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KONGREGATION FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN

GEISTLICHES VERMÄCHTNIS SEINER SELIGKEIT
KARD. STEPHANOS II. GHATTAS, C.M.

20. Januar 2009

 

„Ich habe mit allen meinen Kräften versucht, die Bischöfe und die Priester, die Ordensmänner und -frauen und alle Gläubigen ohne Unterschied zu lieben und allen zu dienen“, das schrieb der verstorbene emeritierte koptisch-katholische Patriarch von Alexandrien, Seine Seligkeit Stephanos II. Ghattas in seinem Testament. Er starb am 20. Juni 2009 in Kairo kurz nach Vollendung des 89. Lebensjahres. Der Text zeugt vom tiefen Glauben des Kardinals: „Ich danke Gott für alle Gnaden, mit denen er mich zeit meines langen Lebens reich beschenkt hat und für das Glück, in einer christlichen katholischen Familie geboren zu sein, die Gott fromm ergeben ist. … Ich bin bereit, diese Welt und alles, was in ihr ist, zu verlassen, um vor meinen Herrn und meinen Gott zu treten und ihn um Vergebung zu bitten für alles Schlechte und Böse, das ich getan habe, was immer es auch war, im Vertrauen auf seine große Barmherzigkeit und seine unendliche Liebe.“

Die Begräbnisfeierlichkeiten fanden am 23. Januar 2009 in der Marienkathedrale von Medinet Nasr (Kairo) statt. Bei dem Gottesdienst wurde das Telegramm vorgelesen, das Papst Benedikt XVI. an S.S. Antonios Naguib gerichtet hat, den derzeitigen koptisch-katholischen Patriarchen von Alexandrien. Der Heilige Vater wendet sich im Gebet an den auferstandenen Christus, auf dass der Herr „diesen treuen Diener der Kirche in seine Freude und seinen Frieden aufnehme, der erst als Missionar in der Kongregation der Mission (Lazaristen), dann als Bischof von Luxor und schließlich als Patriarch sich mit Eifer und Bescheidenheit dem Dienst am Volk Gottes gewidmet hat im Geist des Dialogs und in enger Verbundenheit mit seinen Gläubigen.“

Der Feier stand S.S. Antonios Naguib vor; der maronitische Patriarch von Antiochien, S.S. Nasrallah Sfeir, nahm als Päpstlicher Gesandter an der Feier teil. Die Kongregation für die Ostkirchen war vertreten durch den Untersekretär Mons. Krzysztof Nitkiewicz und durch die Beamten Mons. Arnaud Bérard und Mons. Khaled Bishay. Sie überbrachten die Botschaft des Präfekten der Kongregation, Kardinal Leonardo Sandri, die am Ende des Gottesdienstes vorgelesen wurde.

Tausende Menschen nahmen an der Begräbnisliturgie teil und zeigten so ihre Verbundenheit mit dem verstorbenen Patriarchen, der sich durch väterliche Liebe zu der ihm anvertrauten Herde auszeichnete. Besonders eindrücklich war die Prozession mit der Bahre des Verstorbenen, die von Priestern auf ihren Schultern dreimal um den Altar getragen wurde zum Zeichen des priesterlichen Dienstes des Patriarchen und dreimal in das Kirchenschiff in Erinnerung an sein Hirtenamt. Am Ende der Feier wurde der Sarg in der Krypta der Kathedrale beigesetzt.

Zahlreiche politische Autoritäten nahmen an der Feier teil, außerdem ökumenische Vertretungen der koptisch-orthodoxen, der armenisch-katholischen, der armenisch-orthodoxen und der griechisch-orthodoxen Kirche, sowie der „Episkopalkirche Ägyptens und des Horns von Afrika“. Der koptisch-orthodoxe Patriarch, S.H. Schenuda III., war am Vortag des Begräbnisses in die Kathedrale gekommen, um am Katafalk zu beten und so dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.

Die große Beteiligung der koptisch-katholischen Gläubigen und des Klerus offenbarte deren Verbundenheit mit der Figur des Patriarchen und die Vitalität dieser kleinen Ostkirche, zu der etwa 250.000 Gläubige zählen: In der Amtszeit von Kardinal Stephan Ghattas als Patriarch ist die Eparchie von Guizeh gegründet worden. Insgesamt zählt die koptisch-katholische Kirche somit sieben Eparchien.

 

Biographie S.S. Kardinal Stephanos II Ghattas, C.M.

S.S. Stephanos II. (Andraos) Ghattas ist am 16. Januar 1920 in Cheikh-Zein-el-Dine bei Tahta geboren, in der damaligen Eparchie von Luxor. Nach Studien im Seminar des Hl. Leo des Großen und anschließend bei den Jesuiten wechselte er an das Päpstliche „Collegio Urbano de Propaganda Fide“, wo er das Lizentiat in Philosophie und Theologie erwarb. Am 25 März 1944 empfing er in Rom die Priesterweihe.

Nach der Rückkehr in seine Heimat lehrte er am Seminar von Tahta. Am 2. Oktober 1952 trat er in das Noviziat der Kongregation der Mission (Lazaristen) in Paris ein. Die Zeitliche Profess legte er am 17. Oktober 1954 ab und die Ewige am 17. Oktober 1957.

Er wurde anschließend nach Beirut versetzt, wo er verschiedene Aufgaben übernahm, u.a. war er Leiter des Lazaristen-Seminars. 1960 wurde er nach Alexandrien in Ägypten gesandt und 1966 zum Hausoberen der dortigen Kommunität seines Ordens bestimmt.

Am 8. Mai 1967 wählte ihn die koptische Synode zum Bischof von Luxor und am folgenden 9. Juni empfing er die Bischofsweihe. Er erwies sich umgehend als guter und eifriger Hirte mit einer besonderen Sensibilität für die Probleme des Klerus und der Gläubigen.

Die Ernennung zum Sekretär der Synode des koptisch-katholischen Patriarchats gab ihm Gelegenheit, aus erster Hand die Realität des gesamten Patriarchats kennen zu lernen. Mit Blick auf das Alter und den Gesundheitszustand des damaligen koptisch-katholischen Patriarchen, S.S. Stephanos I. Sidarouss, ernannte Papst Johannes Paul II. Bischof Ghattas am 24. Februar 1984 zum Apostolischen Administrator des Patriarchats „sede plena“.

Nachdem der Patriarchatssitz vakant geworden war, weil Kardinal Sidarouss am 18. April 1986 seinen Rücktritt eingereicht hatte, ernannte der Heilige Vater Bischof Ghattas zum Apostolischen Administrator „sede vacante“. In dieser Eigenschaft berief er für den folgenden 9. Juni die Patriarchalsynode ein: Die koptisch-katholischen Bischöfe wählten Bischof Andraos Ghattas kanonisch zum neuen Patriarchen. Der Prälat wählte zum Zeichen der Verehrung für seinen Vorgänger den Namen Stephanos II. Am 23. Juni 1968 gewährte Papst Johannes Paul II. dem neuen Patriarchen die „communio ecclesiastica“.

Der Patriarch leitete 1997 den „Ad Limina“-Besuch der katholischen Hierarchie in Ägypten. In einer Ansprache an den Heiligen Vater bekräftigte er damals die Treue und Hingabe der katholischen Kirche Ägyptens zum Nachfolger des Heiligen Petrus, als einem „Boten des universalen Friedens und des brüderlichen Dialogs“.

Im Jahr 2000 empfing er Papst Johannes Paul II. aus Anlass von dessen Wallfahrt zum Berg Sinai vom 24. bis 26. Februar 2000 und begleitete die „betenden und schweigenden“ Schritte des Heiligen Vaters auf den Spuren des Mose. Der Patriarch führte auch die Wallfahrt zum Heiligen Jahr nach Rom an, die in einer Göttlichen Liturgie im koptisch-alexandrinischen Ritus gipfelte, gefeiert am 14. August 2000 in der Papstbasilika Santa Maria Maggiore. Am darauf folgenden 18. August begleitete er die Pilger nach Castel Gandolfo, um gemeinsam dem Heiligen Vater zu danken in Erinnerung an den vorausgehenden Besuch des Papstes in Ägypten.

S.S. Ghattas war nicht nur das Oberhaupt der Synode der koptisch-katholischen Kirche, er war auch Präsident der Konferenz aller katholischen Oberhirten in Ägypten. Johannes Paul II. kreierte ihn am 21. Februar 2001 zum Kardinal. Die Bischofssynode der koptisch-katholischen Kirche nahm auf ihrer Versammlung vom 27. bis 30. März 2006 das Rücktrittsgesuch des Patriarchen an, das dieser aus Alters- und Gesundheitsgründen eingereicht hatte.

 

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