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Erzbischof Gerhard Ludwig Müller
Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre

 

Theologische Grundlagen zur Bewertung
bioethischer Fragen

 

0. Spezifizierung und Eingrenzung des Themas

Die Biowissenschaften – dazu rechnet man bekanntlich alle modernen Fachgebiete der Biologie und modernen Medizin – haben sich in den vergangenen Jahren geradezu stürmisch entwickelt und durchdringen weite Bereiche des täglichen Lebens. Zu den aktuellen Problembereichen der Biowissenschaften gehören insbesondere: der Bereich der Fortpflanzungsmedizin mit seinen Folgen, etwa der Leihmutterschaft und überzähligen Embryonen; der Bereich der humangenetischen Forschung am Embryo (Pränataldiagnostik, Präimplantationsdiagnostik) und am erwachsenen Menschen; der Bereich der Zellbiologie (Stammzellforschung, Gentherapie, Klonen).

Die Antwort der Ethik auf die Dynamik und die tiefgreifenden Veränderungen der Biowissenschaften sowie die mit ihrer Nutzung verbundenen Verantwortungsfragen besteht in der Herausbildung einer eigenen Bereichsethik, der Bioethik oder auch Lebensethik. Die Bioethik formuliert und überprüft moralische Regeln für den wissenschaftlich technischen Umgang mit Leben allgemein, insbesondere mit menschlichem Leben.

Wie aus dem Titel und Programm dieser Tagung „Biowissenschaften und Lebensschutz – Wissenschaften und Kirchen im Dialog“ zu ersehen ist, werden die relevanten Themen aus theologischer Sicht von den dafür ausgewiesenen Fachleuten, wie etwa Moraltheologen behandelt. Ich gehe daher davon aus, dass Sie in meinem Referat die spezifisch kirchliche bzw. lehramtliche Sicht erwarten.

Was haben nun Theologie und Kirche mit sittlichem Handeln bzw. der Ethik zu tun? Der Theologie als Rede von Gott und seiner Geschichte mit den Menschen geht es um eine reflexive und argumentative Auslegung des christlichen Glaubens im Verstehenshorizont der jeweiligen Gegenwart. Das Thema Sittlichkeit ist für den christlichen Glauben insofern zentral, als die biblische Botschaft, auf die der Glaube sich gründet, zur Umkehr und zu einem neuen Leben auf die zuvorkommende befreiende Zuwendung Gottes aufruft. Entsprechend hat sich in der Geschichte des Christentums von Anfang an eine Sitten- bzw. Morallehre herausgebildet, die sich auf

Grund ihrer Anbindung an die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche, die konkrete Lebensgestaltung begleitet. Die gilt auch für den Bereich der Biowissenschaften und die Bioethik, die keine Sonderethik, wohl aber eine Ethik für besondere Situationen ist.

In die bioethische Diskussion haben sich die Religionsgemeinschaften wiederholt eingeschaltet, so auch die katholische Kirche. Anlässlich der Errichtung der Akademie für das Leben erinnerte Johannes Paul II. 1994  etwa an das seit Jahrhunderten belegte Engagement der Kirche auf dem Gebiet der Gesundheit: „Durch ihre helfende Fürsorge und ihre pastorale Tätigkeit verkündet sie auch heute noch das ‚Evangelium des Lebens‘ in den veränderlichen geschichtlichen und kulturellen Situationen“(vgl.OR(D)Nr.10,S.10 Nr.2).

Nach traditioneller katholischer Auffassung gehört das Lehramt zum Wesen der Kirche. Objekt der Lehre sind neben Glaubenswahrheiten auch Fragen, die das sittliche Leben betreffen (fides et mores). Die Glaubensbotschaft ist keineswegs nur belehrende Wahrheit, sondern verlangt aus sich heraus eine ihr entsprechende Lebenspraxis. Dieser Tatsache verleiht die Formulierung des II. Vatikanischen Konzils Ausdruck, in der die Bischöfe „die Botschaft zum Glauben und zur Anwendung auf das sittliche Leben“ verkündigen (LG 25). Es ist also der enge Bezug des Glaubens zum christlichen Handeln, der die Kompetenz des Lehramtes im Bereich der Moral sowohl begründet als auch näher bestimmt. Aufgabe des Lehramtes ist es, den Gläubigen Hilfen für das rechte Glaubensverständnis und die Erkenntnis des sittlich Richtigen anzubieten und ihrer Gewissenbildung zu dienen (vgl. DP 10).

An sich wird jedem Menschen das Gute und Böse und das was er tun soll in seinem Gewissen vorgestellt und ist von jedermanns Vernunft einsehbar. Allerdings behindert die sündige Situiertheit des Menschen die sichere Erkenntnis des sittlich von ihm Geforderten. Es liegt in der Kompetenz des Lehramtes, die Vernunft so zu orientieren, dass bestimmte Wege als Irrwege ausgeschlossen werden. Und daher ist von ihm zu erwarten, dass es bestimmte Handlungsweisen benennt, die auf jeden Fall, unabhängig von den Umständen, immer die Liebe und die gebotene Achtung des Menschen als des Ebenbildes Gottes verletzen und „daher in keiner Weise gerechtfertigt werden können im Blick auf mögliche wohltätige Folgen für die künftige Menschheit“ (DV I, 6).Somit muss sich das kirchliche Lehramt von seinem Selbstverständnis und der ihm obliegenden Aufgabe her auch zu bioethischen Fragen äußern. Dies gilt vor allem und entschieden dort, wo es sich um den Schutz des durch die Ebenbildlichkeit und Menschwerdung Gottes ausgezeichneten Menschen verpflichtet weiß. Dieser Schutz ist besonders dringlich, wenn es um kranke, leidende, alte und noch ungeborene Menschen geht.

Des Weiteren kann man nicht übersehen, dass die Kirche auch in unserer vielfach als postchristlich bezeichneten Gesellschaft eine ethische Instanz darstellt. Viele Menschen haben die Erwartungshaltung, die Kirche möge zu moralischem Verhalten erziehen und motivieren und respektieren grundsätzlich ihre ethische Kompetenz, selbst wenn sie sich nicht mit all ihren Normen identifizieren.

In der inhaltlichen Auseinandersetzung mit bioethischen Fragen sind als lehramtliche Bezugsquellen aus der jüngeren Zeit vornehmlich drei Dokumente zu nennen: Die von Johannes Paul II. 1995 vorgelegte Enzyklika „Evangelium vitae“ und die beiden von der Kongregation für die Glaubenslehre herausgegebenen Instruktionen „Donum vitae“ von 1987 und „Dignitas personae“ von 2008. Ich beginne mit der Enzyklika, weil sie das ranghöhere Dokument darstellt.

1. Die Enzyklika „Evangelium vitae

Die Enzyklika wurde am 25. März 1995 von Papst Johannes Paul II. vorgelegt. Als päpstliches Rundschreiben „über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens“ ist „Evangelium vitae“ ein Lehrschreiben von hohem Rang und gilt als grundlegendes Dokument des päpstlichen Lehramtes zu Fragen der Bioethik. Dass zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung auf europäischer Ebene um die rechtliche Regelung bioethischer Problembereiche im Rahmen einer „Bioethikkonvention“ gerungen wurde, mag kein Zufall sein.

Als Anlass des Rundschreibens nennt der Papst ein einstimmiges Ersuchen der Kardinäle, die im Rahmen eines außerordentlichen Konsistoriums im April 1991 in Rom versammelt waren und sich mit der Bedrohung des menschlichen Lebens in unserer Zeit auseinandergesetzt haben. Die Kardinäle baten den Papst „den Wert des menschlichen Lebens und seine Unantastbarkeit unter Bezugnahme auf die gegenwärtigen Umstände und Angriffe, von denen es heute bedroht wird, mit der Autorität des Nachfolgers Petri zu bekräftigen“ (EV 5). Wie der Papst betont, war es Ziel der Enzyklika, nicht neue moralische Weisungen zu bioethischen Themen vorzulegen, vielmehr sollte es um eine Bekräftigung der traditionellen Lehre der Kirche gehen. Dabei legt er großen Wert darauf, dass die Aussagen der Enzyklika von der Gemeinschaft der Bischöfe der Welt mitgetragen werden.

Im ersten Kapitel der Enzyklika nimmt der Papst die gegenwärtigen Bedrohungen des menschlichen Lebens“ in den Blick, denen er speziell mit dieser Enzyklika begegnen will und die den Bereichen der Abtreibung und Euthanasie zuzuordnen sind. Es handelt sich hier um „Angriffe“, so der Papst, „die im Vergleich zur Vergangenheit neue Merkmale aufweisen und ungewöhnlich ernste Probleme aufwerfen: deshalb, weil die Tendenz besteht, dass sie im Bewusstsein der Öffentlichkeit den ‚Verbrechenscharakter‘ verlieren und paradoxerweise ‚Rechtscharakter‘ annehmen, so dass eine regelrechte gesetzliche Anerkennung durch den Staat und die darauf folgende Durchführungsmittel des kostenlosen Eingriffs durch das im Gesundheitswesen tätige Personal verlangt wird“ (EV 11). Damit werde der Wert jeden menschlichen Lebens verfinstert und moralisches Wertempfinden immer weitreichender untergraben. Der Papst fragt auch nach den Wurzeln der Bedrohungen und nennt insbesondere das moderne Freiheitsverständnis, werden doch Abtreibung und Euthanasie vornehmlich durch einen Rückgriff auf die persönlichen Freiheitsrechte vor dem Gesetz und dem Gewissen gerechtfertigt, mit der Folge, dass menschliches Leben, insbesondere, wenn es schutzlos, alt und krank ist, zur Disposition gestellt wird. Dies steht aber im Widerspruch zu der in verschiedenen Menschenrechtserklärungen festgeschriebenen Forderung, „den Wert und die Würde jedes Menschen als solchen anzuerkennen“. Hier tritt, so der Papst, ein entstelltes Subjektivitätsverständnis und eine entartete Form von Freiheit zu Tage, „die das einzelne Individuum zum Absoluten erhebt und es nicht zur Solidarität, zu vollen Annahme des anderen und zum Dienst an ihm veranlasst“ (EV 19).Die tiefsten Wurzeln des Kampfes zwischen der „Kultur des Lebens“ und der „Kultur des Todes“ liegen für den Papst in der „Verfinsterung des Sinnes für Gott und den Menschen“ (EV 21).

Das zweite Kapitel ist der „christlichen Botschaft über das Leben“ gewidmet, die in der Person Jesu ihre unüberbietbare Verkündigungsform erhalten hat und in der theologischen Aussage gipfelt, dass das Leben immer ein Gut ist, weil und insofern der Mensch „Widerschein der Wirklichkeit Gottes selbst“ ist (EV 34). Darin ist seine Würde und seine Vorrangstellung gegenüber allen Lebewesen begründet. Das Leben des Menschen steht damit in Gottes souveräner Verfügungsgewalt, von daher ist es heilig und unantastbar (EV 39 f.). Aus dieser Grundbotschaft ergeben sich weitreichende Urteile zu konkreten bioethischen Sachverhalten, angefangen von der Fortpflanzungsmedizin, über Abtreibung, genetische Diagnostik und Therapie bis hin zur Todesstrafe, Suizid und Euthanasie.

In dem dritten Kapitel (Nr.52-77) finden sich sodann die zentralen Aussagen zur Abtreibung und Euthanasie. In Nr. 57 steht die erste von drei dogmenähnlichen Verurteilungen bezüglich des Umgangs mit menschlichem Leben. Sie bezieht sich auf das allgemeine Tötungsverbot, während die beiden anderen die Abtreibung (Nr.62) und Euthanasie (Nr.65) betreffen. In Nr. 57 heißt es: „Mit der Petrus und seinen Nachfolgern von Christus verliehenen Autorität bestätige ich daher in Gemeinschaft mit den Bischöfen der katholischen Kirche, dass die direkte und freiwillige Tötung eines unschuldigen Menschen immer ein schweres sittliches Vergehen ist. Diese Lehre, die auf jenem ungeschriebenen Gesetz begründet ist, das jeder Mensch im Lichte der Vernunft in seinem Herzen findet (vgl. Röm 2,14-15), ist von der Heiligen Schrift neu bestätigt, von der Tradition der Kirche überliefert und vom ordentlichen und allgemeinen Lehramt gelehrt.“ Ebenso werden die direkte Abtreibung (Nr.62) und die direkte Euthanasie (Nr. 65) als „schweres sittliches Verbrechen“ und „schwere Verletzungen des göttlichen Gesetzes“ verurteilt.  Die angeführte Begründung ist bei allen Verboten die gleiche: die Aussagen der Schrift, Tradition und Lehramt der Kirche und das Naturgesetz. Die Tötung eines unschuldigen Menschen, insofern sie willentlich geschieht, wird als „intrinsece malum“ qualifiziert, als eine in sich schlechte Handlung.

Das vierte und letzte Kapitel der Enzyklika (Nr. 78-101) plädiert „für eine neue Kultur des menschlichen Lebens“. Der Papst weist die pastoralen Konsequenzen auf, die die von ihm herbeigewünschte Wende zu einer „Kultur des Lebens“ hat. Es geht u.a. darum, „einen neuen Lebensstil zu entfalten“, der auf einer „rechten Werteskala“ gründet: der Vorrang des Seins vor dem Haben, der Person vor den Dingen. „Dieser erneuerte Lebensstil schließt auch ein, dass wir uns ändern von der Gleichgültigkeit zur Annahme für jeden anderen und von der Ablehnung zu seiner Aufnahme: die anderen sind nicht Konkurrenten, vor denen wir uns verteidigen müssen, sondern Brüder und Schwestern, mit denen wir solidarisch sein sollen; sie müssen um ihrer selbst willen geliebt werden; sie bereichern uns durch ihre Gegenwart“ (EV Nr. 98).

„Wenn die Kirche die unbedingte Achtung vor dem Recht auf Leben jedes unschuldigen Mensch – von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Tod – zu einer der Säulen erklärt, auf die sich jede bürgerliche Gesellschaft stützt, will sie lediglich einen humanen Staat fördern. Einen Staat, der die Verteidigung der Grundrechte der menschlichen Person, besonders der schwächsten, als ihre vorrangige Pflicht anerkennt […]. Nur die Achtung vor dem Leben kann die wertvollsten und notwendigsten Güter der Gesellschaft, wie die Demokratie und den Frieden, stützen und  garantieren“ (EV 101).

2. Die Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre „Donum vitae

Die „Instruktion über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung“ will, wie es der bescheidene Untertitel sagt, „Antworten auf einige aktuelle Fragen“ geben. Man hat die am 22. Februar 1987 veröffentlichte und 40 Seiten umfassende Instructio auch wegen ihres Aufbaues in Frage-Antwort-Form und der zusammenhängenden Darstellung zu Recht als „Katechismus der Bioethik“ bezeichnet. Dieser hatte damals nicht nur bei Katholiken sondern auch in der breiten Öffentlichkeit Echo gefunden.

In einem einführenden Teil stellt die Instructio jene anthropologischen und moralischen Prinzipien heraus, die für die Bearbeitung der Problematik maßgebend sind. Grundprinzip ist der Geschenkcharakter des Lebens und die daraus resultierende Verantwortung für das Leben. Daneben finden auch jene Prinzipien Beachtung, die für die wissenschaftliche Forschung allgemein und besonders für die medizinische Forschung am Menschen gelten: die Achtung vor dem Forschungsobjekt - beim Mensch handelt es sich um ein Subjekt! -, die Verteidigung und Förderung des menschlichen Wohles, das Recht auf Leben und die Personwürde. Wichtige Markierungen werden auch durch das in der katholischen Morallehre seit ihren Anfängen tradierte natürliche Sittengesetz gemacht: Medizinische Eingriffe betreffen den ganzen Menschen in seiner Leib-Seele-Einheit und müssen daher an der menschlichen Natur orientiert sein. Erlaubt sind demnach nur therapeutische Eingriffe, die die Gesundheit wieder herstellen wollen; solche, die eine Verbesserung der biologischen Beschaffenheit des Menschen zum Ziele haben, was also einer Züchtung gleich käme, sind verboten. Bestimmte Eingriffe werden nicht auf Grund ihrer Künstlichkeit verboten, sondern weil sie die Würde der menschlichen Person verletzen. Außer diesen Grundprinzipien müssen beim moralischen Urteil auch Grundwerte beachtet werden: das Leben des zu zeugenden Kindes und die Einzigartigkeit seiner Weitergabe in der Ehe. Mit letzterem Aspekt wird die traditionelle und für das Lehramt nicht zu diskutierende Position noch einmal klar herausgestellt: „Das Geschenk des menschlichen Lebens muss innerhalb der Ehe mittels der spezifischen und ausschließlichen Akte der Eheleute verwirklicht werden gemäß den Gesetzen, die ihnen als Personen und ihrer Vereinigung eingeprägt sind.“

Damit hat die Glaubenskongregation die Eckdaten zur menschlichen Fortpflanzung deutlich umrissen, die dann in den folgenden Teilen der Instructio auf die konkrete Situation angewendet werden.

Im ersten Kapitel wird in sechs Fragen und Antworten das Problem der „Achtung vor dem menschlichen Embryo“ erörtert. Klar und deutlich wird hier festgeschrieben, dass „jedes menschliche Wesen […] vom ersten Augenblick seines Daseins an“ (also mit Verschmelzung von Ei- und Samenzelle) „als Person geachtet werden“ muss. Die akademische Diskussion um den Status des Embryos führte, insofern es einen optimalen Schutz menschlichen Lebens anbelangt, nicht weiter. Hier ist das einzig zweifelsfreie Kriterium die Vereinigung der Gameten, also die abgeschlossene Befruchtung zu wählen. Die pränatale Diagnostik, also die Feststellung von Erbschäden schon im Mutterleib, wird in der Instructio sehr offen und differenziert beurteilt. Sie ist erlaubt, wenn sie auf Schutz und Heilung des Fötus gerichtet ist; sie ist verboten, wenn die auf dessen Abtreibung zielt (vgl. DV I,2). Logischerweise sind daher auch therapeutische Eingriffe am Embryo erlaubt, wenn „sie das Leben und die Integrität des Embryos achten und für ihn nicht unverhältnismäßige Risiken mit sich bringen“.

Forschung und Experimente stehen ebenfalls unter dem Prinzip Therapie. Sie sind erlaubt, wenn sie dem „Wohl des Embryos dienen“ oder einen letzten Versuch darstellen, dessen Leben zu retten. Leichen von menschlichen Embryonen, seien sie  vorsätzlich abgetrieben oder nicht, sind genauso zu beachten wie der Leichnam anderer menschlicher Wesen (vgl. DV I, 3 u.4). Die spezielle Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken wird kategorisch abgelehnt (vgl. DV I,5). Ebenso werden die Befruchtung zwischen menschlichen und tierischen Keimzellen, die Austragung menschlicher Embryonen in tierischen Gebärmüttern, Zwillingsspaltung und Klonierung verurteilt, denn all diese Verfahren widersprechen der Menschenwürde und dem Recht jedes Menschen innerhalb der Ehe empfangen und geboren zu werden. Mit der Menschenwürde ist auch die Auswahl nach Geschlecht oder anderen festgelegten Eigenschaften unvereinbar. Das Einfrieren von Embryonen wird abgelehnt, weil diese dadurch Manipulationen und dem Tod ausgesetzt sind.

Das zweite Kapitel behandelt sodann in acht Fragen und Antworten die eigentliche Fortpflanzungsmedizin. Zunächst wird sowohl die künstliche Befruchtung in der bislang praktizierten Form der Übertragung des vorher gewonnenen Samens in die Geschlechtsorgane der Frau (in vivo) als auch die Befruchtung im Reagenzglas /(in vitro) abgelehnt. Gegen die In-vitro-Befruchtung spricht zunächst einmal ihr Missbrauch. Der Weg zu ihrer Etablierung war nur über Experimente mit menschlichen Embryonen möglich, die deren Tod zur Folge hatten. Aber auch jetzt, nach dem die Technik erfolgreich praktiziert wird, sind Missbräuche mit sogenannten überzähligen Embryonen nicht auszuschließen, sondern sogar an der Tagesordnung. „Mit diesen Verfahren, deren Zielsetzung scheinbar entgegengesetzt sind, werden das Leben und der Tod den Entscheidungen des Menschen unterworfen, der sich so selbst zum Herrn über Leben und Tod nach Belieben macht“ (DV II) Es sind aber nicht nur und noch nicht mal an erster Stelle Missbräuche, die die ablehnende Position bestimmen. Nach Auffassung des Lehramtes verbietet sich die künstliche Befruchtung auch aus sich selbst heraus, und zwar in ihrer heterologen (Befruchtung mit dem Samen eines Mannes, der nicht der Ehemann ist) wie auch in ihrer homologen Form (Befruchtung mit dem Samen des Ehemannes). „Die heterolge künstliche Befruchtung widerspricht der Einheit der Ehe, der Würde der Eheleute, der den Eltern eigenen Berufung und dem Recht des Kindes, in der Ehe und durch die Ehe empfangen und zur Welt gebracht zu werden (DV II, A. 2).“ Die homologe künstliche Befruchtung widerspricht der Verknüpfung zwischen Vereinigung und Fortpflanzung sowie der personalen Natur des ehelichen Aktes. „Der eheliche Akt ist seiner natürlichen Struktur nach eine persönliche Handlung, ein gleichzeitiges unmittelbares Zusammenwirken der Eheleute“ (DV II, A.4).

Wer damals gehofft hatte, das Lehramt würde angesichts vorsichtiger Äußerungen von einzelnen Bischofskonferenzen und der herrschenden Lehrmeinung von Moraltheologen zu einer gewährenden Praxis wenigstens bei der homologen Insemination kommen und auf die früheren Argumente, wie sie seit den Anfängen der künstlichen Befruchtung 1897 vom Heiligen Officium über Pius XII., Paul VI. bis Johannes Paul II. vertreten wurden, verzichten, wurde eines besseren belehrt. Schon aus Treue zur Tradition, aber auch aus einer gewissen Sachlogik heraus, konnte das Lehramt nicht anders. Aber es werden vom Lehramt auch neue Begründungen angeführt, insbesondere das Argument des „Machens“, des Eindringens technischer Formen der Menschenproduktion in die Kinderzeugung. „Die Empfängnis in vitro ist das Ergebnis einer technischen Handlung […], sie ist nicht (mehr) Ausdruck der Frucht eines spezifischen Aktes ehelicher Vereinigung.“ In der Tat wird bei diesem Verfahren „das Leben und die Identität des Embryos der Macht der Mediziner und Biologen“ anvertraut. „Eine derartige Beziehung von Beherrschung widerspricht in sich selbst der Würde und der Gleichheit, die Eltern und Kindern gemeinsam sein muss.“

Im dritten und letzten Kapitel des Instructio wird der Staat in die Pflicht genommen. Weil künstliche Befruchtung, Retortenzeugung und Leihmutterschaft alles andere als harmlose oder sozial folgenlose Methoden sind, auch wenn viele das so sehen mögen. Die Glaubenskongregation fordert daher staatliche Gesetze, die die Institution Familie auf der die Gesellschaft gründet, optimal schützen und die ethisch unerlaubten Verhaltensweise zu verbieten.

3. Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre „Dignitas personae.

Rund 20 Jahre nach der Instruktion „Donum vitae“ hat die Kongregation für die Glaubenslehre erneut eine Instruktion zu bioethischen Fragen vorgelegt: „Dignitas personae. Über einige Fragen der Bioethik“. Die 39 Seiten starke Instruktion trägt das Datum vom 8. September 2008. Im Wesentlichen handelt es sich bei der neuen Instruktion um eine Fortschreibung von „Donum vitae“. Zwischen „Donum vitae“ und „Dignitas personae“ liegen die beiden Moralenzykliken „Veritatis splendor“ (1993) und „Evangelium vitae“ (1995), wobei letztere als „bioethisches Testament“ von Johannes Paul II. angesehen werden kann. Die genannten Dokumente, Reden von Benedikt XVI., wie auch Studien der päpstlichen Akademie für das Leben und von Fachleuten gelten als die wichtigsten Quellen der vorliegenden Instruktion (DP 2). So kann man denn auch in der Lehrtradition einen klaren Traditionszusammenhang erkennen, wobei deutlich wird, dass sich die Morallehre nicht von den Variablen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts abhängig machen kann.

In den beiden Jahrzehnten zwischen Donum vitae“ und „Dignitas personae“ sind die Möglichkeiten der Biomedizin fast explosionsartig gewachsen (DP 1 u. 4) und drängen, von vielen auch gefordert, zur Anwendung. Dabei wurden nicht nur die Chancen im Hinblick auf Diagnose und Therapie erweitert, sondern es hat sich auch ein enormes Gefahren- und Risikopotential angesammelt. Die Entwicklungen in der Genforschung und Biomedizin stellen zunehmend nicht nur fundamentale und bislang nicht hinterfragbare Grundsätze des Glaubens, sondern auch des hippokratischen Ethos, welches das ärztliche Handeln seit dem 5. vorchristlichen Jahrhundert geprägt hat, in Frage (DP 2). Wo die Forschung und Biomedizin an den Wurzeln des Lebens operieren und zunehmend in der Lage sind, dieses an seinem Anfang und Ende und jeweils darüber hinaus zu manipulieren, nehmen sie beängstigende Formen an. Es besteht die Gefahr, dass die Biomedizin eine Eigendynamik entfaltet und aufgrund ihrer komplexen und ambivalenten Aspekte kaum mehr beherrschbar und beurteilbar und somit auch nicht mehr verantwortbar ist. Indessen scheinen auch die Grundlagen und Maßstäbe einer verantwortbaren und praktikablen Bioethik nicht immer deutlich, zuweilen beliebig interpretier- und dehnbar oder in einer interessenbestimmten Wertevielfalt ganz untergegangen zu sein. Immer stärker versucht ein ma­terialistischer Reduktionismus den Menschen auf die Summe seiner Zellen und Gene festzulegen (vgl. DP 4). Dies alles vollzieht sich in einem weithin säkularisierten gesellschaftlichen Kontext, in dem eine interessengeleitete, an Nutzen- und Glückoptimierung orientierte Ethik, die einer Prinzipien- und wertorientierten Ethik übergeordnet wird.

Obwohl die Instruktion bei der Beurteilung der einzelnen Problembereiche eine „deutliche Sprache“ spricht, besonders im Hinblick auf das, was ethisch nicht geht, will sie nicht defensiv verstanden werden, sondern eher werbend, als „Wort der Ermutigung und des Vertrauens“, gerichtet an die Wissenschaft, an die Forscher und an die Menschen, besonders auch an jene, die an Leib und Seele leiden (vgl. DP 3).

Der Aufbau der Instruktion folgt einer nachvollziehbaren inneren Sachlogik und ist dreigeteilt. Nach der Einleitung, in der auf das Grundprinzip, die einschlägigen Quellen, den Anlass und die Adressaten der Instruktion hingewiesen wird, werden im ersten Teil anthropologische, theologische und ethische Aspekte des menschlichen Lebens und der Fortpflanzung behandelt. Der zweite Teil widmet sich den neuen Problemen bezüglich der Fortpflanzung. Der dritte Teil behandelt neue Therapien, die eine Manipulation des Embryos oder des menschlichen Erbgutes mit sich brin­gen. In einem kurzen Schlussteil wird noch einmal das Anliegen der Instruktion herausgestellt, für Würde und Recht jedes einzelnen Menschen einzutreten.

Die Instruktion greift viele Themen von „Donum vitae“ auf oder erinnert daran und führt sie, wo dies durch die neue Entwicklung geboten ist, fort. Dies gilt auch für die ethischen Kriterien, die in „Donum vitae“ entfaltet und in „Dignitas personae“ zum Teil vorausgesetzt werden.

Das Thema von „Donum vitae“ ist schwerpunktmäßig die Fortpflanzungsmedizin, näherhin die menschliche Zeugung und das, was dem Menschen von Anfang seiner Existenz an geschuldet ist. Auch „Dignitas personae“ kommt an diesem Thema nicht  vorbei, insofern sich hier neu aufgetauchte Probleme angesammelt haben oder sachliche Zusammenhänge es gebieten. Aber schwerpunktmäßig werden in „Dignitas personae“ eher die Themen im Umfeld der Fortpflanzungsmedizin und zum Teil auch neue Themen behandelt: die Präimplantationsdiagnostik, neue Abtreibungsmittel, Gentherapie, die Verbesserung der menschlichen Konstitution (Enhancement), das Klonen, die Stammzell- und die Embryonenforschung. Themen, die in „Donum vitae“ bereits behandelt wurden und von „Dignitas personae“ noch einmal aufgegriffen werden, sind zum Teil anders akzentuiert.

Die Instruktion hält alle medizinischen Eingriffe für erlaubt, die als Ziel die natürliche Fruchtbarkeit anstreben, wie zum Beispiel hormonale Behandlung, chirurgische Behandlung, z. B. der Endometriose (Gebärmutterschleimhautgewebe außerhalb der Gebärmutter) oder mikrochirurgische Behandlung, etwa zur Wiederherstellung der Eileiterdurchlässigkeit. Es handelt sich dabei um „echte Therapien“, weil sie nicht „den ehelichen Akt, der allein einer wahrhaft verantwortungsvollen Zeugung würdig ist“, ersetzen. Die Instruktion empfiehlt daher auch die Forschung zur Prävention der Sterilität zu intensivieren, ebenso wie die Erleichterung der Adoption (DP 13).

Auch wenn die medizinischen Möglichkeiten der Fortpflanzungmedizin gewachsen sind und sich in immer differenzierteren Methoden darstellen, bleibt das Lehramt seiner seit dem 19. Jahrhundert ausdrücklich vertretenen Lehre treu, wonach alle Fortpflanzungsmethoden, die vom personalen Kontext des ehelichen Aktes getrennt sind, verboten sind. Dies gilt in besonderem Maß für die In-vitro-Befruchtung, die nach wie vor mit einer hohen Tötungsrate von Embryonen verbunden ist (DP 14). Der Verlust von Embryonen ist zwar differenziert zu sehen, aber in vielen Fällen ist er vorgesehen und gewollt, zum Beispiel bei Mehrlingsübertragungen, um die Implantation wenigstens eines Embryos sicherzustellen oder bei der genetischen Selektion von Embryonen mittels Präimplantationsdiagnostik (DP 15). Wohl wird die Unfruchtbarkeit als Leiden anerkannt. Dennoch kann der Kinderwunsch nicht höher als die Menschenwürde stehen und die „Produktion“ eines Kindes rechtfertigen (DP 16).

Bei der Reproduktionsmedizin, so stellt die Instruktion fest, unterliegen „einige Wissenschaftler“ den „subjektiven Wünschen“ der bestellenden Paare und dem „ökonomischen Druck“, wodurch jedoch der Embryo instrumentalisiert wird. Demgegenüber betont die Instruktion den „heiligen und unantastbaren Charakter jedes Menschenlebens“ (DP 16). Als das häufigst angewandte, weil erfolgreichste Verfahren der künstlichen Befruchtung, vor allem zur Überwindung der männlichen Sterilität, wird die intracytoplasmatische Sameninjektion (ICSI) angeführt. Obwohl hier die Bedenken gegenüber dem heterologen Element der Samenspende entfallen, handelt es sich um eine „in sich unerlaubte Technik“, weil sie auf einer „vollständigen Trennung der Fortpflanzung vom ehelichen Akt“ beruht. Die Heterologie wird hier von anderer Seite aufgerichtet, nämlich durch Mediziner und Biologen, durch die „Herrschaft der Technik über Ursprung und Bestimmung der menschlichen Person“. Diese „widerspricht in sich der Würde und Gleichheit, die Eltern und Kindern gemeinsam ist“ (DP 17).

Ein nach wie vor ungelöstes Folgeproblem der künstlichen Befruchtung, das Donum vitae schon angesprochen hatte, ist der Umgang mit überzähligen Embryonen. Eine Kryokonservierung (Einfrieren) von Embryonen ist „unvereinbar mit der Achtung, die den menschlichen Embryonen geschuldet ist“, denn sie setzt eine Produktion in-vitro voraus und ist mit Gefährdungen bis hin zum Tod des Embryos verbunden (DP 18). Wie aber sind nun die de facto vorhandenen abertausende Embryonen zu behandeln? Abgelehnt wird ihre Verwendung für die Forschung ebenso wie für die Therapie, weil sie zur Instrumentalisierung und Vernichtung von Embryonen führt. Abgelehnt wird auch die Übertragung auf andere Paare, weil damit die Problematik der Heterologie und Leihmutterschaft einhergeht. Eine sogenannte „pränatale Adoption“ sei von ihrer Zielsetzung „Menschen eine Gelegenheit zur Geburt zu bieten, die ansonsten zur Vernichtung verurteilt sind“ zwar lobenswert, aber wegen der zuvor genannten (heterologen) Probleme abzulehnen. Weil die überzähligen Embryonen zu einer „faktisch irreparablen Situation der Ungerechtigkeit“ geführt hat und das Lehramt keinen „moralisch erlaubten Ausweg“ sieht, appelliert es an die Wissenschaftler und Ärzte, die Produktion von Embryonen einzustellen (DP 19). Dem Problem von überzähligen Embryonen könnte auch begegnet werden durch Einfrieren von unbefruchteten Eizellen, die dann später, bei Bedarf, befruchtet werden. Gegen eine solche Lösung spricht nach Auffassung des Lehramtes der Umstand, dass dies im Prozess der moralisch unannehmbaren künstlichen Befruchtung erfolgt (DP 20).

Eine Embryonenreduktion im Fall einer Mehrlingsschwangerschaft, um zum Beispiel eventuelle Risiken für die Mutter und die anderen Embryonen abzuwenden, wird als „vorsätzliche Abtreibung“ verstanden und ist als solche „immer ein schweres sittliches Vergehen“. Die moraltheologischen Prinzipien vom „kleinerem Übel“, von der „Handlung mit einer doppelten Wirkung“ und von „Handlungen in Notsituationen“, die auf Abwägungsüberlegungen beruhen, sind nicht anwendbar, insofern hier eine „in sich unerlaubte Handlung“ vorliegt (DP 21).

Eine neue Anwendungsform der genetischen Diagnostik ist die Präimplantationsdiagnostik (PID), mit der eine Untersuchung zur Feststellung von genetischen Abweichungen am in vitro gezeugten Embryo im Frühstadium der Entwicklung vorgenom­men wird. Embryonen, bei denen das gesuchte genetische Merkmal vorliegt, werden selektiert, und nur die als gesund empfundenen oder mit einem bestimmten Geschlecht oder besonderen wünschenswerten Merkmalen ausgestatteten in den Uterus der Frau transferiert. Die PID wird aus mehreren Gründen abgelehnt: Sie ist mit der unerlaubten künstlichen Befruchtung verbunden, sie stellt eine Frühabtreibung dar, die auf einer qualitativen Selektion von Embryonen beruht und schließlich ist sie Ausdruck einer eugenischen Mentalität (DP 22).

Die Betrachtung des Embryos als bloßes „Labormaterial“ führt nach Auffassung des Lehramtes zu einer „Veränderung und Diskriminierung [...] des Begriffs Menschen­würde“, die „jedem Menschen in gleicher Weise“ zukommt. Konkret wird dies, wenn man kranke und behinderte Menschen als „Sonderkategorie“ mit einem abgestuften moralischen und rechtlichen Status ansieht, oder ihnen einen solchen Status erst gar nicht zuerkennt (DP 22).

Die Frage nach der Empfängnisregelung gehört in der katholischen Kirche zu den meist umstrittensten. Bei den in der Instruktion thematisierten Mitteln handelt es sich allerdings nicht um empfängnisverhütende, sondern um abortiv wirkende Mittel. Ver­boten werden Interzeptiva (Spirale und Pille danach), weil hier die Vorsätzlichkeit der Abtreibung vorhanden ist; verboten werden die Kontragestiva (RU 486, Prostaglandine), weil sie den bereits eingenisteten Embryo abtreiben. Der Einsatz dieser Mittel wird zur „Sünde der Abtreibung“ gerechnet (DP 23). Die relativ leichte Handhabung dieser Mittel lässt eine Tendenz zum Selbstgebrauch entstehen und führt damit zu einer völligen Privatisierung der Abtreibung. Es handelt sich um Mittel, die verwi­schen und verschleiern und über das tatsächliche Geschehen der Abtreibung hinwegtäuschen wollen. Insofern hat es einer Klarstellung durch das Lehramt bedurft.

Mit der Möglichkeit, genetische Defekte zu erkennen, wächst auch die Chance, sie zu reparieren. Seit kurzem gibt es Versuche, die Gentherapie bei der Behandlung nicht erblich bedingter Krankheiten, zum Beispiel Krebserkrankungen, anzuwenden. Die somatische Gentherapie, die auf nicht ordnungsgemäß arbeitende Körperzellen gerichtet ist, ist erlaubt. Sie ist zu bewerten wie andere neue Behandlungsmethoden auch, das heißt die Methode muss sicher, die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein und der Patient muss wohlinformiert zustimmen. Im Gegensatz zur somatischen Gentherapie bewirkt die Keimbahntherapie – sie wird an den Genen der Geschlechtszellen durchgeführt – nicht nur eine Veränderung bei dem Menschen, an dem sie vorgenommen wird, sondern wird auch auf dessen eventuelle Nachkom­menschaft übertragen. Weil die Keimbahntherapie eine neue Dimension der Ein­griffstiefe besitzt und mit beträchtlichen Risiken und unkontrollierbaren Schäden für die Nachkommen verbunden ist, hält sie das Lehramt für nicht erlaubt. Auch setzt die Keimbahntherapie gegebenenfalls eine moralisch nicht erlaubte In-vitro-Fertilisation voraus (DP 26).

Im Zusammenhang mit den neuen Diagnosen und Therapiemöglichkeiten im Bereich der Biomedizin ist die Debatte um die Eugenik neu aufgeflammt. Auch in der Philo­sophie beschäftigt man sich verstärkt mit Visionen in diesem Bereich, die in Thesen zu einen „Menschenpark“ ihren Ausdruck und hohe Aufmerksamkeit gefunden ha­ben. Gentechnische Verfahren zur Verbesserung oder Potenzierung genetischer Ausstattung (Enhancement, Gendoping) werden abgelehnt, weil sie eine eugenische Mentalität begünstigen, jene stigmatisiert, die nicht über die angestrebten Merkmale verfügen, weil sie nur bestimmte, als exzellent geschätzte Merkmale, die aber nicht das spezifisch Menschliche ausmachen, fördern, weil diese Verfahren der Gleichheit aller Menschen widersprechen und zur Herrschaft einiger (die die Maßstäbe festsetzen) über die Freiheit anderer führt. Mit der Ablehnung von Verbesserungstechniken will das Lehramt zugleich an die Annahme des menschlichen Lebens in seiner Begrenztheit und an die (Für-)Sorge um die uns anvertrauten Mitmenschen erinnern (DP 27).

Ausführlich setzt sich das Lehramt mit der Problematik des menschlichen Klonens auseinander. Von reproduktivem Klonen wird gesprochen, wenn die Klon-Technologie mit dem Ziel eingesetzt wird, ein Kind zu erzeugen; von therapeutischem Klonen, wenn aus dem geklonten Embryo eine embryonale Stammzelle gezüchtet werden soll. Generell wird das Klonen, sowohl das reproduktive wie auch das therapeutische abgelehnt, weil hier ein Mensch ohne ehelichen Akt gezeugt wird, weil die Zeugung ohne irgendeine Beziehung zur Geschlechtlichkeit erfolgt und weil das Klonen Missbräuche und Manipulationen begünstigt und somit einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt (Nr. 28). Das reproduktive Klonen wird zudem abgelehnt, weil es dem geklonten Menschen ein vorausbestimmtes genetisches Erbgut auferlegt („biologische Sklaverei“), weil es einen schweren Verstoß gegen die Würde und grundlegende Gleichheit aller Menschen darstellt, insofern sich hier eine Person an­maßt, die Merkmale einer anderen Person zu bestimmen, weil es die Originalität der Person, die auf der besonderen Beziehung zwischen Gott und Mensch beruht, missachtet (Nr. 30). Das therapeutische Klonen wird abgelehnt, weil es einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt, insofern der Mensch zu einem bloßen Mittel degradiert wird. Die in diesem Bereich neu entwickelten Techniken, die behaupten, ohne Embryonenverbrauch auszukommen, können solange ethisch nicht gerechtfer­tigt werden, bis der ontologische Status des so gezeugten Wesens zweifelsfrei geklärt ist, das heißt es muss feststehen, dass es sich nicht um eine menschliche Person handelt (DP 30).

Ein ebenso aktuelles wie kontrovers diskutiertes Thema stellt die Stammzellforschung dar (Nr. 31). Für die ethische Bewertung der Stammzellforschung sind für das Lehramt die Methoden ihrer Gewinnung bzw. Entnahme und die Risiken bei ei­ner klinischen und experimentellen Verwendung maßgebend (DP 32). Als erlaubt werden solche Methoden angesehen, die dem Menschen, dem die Stammzellen ent­nommen werden, keinen schweren Schaden zufügen (zum Beispiel aus Geweben des erwachsenen Organismus, aus Nabelschnurblut, aus Geweben von Föten, die eines natürlichen Todes gestorben sind). Unerlaubt sind jene Methoden, die zur Vernichtung des menschlichen Embryos führen (DP 32). Damit spricht sich das Lehramt gegen jede embryonale Stammzellforschung aus; zugleich verweist es auf die erfolgversprechenden Möglichkeiten der adulten Stammzellen (DP 32). Die Verwendung von embryonalen Stammzellen, die von anderen Forschern geliefert werden oder aus dem Handel stammen, bedeutet eine „Mitwirkung am Bösen“ und „ruft Ärgernis hervor“ (DP 32). Somit ist der Import von embryonalen Stammzellen nicht zu rechtfertigen.

Im Rahmen des Klonens werden neuestens tierische Eizellen (zum Beispiel der Kuh) zur Reprogrammierung der Kerne von menschlichen Körperzellen verwendet. Mit diesem Verfahren, das auch als hybrides Klonen bezeichnet wird, möchte man embryonale Stammzellen gewinnen, ohne menschliche Eizellen verwenden zu müssen. Das Lehramt sieht in diesem Verfahren eine Beleidigung der Menschenwürde, weil hier genetische Elemente von Mensch und Tier vermischt werden und so die Identität des Menschen beeinträchtigt wird (Nr. 33).

Die Verwendung von Embryonen und Föten als Forschungsobjekt, von denen schon in „Donum vitae“ die Rede war und bei denen die Embryonen getötet werden, stellt ein Verbrechen gegen deren Würde dar (DP 34).  Die Verwendung von biologischem Material unerlaubten Ursprungs (zum Beispiel aus Abtreibungen) ist auch bei Beachtung des Unabhängigkeitskriteriums (= Trennung von Gewinnung und Verwendung, dass also, um eine Interessenkollision aus­zuschließen, Forscher, die das Material gewinnen, nicht identisch sind mit jenen, die es verwenden) nicht erlaubt. Aus gewichtigen Gründen kann jedoch die Verwendung von biologischem Material unerlaubten Ursprungs (DP 35) sittlich angemessen und gerechtfertigt sein, zum Beispiel bei der Verwendung von Impfstoffen, die auf diesem Weg erzeugt worden sind. Allerdings sollen die Hersteller zu alternativen Methoden bewegt werden. Vom Forscher wird verlangt, dass er sich bei der Ausübung seiner Forschertätigkeit von einem schwer ungerechten Gesetz abgrenzt und den Wert des menschlichen Lebens klar bezeugt (DP 35).

Abschließend wendet sich die Instruktion gegen den Vorwurf, die Morallehre der Kirche enthalte zu viele Verbote und weist darauf hin, dass die Verbote in positiver Sicht das sittlich Gute schützen sollen. Verbotsnormen sind keine Einschränkungen, sondern Schutznormen für das Leben des Menschen. Verbote sind die andere Seite der Humanität. Wie die Kirche im Zusammenhang mit der industriellen Revolution Partei für die arbeitenden Personen ergriffen hat, tue sie es heute für jene Personen, deren Grundrecht auf Leben bedroht ist (DP 36).

4. Zusammenfassung

Weil die Biomedizin ein autonomer und höchst komplexer Sachbereich mit eigenen wissenschaftstheoretischen Grundlagen und Erkenntniswegen ist, muss die Kirche darauf bedacht sein, lediglich das zu beurteilen, was in ihren originären Auftrag fällt. Die Kirche kann sich nicht an medizinischen Fachdiskussionen beteiligen und darf sich auch nicht zur Dienstmagd medizinischen Forscherdrangs oder gar für politische Zwecke missbrauchen lassen. Dies sehen auch die Dokumente so, z.B. „Dignitas personae“, wenn es betont, es wolle „nicht in den Bereich [...], welcher der medizinischen Wissenschaft als solcher eigen“ ist, eingreifen, wohl aber die „Betroffenen an die ethische und soziale Verantwortung ihres Handeln erinnern“. Dabei sind vor allem zwei Kriterien maßgebend: Erstens die „unbedingte Achtung, die jedem Menschen in allen Momenten seines Daseins geschuldet ist“, also die Personwürde, und zweitens der „Schutz der spezifischen Eigenart der personalen Akte, die das Leben weitergeben“ (DP 10).

a. Heiligkeit des Lebens und Personwürde

In allen hier behandelten Dokumente, besonders aber In „Evangelium vitae“ ist die „Heiligkeit des Lebens“ ein durchgängig wiederkehrender Topos und für die Beurteilung bioethischer Fragen ein wichtiger Bezugspunkt, auch wenn dieser zunächst abstrakt bleibt. Die „Heiligkeit des Lebens“ ist sozusagen die Hintergrundfolie bzw. das Motto der Bioethik und keine direkte normative Argumentationsfigur. Die „Heiligkeit des Lebens“ ist begründet durch die Gottebenbildlichkeit des Menschen und seine direkte Beziehung zu Gott. „Das menschliche Leben ist heilig, weil es von seinem Beginn an ‚der Schöpfermacht Gottes‘ bedarf und für immer in einer besonderen Beziehung zu seinem Schöpfer bleibt, seinem einzigen Ziel“. Der Mensch ist die einzige Kreatur, „die Gott um ihrer selbst willen gewollt hat […] sein ganzes Wesen trägt das Abbild des Schöpfers“ (DV, Einführung 5). In ihrer religiösen wie auch säkularen Form manifestiert sich die Vorstellung von der „Heiligkeit des Lebens in dem bioethisch Prinzip der „Personwürde“ bzw. „Menschenwürde“, die „jedem Menschen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“ zukommt (DP 1). Im Hinblick auf die Anwendbarkeit haben die Begriffe Person und Mensch die gleiche Extension und interpretieren sich wechselseitig. Personsein ist gleichbedeutend mit Menschsein. Dies entspricht nicht nur phänomenologisch-hermeneutischen Einsichten, sondern auch der biblischen Tradition und damit der christlichen Anthropologie. Die Instruktion verwendet beide Begriffe und gebraucht sie parallel und lässt, im Gegensatz zu modernen Bio­ethikern, keinen Zweifel daran, dass jeder Mensch eine Person ist. Allerdings enthält der Begriff „Person“ – dies zeigt schon ein Blick in die Theologie- und Philosophiegeschichte – gegenüber dem Begriff „Mensch“ einen Bedeutungsüberschuss. Er drückt unter anderem auch aus, dass der Mensch nicht bloß als Gattungswesen gemeint ist, sondern jeder einzelne in seiner unverwechselbaren Eigenheit, dabei jedoch keineswegs als eine Welt für sich, sondern als grundsätzlich geöffnet und bezogen auf An­dere und Anderes.

Auch wenn die der Dokumente, - um sich nicht „auf Aussagen philosophischer Natur festzulegen“-, das Personsein des Embryos nicht explizit definiert (DP 5), steht für das Lehramt dennoch fest, dass der Mensch „von seiner Empfängnis an als Person geachtet und behandelt werden“ muss und ihm infolgedessen von diesem Augenblick an die Rechte der Person zuzuerkennen sind, „darunter vor allem das unverletzliche Recht jedes unschuldigen Menschen auf Leben“ (DP 4). Diese Feststellung „sollte zum Fundament jeder rechtlichen Ordnung gehören“. Mit dem Schutz des Lebens steht und fällt eine zentrale Sinngebung und Bedeutung der Ethik selbst und im Weiteren der Rechtsordnung. Die Dokumente gehen davon aus, dass das Lebensrecht als genuines Menschenrecht Inhalt des natürlichen Sittengesetzes ist, und somit von der Vernunft erkannt und universal ist (vgl. DP 5).

b.  Weitergabe des Lebens in der Ehe – ein personaler und natürlicher Akt

Die Aussagen des Lehramtes zu Fortpflanzungmedizin lassen sich nur verstehen vor dem Hintergrund seines Verständnisses von Liebe, Sexualität und Ehe, wie es u. a. in „Donum vitae“ breit entfaltet wurde. Im Zentrum der Argumentation steht dabei die Betonung der unlösbaren Verknüpfung von vereinigendem und zeugendem Sinnge­halt sexueller Begegnung. Jeder eheliche Akt muss demnach beiden Sinngehalten Raum geben, muss also der Liebe der Ehepartner zueinander entspringen und gleichzeitig grundsätzlich offen sein für die Fortpflanzung. Sexualität und Zeugung werden dabei nie als rein biologische Vorgänge gesehen, sondern sie betreffen immer den „innersten Kern der menschlichen Person als solcher“ und sind somit stets zutiefst personale Akte, deren angemessene Beurteilung immer das christliche Menschenbild im Blick haben muss. In „Familiaris consortio“ (Nr. 11) hat Johannes Paul II. herausgestellt: „Auf wahrhaft menschliche Weise wird sie [die Sexualität] nur vollzogen, wenn sie in jene Liebe integriert ist, mit der Mann und Frau sich bis zum Tod vorbehaltlos einander verpflichten. Die leibliche Ganzhingabe wäre eine Lüge, wenn sie nicht Zeichen und Frucht personaler Ganzhingabe wäre, welche die ganze Person auch in ihrer zeitlichen Dimension, miteinschließt.“ Von daher wird verständlich, warum allein die Ehe der Ort sein kann, in dem sich zwei Personen einander über­antworten – bis zur körperlichen Ganzhingabe im Sexualakt. Nur im geschützten und sakramental verbürgten Raum der Ehe können die personalen Werte ganzheitlicher Sexualität in ihrer vollen Wahrheit gelebt und bewahrt werden. „Eine gegenüber dem Ungeborenen wahrhaft verantwortliche Zeugung ‚muss die Frucht der Ehe sein’“ (DP 6).

Allein die natürliche Fortpflanzung innerhalb der Ehe ist somit nach Auffassung des Lehramtes der moralisch legitime Weg der Weitergabe menschlichen Lebens, weil er der personalen Würde des Menschen entspricht. Von der personalen Würde her lei­tet sich wiederum die Forderung ab, dass die Zeugung eines Menschen nicht auf einen medizinisch-technischen Vorgang reduziert werden darf. Damit gilt jede künst­liche Befruchtung sowohl homologer als auch heterologer Art als verboten. Es ist allerdings, wie schon in „Donum vitae“ (3) festgestellt wird, nicht die „Künstlichkeit“, die zu einem Verbot führt, sondern die personale Naturordnung, deren immanenten Zielsetzungen für den Menschen verbindliche Vorgaben darstellen, die technisch zu manipulieren ihm verboten sind.

c. Naturrecht und Glaube

Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Aspekt zu beachten, der vom kirchlichen Lehramt immer schon gesehen, aber noch nie so deutlich formuliert worden ist, es handelt sich um eine Aussage von Benedikt XVI., den „Dignitas Personae“ aufgreift: „Die Weitergabe des Lebens ist in die Natur eingeschrieben, und ihre Gesetze bleiben eine ungeschriebene Norm, auf die alle Bezug nehmen müssen“(DP 6). Das bedeutet, dass den natürlichen Lebensprozessen ein unbedingter Wert und eine den Menschen vorgegebene Gesetzmäßigkeit zugesprochen werden. Es handelt sich hierbei keineswegs um einen naturalistischen Fehlschluss, wohl aber um die Feststellung, dass die menschliche Natur, die zugleich leiblich und geistig ist, gewisse Vorgaben enthält, die nicht ungestraft übergangen  werden dürfen, will eine Handlung Anspruch auf Sittlichkeit erheben. Würde nicht ein solch normativer Naturbegriff angenommen, so gäbe es überhaupt keine anderen Argumente als pragmatische und willkürliche, irgendetwas im Bereich der Fortpflanzungsmedizin zu unterlassen.

Im Rückgriff auf das Naturrecht eröffnen die Dokumente zugleich einen Weg, die Spannung zwischen theologischer Moral und natürlicher Ethik zu überwinden und damit glaubensethische Forderungen auch im säkularen Kontext authentisch begründen zu können. Es handelt sich dabei nicht etwa um ein retardierendes, sondern nicht zuletzt unter der Rücksicht der Globalisierung und des Dialogs der Religionen, um ein zukunftsgerichtetes Prinzip. Denn nach theologischem Verständnis deckt sich das Naturrecht nicht nur mit den Inhalten der Offenbarung und befindet sich in Übereinstimmung mit den Glaubenswahrheiten, sondern darüber hinaus macht es diese Inhalte mittels der Vernunft zugänglich. Das Naturgesetz ist, wie Thomas von Aquin es bereits gesehen hat, einerseits Gesetz der Natur, andererseits Gesetz der Vernunft. Aus christlicher Perspektive kommt dem Glauben die Funktion zu, die Vernunft zu erleuchten. Dagegen kann die Vernunft einen wesentlichen Beitrag zur Glaubenserkenntnis leisten, der Glaube wird auf diese Weise „zum überzeugten und überzeugenden Anwalt der Vernunft“ (Fides et ratio 56). Glaube und Vernunft stehen in Harmonie zueinander und können sich nicht widersprechen, weil beide von Gott kommen (vgl. Fides et ratio 43).

d. Ganzheitliche Sicht des Menschen

In den vorgestellten Dokumenten legt das Lehramt eine konsequent am Wert des menschlichen Lebens orientierte und vom christlichen Glauben und natürlichem Sittengesetz her inspirierte Bioethik vor. Es handelt sich hierbei um ein zutiefst humanes, der menschlichen Person gerecht werdendes Ethos. Die Dokumente treten nicht im Namen einer besonderen naturwissenschaftlichen Kompetenz und somit auch nicht mit einer biologischen Argumentation auf, sondern legen eine Morallehre vor, die auf nur einem „Grundprinzip“ basiert: die „Würde der Person“, „das ein großes ‚Ja’ zum Leben ausdrückt“. Diese beiden Gedanken, die Personwürde und das daraus resultierende Recht auf Leben, fundieren denn auch die Argumentation der Dokumente, diese i eigentlich nichts anderes als deren Ausdifferenzierung und Konkretisierung. Die Dokumente übersehen dabei nicht, dass sich die medizinische Forschung heute in einem überaus komplexen, globalen Gefüge vollzieht und sowohl länder- wie kulturgeschichtlich geprägt ist. Mit Hilfe der moralischen Bewertungskriterien „Vernunft“ und „Glaube“ und einer „ganzheitlichen Sichtweise des Menschen [...], die all das aufzunehmen vermag, was in den Werken der Menschen und in den verschiedenen kulturellen und religiösen Traditionen [...] an Gutem sichtbar wird“ (DP 3), versuchen sie diesem Aspekt gerecht zu werden. Die Dokumente haben damit einen Ansatz gewählt, der sowohl theologisch begründet ist als auch im außerkirchlichen Raum Akzeptanz finden kann, insofern er vernünftig ist.

Es ist auffallend, dass die Dokumente nicht eigentlich partikulare katholische Interessen vertreten, sondern sie sprechen die Bedingungen des humanen Lebens und Zusammenlebens an und machen sich insbesondere zu Anwältinnen jener, deren Würde und Rechte bedroht sind. Sie fordern zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung heraus und warnen vor kurzschlüssigen und pragmatischen Lösungen, mögen sich auch deren nachteiligen bis verhängnisvollen Folgen erst in der Zukunft zeigen.

Rom, den 7. September 2013                                                                         


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