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Folgerungen aus einer christlichen Konzeption des Menschen

Abschluß-Kommuniqué der 4. Vollversammlung
der Päpstlichen Akademie für das Leben

In der 4. Vollversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben, die Ende Februar 1998 im Vatikan abgehalten wurde, hat eine Studiengruppe, von Experten aus verschiedenen Nationen, die von der Akademie selbst zusammengestellt worden war, die in der Arbeit eines Jahres gewonnenen Ergebnisse vorgestellt. Diese Experten vertreten die verschiedenen Disziplinen, die sich mit dem Studium des menschlichen Gens befassen wie auch mit den anthropologischen, ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen der biomedizinischen Anwendung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Biologen, Ärzte, Philosophen, Theologen und Juristen haben an diesem interdisziplinären Projekt zusammengearbeitet. Sie haben sich um vertieftes Verständnis der delikaten und komplexen Fragen bemüht, die sich im Zusammenhang mit dem Projekt menschliches Gen und mit anderen Grundlagenforschungen ergeben, welche die Identität, Lokalisierung, Verschiedenartigkeit und Veränderlichkeit jener Gene betreffen, die das genetische Erbgut des Menschen ausmachen wie auch die diagnostischen, therapeutischen und biotechnologischen Möglichkeiten der wissenschaftlichen Errungenschaften und die technologischen Fortschritte im Bereich der Molekulargenetik.

Die Arbeiten der Akademie, welche »die Aufgabe hat, zu einem tieferen Bewußtsein vom Wert des Lebens beizutragen, besonders durch den Dialog mit Experten der biomedizinischen, moralischen und rechtlichen Disziplinen«, haben es erlaubt, die verschiedenen Perspektiven zusammenzubringen, unter denen die genetische Frage behandelt werden kann mit Rücksicht auf die wissenschaftliche Methode und im Licht einer anthropologischen Vision, des die mit der christlichen Konzeption Menschen übereinstimmt.

Die Entwicklung und Funktionalität der somatischen und psychischen Strukturen des menschlichen Organismus hat ihren Ursprung im Entstehen des individuellen Gens mit dem Vorgang der Befruchtung, die den Beginn des Lebens eines neuen menschlichen Wesens darstellt. Seine Natur hat als organische Basis das Vorhandensein eines spezifisch menschlichen Gens, das die Bedingung darstellt für alle sich stufenweise mit der Zeit entfaltenden Fähigkeiten der menschlichen Person. Dieser innere Zusammenhang des menschlichen Gens mit dem Entstehen der Person unterscheidet es wesentlich von dem eines jeden anderen Lebewesens und ist die Basis für seine unveräußerliche Würde in Verbindung mit jener der menschlichen Person selbst. Wegen der substantiellen Einheit des Leibes mit der Seele -corpore et anima unus; una summa - hat das menschliche Gen nicht nur eine biologische Bedeutung; es ist Träger einer anthropologischen Würde, die ihr Fundament in der geistigen Seele hat, die es erfüllt und belebt (vgl. Ansprache an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie für das Leben, vom 24. Februar 1998).

Der Ursprung selbst des menschlichen Geschlechtes kann heute an Hand der Entwicklung des Gens studiert werden, aber die Realität der Erschaffung, die eingeschlossen ist in den freien Akt der Liebe, mit dem Gott das Sein schenkt dem einzigen Geschöpf, das er nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen wollte, bleibt - jenseits aller wissenschaftlichen Forschung - ein von der Vernunft verlangtes Erfordernis, das bestätigt ist durch die göttliche Offenbarung.

Die durch die Forschungen auf dem Gebiet der Genetik gewonnenen und auf den Menschen angewandten Erkenntnisse sind sehr machtvoll. Der positive Wert der Kenntnis des Genoms der menschlichen Spezies, und in manchen Fällen auch des individuellen, muß anerkannt werden; jedoch hat niemand ein absolutes Recht auf solche Kenntnis. Der positive Wert des Erwerbs von genetischen Informationen ist nicht nur im Wert der wissenschaftlichen Erkenntnis als solcher begründet, sondern vor allem in der Möglichkeit daß sie dem Wohl der Person dienen können zum Zwecke der Prävention, der Diagnose und auch der Therapie genetisch begründeter Krankheiten, wenn dies ohne unverhältnismäßige Risiken für die Patienten selbst und für ihre Kinder praktikabel ist.

Dagegen ist jede Benützung von Kenntnissen aus der Untersuchung des menschlichen Gens mit dem Zweck der Stigmatisierung oder Diskriminierung derjenigen, die Träger pathogener oder für die Entwicklung bestimmter Krankheiten empfänglicher Gene sind, moralisch unannehmbar, weil sie der unveräußerlichen Würde und Gleichheit aller menschlichen Wesen und der sozialen Gerechtigkeit widerspricht. Das Klonen als extreme Form eines manipulativen Eingriffes in die genetische Konstitution eines menschlichen Wesens stellt einen schwerwiegenden Angriff dar auf die Würde des Empfangenen und auf sein Recht auf sein unwiederholbares Gen, das nicht prädeterminiert ist.

Es ist ferner besonders beunruhigend, das Anwachsen eines kulturellen Klimas zu beobachten, das, begünstigt auch durch nicht immer wissenschaftlich oder deontologisch korrekte Informationen, die Praxis der pränatalen Diagnose und jener bei In vitrio-Befruchteten in eine Richtung führt, die nicht mehr unter einem therapeutischen Gesichtspunkt steht, sondern vielmehr unter dem der Diskrimination jener, die schon in der frühesten Phase ihres Lebens nicht gesund oder perfekt erscheinen. Diese Diskrimination verwandelt sich immer mehr in ein Attentat auf ihr Leben, das nie mehr das Licht sehen wird. Im Hinblick auf diese Seite des Problems vereinigen sich die Mitglieder der Päpstlichen Akademie mit dem Heiligen Vater in der Verurteilung der »Entstehung und Ausbreitung eines neuen selektiven Eugenismus, der die Unterdrückung (Beseitigung) von Embryonen und Föten provoziert, die von irgendeiner Krankheit affiziert sind«, und sich manchmal auf den Vorwand der anthropologischen und ethischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Phasen der Entwicklung des pränatalen Lebens stützt.

Geltende Gesetzgebungen betreffend Biotechnologien und die neue Genetik geben einigen Grund zur Hoffnung, aber auch zur Furcht. Die anthropologische Grundlegung und eine ethische Sensibilität in der Ausbildung der Juristen und in der Ausarbeitung von Gesetzen sollte eine gerechte soziale Ordnung sicherstellen, den Respekt vor der Person, für die Familie und den Schwächsten. Wir können diese neue soziale Ordnung erreichen, indem wir positive und großzügige Aktionen realisieren, die in der Gesellschaft die Beziehung zwischen Leben, Freiheit und Wahrheit wiederherstellen.

Die Heilige Schrift sagt uns, daß die Person geformt ist durch eine innige Beziehung zwischen dem menschlichen Geschöpf und seinem Schöpfer: » Er hat die Seele jedes Lebenden in der Hand und den Lebensodem der ganzen Menschheit « (Hjob 12, 10). Es sind die Hände des Schöpfers selbst, welche die Person nach Seinem Bild und Gleichnis bilden (vgl.Gen 1, 26) und ihm die Fähigkeit geben, seinerseits menschliches Leben zu zeugen als Symbol Seines schöpferischen Werkes. Gott ruft das menschliche Wesen schon vom Mutterschoß an (vgl. Ps 22, 11), damit die Person durch diesen Ruf den göttlichen Plan der Erlösung und des Heiles frei und verantwortlich erfüllen kann.

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