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KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

 

Note bezüglich des Spenders des
Sakraments der Krankensalbung

 

Information zur geschichtlichen Entwicklung der betreffenden Lehre

Der Codex des Kanonischen Rechtes nimmt im can. 1003 § 1 (vgl. auch can. 739 § 1 des Gesetzbuches der katholischen Ostkirchen) genau die Lehre des Konzils von Trient auf (XIV. Sitzung, can. 4: DS 1719; vgl. auch Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1516), wonach nur die Priester (Bischöfe und Presbyter) Spender des Sakraments der Krankensalbung sind.

Diese Lehre ist »definitive tenenda«. Weder Diakone noch Laien dürfen deshalb den genannten Dienst ausüben, und jedes entgegengesetzte Handeln bedeutet eine Vortäuschung des Sakraments.

Rom, Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 11. Februar 2005, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes.

JOSEPH Kard. RATZINGER
Präfekt

ANGELO AMATO, S.D.B.
Titularbischof von Sila
Sekretär


Begleitschreiben

An die Hochwürdigsten Eminenzen und Exzellenzen
Vorsitzenden der Bischofskonferenzen 

In den vergangenen Jahren sind bei der Kongregation für die Glaubenslehre verschiedene Anfragen im Bezug auf den Spender des Sakraments der Krankensalbung eingegangen.

Dieses Dikasterium hält es daher für angemessen, an alle Hirten der katholischen Kirche die beigefügte Note über den Spender des Sakraments der Krankensalbung zu senden (siehe Anlage 1).

Eine kurze Information über die geschichtliche Entwicklung der betreffenden Lehre, von einem sachkundigen Experten erstellt, wird Ihnen ebenfalls als Hilfe zugeschickt (Anlage 2).

Indem ich Ihnen dieses Schreiben sende, verbleibe ich mit dem Ausdruck

vorzüglicher Hochachtung

JOSEPH Kard. RATZINGER
Präfekt


Kommentar

In den letzten Jahrzehnten sind theologische Tendenzen zutage getreten, die die Lehre der Kirche in Zweifel ziehen, wonach der Spender des Sakraments der Krankensalbung »est omnis et solus sacerdos« [einzig und allein der Priester ist]. Das Thema wird hauptsächlich vom pastoralen Gesichtspunkt aus angegangen, besonders im Hinblick auf die Gegenden, wo der Mangel an Priestern die rechtzeitige Sakramentenspendung erschwert; diese Schwierigkeit könnte demnach überwunden werden, wenn Ständige Diakone und qualifizierte Laien beauftragte Spender des Sakraments sein könnten.

Die Note der Kongregation für die Glaubenslehre beabsichtigt, die Aufmerksamkeit auf diese Tendenzen zu richten, um der Gefahr zuvorzukommen, daß versucht wird, sie in die Praxis umzusetzen zum Nachteil des Glaubens und mit schwerem geistlichen Schaden für die Kranken, denen man doch helfen will.

Die katholische Theologie hat im Brief des Jakobus (5,14–15) die biblische Grundlage für das Sakrament der Krankensalbung gesehen. Nachdem der Verfasser des Briefes verschiedene Ratschläge für das christliche Leben gegeben hat, bietet er auch eine Regel für die Kranken an: »Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben.« Die Kirche hat unter dem Wirken des Heiligen Geistes in diesem Text im Laufe der Jahrhunderte die wesentlichen Elemente des Sakraments der Krankensalbung erkannt, die das Konzil von Trient (Sess. XIV, Kap. 1–3, cann. 1–4: DS 1695–1700, 1716–1719) in systematischer Form darlegt: a) Subjekt: der schwerkranke Gläubige; b) Spender: »omnis et solus sacerdos«; c) Materie: Salbung mit geweihtem Öl; d) Form: Gebet des Spenders; e) Wirkung: Heilsgnade, Vergebung der Sünden, Erleichterung des Kranken.

Abgesehen von anderen Aspekten, ist es wichtig, hier die lehrmäßigen Angaben hinsichtlich des Sakramentenspenders auszuleuchten, auf die sich die Note der Kongregation ausschließlich bezieht.

Der griechische Text des Jakobusbriefes, »toùs presbytérous tes ekklesías« (5,14), den die Vulgata entsprechend der Tradition mit »presbyteros Ecclesiae« übersetzt, kann sich nicht auf die Ältesten der Gemeinde (dem Alter nach) beziehen, sondern auf die besondere Gruppe von Gläubigen, die der Heilige Geist durch Handauflegung bestellt hat, die Kirche Gottes zu leiten.

Das erste lehramtliche Dokument, in dem die Krankensalbung ausdrücklich genannt wird, ist ein Brief von Papst Innozenz I. an Decentius, Bischof von Gubbio (19. März 416). Der Papst kommentiert die Worte des Jakobusbriefes und will damit die Auslegung erwidern, wonach nur die Presbyter die Spender des Sakraments sind, die Bischöfe aber ausgeschlossen werden. Innozenz I. lehnt diese Einschränkung ab und bekräftigt, daß die Priester, aber auch der Bischof Spender des Sakraments sind (vgl. DS 216). Der Brief Papst Innozenz’ I. und andere Zeugnisse des ersten Jahrtausends (Cäsarius von Arles, Beda Venerabilis) liefern keinen Beweis für die Möglichkeit, Spender für die Krankensalbung einzuführen, die nicht Priester sind.

Im nachfolgenden Lehramt und in der Gesetzgebung bis zum Konzil von Trient sind folgende Fakten zu finden: Grazian nimmt die Verordnung des obengenannten Briefes Innozenz’ I. (Teil 1, dist. 95, can. 3) fast wortwörtlich in sein Decretum auf (um 1140). In die Dekretalen Gregors IX. wird dann ein Dekretale Alexanders III. eingefügt (1159–1164), in dem er die Frage bejaht, ob der Priester das Sakrament der Krankensalbung spenden darf, wenn er ganz allein ist und kein anderer Kleriker oder Laie dabei ist (X. 5, 40,14). Das Konzil von Florenz bekräftigt schließlich in der Bulle Exsultate Deo (22. November 1439) als selbstverständliche Wahrheit: »Der Spender dieses Sakraments ist der Priester« (DS 1325).

Die Lehre des Konzils von Trient nimmt Stellung im Bezug auf die Einwände der Reformatoren, wonach die Krankensalbung kein Sakrament, sondern eine menschliche Erfindung sei, und die »Priester«, von denen im Jakobusbrief die Rede ist, keine geweihten Priester, sondern die Ältesten der Gemeinde seien. Das Konzil legt ausführlich die diesbezügliche katholische Lehre dar (Sess. XIV, Kap. 3: DS 1697–1700) und belegt diejenigen mit dem Kirchenbann, die die Krankensalbung oder eines der sieben Sakramente leugnen (ebd., can. I: DS 1716); es bekräftigt, daß der Spender dieses Sakraments nur der Priester sein darf (ebd., can. 4: DS 1719).

Zwischen dem Konzil von Trient und der Kodifizierung von 1917 gibt es nur zwei Verlautbarungen des Lehramtes, die in gewisser Weise das vorliegende Thema betreffen. Es handelt sich um die Apostolische Konstitution Etsi pastoralis (26. Mai 1742, cfr. § 5, Nr. 3: DS 2524) und um die Enzyklika Ex quo primum (1. März 1756) von Papst Benedikt XIV. Im erstgenannten Dokument werden liturgische Regeln über die Beziehungen zwischen den lateinischen und den orientalischen Katholiken aufgestellt, die vor den Verfolgungen nach Süditalien geflüchtet sind; im zweiten Dokument wird das Eucologium (Rituale) der orientalischen Kirche bekräftigt und kommentiert, die mit dem Apostolischen Stuhl wieder in volle Gemeinschaft eingetreten ist (1). Im Hinblick auf das Sakrament der Krankensalbung wird als selbstverständlich angenommene Wahrheit vorausgesetzt, daß der Spender des Sakraments »omni et solus sacerdos« ist.

Die traditionelle Lehre, die vom Konzil von Trient über den Spender des Sakraments der Krankensalbung ausgesprochen wurde, wurde in dem im Jahr 1917 veröffentlichten Codex des Kanonischen Rechtes kodifiziert (can. 938 § 1) und in dem 1983 veröffentlichten Codex des Kanonischen Rechtes (can. 1003 § 1) sowie im Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen von 1990 fast wortwörtlich wiederholt (can. 739 § 1).

Alle Rituale des Sakraments der Krankensalbung haben immer vorausgesetzt, daß der Spender des Sakraments ein Bischof oder ein Priester ist (vgl. Ordo Unctionis Infirmorum eorumque pastoralis curae, editio typica, Typis Polyglottis Vaticanis 1972, Praenotanda, Nr. 5.16–19). Sie haben also nie die Möglichkeit erwogen, daß der Spender ein Diakon oder ein Laie sein könnte.

Die Lehre, wonach der Spender des Sakraments der Krankensalbung »est omnis et solus sacerdos«, genießt einen solchen Grad theologischer Sicherheit, daß sie als Lehre »definitive tenenda« einzustufen ist. Das Sakrament ist ungültig, wenn ein Diakon oder ein Laie es zu spenden versucht. Eine solche Handlung wäre ein Vergehen der Vortäuschung in der Sakramentenspendung, das nach der Vorschrift von can. 1379 CIC (vgl. can. 1443 CCEO) strafbar ist.

Abschließend ist es notwendig, daran zu erinnern, daß der Priester durch das Weihesakrament, das er empfangen hat, den Herrn Jesus Christus, Haupt der Kirche, in besonderer Weise gegenwärtig macht.

Bei der Sakramentenspendung handelt er »in persona Christi Capitis« und »in persona Ecclesiae«. Es ist Jesus Christus, der in diesem Sakrament wirkt, der Priester ist das lebendige und sichtbare Werkzeug. Er vertritt Christus und macht ihn in besonderer Weise gegenwärtig, weshalb dieses Sakrament im Vergleich zu den Sakramentalien eine besondere Würde und Wirksamkeit besitzt, so daß, wie das inspirierte Wort hinsichtlich der Salbung des Kranken lautet, »der Herr ihn aufrichten wird« (Jak 5,15). Der Priester handelt auch »in persona Ecclesiae«. Die »Presbyter der Kirche« nehmen das Gebet der ganzen Kirche in ihr Gebet auf (Jak 5,14); dazu sagt Thomas von Aquin: »oratio illa non fit a sacerdote in persona sua (…), sed fit in persona totius Ecclesiae« (Summa Theologiae, Supplementum, q. 31, a., ad 1). Ein solches Gebet findet Erhörung.
 


Anmerkung

(1) Auch die Orthodoxen sind der Meinung, daß der Spender der Salbung nur der Bischof oder der Priester sein darf.

 

© Copyright 2005 - Libreria Editrice Vaticana

      

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