The Holy See
back up
Search
riga

Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen Unterwegs

Von Christus ausgehen.

Für eine erneuerte Pastoral der Migranten und Flüchtlinge

 

Fünfter internationaler Kongress der Pastoral für Migranten und Flüchtlinge

(Rom, 17. – 22. November 2003)

 SCHLUSSDOKUMENT

 Teil 1. Das Ereignis

1. Zum 5. internationalen Kongress der Pastoral für Migranten[1] und Flüchtlinge[2] versammelten sich 319 Delegierte und Beobachter aus 84 Ländern. Zu diesen zählten Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe, Priester, Seelsorger, Männer und Frauen unterschiedlicher religiöser Kongregationen, kirchlicher Bewegungen und von Laienverbänden, brüderliche Delegierte der anglikanischen Gemeinde, des ökumenischen Patriarchats und des Weltkirchenrats, Botschafter und Vertreter der diplomatischen Gesandtschaften am Heiligen Stuhl, Mitglieder der internationalen und der regierungsunabhängigen Organisationen, Fachleute aus wichtigen akademischen Bereichen, ebenso wie Vertreter von Vereinigungen, Bewegungen und Organisationen, die sich direkt oder indirekt mit Migranten und Flüchtlingen beschäftigen.

2. Der Kongress wurde mit einem gemeinsamen eucharistischen Messopfer im Petersdom unter der Leitung von Kardinal Stephen Fumio Hamao, Präsident des Päpstlichen Rates für die Pastoral der Migranten und der Menschen unterwegs (Pontificial Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People, PCMIP), eröffnet. Tatsächlich bildete die Feier der Heiligen Eucharistie den Höhepunkt der täglichen Sitzungen, die in den folgenden Tagen von Kardinälen, Mitglieder des PCMIP’s, oder von den Präsidenten der Bischofskommissionen für Migranten und Flüchtlinge geleitet wurde (Kardinal, Georg Sterzinsky, Erzbischof von Berlin; Bischof Adriano Langa, Präsident der Bischofskommission für Migranten und Menschen unterwegs von Mozambique; Kardinal Pedro Rubiano Saenz, Erzbischof von Bogota; Kardinal Jean Baptiste Pham Minh Man, Erzbischof von Thành-Phô Hô Chi Min und Präsident der Bischofskommission für Migranten und Flüchtlinge in Vietnam). Die tägliche Feier wurde durch Lieder und andere Formen der aktiven Teilnahme von Gruppen von Einwanderern unterschiedlicher Nationalität anregend gestaltet.

3. Die Eröffnungssitzung begann mit einem herzlichen Willkommensgruß durch den Kardinalspräsidenten, gefolgt von Begrüßungsansprachen von Senator D’Alí als Staatssekretär des italienischen Innenministeriums, von Frau Maria Pia Garavaglia als Zweiter Bürgermeister der Stadt Rom und von Dr. Marco Buttarelli, dem Leiter vom Kabinett des Präsidenten der Region Latium. Kardinal Hamao gab dann einen Überblick über das Programm und erklärte die Wahl des Themas: „Von Christus ausgehen. Für eine erneuerte Pastoral der Migranten und Flüchtlinge.“ Die Kirche kann angesichts der gegenwärtigen Notlage von Migranten und Flüchtlingen nicht gleichgültig bleiben. Sie möchte Freude und Trauer dort mit den Menschen teilen, wo man sie trifft und sie möchte sie begleiten auf ihrer Suche nach einem besseren und sicheren Leben, würdig, die Kinder Gottes zu heißen.

4. Anders als bei dem vorhergehenden Kongress, der die sozio-ökonomischen und politischen Aspekte des Phänomens der Migrationen genauer untersuchte, konzentrierte sich dieser Kongress in erster Linie auf die pastoralen Aspekte und erneuerte in Christus die pastoralen Programme zugunsten der Migranten und Flüchtlinge im Laufe der kommenden Jahre. 

5. Dr. Gabriela Rodriguez, Berichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte der Migranten berichtete über die derzeitige Situation der internationalen Wanderungsbewegungen überall in der Welt, um die Probleme, denen sich die Migranten und Flüchtlinge gegenübersehen, genauer zu untersuchen. Sie machte der Versammlung klar, dass diese Menschenrechte trotz der Existenz von umfassenden Rahmenrichtlinien in internationalen Gesetzen, die zum Schutze der Menschenrechte der Migranten, unabhängig von ihrer Position als „reguläre“ oder „irreguläre“ Einwanderer, geschaffen wurden, oft nicht angewendet werden. Professor Stefano Zamagni, Präsident der Internationalen Katholischen Kommission für Migration (International Catholic Migration Commission: ICMC), sprach über die aktuelle Situation der Flüchtlinge in der Welt. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf Afrika, wo ein Drittel der Flüchtlingsbevölkerung dieser Welt lebt. Ebenfalls in Afrika finden wir 60% der im Inland Vertriebenen (das sind 2,5% der Afrikanischen Bevölkerung). Er stellte fest, dass man dieser Situation mehr Finanzmittel und Zeit widmen müsse, um zu verhindern, dass sich explosive Situationen bilden. Kardinal Theodore McCarrick, Erzbischof von Washington und Mitglied des PCMIP, wies dann auf die seelsorgerischen Probleme hin, vor die uns die Welt der Migranten und Flüchtlinge stellt. Nach dem Vortrag dieses Textes schloss der Kardinal seinen Vortrag damit festzuhalten, dass ein Enzyklika zum Thema der Migration begrüßenswert wäre.

6. Bei einer Präsentation am runden Tisch gab jeweils ein Vertreter für jeden der fünf Kontinente ein detaillierteres Bild über das Phänomen der Migranten und Flüchtlinge in seiner Region. Bischof León Tharmaraj, Präsident des Büros für menschliche Entwicklung bei dem Bund der Asiatischen Bischofskonferenzen sprach für Asien und den Pazifik. Pfarrer Anthony McGuire, der ausscheidende Direktor des Büros für die Pastoral der Migranten und Flüchtlinge bei der Konferenz der Katholischen Bischöfe der Vereinigten Staaten, vertrat Nordamerika, während Bischof Jacyr Francisco Braido, Leiter der Abteilung für die Mobilität der Menschen der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz sich mit der Situation in Südamerika befasste. Afrika wurde von Pfarrer Abraham Okoko Esseau, S.J., Nationalkoordinator der Kommission für Migranten und Flüchtlinge der Bischofskonferenz der Republik Kongo besprochen und die Situation in Europa wurde von Msgr Aldo Giordano, dem Generalsekretär des Rates der europäischen Bischofskonferenzen dargestellt.

7. Angesichts der Herausforderungen unserer Zeit stellte der Heilige Vater schon in seinem apostolischen Brief Novo Millennio Ineunte fest, dass wir nicht durch eine Formel, sondern von einer Person gerettet werden, von Jesus Christus. So fing der Kongress bei Christus wieder an, indem er zunächst die Gesellschaft und die Kultur aus dem Blickwinkel der Kirche untersuchte, aber auch dadurch, dass sie an ihre Lehre bezüglich der Wanderungsbewegungen der Menschen erinnert. Kardinal Paul Poupard, Präsident des Päpstlichen Rates für Kultur, beschäftigte sich mit dem ersten Aspekt. Er unterstrich, dass eine gegebene Kultur nicht wirklich human ist, bis sie sich nicht den anderen Kulturen und der Universalität gegenüber öffnet. Der zweite Aspekt wurde vom Sekretär des PCMIP, Erzbischof Agostino Marchetto, dargestellt, der die Lehre der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und die zukünftigen Aussichten darstelle. Die Vision der Kirche und die Richtlinien für den ökumenischen und den inter-religiösen Dialog, insbesondere in Beziehung auf die Welt der Mobilität der Menschen wurden von Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der christlichen Einheit, bzw. von Erzbischof Pier Luigi Celata, Sekretär des Päpstlichen Rates für den inter-religiösen Dialog behandelt.

8. Der christliche Blickwinkel wurde bereichert durch die Feststellungen der brüderlichen Delegierten. Die Anglikanische Gemeinschaft wurde vertreten durch Seine Gnaden Ian George, Erzbischof von Adelaide, Australien; der Delegierte des ökumenischen Patriarchats war Metropolit Emanuel von Frankreich, vom Büro der Orthodoxen Kirche bei der Europäischen Union; und der Weltkirchenrat wurde vertreten durch Frau Doris Peschke, Generalsekretär der Kommission für Migranten in Europa. Unglücklicherweise konnte der Delegierte des Lutherischen Weltbundes, Pfarrer Willy S. Haag der Schwedischen Kirche in Rom aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. Ihre aktive Teilnahme lässt uns auf eine zunehmende ökumenische Zusammenarbeit im Bereich der Migranten und der Flüchtlinge hoffen, was dazu beitragen wird, die volle Einheit unter den Christen zu verwirklichen.      

9. Die Überlegungen wurden durch die Berichte der Teilnehmer über ihre Erfahrungen während der folgenden Darstellung am runden Tisch, sehr konkret und lebendig. Weihbischof Dr. Josef Voss, Präsident der Kommission für Migration der Deutschen Bischofskonferenz, sprach über die Erfahrungen seiner Kommission mit der ökumenischen Ausammenarbeit in der Arbeit mit Migranten und Flüchtlingen in Deutschland, während Schwester Valeria Rubin, Koordinator der Vereinigung „Enfants d’Aujourd’hui, Monde de Demain“ über die interreligiösen Erfahrungen in Marseille sprach. Herr José Zepeda, Direktor des Zentrums für die multikulturelle Pastoral in der Erzdiözese von Brisbane, Australien, stellte das Leben und die Aktivitäten des Zentrums vor und Pater Michael Ryan, Pastor der Gemeinde Unserer Lieben Frau der Hoffnung in Moskau, sprach über die Situation seiner multi-ethnischen Gemeinde und der dazugehörigen Gruppe von Migranten.

10. Der Kongress fing auch dadurch  bei Christus neu an indem er alles auf die Nächstenliebe setzte, indem er sich der wunderbaren Seite der Christologie im Evangelium zuwendete, wo sich Christus mit dem Hungrigen, dem Fremden, dem Kranken, dem Gefängnisinsassen, dem Leidenden und dem Ausgeschlossenen identifiziert... Doch bedeutet diese Seite auch, dass „niemand von unserer Liebe ausgeschlossen werden darf. „Denn »der Sohn Gottes hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt«.“ (GS 22, NMI 49) Wenn wir daran denken, haben wir Grund, von einer neuen Welt zu träumen.

11. Überlegungen, wie man bei Christus neu anfangen kann, um eine christlichere Welt in Anbetracht der Heiligen Schrift zu schaffen, präsentierte Pater Albert Vanhoye, S.J., Professor emeritus des Päpstlichen Bibelinstituts, und Erzbischof Laurent Monsengwo Pasinya, ausscheidender Präsident von SECAM, sprach zu dem Thema Neu anfangen bei Christus für eine brüderlichere und aufnahmebereite Welt der Solidarität. Schließlich delegierte Kardinal Jean-Louis Tauran, ausscheidender Sekretär für Staatliche Beziehungen imStaatssekretariat, der nicht persönlich teilnehmen konnte, hatte denUntersekretärMsgr Pietro Parolin beauftragt, seinen Text über das Thema Neu anfangen bei Christus für eine gerechtere, freiere und friedlichere Welt vorzutragen.

12. Die oben erwähnten Betrachtungen bekamen durch die Erfahrungsberichte einen sehr dynamischen Aspekt. Dr. Aldo Morrone sprach über die medizinischen Leistungen, die für die Migranten und Flüchtlingen in Rom in der Abteilung für präventive Medizin für Migration, Tourismus und Tropische Dermatologie am Krankenhaus „Santa Maria e San Gallicano“, das er leitet, erbracht werden. Schwester Janete Aparecida Ferreira teilte ihre Erfahrungen am Aufnahmezentrum für Migranten in Tegucigalpa, Honduras, wo sie früher als Geschäftsführerin der Kommission für Migration der Bischofskonferenz des Landes tätig war. Aus Beirut berichtete Pater Martin J. McDermott, S.J., Koordinator des Komitees über die Pastoral der afro-asiatischen Arbeiter im Libanon, über das Leben und die Aktivitäten des Zentrums. Die afrikanischen Erfahrungen der Flüchtlingshilfe der Jesuiten wurde von Schwester Anne Elizabeth Vuyst, SSMN vom JRS Lilongwe, Malawi erläutert, während Schwester M. Supaporn Chotiphol, RGS, des Zentrums Lebensquelle in Pattaya Stadt, in Thailand, von der Arbeit mit den Opfern des Frauenhandels berichtete.

13. Da es nicht möglich ist, bei Christus neu anzufangen, ohne das Mysterium der Heiligen Eucharistie und damit die Bedeutung der Liturgie zu betrachten, sprach Kardinal Geraldo Majella Agnelo, Erzbischof von São Salvador da Bahía, in Brasilien, zu dem Thema „Eucharistie als Brot und Wort des Lebens, unsere Hoffnung,“ während Bischof Renato Ascencio Leòn, Präsident der mexikanischen Bischofskommission, die menschliche Mobilität als ein Zeichen und ein Instrument der Einheit der gesamten christlichen Gemeinschaft darstellte. Kardinal Godfried Danneels, Erzbischof von Malines-Bruxelles, beschäftigte sich seinerseits mit der Eucharistie als Samen, Versprechen und der Versicherung von neuen Himmeln und neuer Erde.

14. In Zusammenhang mit den verschiedenen Aspekten der Eucharistie legte Herr Zenel Elshani, Projektleiter ICMC im Balkan, Zeugnis ab über die Elemente, die zum Bürgerkrieg in Kosovo führten und erinnerte an Ereignisse aus seinem eigenen Leben und aus seiner Tätigkeit im ICMC-Programm zur Wiederversöhnung. Bischof Ramon Argüelles, Leiter der Kommission für Migranten und Menschen unterwegs der Bischofskonferenz der Philippinen sprach von einer konkreten Zusammenarbeit, die mit den Kirchen der Länder angeregt und eingerichtet wurde, in die viele Menschen aus den Philippinen einwandern. Die Teilnehmer hörten auch von konkreten Erfahrungen, die Sonntagseucharistie in der Himmelfahrtsgemeinde in Houston unter Verwendung mehrerer Sprachen zu feiern, von denen Pater Italo Dell’Oro, CRS, ihr früherer Gemeindepfarrer, berichtete, sowie den Bericht von Herrn Robert Tédouno, Leiter des Hilfsprogramms der „Katholischen Organisation für die humane Förderung“ über die diese Förderung bei Flüchtlingen in der Republik Guinea.

15. Die Sitzungen fanden an den verschiedenen Tagen unter der Leitung des Kardinalspräsidenten des PCMIPs statt, seiner Kardinalsmitglieder (Kardinal Adam Joseph Maida, Erzbischof von Detroit, und Kardinal Aloysius Ambrozic, Erzbischof von Toronto) und Kardinal Renato Martino, Präsident des Päpstlichen Rates für Frieden und Gerechtigkeit, mit dem der PCMIP seit langem zusammenarbeitet. Erzbischof Agostino Marchetto und Pater Michael A. Blume, Sekretär undUntersekretärdes PCMIP, moderierten jeweils die Morgen- bzw. die Nachmittagssitzungen.

16. Vierzehn Arbeitsgruppen trafen täglich zusammen und boten allen Teilnehmern die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen im Bereich der Migration und der Flüchtlinge und ihren Gedanken, Hoffnungen und Erwartungen und ihren Anregungen für zukünftiges Handeln Ausdruck zu verleihen.

17. Am Mittwoch dem 19. November besuchten die Kongressteilnehmer dank der Freundlichkeit der Vatikanischen Museen am Abend die Sixtinische Kapelle, während den Kongressteilnehmern am Donnerstag den 20. November ein „Fest der Völker“ in Zusammenarbeit mit Migrantes von der Italienischen Bischofskonferenz angeboten wurde, ein Fest von Liedern, Tänzen und anderen Vorstellungen verschiedener Migrantengruppen in Rom. 

18. Höhepunkt des Kongresses war die Audienz mit dem Heiligen Vater am Donnerstagvormittag, den 20. November. Seine ermutigenden und erhellenden Worte boten eine wichtige Hilfe der Arbeit zugunsten der Migranten und Flüchtlinge.

Teil 2. Empfehlungen

Einleitung

Programmatische Beiträge, Erklärungen, Gespräche am runden Tisch und Arbeitsgruppen boten den Kongressteilnehmern die Gelegenheit, sich Klarheit zu verschaffen über die aktuelle Situation der Migranten und Flüchtlinge auf der ganzen Welt und zugleich die Chance, globale, regionale und lokale Besonderheiten zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage beschäftigte sich der Kongress bei seinem Neuanfang bei Christus in Anbetracht der Heiligen Schrift, dessen Kern die Liebe ist, mit den verschiedenen Problemen der besonderen Betrachtungsweise der Kirche in Bezug auf die Migranten und Flüchtlinge, wobei der Eucharistie besondere Beachtung geschenkt wurde. Zugleich untersuchte er die Seelsorge der Kirche unter besonderer Beachtung einerseits des multikulturellen, interreligiösen und ökumenischen Dialogs, andererseits der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte in enger Verbindung mit der Evangelisierung.

Migranten und Flüchtlinge haben nicht nur materielle, sondern auch spirituelle Bedürfnisse, die zu befriedigen Aufgabe der Kirche ist. Hierzu bedient sie sich einer „holistischen“ Seelsorge als besonderem Aktionsfeld innerhalb der normalen Seelsorge der Kirche. Die Kongressteilnehmer waren sich darüber einig, dass der Ausgangspunkt für den Dienst der Kirche darin besteht, die Situation der Migranten und der Flüchtlinge in all ihren Dimensionen - persönlich, sozial und politisch – in Anbetracht von Gottes Wort und von der Soziallehre der Kirche zu verstehen. Je stärker die Migranten und Flüchtlinge selbst in den Prozess der Pastoral eingebunden sind, desto tiefer wird das pastorale Verständnis ihrer Situation sein und desto fruchtbarer wird ihr spirituelles Leben sein. Sie waren und sind noch heute wertvolle Träger der Evangelisierung in dem Land, in dem sie Aufnahme finden, in denen sie oft säkularisierte Gesellschaften oder Gesellschaften nicht-christlicher Traditionen antreffen.

Die Kongressteilnehmer stellten fest, dass die Tragödien von erzwungener und freiwilliger Auswanderung auf der ganzen Welt auch weiterhin ansteigen und dass eine angemessene Antwort, die den Menschen an die erste Stelle setzt und seine Würde unterstreicht, noch kaum entwickelt wurde. Verletzungen der Menschenrechte, bewaffnete Auseinandersetzungen, politische Unterdrückung, Armut und wirtschaftliche Spannungen, die Verschlechterung der Umweltbedingungen, der Mangel an Sicherheitsnetzen für die Garantie grundlegender Bedürfnisse in Momenten der Krise und die mangelnde Teilnahme der Menschen an Diskussionen, die ihr aller Leben betreffen, führen zu Formen der Migration, die einen Weg zu bieten scheinen, Lebensbedingungen zu entfliehen, die praktisch unerträglich geworden sind. Hinter den Statistiken verbergen sich Menschen, Individuen mit Gesichtern, Familien, die lieben und geliebt werden, Menschen wie alle andern. Jeder hat einen Grund für seine Auswanderung mit allen dazugehörigen Hoffnungen, Ängsten, Zielvorstellungen und seiner Furcht.

Während die Kongressteilnehmer das Recht der souveränen Staaten anerkannten, den Migrationsfluss zu steuern, erklärten sie sich betroffen von dem mangelden Respekt gegenüber den Menschenrechten der Migranten und Flüchtlinge. Sie ertragen sowohl individuelles wie auch kollektives Leiden und finden sich häufig in unvertrauter Umgebung mit andersartigen Normen, Werten und Sitten wieder. Orte, die ihrem Leben Würde und Bedeutung gaben, sind oft für immer verloren, und das sind traumatische Erlebnisse, die Narben hinterlassen und die ein Leben lang bleiben. In einer Welt der wirtschaftlichen Globalisierung, die sie praktisch zur Auswanderung zwingt, stehen sie allgemeinem Unverständnis gegenüber – und eine immer größer werdende Zahl unter ihnen hat es zu tun mit strenger werdenden Einwanderungsbestimmungen und mit Verdächtigungen, Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit.

Eingedenk der Tatsache, dass der Migrationsfluss immer stärker zu der Bildung von multikulturellen und multi-religiösen Gesellschaften führt, unterstrichen die Kongressteilnehmer die Bedeutung eines zunehmenden Dialogs zwischen den Kulturen und den Religionen, sei es innerhalb der Kirchen, sei es mit den kirchlichen Gemeinschaften. In jedem Fall setzt der Dialog bei den Dialogpartnern voraus, dass diese sich ihrer kulturellen Identität bewusst sind und ihre Religion gut kennen.

Vor diesem Hintergrund sprach der Kongress die folgenden Empfehlungen in Bezug auf die Mission der Kirche bei den Migranten und Flüchtlingen aus.

Die Seelsorge

1. Die Sorge für die Migranten und Flüchtlinge in den ersten Jahren dieses Jahrtausends ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Evangelisierung. Die verschiedenen seelsorgerischen Strukturen, die die Kirche nach ihrer langjährigen Erfahrung zur Verfügung stellt (dazu gehören Personalpfarreien, missio cum cura animarum, Kaplansämter für Migranten usw.) müssen den aktuellen Anforderungen angepasst und für diese Evangelisierung mobilisiert werden.

2. Liturgische Feiern und die Unterweisung im Katechismus sind das bevorzugte Instrument bei der Pastoral für die Migranten und Flüchtlinge. Auch für sie ist die wöchentliche Feier der Eucharistie der Höhepunkt und die Quelle ihres christlichen Lebens. Sie sollten daher in die Lage versetzt werden, die Liturgie in ihrer eigenen Sprache zu feiern und den Katechismus in ihrer eigenen Sprache zu lernen.

3. Diese Feiern bieten auch eine wichtige Gelegenheit, die christliche Kommunion und die katholische Dimension des Glaubens zu erleben, angereichert durch das kulturelle und geistliche Erbe der Migranten und Flüchtlinge.

4. Ausdrücke volkstümlicher Religiosität, die den Migranten und Flüchtlingen wichtig sind, sollten anerkannt und von der Kirche der Aufnahmeländer gewürdigt werden.

5. Migrantengemeinden sind auch ein bevorzugtes Gebiet für die Berufung zur Geistlichkeit.

6. Migranten und Flüchtlinge sind ein wertvoller Schatz und können in der Kirche und in der Gesellschaft ihren Beitrag leisten. Daher sollten sie von der lokal Bevölkerung respektiert und anerkannt werden.

7. Zugleich bewahrt jedoch die örtliche Bevölkerung das Recht, ihre kulturelle Identität zu wahren, die von den Migranten und Flüchtlingen ihrerseits anerkannt und verstanden werden muss.

8. Die Seelsorge sollte von dem Geiste der Kommunion und des Dienstes geleitet werden, was dazu beiträgt, ein Gefühl des Mitleids, geduldiger Akzeptanz zu schaffen und das Anhören auch jener fördert, die vielleicht zutiefst verletzt worden sind.

9. Sie sollte sich leiten lassen von dem Prinzip, dass niemand, gleich ob Migrant, Flüchtling oder Mitglied der lokalen Bevölkerung in den Gemeinden und anderen kirchlichen Gemeinschaften als ein „Fremder“ betrachtet werden darf, er ist stattdessen ein „Geschenk“. Dies ist dann ein wahrer Ausdruck von der „Katholizität“ der Kirche. 

10.  Die Seelsorge liegt vor allen Dingen in der Verantwortung der Kirche des Aufnahmelandes. Soweit dies jedoch möglich ist, sollte die Kirche der Herkunftsländer die Migranten vor dem Aufbruch in angemessener Weise vorbereiten.

11.  Die Pflichten der Kirche des Herkunftslandes schließen – soweit das möglich ist – auch die Begleitung der Migranten und Flüchtlinge durch Priester, Ordensleute oder Laien als Seelsorgern mit ein, möglichst Menschen, die ihre Sprache und Riten kennen. Auch wenn es nicht in erster Linie Aufgabe der Missionare ist, sich der Seelsorge der Migranten zu widmen, sollten sie doch auch überlegen, ob sie sich nicht an dieser Mission beteiligen wollen.

12.  Den Familien in den Herkunftsländern, die von den Migranten zurückgelassen werden, sollten von den Kirchen Initiativen der Seelsorge und der spirituellen und psychologischen Hilfe angeboten werden. Die Familien von Migranten in den Aufnahmeländern sollten vollen Gebrauch von den dort vorhandenen Beratungsstellen machen.

13.  Kooperation und die Beteiligung der jeweils lokalen Kirchen bei der Sorge für die Migranten und Flüchtlinge sollten durch den Dialog, gemeinsame Initiativen und pastorale Besuche auf nationaler, regionaler und kontinentaler Ebene unterstützt und weiter entwickelt werden. 

14.  Die Seelsorge der Migranten und Flüchtlinge sollte ihre Integration in der lokalen Kirche fördern. Daher muss sie den ihr zustehenden Platz in der normalen Seelsorge der Diözese wahrnehmen.

15.  Die lokale Kirche sollte sicher stellen, dass Migranten und Flüchtlinge wichtige und aktive Teilnehmer am Leben der örtlichen christlichen Gemeinden sind, weshalb ihnen die Vertretung in der Gemeinde und im Diözesanrat zugestanden werden sollte.

16.  Es ist erforderlich, dass Migranten und Flüchtlingen eine angemessene spirituelle Bildung zuteil wird und dass sie die Möglichkeit bekommen, ihr spirituelles und sakramentales Leben voll zu leben.

17.  Besondere Anstrengungen müssen unternommen werden, um jenen Migranten und Flüchtlingen angemessene Fürsorge zukommen zu lassen, die in Ländern leben, wo der öffentlichen Glaubensausübung Hindernisse in den Weg gelegt werden oder sie gar nicht erlaubt ist. 

18.  Migranten und Flüchtlinge werden durch ihre Erfahrungen sehr empfindlich und verletzlich und sie werden zum Gegenstand gezielter Aktivitäten von Sekten. Seelsorger und christliche Gemeinden sollten sie unterstützen und eine Atmosphäre der Gemeinschaftlichkeit schaffen, um zu verhindern, dass sie an den Rand gedrängt werden, was den Sekten nur den Weg bereitet.

19.  Die Kirche sollte sich intensiver mit den Kindern der Migranten, mit unbegleiteten Kindern, den Frauen unter den Migranten, den illegalen Einwanderern und den Asylbewerber in den Auffanglagern befassen.

20.  Die jugendlichen Einwanderer, besonders die der 2. und 3.Generation, kämpfen mit Problemen der Identitätsfindung und der Zugehörigkeit. Sie brauchen ganz besondere Aufmerksamkeit und Hilfe zu einer Teilnahme innerhalb der lokalen christlichen Gemeinde.

21.  Der Tag des Migranten und des Flüchtlings, der manchmal auf eine Woche ausgedehnt wird, sollte in allen Diözesen gefeiert werden und man sollte dies als eine Gelegenheit nutzen, um das Verständnis für die verschiedenen Aspekte der Migration zu vertiefen. Die Botschaften, die der Heilige Vater bei solchen Gelegenheiten sendet, sollte in angemessener Weise überall bekannt gemacht werden. Sie sollte in allen Sprachen zur Verfügung stehen, die von den Migranten und Flüchtlingen in der jeweiligen Gemeinde gesprochen werden, zumindest dann, wenn diese Übersetzungen zur Verfügung stehen.

22.   In Betrachtung der großen Bedeutung, die der Migration für die Kirche und in der Welt zukommt, wurden Anregungen laut, Enzyklika zum Thema der Migration herauszugeben. Es wurde auch der Vorschlag gemacht, eine Versammlung der Bischofssynode zum Thema der Migration einzuberufen.       

Studium, Erziehung und Ausbildung

1. Die Probleme im Zusammenhang mit der Definition, wer eigentlich ein Flüchtling oder Migrant ist, müssen angesichts der Notwendigkeit, auch weiteren Kategorien von Menschen Schutz zukommen zu lassen, die derzeit noch vernachlässigt werden, weiter untersucht werden..

2. Die Kirche muss Wege finden, ihre Soziallehre möglichst weit zu verbreiten und zwar insbesondere ihre Lehre im Hinblick auf Migranten und Flüchtlingen, zum Beispiel indem sie Literatur und eine Grundausstattung für die Pastoral zu verschiedenen Themen zusammenstellt.

3. Personen, die sich um die Hilfe und die Sorge für Migranten und Flüchtlinge kümmern (Priester und Ordensleute oder Laien, die als „Seelsorger“ tätig sind), sollten mit einer entsprechenden Ausbildung versehen werden, die sie brauchen, um ihrer Tätigkeit im Rahmen der immer komplexer werdenden Bevölkerungsbewegungen wirksamer nachgehen zu können. Eine solche Ausbildung sollte unerlässlicher Bestandteil des normalen Ausbildungsprogramms für Priester und Ordensleute sein, vom Seminar angefangen, aber auch Teil von besonderen Initiativen sein. Eine besondere Einrichtung in Rom (das „Scalabrini-Institut für internationale Migration“) ebenso wie verschiedene Programme und Kurse bei einer Reihe von Universitäten in der ganzen Welt stehen für eine besondere Ausbildung diesbezüglich zur Verfügung.

4. Die von den akademischen Einrichtungen der Kirche in der wissenschaftlichen Untersuchung der sozialen und seelsorgerischen Aspekte der menschlichen Mobilität geleistete Arbeit sollte weiter gefördert und unterstützt werden.

5. Katholische Universitäten werden angeregt, Studienzentren einzurichten, die sich mit Problemen der menschlichen Mobilität befassen und spezielle Pogramme sollten in Schulen zur Ausbildung in diesem Bereich angeboten werden.

6. Die Kirche muss zu einer Erziehung zum interkulturellen, interreligiösen und ökumenischen Dialog beitragen, insbesondere durch ihre Schulen.

7. Ergebnisse der Forschungen im Bereich der Migration sollten weitgehend in Gemeinden und kirchlichen Gemeinschaften und von Kirchenführern benutzt werden, um ein Bewusstsein für die Veränderungen in der Migration und der Gesellschaft wach zu halten. 

Kommunikation

1. Angesichts des mächtigen Einflusses, den die Art und Weise hat, wie Migranten und Flüchtlinge in den Massenmedien dargestellt werden, muss die Kirche gezielte Initiativen ergreifen, um eine ausgewogene und aufrichtige Berichterstattung zu verlangen und sie muss ihre eigenen Medien benutzen, um die vollständige Situation der Migranten und Flüchtlinge darzustellen, die oft Opfer von Ausbeutung sind, aber auch ein Mittel sein können, eine bessere Gesellschaft aufzubauen.

2. Die katholische Kirche sollte gemeinsame Standpunkte mit anderen Kirchen und/oder anderen Religionen im Hinblick auf den Dienst an den Migranten und Flüchtlingen fördern und dies über die verfügbaren Medien bekannt machen.

3. Rundfunkstationen, die manchmal das einzige Massenkommunikationsmittel darstellen, sollten voll genutzt werden, um Informationen an Migranten und Flüchtlinge weiter zu geben, insbesondere in Notzeiten.

Dialoge

1. Migration kann als Einladung betrachtet werden, eine „Kommunion in der Unterschiedlichkeit“ zu leben. Darum muss die Bedeutung des Dialogs zwischen Kulturen und Religionen anerkannt werden.

2. Die große Verschiedenheit in den Ursachen von Migrationsflüssen hat den ökumenischen und interreligiösen Dialog in den Mittelpunkt der Sorge für die Migranten und Flüchtlinge gestellt und aus einem solchen Dialog nicht eine Möglichkeit, sondern eine Verpflichtung gemacht, die der Mission der Kirche in der Migration innewohnt. 

3. Multikulturelle, interreligiöse und ökumenische Dialoge sollten im Zusammenhang mit der „neuen Evangelisierung“ durchgeführt werden.

4. Dialog und Mission sind beide Teil der Aufgabe der Kirche. Missio ad gentes (Mission bei den Völkern), missio ad migrantes (Mission bei Migranten) und missio migrantium (Mission von Migranten) müssen als miteinander verbundene Dimensionen dieser neuen Evangelisierung aufrecht erhalten werden.   

Kooperation

1. Ökumenische Kooperation sollte erweitert und gestärkt werden.

2. Die Zusammenarbeit zwischen der Kirche und den regierungsunabhängigen Organisationen bei der Verteidigung und dem Schutz von Migranten und Flüchtlingen sollte gefördert und bestärkt werden. 

Verteidigung und Beistand

Die Kirche betrachtet ihre Tätigkeit zum Schutz der Migranten und Flüchtlinge als unerlässlichen Teil ihrer Mission.

1. Die Kirche sollte sich mit Nachdruck für Dolmetscher, rechtliche Berater usw. einsetzen, die von den Migranten und Flüchtlingen benötigt werden, um ihre Sache zu vertreten.

2. Die Kirche muss Wege finden, Einwanderern ohne Ausweise zu helfen, die bereits Teil der Gesellschaft sind, in der sie leben und arbeiten, um ihnen in dieser Gesellschaft einen legalen Status zu verschaffen.

3. Die Kirche sollte den Bedürfnissen der Migranten und Flüchtlinge auch durch Aktionen entgegen kommen, die eine langfristige Lösung der Probleme erleichtern, mit denen diese es zu tun haben.

4. Die Bischofskonferenzen sollten öfters von ihren gut arbeitenden Büros Gebrauch machen, um die Gesetzgebung zugunsten der Migranten und Flüchtlinge zu beeinflussen.

5. Die Kirche sollte eingreifen und zugunsten der Religionsfreiheit jener Migranten auftreten, die ihre Religion in den Aufnahmeländern nicht ausüben können.

6. Die Kirche muss eingreifen und die Rechte der Migranten, mit ihren Familien zu leben, verteidigen. Sie sollte verlangen, dass ein solches Recht anerkannt wird und der Familienzusammenführung keine Hindernisse entgegen stehen.

7. Die Kirche sollte sich deutlicher gegen neue Formen der Sklaverei aussprechen, wie zum Beispiel jene, die auf dem illegalen Arbeitsmarkt besteht – die als ein wichtiger Anziehungspunkt für die illegale Einwanderung wirkt – oder auch im Menschen-handel, dessen Opfer in erster Linie Frauen und Kinder in der Prostitution oder im Organhandel sind.

8. Die Kirche sollte sich für eine neue Formulierung der kulturellen Rechte einsetzen. 

Teil 3. Appelle

Der Kongress appelliert an die Kirche, ihre Hierarchie, ihre Mitglieder und an die ihr verbundenen Organisationen:

  1. die Migranten und Flüchtlinge als ein „Zeichen unserer Zeit“ anzuerkennen, durch das Gott seine Kirche aufruft, ihre katholische Dimension und ihre Berufung als eine Pilgerkirche in der Fülle zu leben;
  2. ihre Berufung ernster zu nehmen, mit den Migranten und Flüchtlingen zu ziehen, in denen stets das Gesicht Christi zu sehen ist (vergl. Mt 25, 31-46);
  3. auf die verschiedenen Hilferufe durch einen „holistischen“ Ansatz zur Seelsorge zu antworten, wobei insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen sind:
    1. gezielte Programme der Pastoral, die angesichts der zu erfüllenden Aufgabe eine angemessene Ausbildung mit einschließen;
    2. ein verbessertes Kommunikationsnetz innerhalb der Kirche;
    3. eine stärkere Verpflichtung zur Verteidigung;
    4. weitere ökumenische Kooperation und
    5. Dialog zwischen Kulturen und Religionen;
  4. eine weiter ansteigende aktive und willkommen geheißene Gegenwart der Migranten und Flüchtlinge innerhalb der Kirche und Anerkennung ihres reichen kulturellen und spirituellen Erbes als Beitrag zu der lokalen Kirche. Dazu gehören auch Ausdrücke ihrer volkstümlichen Religiosität und liturgische Feiern;
  5. Zeugnis dazu abzulegen, dass man Ungerechtigkeit überwinden kann.

Der Kongress appelliert an den Heiligen Stuhl

die UN-Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familienmitglieder sobald wie möglich zu ratifizieren.

Der Kongress appelliert an die Regierungen, gesetzgebenden Körperschaften und internationalen Organisationen:

  1. die Menschenwürde und die Menschenrechte der Migranten und Flüchtlinge zu respektieren und zu schützen (insbesondere die Gewissensfreiheit, die Freiheit des Kultes und der Religion), unabhängig davon, ob sie legale oder illegale Einwanderer sind, und fordert sie auf, den Terrorismus nicht als Vorwand zu benutzen, diese Rechte zu reduzieren;
  2. den Kindern unter den Migranten, den Jugendlichen und den Frauen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und schwere Sanktionen im Falle ihrer Ausbeutung vorzusehen;
  3. zuzugeben, dass eine nur restriktive und repressive Politik den Migranten und Flüchtlingen gegenüber nicht geeignet sind, den Migrationsfluss zu kontrollieren;
  4. einen umfassenden, realistischen und gerechten Ansatz im Bereich der internationalen, regionalen und lokalen Verwaltung der Migration zu entwickeln;
  5. den unter internationalen und nationalen Gesetzen eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, und zwar wörtlich und ihrem Sinne nach ohne jeden Vorbehalt. Gedacht ist hier vor allem an das Internationale Übereinkommen über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, an das Internationale Übereinkommen über die bürgerlichen und die politischen Rechte und sein Zusatzprotokoll, an das Internationale Abkommen zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung der Frauen, an das Abkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche Behandlungen oder Strafmaßnahmen, an das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und sein Zusatzprotokoll, sowie an das internationale Übereinkommen zur Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung; 
  6. die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren;
  7. auf der Basis der „Leitprinzipien zur Vertreibung im Inland“ ein System der internationalen Verantwortung für die im Inland Vertriebenen zu entwickeln und zu fördern; 
  8. mit allem Nachdruck das gültige Abkommen von 1951 aufrecht zu erhalten und - sollten neue Erscheinungen dies erforderlich machen – dieses und/oder das Zusatzprotokoll von 1967, dass den Flüchtlingsstatus regelt, einschließlich der darin enthaltenen Mindestanforderungen was die Lebensbedürfnisse betrifft, die dem UNHCR anvertraut sind, gegebenenfalls zu erweitern. Dies erfordert einen Haushalt, der sich nach diesen Bedürfnissen richtet;
  9. den Migranten bessere Leistungen anzubieten, was auch den Schutz ihres Rechts einschließt, dass ihnen ihre Ausweise und Reisepapiere nicht entzogen werden dürfen sowie ein Appell an die jeweiligen Botschaften, ihren Emigranten mehr zu helfen;
  10. Gerechtigkeit und Frieden, Aussöhnung und die unerlässliche Entwicklung unter dem Aspekt des Allgemeinwohls der gesamten Menschheit zu fördern;
  11. sich den an der Wurzel der Migration liegenden Ursachen zu widmen und diese wirksam in Angriff zu nehmen. 

Der Kongress klagt an

die sich wiederholenden Tragödien, die den Tod von Migranten in vielen verschiedenen Grenzgebieten der Welt zur Folge haben, wie zum Beispiel in der Meerenge von Gibraltar zwischen Marokko und Spanien, dem Gebiet des Rio Grande und der Wüste zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten sowie dem zwischen Afrika und der Insel Lampedusa im Mittelmeer.

Daher appelliert der Kongress an alle Verantwortlichen sich mit den wahren Ursachen auseinander zu setzen, die diese ernsten und dramatischen Ereignisse hervorrufen und sich mit allem Nachdruck und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass solche schmerzhaften Tragödien vermieden werden, wenn man sich um die Koordination und die Regulierung der Migrationsflüsse bemüht.

Der Kongress appelliert an alle Migranten und Flüchtlinge

  1. wenn sie Christen sind, aufrechte Zeugen ihres Glaubens zu sein, insbesondere in jenen Ländern, in denen die Christen eine Minderheit darstellen;
  2. Protagonisten zu sein, wenn es darum geht, eine Gesellschaft zu errichten, die in gegenseitigem Respekt wächst und in der Anerkennung der unveräußerlichen Würde jedes einzelnen Menschen;
  3. die Sprache ihres Aufnahmelandes so gut wie möglich zu lernen;
  4. sich auf einen Dialog mit der lokalen Bevölkerung einzulassen und sich für ihre Kultur zu interessieren;
  5. ihre Rechte im Land, in dem sie angekommen sind zu kennen, und zu wissen, welche Behörden sie ansprechen müssen, um Wiedergutmachung für mögliche Beschwerden zu erhalten;
  6. ihren Kindern und Enkelkindern in den Bemühungen letzterer um eine volle Integration im Aufnahmeland zu helfen, dabei aber ihre kulturelle Identität zu erhalten;
  7. das Aufnahmeland zu schätzen und seine Gesetze und seine kulturelle Identität zu respektieren.

Der Kongress appelliert an die Gesellschaft und ihre einzelnen Mitglieder

  1. Migranten und Flüchtlingen ohne Vorurteile zu begegnen;
  2. die kulturelle Herkunft aller Menschen zu schätzen und andersartige kulturelle Praktiken zu respektieren solange sie nicht den allgemeinen ethischen Werten widersprechen, die dem natürlichen Recht oder den Menschenrechten innewohnen;
  3. gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und übertriebenen Nationalismus zu kämpfen und
  4. Migranten und Flüchtlingen zu helfen, damit sie sich so weit wie möglich trotz ihrer Situation zu Hause fühlen.

[1]Gegebenenfalls zählen zu den Migranten auch Saisonarbeiter und Studenten 
[2]Gegebenenfalls zählen zu den Flüchtlingen auch Asylbewerber und im Inland Vertriebene (IDPs: internally displaced persons)
top