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  PÄPSTLICHER RAT DER SEELSORGE
FÜR DIE MIGRANTEN UND MENSCHEN UNTERWEGS

 ORIENTIERUNGEN FÜR DIE TOURISMUSSEELSORGE

 

Einleitung (Nrn. 1-2)  

I. Die Realität des Tourismus heute (Nrn. 3-17)

1) Tourismus und Freizeit (Nrn. 4-5)  
2) Tourismus und Person (Nrn. 6-10)  
3) Tourismus und Gesellschaft (Nrn. 11-13)  
4) Tourismus und Theologie (Nrn. 14-17)  

II. Pastorale Ziele (Nrn. 18-30)  

1) Empfang (Nrn. 19-21)
2) Tourismus christlich erleben (Nrn. 22-29)  
3) Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gesellschaft (Nr. 30)  

III. Pastorale Strukturen (Nrn. 31-35)  

1) Päpstlicher Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs (Nr. 32)
2) Bischofskonferenzen (Nr. 33)  
3) Diözesen (Nr. 34)  
4) Pfarreien (Nr. 35)  

Schluss (Nr. 36)    


Einleitung  

1. Die Kirche hat ihre seelsorgliche Aufmerksamkeit für das Phänomen des Tourismus 1969 mit dem Direktorium Peregrinans in terra[1] bekundet. Damals erschien der Tourismus als eine Plattform vielfältiger Möglichkeiten für den Fortschritt der Menschen und der Völker. Doch bereits zu jener Zeit bewies die Kirche ein wachsames Auge für die verschiedenen Gefahren, welche aus einem Umgang mit dem Tourismus erwachsen konnten, der ethischen Maßstäben nicht genügend Rechnung trug.

Seitdem hat der Tourismus eine enorme Entwicklung erfahren, die inzwischen Millionen von Menschen betrifft, und ist unter zahlreichen Gesichtspunkten zu einem der wichtigsten Faktoren der Wirtschaft geworden. Die Expansion der Tourismusbranche hat sich für viele Menschen und für ganze Länder als Wohltat erwiesen, entpuppte sich zugleich aber als ein Vehikel der Verunstaltung für Natur und Mensch. Die Kirche hat diese Entwicklung mit ihrem seelsorglichen Engagement begleitet. Den Weisungen des Direktoriums Peregrinans in terra und anderen Verlautbarungen des Heiligen Vaters folgend, haben sich zahlreiche Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien mit einer kreativen und konstanten Seelsorgearbeit bemüht, diese Dimension menschlichen Lebens mit christlichem Sinn zu durchdringen.

In den vergangenen Jahrzehnten haben viele Christen eine umfassendere Sicht des Tourismus gewonnen und seine positiven und negativen Aspekte entdeckt. Viele kirchliche Gemeinden sehen im Tourismus nicht mehr ein Randphänomen oder einen Störfaktor des Alltagslebens, sondern eine Chance zu Evangelisierung und Gemeinschaft. Der Tourismus könnte zu einem „Faktor vorrangiger Bedeutung für den Aufbau einer Welt werden, die der Kooperation zwischen allen offen steht, durch die gegenseitige Kenntnis und das unmittelbare Nebeneinander von unterschiedlichen Realitäten“.[2] In diesem Sinn haben die Diözesen und Bischofskonferenzen je nach den lokalen Forderungen angemessene pastorale Strukturen geschaffen.

Das vorliegende Dokument, in das alle Anliegen und gültigen Orientierungen von Peregrinans in terra sowie die Erfahrungen der verschiedenen Ortskirchen eingeflossen sind, möchte zur Bewältigung der neuen Gegebenheiten eine Reflexion und einige pastorale Kriterien zum Tourismus bieten.

2. Der Tourismus ist heute ein soziales und wirtschaftliches Phänomen mit mannigfaltigen Dimensionen, an dem die Menschen in unterschiedlichen Formen beteiligt sein können. Die Zahl der internationalen Touristen und Binnentouristen beträgt alljährlich Hunderte von Millionen. Außerdem sind viele andere Millionen von Menschen im Tourismus als Arbeitnehmer, Reiseveranstalter und Fachkräfte beschäftigt, während andere in Nebengewerben tätig sind oder einfach Bewohner touristischer Zielorte sind. Die Tourismusseelsorge wendet sich an all diese Kategorien von Menschen.

Die Adressaten dieses Dokumentes sind die Bischöfe, die im Bereich ihrer Kirchen für die Gestaltung und Leitung aller pastoralen Tätigkeiten verantwortlich sind. Das Dokument wendet sich auch an die Priester und an die Ordensleute; ganz besonders möchte es die Laien ansprechen, welche in diesem spezifischen Bereich gesellschaftlichen und weltlichen Lebens zur Aufgabe der Evangelisierung berufen sind.

Diesen Adressaten ist es je nach ihrer Rolle aufgegeben, im Tourismus die vom Evangelium Jesu Christi proklamierten menschlichen und christlichen Werte zur Geltung zu bringen. 

  

I. Die Realität des Tourismus heute   

3. Das Reisebedürfnis des Menschen ist durch die rapide Entwicklung der Transportmittel und durch die zunehmende zwischenstaatliche Bewegungsfreiheit sowie durch eine wachsende rechtliche und soziale Angleichung akzentuiert worden. In der Vergangenheit waren es widrige natürliche oder soziale Verhältnisse, die mehr oder weniger zahlreiche Personengruppen drängten oder zwangen, den Wohnsitz zu wechseln. Doch hat es schon immer Reisende gegeben, die sich mit dem Wunsch auf den Weg gemacht haben, andere Völker kennen zu lernen, Kontakte zu anderen Kulturen zu knüpfen und eine umfassendere Sicht der Welt zu gewinnen. Das sind Beispiele für das, was der moderne Mensch zuerst durch die Bildungsreise und später durch den Tourismus, so wie wir ihn heute kennen, gesucht hat.

Im mannigfaltigen Umfeld menschlicher Mobilität lässt sich Tourismus als jene Tätigkeit definieren, die in der Freizeit zur Wirkung kommt. Gemäß einer allgemein anerkannten sozialen Definition betrachtet man heute eine Reise außerhalb des gewohnten Heimatortes, die mehr als 24 Stunden und weniger als ein Jahr dauert und nicht den Gelderwerb am Bestimmungsort zum Ziel hat, als eine touristische Reise. Deswegen sind auch andere Reisegründe durchaus mit einer typisch touristischen Betätigung vereinbar: Dies gilt zum Beispiel für diejenigen, die aus geschäftlichen Gründen verreisen, Mitarbeiter, die in internationalen Konzernen beschäftigt sind, Kongressteilnehmer, Teilnehmer an Bildungstätigkeiten, Sportler und Künstler. Aus diesem Blickwinkel zeigt sich, dass dem Tourismus ein breitgefächertes Motivationsspektrum und eine reiche Vielgestaltigkeit zugrunde liegen. Dabei bleibt der Bezug zur Freizeit und ihr auf die Selbstverwirklichung des Menschen zielender Wert das Kriterium, an dem der Tourismus in der Praxis bewertet und ihm Wert verliehen werden muss.  

4. Das Phänomen des Tourismus steht heute vor allem wegen der Dimensionen, die er erreicht hat, und wegen seiner Wachstumsperspektiven im Blickpunkt der Aufmerksamkeit. Mitte des 20. Jahrhunderts, als sich in den Industrieländern immer mehr Menschen den Tourismus leisten konnten, zählte man ca. 25 Millionen internationale Touristen. Zwischenzeitlich sind daraus im Jahr 2000 698 Millionen geworden. Ein noch stärkeres Wachstum hat der Binnentourismus in den betroffenen Ländern erlebt. Für das Jahr 2020 erwartet man ca. 1,6 Milliarden internationale Ankünfte aus touristischen Gründen.[3] Die Tourismusindustrie hat sich weltweit zu einer der wichtigsten wirtschaftlichen Kräfte entwickelt und ist in einigen Ländern zum Wirtschaftsfaktor Nummer 1 geworden.

Die dynamische und zunehmende Entwicklung des Tourismus wurde von innovativen und kreativen Kräften begleitet, dank denen sich das Angebot immer mehr den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen angepasst hat. Heute zeichnet sich der Tourismus durch eine große Vielgestaltigkeit aus und bildet eine vielfältige und sich dauernd ändernde Realität.

Zugleich lässt die Tourismusbranche jedoch auch negative Aspekte erkennen. Anbieter wie Kunden nutzen den Tourismus oft zu gewissenlosen Zwecken, sei es als Mittel zur Ausbeutung oder als Gelegenheit, Menschen, Kulturen oder die Natur zu schädigen. Das ist weiter nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass der Tourismus keine einsame Insel, sondern ein fester Bestandteil unserer Zivilisation ist, von der er sowohl die positive als auch die negative Dynamik widerspiegelt.

Zum Aufbau und zur Gestaltung einer gezielten Tourismusseelsorge muss man sich der Realität dieses Phänomens so umfassend wie möglich bewusst werden. Dieses Dokument erhebt nicht den Anspruch, eine so geartete Analyse vorzulegen, was im Übrigen auch gar nicht möglich wäre. Trotzdem erscheint es notwendig, die Aufmerksamkeit auf einige grundlegende Aspekte zu lenken. In diesem Zusammenhang gibt es vier Punkte, die besonders hervorgehoben zu werden verdienen: das Wesen der Freizeit und ihre Rolle im Leben der Männer und Frauen von heute; die Bedeutung des Tourismus für den Menschen; die Auswirkungen des Tourismus auf die Gesellschaft insgesamt; eine Betrachtung des Tourismus im Licht des Wortes Gottes.

  

1. Tourismus und Freizeit   

5. Arbeit und Ruhe bestimmen den natürlichen Rhythmus der menschlichen Existenz. Beide sind notwendig, damit sich das Leben des Menschen in seinen grundlegenden Aspekten entfalten kann, insofern sowohl das eine wie auch das andere Räume authentischer Schöpferkraft sind.

In der Menschheitsgeschichte wurde die Arbeit stets als eine schmerzliche Notwendigkeit erlebt und waren die Arbeitsverhältnisse häufig von Zwang und sogar Gewalttätigkeit gekennzeichnet. Der Prozess, der zur Verbesserung dieser Verhältnisse führte, war lang und hat, obwohl er sich in neuerer Zeit beschleunigt hat, mit seinen Errungenschaften lediglich einen Teil der Menschheit erreicht. Die jüngsten technologischen Fortschritte haben nicht nur die Arbeitsverhältnisse, sondern das Wesen der Arbeit selbst geändert und dadurch tiefgreifende Veränderungen im Leben der Menschen bewirkt. Eine der bedeutendsten dieser Veränderungen ist, dass der Mensch heute über mehr Freizeit verfügt.

Zur Verlängerung der Freizeit haben vor allem die Einführung des Wochenendes und der Urlaub beigetragen. Überdies nimmt die Freizeit heute im Leben des Menschen einen beachtlichen Raum in der Jugend und im Alter ein, zwei Lebensabschnitte, die sich wesentlich verlängert haben.

Bei alledem muss betont werden, dass es sich um ein Gut handelt, das nicht allen zugänglich ist und dass es auf der Welt, selbst in den reicheren Ländern, Millionen von Menschen gibt, die weder eine Freizeit haben noch über die wirtschaftlichen und kulturellen Mittel verfügen, um sie gewinnbringend zu nutzen.  

6. Außerdem muss festgehalten werden, dass dieses Mehr an Freizeit scheinbar nicht ausreicht, um den Anreizen zu genügen, die von der Gesellschaft ausgehen, wie Bildungstätigkeiten, gesellschaftliche Ereignisse oder der Entspannung und dem Wohlergehen dienende Beschäftigungen, bzw. die zunehmende Masse von Informationen zu verarbeiten, die häufig unverzichtbar sind, damit sich der Mensch voll ins gesellschaftliche Leben integrieren und daran beteiligen kann. Diese zwischen effektiv verfügbarer Zeit und gewünschter Zeit klaffende Kluft bewirkt einen Stresszustand, der sich unweigerlich auf die familiären und gesellschaftlichen Beziehungen auswirkt.

Auf jeden Fall bleibt die Arbeit die Basis für die Integration und Beteiligung des Menschen an der Gesellschaft und das Fundament des Familienlebens[4] sowie die Voraussetzung für die Erfüllung derfundamentalen Wahrheit, „dass der Mensch, als Abbild Gottes geschaffen, durch seine Arbeit am Werk des Schöpfers teilnimmt.“[5] Zusammen mit der Arbeit erscheint jedoch auch die Freizeit immer mehr als eine Möglichkeit zu persönlicher Selbstverwirklichung und als schöpferischer Raum, kurzum als ein Recht, das zur vollen Würde der Person beiträgt. 

Bei dieser Interpretation der Freizeit darf der Begriff der Ruhe nicht aus den Augen verloren werden, der zu den Forderungen der menschlichen Natur gehört und für sich selbst einen unverzichtbaren Wert darstellt. Der Sinn der Ruhe besteht nämlich nicht nur in der notwendigen Erholung von der Mühe der Arbeit. Ihr wahrer Sinn wird erfasst, wenn der Mensch in der Ruhe seine Zeit Gott weiht, indem er Ihn als Herrn und Heiligenden anerkennt, und er sich großzügig dem Dienst der anderen widmet, vor allem der Familie. Mit dem Begriff der Freizeit verschiebt sich der Akzent hingegen auf die Autonomie der Person und auf ihr Bestreben um Selbstverwirklichung, also auf Dimensionen, die nur durch die Treue zum Schöpfer- und Heilsgott zur vollen Fülle gelangen können. 

Dem Menschen stehen zahlreiche Mittel zur Verfügung, um die Freizeit in wahrhaft sinnvoller Weise zu erleben. Es gibt Freizeitbetätigungen, welche die Ruhe fördern, zur Erholung beitragen oder zur Verbesserung der persönlichen Fähigkeiten. Einige kommen der individuellen Sphäre der Person zugute, andere der sozialen. Einige haben ständigen, andere sporadischen Charakter. Dadurch sind Lektüre, kulturelle und festliche Veranstaltungen, Sport und Tourismus als Ausdruck der Freizeit zu einem festen Bestandteil des Alltagslebens geworden. Diejenigen, die die Möglichkeit haben, die Freizeit zu genießen, müssen sich bemühen, die tief menschliche Dimension der Freizeit zu entdecken, und in verantwortlicher Weise damit umzugehen lernen und sich dafür einsetzen, dass baldmöglichst alle Menschen in den Genuss dieses Grundrechtes kommen. 

  

2. Tourismus und Person   

7. Die Ruhe stellt für die Menschen einen wichtigen Grund dar, Freizeit haben zu wollen, und ist auch der häufigste Grund, um sich dem Tourismus zu widmen. Verreisen und ein mehr oder weniger langer Aufenthalt fern vom gewohnten Wohnort helfen dem Menschen, von der Arbeit und von seinen anderen gesellschaftlichen Pflichten Abstand zu gewinnen. Die Ruhe nimmt so die Form einer Pause im Alltagsleben an.

Es besteht die Gefahr, dass Ruhe mit süßem Nichtstun verwechselt wird. Eine solche Auffassung entspricht zweifelsohne nicht der anthropologischen Realität der Ruhe. Die Ruhe sollte nämlich in der Hauptsache der Wiedergewinnung des vollen persönlichen Gleichgewichts dienen, das oft durch das Alltagsleben zerstört zu werden droht. Dazu genügt nicht, dass man jede Beschäftigung unterlässt, sondern müssen gewisse Voraussetzungen geschaffen werden, welche es einem erlauben, das Gleichgewicht wiederzugewinnen.

Der Tourismus ist imstande, solche Voraussetzungen zu fördern, und zwar nicht nur weil er eine Entfernung vom gewohnten Wohnort und Umfeld mit sich bringt, sondern auch weil er durch eine Vielzahl von Betätigungen neue Erfahrungen ermöglicht, die das harmonische und ganzheitliche Verständnis der Person fördern, sei es durch den Kontakt mit der Natur, eine unmittelbarere Kenntnis des Kunst- und Kulturerbes oder durch menschlichere Beziehungen zu anderen Personen.  

8. Tourismus und Natur stehen in einem engen Verhältnis zueinander. Eingezwängt in ein von der Technik beherrschtes Alltagsleben, strebt der Tourist danach, den direkten Kontakt mit der Natur zu suchen, die Schönheit der Landschaft zu genießen, das Habitat von Tieren und Pflanzen kennen zu lernen und ist dafür auch bereit, Mühen und Gefahren in Kauf zu nehmen. Kurzum, die Natur stellt einen idealen Raum zur Aufnahme und Entfaltung des Tourismus dar.

Durch das wachsende Umweltbewusstsein verrändert sich zunehmend die Beziehung des Menschen zur Natur. Der Mensch muss nach dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi[6] lernen, in allen Dingen der Schöpfung Geschwister zu sehen, um so zum Schöpfer zu kommen und zu sagen: „Gelobt seist Du, mein Herr, mit allen Deinen Geschöpfen.“[7]

Die objektive Wahrnehmung der Begrenztheit der Ressourcen und ihrer drohenden Zerstörung durch Menschenhand sowie die tiefere Kenntnis der Gleichgewichte und größere Wertschätzung der natürlichen Verschiedenheiten tragen zur Zeit dazu bei, dass sich ein Verhaltensmuster durchsetzt, das sich der Tourismus zu Eigen machen muss, wenn er überleben will. Außerdem verlangt das besondere Verhältnis, das ihn mit Umweltbereichen verbindet, die ökologisch mehr als andere gefährdet sind, wie Inseln, Küsten, Berge und Wälder, vom Tourismus ein spezifisches Verantwortungsbewusstsein, dem sich Organisatoren, Beschäftigte, Touristen und einheimische Gemeinden gemeinsam stellen müssen.

In diesem Sinn haben sich neue touristische Angebote und Verhaltensweisen entwickelt, die wegen ihres bildenden und menschlichen Wertes gefördert werden müssen. Die direkte Kenntnis der Natur durch Reisen, welche die Entdeckung ihrer Wunder zum Ziel haben, die Achtung ihres Gleichgewichts durch einen bescheideneren Tourismus, die Förderung des zwischenmenschlichen Kontakts durch einen Tourismus in kleineren Gruppen, wie er zum Beispiel durch Ferien auf dem Bauernhof ermöglicht wird, modifizieren in positiver Weise die täglichen Gewohnheiten des konstant vom Konsumismus belagerten Menschen.  

9. Oft ist für das Reiseziel eines Touristen das Interesse an der Kultur anderer Völker ausschlaggebend. Der Tourismus bietet die Möglichkeit zu direkter Kenntnis, zu einem Dialog ohne Zwischenglieder, was Besuchern und Besuchten erlaubt, den Reichtum des jeweiligen Erbes aus erster Hand zu entdecken. Dieser kulturelle Dialog, der Frieden und Solidarität fördert, bildet eines der wertvollsten Güter, die der Tourismus anzubieten hat.

Bei der Vorbereitung seiner Reise wird der Tourist sich auf diese Begegnung dadurch vorbereiten, dass er geeignete Dokumentation sucht, die ihm hilft, das Land, das er besuchen will, besser verstehen und schätzen zu lernen. Er wird sich über das Kunsterbe, die Geschichte, das Brauchtum, die Religion und die sozialen Verhältnisse des Volkes informieren, dem er begegnen wird. Auf diese Weise wird der Dialog, der sich entwickelt, von Achtung gegenüber den Personen getragen und ein Ort lebendiger Begegnung sein sowie die Gefahr vermieden werden, dass Kultur zu einem reinen Objekt der Neugierde degradiert wird.

Die einheimische Bevölkerung muss ihrerseits dem Touristen ihr Kunst- und Kulturerbe im klaren Bewusstsein der eigenen Identität vermitteln und so einen Synergieeffekt fördern, der das Ergebnis jeden authentischen Dialogs ist. Den Touristen zum Kennlernen der eigenen Kultur einladen, setzt voraus, dass man mit dieser Kultur innig verbunden ist und sie sorgfältig schützt. Die rapide Angleichung von Verhaltensweisen und Lebensstilen, die heute weltweit im Gang ist, geht häufig zu Lasten der ebenbürtigen Würde, die den verschiedenen Zivilisationen zuerkannt werden muss. Der Tourismus darf nicht zu einem Instrument der Zerrüttung oder Zerstörung werden, sprich zu einer Aufforderung an die einheimische Bevölkerung, alles, was fremd ist, nachzuahmen, denn dadurch entsteht die Gefahr, dass ihre ureigensten Werte durch unbegründete Minderwertigkeitskomplexe oder wirtschaftliche Interessen beschädigt werden. So sinnvoll es ist, dass sich der Tourist vor seiner Reise dokumentiert, so notwendig ist es, dass die einheimische Bevölkerung dem Tourist ihr Kulturerbe in authentischer und verständlicher Weise durch angemessene Informationen und Führer sowie durch ein vielfältiges Angebot zur aktiven Teilnahme an der eigenen Lebensart nahe bringt.

Ein authentischer Dialog wird überdies dazu beitragen, das Kunst- und Kulturerbe der Völker, nicht zuletzt auch durch eine großzügige wirtschaftliche Unterstützung, wirksamer zu schützen und zur Geltung zu bringen.

10. In seiner abwechslungsreichen Vielfalt zeigt der Tourismus mehrere Facetten, die einen Eigenwert erlangt haben und einige menschliche Werte in bezeichnender Weise zum Ausdruck bringen.

Das gilt zum Beispiel für das „Wochenende“, das Gelegenheit zu Stippvisiten in der näheren Umgebung bietet und dem Binnentourismus beachtlichen Auftrieb gegeben hat. Der Wochenendtourismus ist ein vielen offenstehendes und leicht wiederholbares Erlebnis, das die Möglichkeit bietet, die eigenen kulturellen und spirituellen Wurzeln zu entdecken. Dasselbe gilt für Reisen zu heimischen Festen und Feiern, die in besonderer Weise dazu beitragen, die Familien zusammenzubringen und menschliche Bande zu festigen.

Daneben verbreiten sich auch Formen von Tourismus, die von Gruppen Gleichaltriger gepflegt werden. Man denke nur an den Jugendtourismus, der zu einem Großteil im Zusammenhang mit bildnerischen Tätigkeiten gepflegt wird. Solche Reisen fördern das Erlernen menschlichen Zusammenlebens und die Entdeckung der Kultur anderer Völker in besonders bedeutsamen Abschnitten des menschlichen Lebens. Andere Anlässe können die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen, an Festivals oder anderen Megaereignissen sein. Die gewaltsamen Ausschreitungen, die manchmal diese Treffen begleiten, sollten die jungen Menschen dazu führen, ihr Verantwortungsbewusstsein für Achtung und Zusammenleben zum Tragen zu bringen.

Auch ältere Menschen haben zahlreiche Gelegenheiten, den Tourismus zu pflegen dank sozial-wirtschaftlicher Bedingungen, die ihnen vielfältige und geeignete Betätigungen nach dem Eintritt in den Ruhestand erlauben. Der Tourismus bietet ihnen die Möglichkeit, Bekanntschaften und Erfahrungen zu machen, zu denen sie in anderen Lebensabschnitten nicht Gelegenheit hatten. Für ältere Menschen kann ein sinnvoll gestalteter Tourismus ein wirksames Mittel zur Stärkung des Bewusstseins in Bezug auf die eigene aktive Rolle in der Gesellschaft sein, Anreize zu schöpferischem Tun setzen und den Lebenshorizont erweitern.

Der touristische Sektor spielt schließlich auch eine wichtige Rolle bei anderen Initiativen, die Millionen von Menschen anziehen und weitere spezifische Aspekte des Tourismus zum Vorschein bringen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen hier „themenorientierte Vergnügungsparks“, Festivals, sportliche Veranstaltungen, nationale und universale Ausstellungen und spezielle Feiern wie zum Beispiel die Auswahl eines Ortes als Kulturhauptstadt oder Abhaltungsort eines Welttages.

  

3. Tourismus und Gesellschaft   

11. Aufgrund der Dimensionen, welche die Tourismusbranche angenommen hat, ist sie zu einem der wichtigsten Beschäftigungsfaktoren geworden, sowohl was die direkte bzw. indirekte Beschäftigung als auch die Nebengewerbe anbelangt. Viele Länder sind gerade aus diesem Grund am Tourismus interessiert, obwohl häufig ein angemessenes Verständnis für entsprechende Arbeitsverhältnisse fehlt. Zum Schutz der Würde der Personen, die im Tourismus tätig sind, wird man gut daran tun, außer die Achtung der von der internationalen Gemeinschaft anerkannten Arbeiterrechte einzufordern, spezifische Aspekte zu beachten, die besondere Maßnahmen erfordern.

Der erste dieser Aspekte ist die Saisonabhängigkeit. Die Tourismuswirtschaft gliedert sich in der Regel in Saisonabschnitte mit bestimmten Saisonspitzen im Jahreskreis.

Daraus ergibt sich ein fluktuierendes Arbeitsangebot mit variabler befristeter Beschäftigung, das die Arbeitnehmer in eine Situation der Ungewissheit und Instabilität versetzt. Dazu kommt, dass die Intensität der Arbeit besondere Dienstzeiten und eine zeitweilige Entfernung vom Wohnort verlangt, was eine beachtliche Störung des familiären und sozialen Lebens sowie Desorientierung bei der Pflege des religiösen Lebens zur Folge hat. Unter solchen Umständen ist nicht nur die strikte Anwendung und Erfüllung der geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften und entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Vereinbarungen notwendig, sondern auch die Einführung von geeigneten Maßnahmen, die allen Arbeitnehmern das familiäre Zusammenleben und die Teilnahme am gesellschaftlichen und religiösen Leben garantieren.[8]

Ein zweiter wichtiger Aspekt betrifft die Ausbildung. So offenkundig es ist, dass der Erfolg der Tourismuswirtschaft eine fundierte Vorbereitung der Reiseveranstalter und darin tätigen Fachkräfte voraussetzt, so notwendig müsste man auch eine angemessene Ausbildung der gesamten Mitarbeiterschaft verlangen. In beiden Fällen muss beachtet werden, dass das Tourismusgewerbe eine spezifische Ausbildung erfordert, die nicht nur die fachliche Seite der Arbeit im Auge haben muss, sondern auch die Bedingungen, in denen sie sich abspielt, d.h. die menschlichen Beziehungen. Für den Tourismus gilt mehr denn je: „So wie das menschliche Schaffen aus dem Menschen hervorgeht, so ist es auch auf den Menschen hingeordnet.“[9] Die gesamte Tourismuswirtschaft muss im Dienst des Menschen stehen und sich als ein Angebot von Mitteln verstehen, mithilfe derer die Menschen in ihrer Freizeit die Pläne in die Praxis umsetzen können, die sie sich vorgenommen haben.

Ähnliche Prinzipien müssten auch für das Tourismusnebengewerbe gelten, wie zum Beispiel für kleinere Geschäftsbetriebe, das Transportwesen, Reisebüros und ähnliche Bereiche, wo es vorkommt, dass man mit dem Tourismus einen schnellen und überspitzten Profit machen will.  

12. In den letzten Jahrzehnten stellte der internationale Tourismus für viele Länder einen entscheidenden Entwicklungsfaktor dar und wird es voraussichtlich auch in Zukunft bleiben. Sein Einfluss erstreckt sich nicht nur auf den Wirtschaftsbereich, sondern auch auf das kulturelle, soziale und religiöse Leben der gesamten Gesellschaft. Dieser Einfluss des Tourismus hat nicht immer positive Folgen für die generelle Entwicklung der Gesellschaft bewirkt.[10] Dadurch sind einige Bedingungen klar geworden, die unbedingt respektiert werden müssen, damit die Rechte der Personen und das Gleichgewicht der Umwelt gewahrt bleiben. Diese Bedingungen finden sich in den Angeboten eines Tourismus wieder, der sich den Prinzipien einer „tragbaren Entwicklung“ verpflichtet weiß. Einige dieser Prinzipien verdienen es, im besonderen hervorgehoben zu werden.

Das Prinzip der Mitverantwortung ist eine zwingende Grundvoraussetzung für die Tourismuswirtschaft, deren Planung und Profitverwaltung den touristischen Fachkräften, zivilen Behörden und einheimischen Gemeinden aufgegeben ist. Die Umsetzung dieses Prinzips muss in geeigneter Weise von den öffentlichen Behörden im Rahmen der internationalen Prinzipien reguliert werden, an denen sich die zwischenstaatliche Kooperation orientiert, sowie im Rahmen der institutionellen Aufgabenbereiche, die es zur Förderung der Gesamtentwicklung des Landes gibt.

Die Tourismuswirtschaft muss im Rahmen des Möglichen mit der Volkswirtschaft harmonieren. Das gilt sowohl für die Infrastrukturen als auch die Dienste und ganz besonders für das Verkehrswesen und die Nutzung der Ressourcen. Man begeht eine schwere Ungerechtigkeit, wenn man die touristischen Zentren mit Diensten ausstattet, über welche die einheimische Bevölkerung in der Regel nicht verfügt. Noch verwerflicher ist es, wenn solche Vorkehrungen lebensnotwendige Bereiche für ein menschenwürdiges Leben betreffen, wie zum Beispiel die Wasserversorgung oder die Volksgesundheit.

Der Beitrag, den der Tourismus zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes leisten soll, muss den Verbrauch und das Wachstum von Produkten der traditionellen Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft, Fischerei und Handwerk steigern. Dieser Beitrag verlangt weiter, dass Wissen durch die Ausbildung von Führungskräften und Arbeitnehmern vermittelt wird. Die Verwendung von Ressourcen, die der einheimischen Produktion entstammen, muss mit der Erhaltung ihres traditionellen Charakters vereinbar sein, ohne dass diesem Charakter ein Wandel aufgezwungen wird, der ausschließlich von fremden und nicht assimilierten Faktoren diktiert ist.

Außerdem ist wichtig, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Tourismusbranche die von der örtlichen Umwelt vorgegebenen Bedingungen und Grenzen respektiert. In besonders gefährdeten Gebieten, wie zum Beispiel Küsten, kleinen Inseln, Wäldern und Schutzgebieten, muss der Tourismus nicht nur zu einer vernünftigen Selbstbeschränkung bereit sein, sondern auch einen beachtlichen Teil der Kosten zu ihrem Schutz übernehmen.

Die Beachtung dieser Regeln ist ganz besonders in den Entwicklungsländern notwendig. Es ist bekannt, dass touristische Aktivitäten vielfach nicht nur das soziale Zusammenleben, die Kultur und Umwelt schwer beschädigt haben, sondern auch, mit der Vorgaukelung einer schnellen Entwicklung, die Wirtschaft des Landes selbst. Deswegen muss man dort, wo dieser Prozess im Gang ist, geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und verhindern, dass er sich in Zukunft wiederholt.  

13. Für ein richtiges Verständnis der Strukturen des Gegenwartstourismus ist unerlässlich, dass er im Zusammenhang mit dem aktuellen wirtschaftlichen Globalisierungsprozess gesehen wird. Tatsächlich weist das Wesen des Tourismus genau die Elemente aus, die zur Globalisierung geführt haben und sie heute beschleunigen. Die Öffnung der Grenzen für Personen und Unternehmen sowie die rechtliche und wirtschaftliche Angleichung haben seit jeher den Tourismus gefördert. Der Tourismus könnte aufgrund seiner Fähigkeit, die Kulturen füreinander zu öffnen und zum Dialog und Zusammenleben zu ermuntern, auch als das einnehmende Gesicht der Globalisierung dargestellt werden.

Eine bestimmte Form von Globalisierung birgt jedoch schwerwiegende Folgen für die Nationen und Menschen. So hat sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern vergrößert, hat sich eine neue Form der Versklavung und Abhängigkeit der ärmsten Länder entwickelt und ist die wirtschaftliche Ordnung zum alles beherrschenden Prinzip geworden, was eine schwere Bedrohung für die Würde der Person darstellt.[11]

In einem solchen Szenarium akzentuieren sich die schlimmsten Auswirkungen, die vielerorts die Entwicklung des Tourismus begleiten: die Ausbeutung der Personen, allen voran von Frauen und Kindern, im Bereich der Arbeit und zu sexuellen Zwecken; die Verbreitung von Krankheiten, welche die Gesundheit breiter Bevölkerungsschichten bedrohen; Drogenhandel und Drogenkonsum; die substantielle Zerstörung der kulturellen Identität und lebenswichtiger Ressourcen usw. Selbstverständlich kann man die Globalisierung nicht zum Sündenbock für diese Plagen der Menschheit machen und noch weniger dem Tourismus die Alleinverantwortung dafür geben. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass beide diese Plagen begünstigen können.

„Globalisierung ist »a priori« weder gut noch schlecht. Sie wird das sein, was die Menschen aus ihr machen. Kein System ist reiner Selbstzweck, und es ist notwendig, darauf Wert zu legen, dass die Globalisierung – wie jedes andere System – im Dienst an der menschlichen Person, an der Solidarität und dem Gemeinwohl stehen muss.“[12] Diese Aussage ist auch auf den Tourismus übertragbar, der stets die menschliche Würde sowohl der Touristen als auch der einheimischen Bewohner wahren muss.

In Wirklichkeit kann der Tourismus eine wichtige Rolle bei der Förderung der „Globalisierung der Solidarität“[13] spielen, die von Johannes Paul II. sehnlichst herbeigewünscht wird, und Initiativen gegen die globale und personale Ausgrenzung in den Bereichen der Wissensvermittlung, der kulturellen Entwicklung, der Erhaltung des eigenen Erbes und des Schutzes der Umwelt unterstützen.

  

4. Tourismus und Theologie   

14. Angesichts eines Phänomens dieser Tragweite, das so tiefgreifend das Verhalten von Menschen und Völkern beeinflusst, ist die Kirche ungesäumt dem Auftrag des Herrn gefolgt und hat nach geeigneten Mitteln gesucht, um ihre Aufgabe zu erfüllen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und das Evangelium zu verkünden. Alle Dimensionen des menschlichen Lebens sind nämlich durch das Heilswerk Gottes umgestaltet worden und alle Menschen sind dazu bestimmt, das Geschenk des Heils in der Neuheit des Lebens anzunehmen, in dem die Freiheit und die Geschwisterlichkeit der Kinder Gottes widerscheint. Die Zeit, die der Mensch dem Tourismus widmet, kann keinesfalls aus der ununterbrochenen Liebesgeschichte ausgeklammert werden, in der Gott den Menschen sucht und an seiner Herrlichkeit teilhaben lässt. Eine genauere Betrachtung der Werte, die sich aus der Pflege des Tourismus ergeben können, zeigt vielmehr, dass der Tourismus die Möglichkeit bietet, einige zentrale Aspekte der Heilsgeschichte inniger zu begreifen.

Der Tourismus treibende Christ ist eingeladen, in besonderer Weise die Danksagung für das Geschenk der Schöpfung neu zu erleben, in der sich die Schönheit des Schöpfers widerspiegelt, für das Geschenk der österlichen Freiheit, die ihn zur Solidarität mit allen seinen Brüdern und Schwestern im Herrn Jesus Christus befähigt, für das Geschenk des Festes, mit dem ihn der Heilige Geist in die ewige Heimat, dem Herzenswunsch und Ziel seiner Pilgerreise in dieser Welt, führt. Vor uns entsteht so eine „eucharistische“ Dimension, die aus dem Tourismus eine Zeit der Betrachtung, der Begegnung und der im Herrn „zum Lob seiner Herrlichkeit“ (Eph 1,14) geteilten Freude machen muss.  

15. Die Heilsgeschichte nimmt ihren Anfang auf den ersten Seiten der Genesis. Das erste Werk der Liebe und Weisheit Gottes gipfelt in der Erschaffung von Mann und Frau nach seinem „Ab- und Ebenbild“ (Gen 1,26). Sie sind Ab- und Ebenbild jener göttlichen Liebe, die sich seit Urzeit als schöpferische Kraft kundtut. Mann und Frau werden zu einer menschlichen Schöpferkraft eingeladen, durch die sie in Liebe ihresgleichen erkennen und die Erde bewohnbar machen sollen. Sie sind Ab- und Ebenbild auch in der Forderung nach Ruhe, in der sich die von der Schönheit des erschaffenen Werkes erfüllte Liebe feiert.

Die Schöpfung ist das erste Geschenk, das dem Menschen gemacht wurde, damit er sie „bebaue und hüte“ (Gen 2,15). Bei der Erfüllung seiner Aufgabe muss der Mensch vor allen anderen Dingen beachten: „Der Kosmos weist, da er aus Gottes Händen hervorgegangen ist, dessen Gütesiegel auf. Es ist eine schöne Welt, würdig, bewundert und genossen, aber auch, gepflegt und weiterentwickelt zu werden.“[14] 

Diese Aufgabe setzt auch das Kennen und Erleben der Vielfalt und Verschiedenheit der Schöpfung voraus (vgl. Sir 42,24), wie die Aussage des biblischen Reisenden eindrucksvoll zeigt: „Wer viel gereist ist, hat reiches Wissen, und der Erfahrene redet verständig. Wer nichts erfahren hat, weiß wenig, der Vielgereiste nimmt zu an Klugheit. Vieles habe ich auf meinen Reisen gesehen, viele Dinge habe ich durchgestanden. Oft musste ich Todesgefahren bestehen, aber ich wurde gerettet, und sie gingen vorüber“ (Sir 34,9-12). 

Die Schöpfung ist dem Menschen als Quelle zu seinem Unterhalt und Mittel zur Entfaltung eines würdigen Lebens gegeben, an der sich alle Glieder der Menschenfamilie beteiligen müssen. In der Bibel wird in vielfacher Weise auf diesen Kernsinn des göttlichen Auftrags verwiesen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch“ (Gen 1,28). Das gilt auch für die Sabbatruhe, die durch das Sabbatjahr auf die ganze Schöpfung ausgedehnt wird. Ein Ziel des Sabbatjahres besteht denn auch in der Betonung, dass die Güter, die dem Menschen anvertraut sind, für alle gedacht sind (vgl. Lev 25,6; Jes 58,13-14). Deswegen werden auch im egoistischen Zusammenraffen von Gütern, in der Anhäufung von Reichtum zum Schaden anderer und in der Vergeudung aus Überfluss die tiefsten Wurzeln gottesbeleidigender Ungerechtigkeit erkannt. 

Kurzum, der Mensch darf in keinem Augenblick vergessen, dass die ganze Schöpfung ein Geschenk ist, das ständig zu ihm von der Güte seines Gottes und Schöpfers spricht. Im innigen Erleben dieser Gabe begleitet die Betrachtung der Schöpfung den Menschen in seinem religiösen Leben (vgl. Ps 104), inspiriert sein Gebet (vgl. Ps 148) und stärkt seine Hoffnung auf das verheißene Heil (vgl. Röm 8,19-21; 2 Petr 3,13; Offb 21,1; Jes 65,17). Das ist der Sinn, den der Mensch der Zeit der Ruhe geben muss, die dank der Weisheit und dem Können, die ihm von Gott gewährt wurden, immer länger geworden ist.   

16. Die Geschichte des Menschen ist eine befreite und zu befreiende Zeit. Die Präsenz der Sünde in der Welt und das Widerstreben, dem von Gott begonnenen Dialog mit einer Antwort der Liebe zu begegnen, hat die sich in der Arbeit und Freizeit entfaltende menschliche Schöpferkraft tödlich verletzt. Der Bruch mit der Gemeinschaft mit Gott, mit den anderen und mit der Natur selbst hat den Menschen dazu geführt, dass er den eigenen Egoismus als absolute Macht gesetzt hat und in eine Sklaverei verfallen ist, die ihn daran hindert, seine Zeit Gott, den anderen und der Schönheit zu widmen. 

Doch Gott hört nie auf, den Menschen seinen Bund anzubieten. Tatsächlich ist es Gott selbst, der in Anbetracht des Leidens seines Volkes zu ihm „hinabsteigt“, um es zu befreien (Ex 3,7-10) und in ein Land führt, in dem die Fruchtbarkeit der Erde der symbolische Rahmen für ein Leben in Gerechtigkeit und Heiligkeit ist. Der Verhaltenskodex des erwählten Volkes gründet zur Gänze auf diesem Auftrag: „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19,2). Der Sabbat, der Tag der Ruhe, wird zur Feier der erlangten Freiheit und zum Andenken der Solidarität eingesetzt (vgl. Dtn 5,12-15). 

Durch diese Geschichte wird die Menschheit zur Endzeit geleitet, denn nur der Auferstandene Heiland, der sich entäußerte und wie ein Sklave wurde (vgl. Phil 2,7), kann dem Menschen die volle Freiheit schenken. In ihm, dem „neuen Menschen“ (vgl. Eph 2,15), wurde der Mensch in Freiheit und Liebe wiedererschaffen, damit er im „Gehorsam des Glaubens“ (Röm 1,5) heilig sei in seinem gesamten Verhalten (vgl. 1 Petr 1,16). 

Dieses Geschenk, das jeder Mensch empfängt, „dient gleichermaßen den anderen und baut die Kirche und die brüderlichen Gemeinschaften in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Lebens auf Erden auf“, denn „Christus lehrt uns, dass der beste Gebrauch der Freiheit die Liebe ist, die sich in der Hingabe und im Dienst verwirklicht“.[15] Die Selbsthingabe verleiht dem Handeln des Christen die Kraft der Umgestaltung im familiären und sozialen Leben, bei der Arbeit, bei der Ruhe und in der Freizeit. In der Freizeit erlangt die Selbsthingabe noch stärker die Bedeutung der Selbstlosigkeit, weil sie in größerem Maße ermöglicht, die eigene Zeit den anderen zu schenken. 

„Ostern besitzt und gibt die Freiheit, welche der Freizeit als innerstes Prinzip vorsteht“; dadurch „erlangt der Mensch die Fähigkeit..., einen authentischen Humanismus, sprich den des ‚österlichen Menschen’, zu verwirklichen.“[16] Für den Christen gehört der Tourismus deswegen unter allen Gesichtspunkten zur österlichen Dynamik der Erneuerung, denn er ist Feier der empfangenen Gabe, Reise zur Begegnung mit anderen Personen, mit denen die Freude der Erlösung gefeiert werden kann, Zeit, die mit anderen im solidarischen Handeln geteilt werden kann und uns der Zeit der Wiederherstellung von allem in Christus näher bringt (Apg 3,21).   

17. Mit der Verkündigung der Auferstehung des Herrn bekennt der Christ die Gewissheit, dass sein Weg und die ganze Geschichte von der Liebe des Vaters zu „einem neuen Himmel und einer neuen Erde“ (Offb 21,1) hingeführt werden. Außerdem erlebt der Christ in seinem Erdenleben das verheißene Fest vor allem durch die Feier des Sonntags, denn „die Teilnahme am »Abendmahl des Herrn« ist nämlich die Vorwegnahme des himmlischen »Hochzeitsmahles des Lammes« (Offb 19,9).“[17] Erhellt von der Gewissheit dieser Hoffnung, „gewinnt die Sonntags- und Feiertagsruhe eine »prophetische« Dimension, indem sie nicht nur den absoluten Primat Gottes, sondern auch den Primat und die Würde des Menschen gegenüber den Forderungen des Gesellschafts- und Wirtschaftslebens bekräftigt.“[18] 

Die Zeit der Ruhe und die Freizeit bieten die Möglichkeit, das kennen und schätzen zu lernen, was in der vergangenen und gegenwärtigen Geschichte der Völker die Herrlichkeit vorwegnimmt, „die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8,18) und an der ganzen vom Vater umfassten Menschheit. Ganz besonders an den Werken, in denen die spirituelle Suche, der religiöse Glaube, das Verständnis der Dinge und die Liebe zur Schönheit ihren Niederschlag gefunden haben, soll man „die Pracht und die Kostbarkeiten der Völker“ (Offb 21,26), die ins neue Jerusalem (vgl. Jes 60,3-7; Mal 1,11) gebracht werden, betrachten. Durch diese Betrachtung festigt sich auch der Einsatz für die Würde der Person, für die Achtung vor der Kultur der Völker und für den Schutz einer unversehrten Schöpfung.   

  

II. Pastorale Ziele  

18. Die Welt des Tourismus ist eine diffuse und vielfältige Realität, die eine spezifische pastorale Zuwendung erfordert. Der Hauptzweck der Tourismusseelsorge muss darin bestehen, optimale Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Christ den Tourismus als ein Moment der Gnade und des Heils erlebt. Der Tourismus kann zweifelsohne zu den neuen Aeropagen der Evangelisierung, zu den „weiten Bereichen der modernen Zivilisation und Kultur, der Politik und der Wirtschaft“[19] gezählt werden, in denen der Christ seinen Glauben und seine missionarische Berufung leben soll.

Dieses Globalziel zeigt, dass die Tourismusseelsorge in die Gesamtheit der pastoralen Aufgaben der Kirche eingebunden werden muss. Deswegen muss die Tourismuspastoral organisch in die ordentliche Seelsorge integriert und im Verbund mit anderen Bereichen, wie Familie, Schule, Jugend, Soziales, Pflege der Kulturgüter, Ökumenismus, koordiniert werden.

Die christlichen Ortsgemeinden, die in der Pfarrei unmittelbaren Ausdruck finden, sind der Ort, an dem sich Tourismusseelsorge entfalten soll. In den Ortsgemeinden wird dem Touristen nämlich der christliche Empfang geboten, der ihn in seinem Leben als Gläubigen begleitet und wird jedem Besucher ohne Unterschied Gastfreundschaft gewährt. In ihr wird der Christ zum Reisen erzogen oder wird er zur Arbeit im Tourismus ausgebildet. Das Engagement der Gemeinde disponiert dazu, Bande der Zusammenarbeit zur Förderung der menschlichen und spirituellen Werte zu knüpfen, die vom Tourismus begünstigt werden können. Jeder dieser wichtigen Aspekte verlangt eine differenzierte und gemeinsame Zuwendung, deren stärkere oder mindere Dringlichkeit je nach den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten der Ortsgemeinde verschieden sein kann.

  

1. Empfang   

19. „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt“ (Heb 13,2).[20] Diese Worte bezeichnen treffend den zentralen Kern der Tourismusseelsorge und erkennen in ihm eine der Grundhaltungen, von der die gesamte Christengemeinschaft geprägt sein muss.[21] Den Touristen empfangen und ihn bei seiner Suche nach Schönheit und Ruhe begleiten, muss mit der Überzeugung geschehen, dass „dieser Mensch der erste Weg ist, den die Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrags beschreiten muss: er ist der erste und grundlegende Weg der Kirche, ein Weg, der von Christus selbst vorgezeichnet ist und unabänderlich durch das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung führt.“[22]   

In der Eucharistiefeier, dem Mittelpunkt jeder kirchlichen Gemeinschaft, findet der Empfang, der dem Besucher bereitet wird, seinen tiefsten Ausdruck. In ihr erlebt die Gemeinschaft ihre Vereinigung mit dem auferstandenen Christus, baut ihre Einheit mit den Brüdern auf[23] und bezeugt in unverkennbarer Weise, dass die Gemeinschaft weit über die Bande von Blut und Kultur hinausgeht. In dieser Begegnung, in der Brüder aus sehr verschiedenen Orten zusammenkommen und in einem in verschiedenen Sprachen gesprochenen Gebet zueinander kommen, hallt die Universalität der vom Erlöser versammelten Kirche mit besonderer Kraft wider. 

Damit die Eucharistiefeier, insbesondere die sonntägliche, diese prägenden Kennzeichen konkret sichtbar macht, muss man dafür Sorge tragen, dass alle, Touristen und Einheimische, daran teilnehmen können. Natürlich soll dabei der ureigene Charakter der Feier gewahrt bleiben, der nicht nur von ihrem Wesen selbst, sondern auch von der Identität der jeweiligen Ortskirche bestimmt ist. In diesem Sinn erscheint es sinnvoll, in die Feier den Gebrauch der Sprachen der Touristen aufzunehmen, ohne dass dadurch jedoch die Beteiligung der Ortsgemeinde Schaden erleidet oder der Rhythmus der Feier verfremdet wird. Außer entsprechende Betrachtungen und Lesungen vorzusehen, sollten gedruckte Unterlagen verteilt werden oder vor Beginn der Feier eine kurze Vorbereitung eingerichtet werden, um den Touristen eine volle Teilnahme zu ermöglichen.[24] 

Die Eucharistiefeier ist die Gelegenheit, bei der sich Ortsgemeinde und Touristen am häufigsten begegnen, darf aber nicht die einzige sein. Alle anderen Anlässe, zu denen sich die Ortsgemeinde zur Feier des Glaubens versammelt, insbesondere in den wichtigsten Festkreisen des liturgischen Jahres, bieten Gelegenheit, die Touristen einzuladen und ihnen geschwisterliche Hilfe im Glaubensleben anzubieten. Außerdem muss die Ortsgemeinde Begegnungen planen und Informationsmittel vorsehen, um die Touristen zu ermuntern und zu unterstützen, diese besondere Zeit sinnvoll zu nutzen. 

Man darf nicht vergessen, dass die Eucharistiefeier das Leben der Gemeinde auf das Fundament der Nächstenliebe und Solidarität stellt. Der Tourist darf von diesem wesentlichen Aspekt des Glaubenslebens nicht ausgeschlossen werden. Es ist notwendig, dass er sich konkret für die Probleme der Gastgemeinde interessiert und diese ihn ihrerseits mit ihrer Realität vertraut macht und konkrete Gelegenheiten bietet, damit er seine Teilnahme demonstrieren kann. 

Besondere Aufmerksamkeit muss dem Empfang von Besuchern gewidmet werden, die anderen christlichen Konfessionen angehören, wobei man ganz besonders sorgfältig ihren Bedürfnissen in Bezug auf die Feier des Glaubens entgegenkommen soll. Häufig ist das Phänomen des Tourismus das Hauptmotiv ökumenischen Engagements und erweist sich als besonders wirkungsvolles Mittel, um den Christen den Schmerz der Trennung bewusst zu machen und die Dringlichkeit zu erkennen, für die Einheit zu beten und zu arbeiten. In dieser Situation muss ein Geschenk des Geistes an seine Kirche gesehen werden, das man mit bedingungsloser Hingabe und Großzügigkeit erwidern muss.   

20. Im Tourismus soll der Christ, sei es dass er zur Gastgemeinde gehört oder selbst Tourist ist, die Aufgabe, den eigenen Glauben bezeugen und eine Gelegenheit zur missionarischen Berufung wieder entdecken, welche die Basis seiner Rechte und Pflichten als Christ bildet.[25] 

Vor allem in touristischen Ballungszentren muss sich die christliche Gemeinde bewusst werden, dass sie „ihrem Wesen nach missionarisch ist“[26] und das Evangelium voller Mut, Großzügigkeit und Achtung verkünden, indem sie Ungerechtigkeiten anprangert und Wege der Hoffnung zeigt, auch wenn die Zeit, die sich der Tourist aufhält, relativ kurz ist und seine Aufnahmefähigkeit durch verschiedene Umstände beeinflusst wird. 

In diesem Zusammenhang erlangen alle Elemente, die das religiöse, kulturelle und künstlerische Erbe der Ortsgemeinde bilden, einen besonderen Stellenwert. Die Denkmäler, die Kunstwerke und alle kulturellen bzw. von der Tradition überlieferten Ausdrucksformen müssen dem Besucher so vermittelt werden, dass ihre Verknüpfung mit dem Alltagsleben der Gemeinde sichtbar wird. Dadurch wird die Identifikation der Gemeinde mit ihrer Geschichte wachsen und ihr Wunsch stärker werden, in Treue zum Herrn auf die Zukunft zuzugehen.   

21. Eine weitere besonders wichtige Gelegenheit, bei der der Empfang der Besucher mit großer Sorgfalt vorbereitet werden muss, bietet sich an Orten mit einem spezifisch religiösen Stellenwert, die unter das Angebot touristischer Zielorte fallen. 

Eine herausragende Rolle spielen dabei die christlichen Wallfahrtsorte, zu denen auch große Scharen von Touristen strömen, sei es aus kulturellen Gründen, zur Entspannung oder wegen ihrer religiösen Anziehungskraft. In einer immer stärker säkularisierten Welt, die von Schnelllebigkeit und vom Materiellen beherrscht wird, können diese Besuche ein Zeichen für die ersehnte Rückkehr zu Gott sein. Deswegen müssen diese Besucher an den Wallfahrtsorten angemessen empfangen werden, um ihnen zu helfen, den Sinn ihres Unterwegsseins zu erkennen und das Ziel zu begreifen, zu dem sie berufen sind.[27] Dieser Empfang wird natürlich mit ganz anderen Mitteln durchgeführt werden als der Empfang derjenigen, die zum Wallfahrtsort als Pilger kommen. Wenn die Achtung gegeben ist, welche die Identität des Ortes verlangt, muss man jede Form von Ausschluss oder Ausgrenzung gegenüber den Besuchern vermeiden. Den besten Dienst, den man ihnen anbieten kann, um sie dazu zu bringen, über ihre religiöse Einstellung nachzudenken, ist, ihnen den religiösen Charakter des Ortes und den Sinn der Wallfahrt zu erklären, welche die Gläubigen zu diesem Ort machen.[28]

Bei anderen Gelegenheiten ist für den Besuch religiöser Orte ihr herausragender künstlerischer oder historischer Wert ausschlaggebend, wie das bei Kathedralen, Kirchen, Klöstern und Abteien der Fall ist. Der Empfang darf sich auch in diesem Fall nicht auf historische oder künstlerische Informationen beschränken, und seien sie auch noch so gut vorbereitet, sondern muss ihre Identität und religiöse Bestimmung in den Vordergrund stellen. Bei der Gelegenheit wollen wir daran erinnern, dass für viele Touristen diese Besuche außerdem häufig eine einmalige Gelegenheit darstellen, den christlichen Glauben kennen zu lernen. Zugleich muss vermieden werden, dass stattfindende religiöse Feiern gestört werden, indem man die Besuchszeiten für Touristen gemäß der Gottesdienstordnung einplant.

Die Verantwortlichen der Seelsorge des Ortes sollen zu einem entgegenkommenden Verhalten ermuntern und die Betroffenen zum Empfang der Besucher ausbilden. Zu diesem Zweck sollen sie die Zusammenarbeit unter den Gläubigen fördern, indem sie Interessenten nicht nur eine fachliche, sondern auch eine spirituelle Vorbereitung angedeihen lassen, die ihnen hilft, in diesem Dienst ein Mittel zu sehen, den eigenen Glauben zu leben und zu bezeugen.[29]

Die Pflicht zur Gastfreundschaft verlangt eine besondere Organisation auch bei anderen religiösen Veranstaltungen, die aufgrund ihres traditionellen und volkstümlichen Charakters eine große Zahl von Touristen anziehen. Aufgabe der Seelsorge ist es dabei, die Religiosität, welche diese Besucher leitet, zu einem authentischeren persönlichen Glauben zu dem lebendigen Gott hinzuorientieren. Zu dieser Aufgabe gehört auch, dass man sich an die Reisebüros wendet, die mit diesen Veranstaltungen werben. In diesem Sinn erscheint es notwendig, dass man die Reisemittler zur Zusammenarbeit einlädt, indem man ihnen klare und seriöse Informationen über die religiöse Bedeutung dieser Veranstaltungen zur Verfügung stellt.

In vielen Ländern, vor allem in Asien, zeigt der Besucher ein wahres Interesse an den großen religiösen Traditionen. Die Ortskirchen können dazu beitragen, diese Begegnung wirklich fruchtbar zu machen, wenn es ihnen gelingt, zu den Touristen einen „Dialog des Lebens und des Herzens“[30] anzuknüpfen, den sie fördern sollen.

Der Christ, der von Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften verehrte Orte besucht, muss daran erinnert werden, dass sein Betragen von größtem Respekt gekennzeichnet sein muss und sein Verhalten in keiner Weise die religiöse Sensibilität derjenigen verletzen darf, die ihn aufnehmen. Er soll solche Gelegenheiten wahrnehmen, um soweit möglich seine Achtung durch Worte und Werke zu bekunden, und dadurch die „geistlichen und sittlichen Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und fördern.“[31]  

  

2. Tourismus christlich erleben   

22. Die durch die Taufgnade besiegelte Begegnung mit Christus lädt den Christen ein, unter dem Impuls des Heiligen Geistes sein ganzes Leben umzugestalten, „damit Christus jeden einzelnen auf seinem Lebensweg begleiten kann mit jener kraftvollen Wahrheit über den Menschen und die Welt, wie sie im Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung enthalten ist, mit der Macht jener Liebe, die hiervon ausstrahlt.“[32] Das ist die Ebene, die den Auftrag der Kirche konstituiert und auch das Herz ihrer Seelsorgearbeit im Bereich des Tourismus bildet. 

Zunächst muss von allen anerkannt werden, dass die Bemühung, die Zeit, die man dem Tourismus widmet, als Christ zu erleben, notwendigerweise von einer aufrichtigen christlichen Sicht des Tourismus getragen sein muss. Vor allem die Versenkung in die Heilige Schrift wird den Christen zur Betrachtung Gottes an der Schönheit der Schöpfung, zur Gemeinschaft mit den Brüdern in der neuen erlösten Menschheit und schließlich zum Fest als Ausdruck der Hoffnung disponieren, die alle trägt und alles erneuert. Angestrahlt von diesem Licht wird der Christ entdecken, dass die Zeit, die er der Ruhe und dem Tourismus widmet, eine Zeit der Gnade ist, eine wertvolle Gelegenheit, die zum Gebet, zur Feier des Glaubens und Gemeinschaft mit den Brüdern einlädt. 

Damit er seinen Tourismus wirklich christlich gestalten kann, muss der Christ mit der Ortsgemeinde die Feier des Glaubens, ganz besonders die Eucharistie am Tag des Herrn und die wichtigsten Momente des liturgischen Jahres, teilen, die häufig in die Ferienzeit fallen.[33] In dem Wissen, dass er sich in keiner Gemeinde fremd fühlen braucht und dass er sich in jedem Winkel der Welt zu Hause, in ein und derselben Familie, fühlen soll, wird er sich persönlich bemühen, die Teilnahme anderer Touristen an den liturgischen Feiern zu fördern. Soweit notwendig, wird er bei den Verantwortlichen des Tourismus sein Recht auf Bedingungen geltend machen, die es ihm erlauben, seinen Glauben zu praktizieren. 

Der Christ muss stets darauf bedacht sein, nicht nur seiner Berufung zuwiderlaufende Verhaltensweisen zu vermeiden, sondern auch Worte, Gesten und Haltungen, welche die Sensibilität der anderen verletzen können. Ganz besonders soll er ein Reichtum zur Schau stellendes oder verschwenderisches Betragen meiden. Das christliche Zeugnis des Touristen muss sich im Gegenteil in der Hilfe für die Bedürftigsten konkretisieren, indem man ihnen einen Teil des für die Reise vorgesehenen Geldes zugute kommen lässt. 

Eine solche vom Gebet genährte Lebenseinstellung soll insbesondere dann gepflegt werden, wenn die örtlichen Verhältnisse die Teilnahme des Touristen an religiösen Feiern der Gemeinde erschweren, wie das zum Beispiel in Ländern mit christlichen Minderheiten der Fall sein kann. In diesen Fällen muss der Christ in ganz besonderer Weise die Pflicht fühlen, seinen Glauben durch das Zeugnis seines Betragens zum Ausdruck zu bringen und sich bemühen, mit Vorsicht und Respekt den religiösen Dialog mit den Menschen zu suchen, denen er begegnet.   

23. Meistens verreist man gemeinsam mit seinen Familienangehörigen. Es ist bekannt, dass es in der Gegenwartsgesellschaft viele Faktoren gibt, die das familiäre Leben, die Kommunikation, das Zusammenleben und den Austausch unter den Mitgliedern erschweren. Sogar in der Freizeit, die zumeist von individuellen Präferenzen bestimmt ist, gelingt es nicht, diese Situation wieder ins richtige Lot zu bringen. Aus dieser Perspektive kann der Familientourismus als wirksames Mittel empfohlen werden, um die familiären Bindungen zu intensivieren und sogar wiederherzustellen. Das Programm einer gemeinsamen Reise, deren Erfolg die verantwortliche Beteiligung aller verlangt, vermehrt die Dialogmöglichkeiten, verbessert das wechselseitige Verständnis und die gegenseitige Wertschätzung, hebt das Selbstbewusstsein aller Familienmitglieder und ermuntert zu großzügigem gegenseitigem Helfen.[34] 

Der Familientourismus bietet den Eltern eine wertvolle Gelegenheit, ihre katechetische Rolle gegenüber den Kindern durch den Dialog und das Beispiel wahrzunehmen. Tourismus als Familie treiben, stellt eine einmalige Gelegenheit zur Bereicherung der Person in Sachen Lebenskultur, Achtung sittlicher und kultureller Werte und Schutz der Schöpfung dar. Es darf nicht vergessen werden, dass die Dimension der Freiheit, die im Tourismus besonders zur Wirkung kommt, zu Verantwortung ermuntert und bildet.   

24. Der Tourismus bringt außerdem Gruppen von Personen sowohl aus Altersgründen als auch aus anderen Gründen des Arbeits- und Soziallebens zusammen. Die Kirche widmet diesen Gruppen ihre seelsorgliche Aufmerksamkeit und bietet ihnen ihre Hilfe an, damit sowohl die touristischen Veranstalter als auch die Touristen selbst diese spezifische Situation mit ihrem ganzen menschlichen und spirituellen Reichtum erleben können. 

Zu erwähnen sind hier an erster Stelle die Reisen von Kinder- und Jugendgruppen, in der Regel im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung. Die Veranstalter solcher Reisen, insbesondere solche, die zum Sektor des christlich orientierten Erziehungswesens oder ähnlichen Bildungsanstalten gehören, müssen sich bemühen, die notwendigen Voraussetzungen vorzusehen, damit solche Reiseerfahrungen für die jungen Menschen zu einer Gelegenheit werden, ihren Glauben zu vertiefen. Analog dazu sollen Initiativen der Freiwilligen gestaltet werden, die einen Teil ihrer Ferien der Hilfe in Notstandsituationen oder der Entwicklungsarbeit widmen.[35] Eine besondere seelsorgliche Aufmerksamkeit sollte auch, sowohl in den Herkunftsländern als auch in den Zielländern, den jungen Menschen gewidmet werden, welche die Ferien dazu nutzen, um im Ausland eine Fremdsprache zu erlernen.

Des weiteren nehmen die Reisemöglichkeiten für ältere Menschen ständig zu. Diese Reisen müssen ‚Reisen der Freude’ sein und von einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit erfüllt sein sowie davon, „dass man sich vertrauensvoll den Händen Gottes überlässt.“ Denn „auf diese Weise erhält und steigert man die Lebensfreude, die ein grundlegendes Gottesgeschenk ist.“[36]

Doch nicht alle können sich den Tourismus leisten; es gibt immer noch viel zu viele Menschen, die von seinen Vorteilen weder unter persönlichem noch unter kulturellem und sozialem Profil profitieren können. Unter der Bezeichnung „Sozialtourismus“ bemühen sich zahlreiche Vereine, den Tourismus allen zugänglich zu machen, sowohl durch Initiativen, mit denen Personen und Familien bei der Finanzierung geholfen werden soll, als auch durch die Planung und Entwicklung bestimmter touristischer Aktivitäten. Durch die seelsorgliche Aufmerksamkeit der Kirche muss die Wertschätzung und Unterstützung solcher Initiativen gefördert werden, die den Tourismus wirklich in den Dienst der persönlichen Selbstverwirklichung und sozialen Entwicklung stellen. Daneben fehlt es nicht an Vereinen, die mithilfe des Tourismus vereinsamten und ausgegrenzten Menschen wirksame Integrationsmöglichkeiten bieten. Durch ihre Teilnahme bezeugt die Kirche hier die besondere Vorliebe Gottes für die Schwächsten.  

25. Wie bereits betont wurde, stellt der Tourismus ein wichtiges Segment der Weltwirtschaft dar und bildet ein Gewerbenetz, das sich heute im Rahmen von marktwirtschaftlichen Strukturen[37] entwickelt, die in den Globalisierungsprozess eingebunden sind. Ein Hauptziel der Tourismusseelsorge muss es deshalb sein, dass sowohl die Unternehmer- als auch die Arbeiterseite der Tourismusbranche von der Soziallehre der Kirche verstanden und erhellt wird.

Am Tourismus wird eine grundlegende Wahrheit deutlich, welche die gesamte Wirtschaft orientieren muss und von Johannes Paul II. mit folgenden Worten zusammengefasst wurde: „Arbeiten ist heute mehr denn je ein Arbeiten mit den anderen und ein Arbeiten für die anderen: Arbeiten besagt, etwas für jemanden tun.“[38] Das gesamte Tourismusgewerbe hat in der Tat die Person zum Protagonisten und ist bestrebt, einige seiner innersten und persönlichsten Wünsche zu befriedigen. Diese besondere Verbindung mit der Person erlegt der Tourismuswirtschaft große ethische Verpflichtungen auf, die sich in der Achtung vor der Würde und den Rechten des Menschen sowie in der Anwendung des Prinzips der Solidarität und Gerechtigkeit in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse und der bevorzugten Option für die Armen äußern müssen. 

Die Tourismusseelsorge muss deshalb Initiativen fördern, damit die christlichen Fachkräfte und Arbeitnehmer der Tourismusbranche die Soziallehre der Kirche, insbesondere den Teil, der sich auf ihren Sektor bezieht, kennen und ihr Verhalten dieser Lehre anpassen können.   

26. Für die im Tourismus tätigen Unternehmer und Veranstalter sollen einige Aspekte der Soziallehre der Kirche hervorgehoben werden, die ganz besonders wichtig für ihre Tätigkeit sind. 

So müssen etwa von den Reiseveranstaltern, ganz besonders bei der Schaffung neuer Reiseziele bzw. bei der Erschließung neuer Räume für touristische Aktivitäten, die Investitionen immer auch in der Optik einer „moralischen und kulturellen Entscheidung“[39] gesehen werden. Mit anderen Worten: Sie müssen sich von Kriterien leiten lassen, die in der Wirtschaft einen Dienst an der Person und an der Allgemeinheit und nicht nur eine Einnahmequelle sehen. 

Die ökologische Frage, die mit dem Tourismus auf höchst sensible Weise verbunden ist, bildet einen Aspekt, der bei der Ausweitung der Tourismuswirtschaft gebührend beachtet werden muss. Um auf das „moralische Problem“[40], das die ökologische Krise für die heutige Welt darstellt, eine Antwort zu geben, müssen Initiativen im Sinne der Umweltverträglichkeit und zum Schutz der Prioritäten der einheimischen Bevölkerung gefördert werden, selbst wenn dadurch notwendig wird, das Tourismusgewerbe einzuschränken. Jede Anstrengung, die zum Ziel hat, die Christen für einen schlichten und solidarischen Lebensstil bei ihren Reisen in den Entwicklungsländern in die Verantwortung zu nehmen, wird sich als erfolglos herausstellen, wenn die Reiseveranstalter und Tourismusfachkräfte nicht von einer entsprechenden Sensibilität geleitet sind. 

Die moralischen und christlichen Kriterien, an denen sich die Tourismuswirtschaft orientieren muss, werden wirksame Anwendung finden, wenn die notwendige Zusammenarbeit zwischen im Tourismus Berufstätigen, politischen Verantwortungsträgern und Vertretern der einheimischen Bevölkerung gegeben ist. Für die christlichen Beschäftigen des Tourismusgewerbes stellt diese Zusammenarbeit eine Gelegenheit zu Zeugnis, Gemeinschaft und Verkündigung des Reiches Gottes in Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit dar. 

27. Das Angebot touristischer Programme, die Präsentation von Reisezielen und die Werbung für Aktivitäten in der Ferienzeit ist der sichtbarste und einladendste Aspekt der Welt des Tourismus, an dem die Menschen sehen, wie ihre Wünsche und Träume Farbe annehmen und an Anziehungskraft gewinnen. Es ist klar, dass gerade in diesem Umfeld von den Reiseveranstaltern eine objektive Information, absolute Achtung vor der Würde der Personen und der Beschaffenheit der Orte, auf die sich die Information bezieht, Ehrlichkeit hinsichtlich ihres touristischen Angebots und absolute Zuverlässigkeit in Bezug auf das Leistungsangebot gefordert sind. Wenn die Ausübung des Tourismus eine Ausdrucksform der menschlichen Freiheit ist, muss die gesamte Information, mit der der Tourismus gefördert wird, die Ausübung einer verantwortlichen Freiheit[41] fördern. Diese Verantwortung erstreckt sich auf die gesamte Reise und schließt die Bereitschaft ein, danach sachgemäße Beobachtungen und nützliche Empfehlungen der Kunden entgegenzunehmen. 

Der Dienst, den die Reiseveranstalter den Touristen leisten, hat viel mit der christlichen Tugend der Nächstenliebe zu tun, die man in diesem Fall dadurch pflegt, dass man gute Ratschläge gibt und die Schwierigkeiten und Freuden, die es unterwegs gibt, miteinander teilt. Die christlichen Reiseveranstalter müssen sich deswegen dadurch auszeichnen, dass sie mit Aufrichtigkeit und Achtung religiös bedeutende Orte präsentieren und sorgfältig darauf achten, in ihren Programmen Hinweise auf eventuelle besondere Forderungen der jeweiligen Religion einzufügen bzw. zu erwähnen. 

Die Tourismusseelsorge soll Initiativen vorsehen mit dem Ziel, den christlichen Reiseveranstaltern Gelegenheit zu bieten, über die Kriterien nachzudenken, an denen sich ihre Arbeit orientieren soll. Außerdem ist wichtig, dass ihnen in Zusammenarbeit mit anderen Personen sachdienliche Informationen über religiöse Orte bzw. Ereignisse gegeben werden, die in der Regel Ziel touristischer Reisen sind. Ein solches Vorgehen sollte überdies in Zusammenarbeit mit den zuständigen Organen anderer Länder in Ansatz gebracht werden, damit die angestrebten Ziele auch bei der Organisation des internationalen Tourismus erreicht werden. Zur Realisierung dieser Ziele erscheint die Präsenz von Vertretern der Tourismusseelsorge bei den Messen der Tourismusbranche angezeigt.   

28. Touristen werden häufig von Reiseleitern zur leichteren Realisierung des Reisezwecks begleitet. Reiseleiter sind häufig für den Erfolg oder Misserfolg der Ferien ausschlaggebend. Tatsächlich kann der Einfluss, den Reiseleiter auf Touristen ausüben, und folglich die Verantwortung, die sie haben, sich eine angemessene Ausbildung für die Ausübung ihres Berufs anzueignen, nicht hoch genug eingeschätzt werden. 

Aus diesem Grund müssen Zusammenschlüsse und Begegnungen für christliche Reiseleiter zur menschlichen und spirituellen Fortbildung sowie zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch gefördert werden, denn ihre Arbeit verlangt ein besonderes Maß an Respekt, Hingabe und Aufmerksamkeit für das geistliche Wohl der Touristen. Sie müssen sich bewusst sein, dass von ihnen beim Umgang mit den Touristen ein besonders anspruchsvolles Glaubenszeugnis gefordert ist.

Wenn Reiseleiter Touristen Orte, Denkmäler oder Ereignisse religiösen Charakters erklären, müssen sie mit kluger Kompetenz zu Werk gehen und sich bewusst sein, dass sie in gewisser Weise wahrhaftige Evangelisatoren sind, und eine dementsprechende Behutsamkeit und Achtung walten lassen.

Für Reiseleiter konzipierte pastorale Initiativen können auch auf die Kategorie der „Animateure“ ausgedehnt werden, deren Zahl ständig wächst und im Tagesgeschehen der Touristen eine immer wichtigere Rolle spielen. In ihren Händen liegt es weitgehend, ob die Freizeit zu einem sinnvollen Raum im Sinne gesunder Unterhaltung und menschlichen und spirituellen Wachstums wird.  

29. Die Anbieter touristischer Aktivitäten und die im Tourismus Beschäftigten spielen eine spezifische Rolle, wie die Besucher empfangen werden, ja sind in gewisser Weise die Hauptakteure dieses Empfangs. Durch ihre Arbeit stehen sie in direktem Kontakt mit den Besuchern und erkennen als erste ihre Erwartungen und eventuellen Enttäuschungen; häufig werden sie zu ihren Vertrauten und können als Ratgeber und Führer fungieren.

Wer als Christ im Tourismus berufstätig ist, wird sich in einer solchen Situation bewusst, welch große Verantwortung er hat. Von seiner fachlichen Kompetenz und von seinem christlichen Engagement hängt ab, ob der Aufenthalt des Besuchers sowohl auf menschlicher als auch geistlicher Ebene zu einem Erfolg wird.

Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, müssen die christlichen Tourismusfachkräfte auf die entschiedene Unterstützung der Gemeinde und der Pastoralbeauftragten zählen können. Es ist unbedingt notwendig, ihnen eine spezifische Vorbereitung während der Ausbildungszeit sowohl in den Berufsschulen als auch durch andere komplementäre Initiativen angedeihen zu lassen. Auch bei der Planung der Feiern und der Katechese muss ihrer Dienstzeit Rechnung getragen werden.

Die Tourismusseelsorge muss eine besondere Sensibilität für die spezifische Situation der im Tourismus Beschäftigten zeigen. In diesem Sinn erscheint eine ihren Arbeitsverhältnissen angemessene religiöse und sakramentale Zuwendung vonnöten, die aber nicht die Zeiten und den Rhythmus des Lebens der Gemeinde durcheinanderbringen darf. Durch eine solche Anpassung soll die Beteiligung der im Tourismus Berufstätigen am Leben der Pfarrgemeinde, an den apostolischen Bewegungen oder an der Bildung spezifischer Gruppen oder spezialisierter Zusammenschlüsse gefördert werden. Die Bildung solcher Gruppen ist ein pastorales Aktionsinstrument, das mit allen verfügbaren Mitteln sowohl im Bereich der Berufstätigkeit als auch außerhalb gefördert werden sollte.

Manchen Situationen muss besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, wie etwa der problematischen Lage, in der sich häufig Arbeitnehmer hinsichtlich des Familienlebens befinden. Die oben beschriebenen Arbeitsverhältnisse können nämlich das geregelte Zusammenleben in der Familie, zwischen den Ehepartnern oder der Eltern mit den Kindern, sowohl wegen der Dienstzeiten als auch weil der Arbeitnehmer gezwungen ist, fern der Familie zu leben, beeinträchtigen.

Junge Menschen in der Ausbildungszeit und beim Einstieg ins Berufsleben stellen eine weitere Gruppe dar, der ein spezifischer Dienst angeboten werden muss. Sie durchleben eine entscheidende Etappe ihres persönlichen Lebens, in der es für sie sehr wichtig ist, auf die Hilfe der Kirche zählen zu können. In diesem Zusammenhang spielen die Pfarreien sowie die Gruppen und Zentren eine wesentliche Rolle, in denen man sich zu Begegnungen der Ausbildung, Reflexion und zur Feier des Glaubens trifft.

Die Lage der im Tourismus arbeitenden Frauen muss eine weitere Priorität bilden, der die Tourismusseelsorge besondere Aufmerksamkeit schenken muss. Man muss alle Initiativen intensivieren und unterstützen, die eine größere Achtung vor der Würde der Frau und ihrer spezifischen Position in Familie und Gesellschaft zum Ziel haben.

  

3. Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gesellschaft   

30. Bei ihrer Sendung in der Welt bietet die Kirche einerseits „der Menschheit ihre aufrichtige Mitarbeit zur Errichtung einer brüderlichen Gemeinschaft an“[42], durch die die Ziele erreicht werden sollen, die der menschlichen Würde innewohnen; andererseits ist sie „der festen Überzeugung, dass sie selbst von der Welt, sei es von einzelnen Menschen, sei es von der menschlichen Gesellschaft, durch deren Möglichkeiten und Bemühungen viele und mannigfache Hilfe zur Wegbereitung für das Evangelium erfahren kann.“[43]

Dieser wechselseitige Dienst von Kirche und Gesellschaft geschieht in erster Linie durch die spezifische Sendung der Laien. Deswegen muss die Tourismusseelsorge die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung, den Fachverbänden und anderen im Tourismus wirkenden Zusammenschlüssen suchen und fördern, damit sich christliches Gedankengut im Tourismus verbreiten und „die ihm innewohnende Möglichkeit eines neuen Humanismus“[44] im Tourismus entwickeln kann.

Geleitet von diesem Grundsatz, hat der Heilige Stuhl einen Beobachtersitz bei der Welttourismusorganisation eingerichtet. Seit 1980 richtet diese Organisation alljährlich den Welttag des Tourismus am 27. September aus und hat 1999 den internationalen Ethik-Codex des Tourismus eingeführt. Die Kirche nimmt an der Feier dieses Welttages dadurch teil, dass der Papst seine spirituelle Bedeutung durch eine entsprechende Botschaft hervorhebt. Außerdem teilt sie die Prinzipien, die dem vorgenannten Codex zugrunde liegen.

Analog dazu sollen die Bischofskonferenzen und einzelnen Bischöfe sich bemühen, den ständigen Dialog zu den öffentlichen, nationalen und lokalen Behörden, zu den Einrichtungen der Reiseveranstalter und zu den Verbänden der Tourismusfachkräfte zu suchen, damit die Mitarbeit der Kirche beim Aufbau einer gerechteren, friedlicheren und solidarischen Welt in konkreten Handlungen Niederschlag findet.

Außerdem soll man auf allen Ebenen eine enge Zusammenarbeit mit den Zusammenschlüssen suchen, die gegen Situationen kämpfen, welche die menschliche Würde verletzen und für die der Tourismus teilweise oder ganz verantwortlich ist, wie zum Beispiel der sogenannte „Sextourismus“, Drogenabhängigkeit, Umweltzerstörung, Minierung der kulturellen Identität, Ausplünderung des Kunsterbes. Der Christ hat die Pflicht, solche bedrückende Situationen furchtlos anzuprangern und alles in seinem Vermögen Stehende zu tun, um ihnen Einhalt zu gebieten.  

  

III. Pastorale Strukturen   

31. Die Sendung der Evangelisierung ist eine Aufgabe, die der Kirche in Treue zu dem vom Herrn empfangenen Auftrag obliegt. Alle Mitglieder der Kirche haben die Pflicht, diese grundlegende Aufgabe in einer Mannigfaltigkeit mitzutragen, durch welche die wahre Gleichheit aller bei der „Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“[45] in ihrer vollen Würde zur Wirkung kommt. Bei der Durchführung dieser Sendung der Evangelisierung sucht die Kirche ohne Unterlass immer wirksamere Mittel und ist bereit, diese Mittel je nach den Erfordernissen der Zeit[46] zu modernisieren, wobei sie besonderes Augenmerk darauf legt, „kühn und umsichtig“[47] die jedem Volk eigenen Aspekte und Sprache zu respektieren und sich ihnen anzupassen.[48]

Die Entwicklung des Tourismus und seine zunehmende Bedeutung für die Nationen verdient die seelsorgliche Zuwendung der Kirche, die diesen Bereich seit seinen Anfängen aufmerksam mitverfolgt hat, geleitet von der Erfahrung, mit der sie seit Jahrhunderten den Weg unzähliger Pilger begleitet.[49] Im Bewusstsein darum, dass die neuen Dimensionen des Phänomens des Tourismus ein „koordiniertes Vorgehen der verschiedenen Mitglieder der christlichen Gemeinden“[50] erfordern, hat die Kirche einige Kriterien zur Koordinierung der Arbeit in den verschiedenen Wirkungsbereichen entwickelt. Die nachfolgenden Orientierungen wollen in Anlehnung an frühere Ausführungen eine Anregung für die gemeinsamen Bemühungen all jener sein, die sich vor Ort in der Welt des Tourismus betätigen wollen.  

 

1. Der Päpstliche Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs   

32. Mit dem Apostolischen Schreiben Motu Proprio Apostolicae caritatis vom 19. März 1970 setzte Papst Paul VI. die „Päpstliche Kommission der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs“ ein und ordnete sie der Kongregation für die Bischöfe zu. Die mit diesem Dokument konstituierte Einrichtung erlangt wegen der enormen Zunahme der Mobilität, die durch den Fortschritt der Technik ermöglicht wird, eine wichtige Rolle in der Gegenwartsgesellschaft. Insbesondere was den Tourismus betrifft, weist das Dokument darauf hin, dass man es hier mit einer „enormen Masse von Personen zu tun hat und vor einem gesellschaftlichen Novum mit präzisen Eigenheiten steht.“[51]

Mit der Apostolischen Konstitution Pastor bonus (28. Juni 1988) wurde der Päpstliche Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs eingesetzt, der an die Stelle der Kommission trat und ihre Aufgaben übernahm. In Bezug auf den Tourismus erklärt Pastor bonus, dass der Päpstliche Rat die Aufgabe hat, „Sorge zu tragen, dass die aus Gründen der Frömmigkeit, des Studiums oder der Abwechslung unternommenen Reisen die moralische und religiöse Bildung der Gläubigen fördern, und hilft den Ortskirchen, damit alle, die sich außerhalb ihres Wohnortes befinden, aus einer angemessenen seelsorglichen Betreuung Gewinn ziehen können.“[52]

Bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe verfolgt der Päpstliche Rat folgende Hauptziele:

1. Er fördert und koordiniert eine ständige Analyse des Phänomens des Tourismus, insbesondere was seinen Einfluss auf das spirituelle und religiöse Leben der Einzelnen und der Gemeinschaften anbelangt.

2. Er schlägt pastorale Vorgehensweisen vor, die gemeinsam oder von Gruppen von Nationen angewandt werden können.

3. Er unterhält ständige Kontakte zu den Bischofskonferenzen, um die pastoralen Initiativen im Bereich des Tourismus zu koordinieren und zu unterstützen.

4. Er arbeitet mit den höheren kirchlichen Studienzentren und Forschungsinstituten zusammen, die in ihren Programmen das Studium des Tourismus vorsehen.

5. Er plant die jährliche Feier des Welttages des Tourismus und verfasst und verbreitet katechetisches Material zum Thema des Welttages.

6. Er unterhält regelmäßigen Kontakt zum ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls bei der Welttourismusorganisation.[53]

  

2. Die Bischofskonferenzen  

33. Die Bischofskonferenzen sind Gremien, die konstituiert wurden, „damit durch den Austausch von Kenntnissen und Erfahrung und durch gegenseitige Beratung ein heiliges Zusammenwirken der Kräfte zum gemeinsamen Wohl der Kirchen zustande kommt.“[54] Im Apostolischen Schreiben Apostolos suos heißt es dazu präzisierend: „Indem sie neue Aufgaben in Angriff nehmen und sie es sich zu ihrem Anliegen machen, dass die Botschaft Christi das Gewissen der Menschen erleuchte und leite, um die mit den gesellschaftlichen Umwälzungen verbundenen neuen Probleme zu lösen, erfüllen die in der Bischofskonferenz versammelten Bischöfe gemeinsam ihr Lehramt. Dabei sind sie sich der Begrenzungen ihrer Aussagen bewusst, die nicht die Eigenschaft eines universalen Lehramtes besitzen, obwohl sie offiziell und authentisch und in Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl sind.“[55] Bei der Tätigkeit der Bischofskonferenzen spielen die seelsorgliche Aufmerksamkeit für Themen, die innovative Veränderungen in der Gesellschaft bewirken, sowie die Empfehlung von „Formen und Methoden des Apostolates, die den zeitlichen und örtlichen Umständen in geeigneter Weise angepasst sind“[56], eine bevorzugte Rolle.

Der Tourismus gehört zweifelsohne zu den Themen, die von den Bischofskonferenzen Aufmerksamkeit fordern. Der Tourismus ist nämlich eine noch relativ neue Instanz für die Gesellschaft, insbesondere für die Gemeinschaften, deren Gebiet und Kulturerbe Ziel des internationalen Tourismus ist. Das Novum des Tourismus kommt andererseits auch aus seiner ständigen Entwicklung, die neue Lebensstile und Gewohnheiten erzeugt.

Im Folgenden listen wir einige konkrete Initiativen auf, die von den Bischofskonferenzen im Zusammenhang mit dem Tourismus ergriffen werden können.

1. Allen Bischöfen sollte ein aktueller Überblick über die Tendenzen der touristischen Entwicklung im Land, über seine Formen, seine soziale Auswirkung auf die Bevölkerung und auf die Welt der Arbeit, sowie über die religiösen Bedürfnisse der Touristen gegeben werden. Diese Informationen sollten sich sowohl auf den einheimische Tourismus als auch auf den internationalen Tourismus beziehen. Sollte die Dimension, die die Entwicklung des Tourismus in einem Land erreicht hat, es nahe legen, soll diese prüfende und analysierende Tätigkeit einem ständigen Beobachtergremium bei einer katholischen Universität oder einem kirchlichen Institut des Landes übertragen werden.

2. Man sollte ein Bildungsprogramm vorsehen, das sich speziell an die in der Tourismusseelsorge Tätigen wendet und von den verschiedenen Seminaren und Bildungsinstituten übernommen werden kann, damit in allen Diözesen angemessen ausgebildete Priester und Pastoralbeauftragte zur Verfügung stehen.

3. Man sollte eine Reihe von Orientierungen für die ordentliche Seelsorge ausarbeiten, damit allen Gläubigen eine angemessene Katechese zur Freizeit und zum Tourismus geboten wird.

4. Wenn die Umstände es nahe legen, sollten Kontakte zu anderen Bischofskonferenzen hergestellt werden, um zwischen Herkunfts- und Zielländern Wege der Kooperation zum Austausch von Pastoralfachkräften und zur Nutzung von Informationen und liturgischem Material in den verschiedenen Sprachen zu öffnen.

5. Es sollten Bildungsprogramme für Reiseleiter und Reiseführer, vor allem für diejenigen, die Besichtigungen religiöser Orte leiten, und für Schüler von Tourismus- und Hotelfachschulen gefördert werden.

6. Der Tourismus sollte zu den Themen gehören, die in den „katholischen Kulturzentren“[57] behandelt werden.

7. Es sollten mögliche Formen der Kooperation zwischen den Diözesen vorgesehen werden, damit die seelsorgliche Betreuung an Orten, an denen es in gewissen Saisons aus touristischen Gründen zu großen Ballungen kommt, besser organisiert werden kann.

8. Es sollten Kontakte zu Vertretern der christlichen Konfessionen zur ökumenischen Zusammenarbeit in den großen touristischen Zentren hergestellt werden.[58]

9. Man sollte in einen ständigen Dialog mit öffentlichen Behörden und interessierten Organisationen treten, um angemessene Formen der Zusammenarbeit bei der Planung und Beobachtung der Tourismuswirtschaft herzustellen, wobei besondere Aufmerksamkeit dem Schutz der kulturellen Identität der einheimischen Bevölkerung, den Rechten der im Tourismus Beschäftigten, der korrekten Nutzung des künstlerischen und religiösen Erbes und der Achtung, mit der die Besucher empfangen werden, gewidmet werden soll.

10. Man soll die Präsenz der Kirche an den „Börsen“ der Branche fördern.

Zur Koordinierung all dieser Tätigkeiten erscheint es sinnvoll, ein Gremium bei der Bischofskonferenz[59] einzurichten, dem eine Gruppe von Fachleuten beigeordnet ist, welche die verschiedenen Sektoren des Tourismus repräsentieren.

  

3. Die Diözesen  

34. Der Tourismus ist ein weitverbreitetes Phänomen in unserer Gegenwartsgesellschaft, sei es als Freizeitbetätigung der Einzelnen, sei es als Arbeitsbereich, in dem viele ihren Beruf ausüben, sei es als Gewerbenetz, das einen Ort als touristisches Ziel charakterisiert. Durch seine enge Verflechtung ins Alltagsleben der Gemeinde ist der Tourismus deswegen eine Dimension, die als eine ordentliche Komponente der Diözesanseelsorge verstanden werden und als solche zu den Bereichen gehören muss, die regelmäßig im Blickpunkt der Aufmerksamkeit des Ortsordinarius und seiner beratenden Gremien stehen.

Unter den Zielen der Tourismusseelsorge auf Diözesanebene dürfen folgende nicht fehlen.

1. Es soll eine christliche Sicht des Tourismus vermittelt werden, welche die Gläubigen dazu führt, den Tourismus mit christlichem Engagement und Zeugnis und einer missionarischen Haltung zu erleben. Dieses Ziel soll bei der Predigt, Katechese und bei der Nutzung der sozialen Kommunikationsmittel beachtet werden. Analog dazu soll man sich bemühen, in den Schulen eine angemessene Bildung anzubieten, durch die man die Werte eines die Würde und Entfaltung der Menschen und der Völker respektierenden Tourismus schätzen lernt.

2. Es sollen Pastoralkräfte ausgebildet werden, die imstande sind, die Seelsorgearbeit in diesem Sektor in spezifischer Weise zu fördern. Wenn die Bedürfnisse einer Diözese es erfordern, soll einigen Priestern und geeigneten Laien eine gründlichere spezifische Ausbildung ermöglicht werden.

3. Man soll die Realität des Tourismus in der Diözese studieren, pastorale Kriterien formulieren und in den Priester- und Pastoralräten[60] entsprechende Tätigkeiten vorschlagen. Die religiöse Betreuung der Touristen, die in das pastorale Tätigkeitsprogramm der Diözese integriert sein muss, soll sich in einer ihrer Sprache und Kultur angepassten Form vollziehen, ohne dass sie zu einer separaten Tätigkeit wird und das Leben der Ortsgemeinde stört.

4. In den Zeiten stärksten Touristenzustroms sollen Maßnahmen ergriffen werden, um den Dienst der meistbesuchten Pfarreien zu optimieren, und, soweit notwendig, die Abstellung von Priestern aus anderen Pfarreien sowie die Mitarbeit von Priestern anderer Diözesen oder Länder vorgesehen werden.

5. Die Diözesankirche sollte, ganz besonders zu Beginn von Zeiten touristischen Hochbetriebs, die Touristen mit einem Brief des Bischofs willkommen heißen sowie mit Hilfsmitteln, durch welche die Information und Teilnahme an den Feiern und am Leben der Ortskirche gefördert wird.

6. Man sollte die Bildung von Gruppen und Vereinen sowie die Mitarbeit von Freiwilligen bei der Leitung von Besuchern offenstehenden Kunst- und Kulturgütern der Kirche und beim Empfang der Touristen fördern, damit ausreichend lange Öffnungszeiten angeboten werden können.

7. Man sollte unter Berücksichtigung der neuen urbanistischen und sozialen Gegebenheiten Pfarreien und Gemeinschaftszentren bauen, die der Tourismusseelsorge vermehrt Rechnung tragen.

8. Man sollte Kontakte zu den Verantwortlichen anderer christlicher Konfessionen unterhalten, um Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem besseren religiösen Dienst an ihren Gläubigen beitragen können, wobei die vom Heiligen Stuhl und von den Bischofskonferenzen festgesetzten Kriterien und Normen befolgt werden müssen.

9. Man soll zur Zusammenarbeit mit den öffentlichen Behörden und örtlichen Verwaltungen, mit den Fach- und Berufsverbänden und anderen am Tourismus interessierten Organisationen ermuntern.

10. Es soll eine Diözesankommission für Tourismusseelsorge geschaffen werden, die für die Koordinierung und Impulsgebung in diesem Pastoralbereich verantwortlich ist und zu der Fachleute der verschiedenen Personengruppen aus der Welt des Tourismus gehören sollen.

  

4. Die Pfarreien  

35. Indem sie „was immer sie in ihrem Raum an menschlichen Unterschieden vorfindet, zusammenschließt und es dem Ganzen der Kirche einfügt“[61], ist die Pfarrei die erste Schule der Gastfreundschaft, vor allem wenn sie sich versammelt, um den Tag des Herrn zu feiern.[62] Sie öffnet sich, um alle, die sich vorübergehend in ihr aufhalten, in ihrer Mitte willkommen zu heißen und bereitet ihre Gläubigen auf Reisen vor, die sie unternehmen wollen. In ihr finden all jene Unterstützung, die ihren Glauben in der Welt des Tourismus aufrichtig bezeugen wollen.

Die Pfarrgemeinde als Ort der Begegnung und Unterstützung für die Seelsorgearbeit betrachten, setzt zunächst voraus, dass die Pfarrei mit ihren Strukturen an den Orten präsent ist, an denen sich der Tourismus abwickelt. Das sichtbare Zeichen der Kirchen und Pfarrzentren stellt die erste und konkrete Geste des Empfangs dar. Durch diese Präsenz lädt die Pfarrei alle Besucher zur Teilnahme an der Feier des Glaubens und zu brüderlicher Gemeinschaft ein.

Bei der Gestaltung der Tourismusseelsorge darf die Pfarrgemeinde jedoch nicht nur darum bestrebt sein, die Besucher zu empfangen, sondern muss auch ihre Gläubigen vorbereiten, den Tourismus christlich auszuüben, und diejenigen unterstützen, die im Tourismus wirken und arbeiten.

Unter Befolgung der Ziele, die sich die Diözesankirche setzt, können einige konkrete von der Pfarrei zu unternehmende Initiativen in folgenden gesehen werden.

1. Wenn die Realität des Ortes es nahe legt, soll sowohl für die christliche einheimische Bevölkerung als auch für die Touristen eine Katechese zur Freizeit und zum Tourismus entwickelt werden.

2. Man soll helfende und vorbeugende Maßnahmen für Gruppen anregen und fördern, die Opfer einer falschen Tourismuspraxis oder des Verhaltens der Touristen sind.

3. Es soll die Tätigkeit von Apostolatsgruppen gefördert, angenommen und ermuntert werden, welche sich in besonderer Weise den Personen widmen, die im Sektor des Tourismus leben und arbeiten, auch wenn sich diese Bereiche nicht in der Pfarrei selbst befinden.[63]

4. Es sollte eine ständige Gruppe von Laien gebildet werden, die im Bereich des Tourismus durchzuführende pastorale Initiativen studiert und vorschlägt.

5. An den Orten intensiven Touristenandranges sollen die Dienste den Bedürfnissen der Touristen angepasst werden, um den persönlichen Kontakt, die Feier des Glaubens, das persönliche Gebet und das Zeugnis der Nächstenliebe zu fördern.

6. Es sollen spezifische Dienste für die im Tourismus Berufstätigen im Einklang mit ihren Dienstzeiten und Arbeitsverhältnissen geschaffen werden.

7. Es sollen angemessene Maßnahmen empfohlen werden, damit die Besucher an den Eucharistiefeiern in ihrer Muttersprache oder mit anderen Ausdrucksformen ihrer Kultur teilnehmen können, wobei stets die geltenden liturgischen Vorschriften zu beachten sind.

8. Man soll die Information über die Dienste der Pfarrei fortlaufend aktualisieren und dafür Sorge tragen, dass den Touristen diese Information in den Hotels, Informationsbüros und durch andere Informationsmittel zugänglich ist.  

  

Schluss  

36. Der Tourismus bietet ideale Voraussetzungen, damit der Mensch sich als Pilger in Raum und Zeit wahrnimmt. „Von seinem Geist belebt und geeint, schreiten wir der Vollendung der menschlichen Geschichte entgegen, die mit dem Plan seiner Liebe zusammenfällt: ‚alles in Christus dem Haupt zusammenzufassen, was im Himmel und was auf Erden ist’ (Eph 1,10).“[64] Die Kirche folgt dem beispielhaften Weg ihres Meisters und Herrn[65] und lehrt die Menschen, ihre wahre Berufung zu erkennen. Im Herzen aller Menschen zeigt sich die tiefe Unruhe des Homo viator, merkt man den Durst nach neuen Horizonten und spürt man die radikale Gewissheit, dass man nur in der Unendlichkeit Gottes das Ziel seiner Existenz erreicht.[66]

Das Suchen des Menschen wird im Tourismus besonders deutlich und offenkundig. Um seinen Wunsch zu befriedigen, andere Menschen und Kulturen kennen zu lernen, um seine persönlichen Fähigkeiten zu entwickeln und neue Erfahrungen zu machen, widmet der Mensch gern einen Teil seiner Freizeit dem Tourismus. Diese Suche, die sich im Tourismus äußert, erfolgt nicht nur, wenn der Mensch große Reisen oder gefährliche Abenteuer unternimmt, sondern zeigt sich ganz besonders klar in der Bemühung von Einzelnen und Familien, sich zusammen einen oder mehrere Tage zur Entspannung zu nehmen, in den Beschwerlichkeiten einer Reise, um Angehörige oder Freunde zu besuchen, und in der Zusammenarbeit, die ein Gruppenausflug verlangt.

Nachdem er Gott in einer günstigen seelischen Verfassung in der Schönheit der Natur und Kunst begegnet ist, wird der Tourist das Bedürfnis spüren, mit dem heiligen Augustinus zu sagen: „Zu deinem Eigentum erschufst du uns, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir.“[67] Und weiter: „Spät habe ich dich geliebt, du Schönheit, so alt und doch so neu, spät habe ich dich geliebt! Und siehe, du watest im Innern, und ich war draußen und suchte dich dort... Ich kostete dich und hungre und dürste.“[68]

Nachdem er sich durch die Teilnahme an einem „Dialog zwischen den Völkern und den Kulturen zum Aufbau einer Zivilisation der Liebe und des Friedens“[69] einer weltumspannenden Geschwisterlichkeit geöffnet hat, wird der Tourist in das Lied des Psalmisten einstimmen: „Seht doch, wie gut und schön es ist, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen!“ (Ps 133,1).

Mit Maria, Mutter und Urbild der Kirche[70], soll jeder Tourist, voller Staunen über die an der Schöpfung betrachteten Schönheit (vgl. Weish 13,3), den Herrn preisen (vgl. Lk 1,46) und von den wunderbaren Werken künden, die er vollbracht hat (vgl. Sir 42,15-43,33), und so für alle seine Menschengeschwister zum Botschafter der Hoffnung werden.  

Vatikanstadt, 29. Juni 2001, Gedächtnisfeier der heiligen Apostel Petrus und Paulus 

  

Erzbischof Stephen Fumio Hamao
Präsident  

                                                                                   Erzbischof Francesco Gioia
                                                                                                    Sekretär

 

[1]Kongregation für den Klerus,Generaldirektorium für die Tourismusseelsorge (30.4.1969). 

[2]Johannes Paul II.,Botschaft zum Welttourismustag 2000, 5.

[3]Laut einer Statistik der Welttourismusorganisation (WTO) zum 30. Januar 2001.

[4]Vgl. Johannes Paul II.,Enzyklika Laborem exercens (14.9.1981), 10.

[5]Ebd., 25.

[6]Johannes Paul II.hat den heiligen Franz von Assisi am 29.11.1979 zum „himmlischen Schutzpatron der Umweltschützer“ erklärt (Apostolisches Schreiben Inter sanctos .

[7]Heiliger Franziskus,Sonnengesang. 

[8]Vgl. Johannes Paul II.,Enzyklika Laborem exercens (14.9.1981), 23.

[9]Zweites Vatikanisches Konzil,Pastorale Konstitution Gaudium et Spes, 35; vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Laborem exercens (14.9.1981), 26.

[10]Hinsichtlich der in der genannten Zeit (1960-1980) erzielten Entwicklung schreibt Johannes Paul II.: „Man kann nicht sagen, dass diese verschiedenen religiösen, humanitären, wirtschaftlichen und technischen Initiativen vergebens gewesen seien; denn sie haben doch einige Ergebnisse erzielen können. Aber aufs Ganze gesehen und in Anbetracht der verschiedenen Faktoren kann man nicht leugnen, dass die gegenwärtige Weltsituation unter diesem Gesichtspunkt der Entwicklung eher einen negativen Eindruck bietet“ (Enzyklika Sollicitudo rei socialis [30.12.1987], 13).

[11]Vgl. Johannes Paul II.,Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia (6.11.1999), 39.

[12]Johannes Paul II.,Ansprache an die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften (28.4.2001), 2.

[13]Johannes Paul II.,Botschaft zum Weltfriedenstag 1998, 3.

[14]Johannes Paul II.,Apostolisches Schreiben Dies Domini (31.5.1998), 10.

[15]Johannes Paul II.,Enzyklika Redemptor hominis (4.3.1979), 21.

[16]Johannes Paul II.,Homilie im Stadion von Funchal, Madeira, Portugal (12.5.1991), 6.

[17]Johannes Paul II.,Apostolisches Schreiben Dies Domini (31.5.1998), 38.

[18]Ebd., 68.

[19]Johannes Paul II,Apostolisches Schreiben Tertio millennio adveniente (10.11.1994), 57.

[20]Die Gastfreundschaft war für die ersten Christen eine Hauptpflicht und eine der tiefsten Ausdrucksformen christlicher Nächstenliebe. Sie gilt als eine wichtige menschliche und christliche Tugend, als ein Zeugnis des Gemeinschaftslebens, als ein unantastbares Recht des Fremden, ein Weg, um zu Gott zu kommen, eine Gabe, die vom Himmel kommt, eine Möglichkeit, Gutes zu tun und Sünden reinzuwaschen (vgl. Heiliger Gregor von Nazianz, Orat. 8,12; SCh 405,270; Heiliger Ambrosius, De Abrah. I, 5,32-40; PL 14,456-459; Heiliger Maximus von Turin, Serm. 21,1-2; CCL 23,79-81; Heiliger Gregor I., der Grosse, Hom. in Evang. II, 23,2; PL 76,1183).

[21]Wir erinnern hier an das wichtige Lob von Clemens Romanus: „Denn wer, der bei euch zu Gast war, hat sich nicht von eurem vortrefflichen und festen Glauben überzeugt? Wer die besonnene und milde Frömmigkeit in Christus nicht bewundert? Wer die großartige Weise eurer Gastfreundschaft nicht verkündet?“ (Ep. ad Corint. I,2: SCh 167,101).

[22]Johannes Paul II.,Enzyklika Redemptor hominis (4.3.1979), 14.

[23]Die Eucharistie ist nämlich „Zeichen der Einheit“ und „Band der Liebe“ (Heiliger Augustinus, In Ioan. Tract. 26,13; PL 35,1613); vgl. auch Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium 3,11.

[24]In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass die Institutio Generalis Missalis Romani (20.4.2000) auch die Personen, welche die Gläubigen am Kirchentor in Empfang nehmen und sie betreuen, zu den Akteuren des liturgischen Dienstes zählt (vgl. Nr. 105 d).

[25]Vgl. CIC, can. 225.

[26]Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Ad gentes, 2.

[27]Vgl. Päpstlicher Rat der Pastoral für Migranten und Menschen unterwegs, Heilige Stätten – Erinnerung, Gegenwart und Prophezeiung des lebendigen Gottes (8.5.1999), 6.

[28]Vor allem bei einem Besuch im Heiligen Land kann man dem verborgenen und geheimnisvollen Antlitz Gottes in den stillen Zeugnissen Christi, Orten wie Gegenständen, begegnen und besser das Wort Gottes verstehen. Der Heilige Hieronymus sagte: „So wie man die griechischen Geschichtsschreiber nach einem Besuch Athens besser versteht und das dritte Buch [der Aeneis] von Vergil besser begreift, wenn man mit dem Schiff von Troas nach Sizilien und von dort bis zur Mündung des Tibers gefahren ist, so versteht man die Heilige Schrift besser, wenn man mit eigenen Augen Judäa gesehen und die Ruinen der alten Städte besichtigt hat“ (Praef. in Liber Paralip.: PL 29,423).

[29]Vgl. Päpstlicher Rat für die Kultur, Für eine Pastoral der Kultur (23.5.1999), 37.

[30]Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia (6.11.1999), 31.

[31]Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung Nostra aetate (28.10.1965), 2.

[32]Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis (4.3.1979), 13.

[33]Auf diese Weise erfüllt sich, was sich der Heilige Johannes Chrysostomos wünschte: „Unser Geist fühlt sich emporgehoben, die Seele wird stärker, der Einsatz größer, der Glaube fester“ (De Droside martyre 2; PG 50,685B); Theodoret von Kyros schreibt in seinen Aufzeichnungen zu Simeon, dem Styliten: „Wer zu einem Schauspiel geht, kehrt in göttlichen Dingen belehrt wieder zurück“ (Hist. relig. 16,12; SCh 257,188).

[34]Vgl. Johannes Paul II., Angelus, Castel Gandolfo (1.8.1999).

[35]Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio (7.12.1990), 82.

[36]Johannes Paul II., Brief an die alten Menschen (1.10.1999), 16.

[37]Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus (1.5.1991), 42.

[38]Ebd., 31.

[39]Ebd., 36. Johannes Paul II. erklärt : „Ich weise darauf hin, dass eine Entscheidung, lieber an diesem als an jenem Ort, lieber in diesem und nicht in einem anderen Sektor zu investieren, immer auch eine moralische und kulturelle Entscheidung ist.“

[40]Johannes Paul II., Botschaft zum Weltfriedenstag 1990, 15.

[41]Vgl. Johannes Paul II., Botschaft zum 15. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 1981, 3.

[42]Zweites Vatikanisches Konzil, Pastorale Konstitution Gaudium et Spes, 3.

[43]Ebd., 40.

[44]Johannes Paul II., Ansprache an die Bischöfe Liguriens (5.1.1982), 5.

[45]Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 32.

[46]Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 1.

[47]Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8.12.1975), 40.

[48]Ebd.,63 (vgl. 59-64).

[49]Vgl. Pius XII., Ansprache beim Weltkongress der “Skâl-Clubs“ (29.10.1952).

[50]Johannes Paul II., Ansprache beim 3. Weltkongress der Tourismusseelsorge (9.10.1984).

[51]Paul VI., Apostolisches Schreiben Apostolicae caritatis (19.3.1970). 

[52]Johannes Paul II., Apostolische Konstitution Pastor bonus (28.6.1988), 151.

[53]Im Einklang mit den in Art. 46 der Apostolischen Konstitution Pastor bonus festgesetzten Kompetenzen der zweiten Sektion des Staatssekretariates.

[54]Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Christus Dominus, 37.

[55]Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Apostolos suos, 22.

[56]CIC, can. 447.

[57]Beschaffenheit und Sinn dieser Zentren sind vom Päpstlichen Rat für die Kultur in Für eine Pastoral der Kultur beschrieben worden (23.5.1999), 32.

[58]Päpstlicher Rat für die Förderung der Einheit der Christen, Direktorium zum Ökumenismus (25.3.1993), 102-142, 161-162.

[59]Vgl. CIC, can. 451.

[60]Vgl. CIC, cann. 459, 511.

[61]Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Apostolicam actuositatem, 10.

[62]Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dies Domini (31.5.1998), 35-36.

[63]Vgl. Johannes Paul II., Ansprache an die Kongregation für den Klerus (20.10.1984), 6.

[64]Zweites Vatikanisches Konzil, Pastorale Konstitution Gaudium et Spes, 45.

[65]Vgl. Päpstlicher Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs, Die Pilgerfahrt zum Großen Jubiläum 2000 (25.4.1998), 9-11.

[66]Vgl. ebd., 24-31.

[67]Heiliger Augustinus, Bekenntnisse, Erstes Buch, erstes Kapitel: CSEL 33, 255.

[68]Ebd., Zehntes Buch, siebenundzwanzigstes Kapitel: CSEL 33,1.

[69]Johannes Paul II., Botschaft zum 22. Tourismuswelttag 2001, 5.

[70]Vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 63.

 

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