Am folgenden Tag wurde sie auf den Namen Maria Josefa Karolina getauft. Sie war mit einer außerordentlichen Begabung gesegnet. Unter der Obhut ihrer frommen Mutteer wuchs im Herzen der kleinen Karolina eine tiefe Liebe zu Jesus und eine zärtliche Andacht zur Mutter Gottes heran. Die Mutter bemühte sich, ihrer talentierten Tochter eine ausgezeichnete Ausbildung zu geben. In Kaltbrunn besuchte die aufgeweckte Karolina die Primarschule, die Sekundärschule im Institut Maria Hilf, Altstätten, geführt von Schwestern des Dritten Ordens des Heiligen Franziskus. Weitere Studien absolvierte sie bei den Benediktinerinnen in Sarnen und in der französisch-sprachigen Schweiz, im Internat der Schwestern von der Heimsuchung in Fribourg. Als sich ihr die Welt mit ihren Verlockungen auftat, vernahm sie in ihrem Herzen den Ruf Christi, und sie entschied sich für das geweihte Leben. Diese Wahl stieß, wie zu erwarten war, anfänglich auf Widerstand von Seiten der Mutter, die Witwe und deren einzige Tochter Karolina war. Am 1. Oktober 1880 trat Karolina in Altstätten ins geschlossene Franziskanerinnen-Kloster Maria Hilf ein. Die Schwestern führten dort ein Institut, als notwendigen Beitrag für die Kirche in der Schweiz. Am 1. März 1881 erhielt sie bei der Einkleidung den Namen Maria Charitas von der Liebe des Heiligen Geistes. Am 22. August des folgenden Jahres legte sie die Ewigen Gelübde ab. Dank ihrer pädagogischen Fähigkeiten wurde sie im klostereigenen Institut als geschätzte Erzieherin eingesetzt, nachdem sie das staatliche Lehrerinnendiplom erlangt hatte. Als die Kirche den beschaulichen Ordensfrauen erlaubte, die Klausur zu verlassen, um sich für die Verbreitung des Reiches Gottes einzusetzen, begannen die Bischöfe Ende des XIX. Jahrhunderts, sich an die geschlossenen Klöster zu wenden, um für Schwestern zu werben, die bereit waren, in den Missionen zu wirken. Monsignore Peter Schumacher, eifriger Missionar vom Hl. Vinzenz von Paul und Bischof von Portoviejo in Ecuador, bat in einem Schreiben an das Kloster Maria Hilf in Altstätten um freiwillige Schwestern für die Missionsarbeit in seiner Diözese. Die Schwestern reagierten freudig auf diese Einladung. Eine der begeistertsten für das Leben in den Missionen war Schwester Charitas Brader. Die selige Maria Bernarda Bütler, Oberin des Konvents, welche die Gruppe der sechs freiwilligen Schwestern anführte, wählte ihre Vikarin mit folgenden Worten aus: »In die Missionsgründung geht Schwester Charitas, extrem großherzig, die vor keinem Opfer zurückweicht. Mit ihrer außerordentlichen Ausstrahlung und ihren pädagogischen Kenntnissen wird sie der Mission große Dienste leisten können«. Am 19. Juni 1888 traten Schwester Charitas und ihre Begleiterinnen ihre Reise nach Chone, Ecuador, an. Nach harter Arbeit und unermüdlichen Religions‑Unterrichtstunden wurde Schwester Charitas 1893 ausgewählt, in Tüquerres, Kolumbien, eine Niederlassung zu gründen. Dort entfaltete sie ihren brennenden Missionsgeist. Sie liebte die Eingeborenen und scheute keine Mühe, um zu ihnen zu gelangen. Sie trotzte den gefährlichen Stürmen des Ozeans, den Tücken des Urwalds und der extremen Kälte der Andenbergwelt. Ihr Eifer kannte keine Ruhepause. Am meisten war sie um die Ärmsten besorgt, um die Ausgegrenzten der Gesellschaft, um diejenigen, die das Evangelium noch nicht kannten. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, mehr Missionarinnen zu bekommen für das weitläufige Apostolat, und ermuntert durch den deutschen Priester Reinald Herbrand, gründete sie 1894 die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Maria Immaculata. Die Kongregation setzte sich in ihren Anfängen aus Schwestern aus der Schweiz, Deutschland und Österreich zusammen, die sich den Idealen von Mutter Charitas anschlossen. Ihnen folgten bald einheimische Berufe aus allen Teilen Kolumbiens, die sich in die Reihen der jungen Kongregation eingliederten, welche sich rasch in verschiedenen Ländern ausbreitete. Mutter Charitas verstand vortrefflich, ihre apostolische Tätigkeit mit der Kontemplation zu vereinbaren. Sie spornte ihre geistlichen Töchter zu einer effizienten pädagogischen Ausbildung an, jedoch »ohne den Geist des Gebetes und der Andacht auszulöschen. Vergesst nie — sagte sie oft — je besser die Ausbildung und die Kenntnisse der Lehrerin sind, desto mehr wird sie für die Jugend auf dem religiösen Gebiet zur Ehre Gottes wirken können, besonders wenn die Tugend mit dem Wissen im Einklang steht. Je intensiver die öffentliche Berufstätigkeit ist, desto tiefer und inbrünstiger muss unser geistiges Leben sein«. Sie orientierte ihr Apostolat in erster Linie auf die Erziehungsarbeit hin, besonders in armen und abgelegenen Regionen. Die Gründungen vermehrten sich, wo immer eine Notwendigkeit herrschte. Wenn es galt, eine Notlage zu beheben oder den Samen der Guten Nachricht auszustreuen, gab es für sie weder Grenzen noch Hindernisse. Ihre Seele fand im eucharistischen Heiland die geistigen Werte, die ihrem Leben Sinn und Wärme gaben. Erfüllt von dieser Liebe zu Jesus im Altarssakrament, setzte sie sich unermüdlich ein, um das Privileg der Ewigen Anbetung zu erlangen. Am 22. August 1928 wurde es ihr von Seiner Heiligkeit Papst Pius XI. gewährt und das erfüllte sie mit unsäglicher Freude und Dankbarkeit. Dieses Vermächtnis hinterließ sie ihrer Kongregation, zusammen mit der Liebe und Ehrfurcht für die Priester als Stellvertreter Gottes. Vom beschaulichen Leben angetan, lebte sie in beständiger Gottverbundenheit. Darum sah sie in allen Situationen Gottes vorsehende und barmherzige Vaterhand und ermunterte ihre Schwestern, »in allem die Zulassung Gottes zu sehen und aus Liebe zu Ihm gerne seinen Willen zu erfüllen«. Daher ihr Leitwort: »Er will es«, das zum Programm ihres Lebens geworden war. Als Generaloberin war sie die geistige Leiterin ihrer Kongregation von 1893 bis 1919 und von 1928 bis 1940. In diesem Jahr erklärte sie, definitiv keine weitere Wiederwahl anzunehmen. Der neugewählten Generaloberin gelobte sie kindlichen Gehorsam und Ehrfurcht. Im Jahre 1933 erlebte sie die Freude der päpstlichen Approbation ihrer Kongregation. In ihrem 82. Lebensjahr, als sie das Herannahen ihres Heimgangs ahnte, rief sie ihre Schwestern auf: »Ich gehe, vernachlässigt die guten Werke nicht, die unsere Kongregation pflegt, das Almosen und die Liebe zu den Armen, große Liebe untereinander, Treue zu den Bischöfen und Priestern«. Am 27. Februar 1943, als niemand ahnte, dass ihr letzter Tag angebrochen war, sagte sie zur Krankenschwester: »Jesus... Ich sterbe«. Es waren die letzten Worte, mit denen sie ihre Seele dem Schöpfer zurückgab. Kaum hatte sich die Nachricht ihres Todes verbreitet, begann eine endlose Prozession von Gläubigen an ihren Sarg zu pilgern, die um eine Reliquie baten und sich ihrer Fürbitte anvertrauten. An den Begräbnisfeierlichkeiten in der Kathedrale von Pasto beteiligten sich Bischöfe, Priester und eine enorme Menge von Gläubigen, die sagten: »Es ist eine Heilige gestorben«. Nach ihrem Tod wurde ihr Grab beständing zu einer Stätte für Menschen, die sie in ihren Anliegen anrufen. Die Tugenden, die sie pflegte, stimmen vortrefflich überein mit den Eigenschaften, die eine echte Missionarin auszeichnen müssen. Papst Johannes Paul II. hob sie hervor in seinem Hirtenschreiben »Redemptoris Missio«. Darunter, wie Jesus seine Apostel lehrte: Armut, Sanftmut und Opferbereitschaft. Mutter Charitas pflegte die Armut nach dem Vorbild des heiligen Franziskus und übte die Selbstlosigkeit ihr ganzes Leben lang. Als Missionarin in Chone hatte sie die Genugtuung, im wahren Sinne des Wortes arm zu sein, gemeinsam mit den Menschen, für die sie gekommen war, um sie zu unterrichten und zu evangelisieren. Unter den evangelischen Werten, die sie als Gründerin in der Kongregation pflegen wollte, besaß die Armut einen bevorzugten Platz. Die Annahme der Leiden, ist nach Aussage des Papstes ein weiteres Merkmal des echten Missionars. Wie gut finden wir diesen Aspekt erfüllt im geistlichen Leben von Mutter Charitas! Ihr Dasein floss täglich unter dem strengen Schatten des Kreuzes dahin. Das Leiden war ihr treuer Weggefährte und sie ertrug es mit bewunderungswürdiger Geduld bis zum Tod. Ein weiteres Merkmal der Missionarin, das der Papst hervorhebt, ist die innere Freude, die ihren Ursprung im Glauben hat. Mutter Charitas pflegte diese tiefe Freude inmitten ihres strengen, selbstlosen Lebens. Sie zeigte sich fröhlich und wollte, dass alle ihre Töchter fröhlich und zufrieden seien im Vertrauen auf Gott. Diese und viele weitere Tugenden wurden von der Kongregation für die Seilig- und Heiligsprechungsprozesse anerkannt und approbiert als erster Schritt zur Seligsprechung. Es scheint, Gott habe die Heiligkeit von Mutter Charitas bestätigen wollen durch ein prächtiges Wunder, das durch ihre Fürbitte an dem Kind Johanna Mercedes Melo Diaz geschehen ist. Eine schwere Enzephalitis hatte einen Hirnschaden verursacht, der dem Kind das Sprechen und das Gehen verunmöglichte. Am letzten Tag der Novene, die seine Mutter inbrünstig am Grab von Mutter Charitas gebetet hatte, sprach Johanna Mercedes die ersten Worte, indem sie ihre Mutter rief und spontan zu gehen begann, um in kurzer Zeit die volle Normalität zu erlangen.
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