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Päpstlicher Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs
 

XVII. Vollversammlung

 Vatikan 15. – 17. Mai 2006

Thema: 

“Migration und Unterwegssein aus und in Länder mit islamischer Mehrheit” 

Schlußdokument 

Das Ereignis 

Das Phänomen der menschlichen Mobilität ist ein Zeichen der Zeit, das nicht nur unter gesellschaftlichem, wirtschaftlichem und politischem Gesichtspunkt, sondern auch unter religiösem und spirituellem wachsende Probleme aufwirft. Lautet das Thema darüber hinaus “Migration und Unterwegssein aus und in Länder mit islamischer Mehrheit”, springen Komplexität, Aktualität und Bedeutung des Gegenstands sofort ins Auge. Mit genau diesem Problemkreis hat sich die XVII. Vollversammlung des Päpstlichen Rates der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs befasst. An der Vollversammlung haben, außer den Mitgliedern und Konsultoren des Dikasteriums, Seelsorger und Experten aus aller Welt teilgenommen.  

Bei der Begrüßung der Teilnehmer im Vatikan betonte Papst Benedikt XVI., dass der interreligiöse Dialog heute ein wesentlicher Bestandteil des Auftrags der Kirche im Dienst der Menschheit sei und praktisch für diejenigen, die mit Migranten, Flüchtlingen und Menschen unterwegs arbeiten, zum „täglichen Brot” gehöre. Daher seien die einzelnen Gläubigen aufgerufen, sagte der Heilige Vater weiter, “Hände und Herz für jeden Menschen öffnen,– vor allem für die Kleinen und Armen–, aus welchem Land sie auch immer kommen, und den öffentlichen Verantwortungsträgern die Aufgabe zu überlassen, [unter Beachtung der allgemeinen Menschenrechte] die entsprechenden Gesetze für ein gesundes Zusammenleben zu schaffen”. Abschließend sagte Papst Benedikt XVI.: “Dabei leitet uns die Hoffnung, dass auch die Christen, die in Länder mit islamischer Mehrheit einwandern, herzliche Aufnahme und Respekt für ihre religiöse Identität finden”. Außerdem nannte er die Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs “eine wichtige Frontlinie der Neuevangelisierung in der globalisierten Welt von heute”.

Auf den Ausführungen des Heiligen Vaters aufbauend, führte der Präsident des Dikasteriums, Kardinal Renato Raffaele Martino, mit seinem Vortrag: “Das Thema der Vollversammlung ausgehend von unseren jüngsten Dokumenten und Kongressen” in die Arbeiten der Vollversammlung ein, und hob hervor, dass zur positiven Lösung der Probleme, welche sich durch die wachsende Zahl von Migranten und Menschen unterwegs aus und in Länder mit islamischer Mehrheit ergeben, folgende Dinge vonnöten seien: ein offener und ehrlicher, interreligiöser Dialog, das gelebte Zeugnis der Nächstenliebe und der Gastfreundschaft, der volle Respekt der Religionsfreiheit, eine angemessene gesellschaftliche und kulturelle Integration unter Beachtung der bestehenden Zivilgesetze sowie eine recht verstandene Gegenseitigkeit. In einer weiteren wichtigen Passage seines Referats sprach der Kardinal den Wunsch aus, dass nicht nur auf katholischer Seite, sondern auch auf muslimischer “ein wachsendes Bewusstsein dafür entstehe, dass die Verwirklichung der grundlegenden Freiheiten, der unverletzlichen Rechte der Person, der gleichen Würde von Frau und Mann, des demokratischen Prinzips in der Regierung des Volkes und der gesunden Laizität des Staates unumgänglich ist” (Instruktion Erga migrantes caritas Christi – in der Folge EMCC - 66). 

Daran anschließend hat der Sekretär des Päpstlichen Rates, Erzbischof Agostino Marchetto, in seinem Beitrag mit dem Titel “Die Veränderungen, das Denken und Handeln des Päpstlichen Rates seit der letzten Vollversammlung” betont, dass eines der Ziele der Versammlung darin bestehe, alle Beteiligten davon zu überzeugen, wie wichtig ein echter Dialog sei, der ständig über sich hinauszuwachsen imstande sei. Außerdem sollten einige konkrete Schlüsse gezogen werden, wie Menschen, die aus bzw. in Länder mit islamischer Mehrheit migrieren, Aufnahme und Verständnis garantiert werden können. Andererseits wird von diesen Personen oder Gruppen zu Recht erwartet, dass sie einen loyalen und großzügigen Beitrag zum Wohl des Gastlandes und der jeweiligen Ortskirche leisten. Msgr. Marchetto sagte weiter, dass die so genannten sesshafteren Gemeinden die besonderen Bedürfnisse der „Gäste“ bzw. der Zuwanderer verstehen lernen und dafür ein ausgeprägtes Solidaritätsempfinden entwickeln müssen. In dieser Weise können Einheimische und Neuankömmlinge gemeinsam zur Schaffung einer Kultur des Zusammenlebens, der Verständigung und des Friedens mit Respekt vor den grundlegenden Menschenrechten eines jeden Einzelnen beitragen. Ausgehend von einer kritischen Analyse der historischen Entwicklungen, die bis heute die menschliche Mobilität prägen, gab Msgr. Marchetto in seinen weiteren Ausführungen der Überzeugung Ausdruck, dass die Kirchen (a qua und ad quam) der Gesellschaft einen unverzichtbaren Beitrag bei der rechten Regelung der Mobilität und beim Schutz aller daran Beteiligten leisten können. Voraussetzung dafür seien gegenseitige Achtung und die rechtlich-religiöse Gleichbehandlung. “Die Gegenseitigkeit ist auch eine Haltung des Herzens und des Geistes, die uns dazu befähigt, gemeinsam und überall ein Gleichgewicht von Rechten und Pflichten zu leben” (EMCC 64). 

Am Nachmittag des ersten Versammlungstages gab P. Maurice Borrmans, M. Afr., früherer Dozent am Päpstlichen Institut für arabische und islamische Studien, einen (numerisch und geographisch) umfassenden und (statistisch) detaillierten Überblick über die aktuellen Dimensionen des “Zusammenlebens in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit und alteingesessenen oder jüngeren christlichen Minderheiten”. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen und terroristischen Anschläge der letzten Jahre stellen sich die Zukunftsaussichten dieses „Zusammenlebens“, laut P. Borrmans, äußerst prekär dar. Tatsächlich seien Minderheiten immer in Gefahr, führte er weiter aus, “im Gefolge von leichtsinnigen Verallgemeinerungen und pauschalen Verurteilungen, die alte Vorurteile und Kreuzzugs- bzw. Jihad-Träume nähren, zu ‚SündenböckenÂ’ zu werden”.Die islamische Welt dürfe jedoch nicht als einheitlicher und undifferenzierter Block gesehen werden. Die menschliche Mobilität hat die Problematik des Zusammenlebens neu aufleben lassen und zu einem neuen und manchmal widersprüchlichen Verhältnis zwischen Religion, Kultur, Staat und Rechtsordnung geführt, um so mehr als die Verarbeitung der modernen Demokratie und Laizität in jedem Land im Rahmen eines gänzlich eigenen Kontextualisierungsprozesses erfolgt.

Der Sekretär des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Erzbischof Pier Luigi Celata, der als Nächster gesprochen hat, erklärte, dass “das wachsende Phänomen der menschlichen Mobilität immer stärker zur Beseitigung der geopolitischen Grenzen führt, welche einst in vielen Fällen auch die Trennlinien zwischen christlicher und islamischer Welt bildeten”. Um ein friedliches Zusammenleben zu erreichen, sagte Msgr. Celata, indem er an eine Grundsatzaussage von Papst Benedikt XVI. erinnerte, “ist der Dialog von lebenswichtiger Bedeutung“, vor allem für Christen, die den Nächsten mit der Kraft und nach dem Beispiel Christi lieben sollen. Unter Verweis auf die Aussagen, welche der Heilige Vater in seiner Ansprache an die Muslime letztes Jahr in Köln gemacht hatte, hob Msgr. Celata die gemeinsamen Herausforderungen hervor, auf die Christen und Muslime eine Antwort geben müssen. Die erste dieser Herausforderungen ist der Terrorismus, zu dessen Bekämpfung wir “das Hassgefühl aus den Herzen ausrotten, uns gegen jede Form von Intoleranz verwahren und uns jeder Manifestation von Gewalt widersetzen müssen” Msgr. Celata unterstrich weiter die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen, um die Werte zu wahren, die der menschlichen Würde zugrunde liegen, also Religionsfreiheit, gegenseitige Achtung, Solidarität und Frieden. Unter Bezugnahme auf die Spannungen, die wir von der Vergangenheit geerbt haben, lud der Sekretär des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog dazu ein, den Wunsch des Heiligen Vaters, „Wege der Versöhnung zu suchen und zu lernen, so zu leben, dass jeder die Identität des anderen respektiert“,zu unserem zu machen. Außerdem sah Msgr. Celata im geistigen und moralischen Relativismus und im immanentistischen Säkularismus, welche heute in unseren Gesellschaften so weit verbreitet sind, eine Herausforderung für Christen und Muslime, gemeinsam für das Transzendente Zeugnis zu geben. Angesichts der unter Muslimen relativ weit verbreiteten Schwierigkeit, das Prinzip einer gesunden Laizität zu verstehen und zu leben, und unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, dass sie angemessen in die westlichen Gesellschaften integriert werden müssen, haben wir als Christen und “Bürger” die Aufgabe, ihnen durch eine entsprechende Dialogarbeit und mit der Haltung respektvoller Freundschaft das Zeugnis unserer Erfahrung anzubieten. 

Am zweiten Versammlungstag hat der Generalsekretär des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, Msgr. Aldo Giordano, im Namen von P. Hans Vöcking, M. Afr., der verhindert war, zum Thema der Migrationen aus Ländern mit islamischer Mehrheit die Situation der muslimischen Zuwanderer in Europa illustriert. Ihre Zahl hat sich drastisch erhöht und gibt der europäischen Gesellschaft heute ein multireligiöses Gesicht. Der Begegnungspunkt mit dem Muslime heute in der europäischen Diaspora konfrontiert sind, ist der Kreuzungspunkt der Moderne bzw. der Postmoderne. Gewiss gibt es Muslime, welche die Möglichkeit einer “Inkulturation” in die europäische Gesellschaft (“Aufgeklärter Islam”) erkennen, doch die Mehrheit hat große Probleme mit der europäischen Kultur und wünscht sich die Rückkehr zu einem Islam mittelalterlicher Prägung, in dem Religion, Gesellschaft und Politik eng miteinander verquickt waren. Um einen Weg zur Integration zu finden, müssen laut P. Vöcking, folgende Dinge garantiert werden: Religionsfreiheit, Unabhängigkeit von ausländischen Finanzierungen, Schaffung von Strukturen zur Bildung der Verantwortlichen, besonderes Augenmerk für die politische Bildung, Demokratie und Menschenrechte, Dialog zwischen den Religionen und schlussendlich auch eine korrekte Information in den Medien. Auf diese Weise – schloss er – kann sich der Weg zu einer Interpretation des Islam durchsetzen, die mehr Gewicht auf Werte als auf Gesetze, mehr Gewicht auf persönliche Entscheidungen als auf die Trauer um den Verlust eines imaginären “goldenen Zeitalters“ legt. 

In Brunei ist die Präsenz der Migranten für die Ortskirche eine Herausforderung, ihre Solidarität in greifbarer und brüderlicher Weise zu bekunden, ja noch mehr, betonte Bischof Cornelius Sim, Apostolischer Vikar, indem die Kirche sich ihrer geistlichen Bedürfnisse annimmt, leistet sie einen Dienst, der noch wichtiger ist als materielle Hilfe. “Die Gastarbeiter finden in der Kirche einen Weg, um den katholischen Kollegen zu helfen, und bereichern so das gemeinsame Erleben von Kirche”. Nicht zuletzt tragen sie so auch zur kulturellen und wirtschaftlichen Förderung des Landes bei.  

Herr Prof. Stefano Zamagni, Präsident der Internationalen Katholischen Kommission für Mi-grationen, der über die Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen gesprochen hat, deren Zahl heute immer größer wird, sagte, dass man sich bewusst sein müsse, dass diese Flüchtlinge mit grundverschiedenen Lebens- und Glaubensauffassungen zu uns kommen. Vor diesem Hintergrund lud er ein, die zwei Klippen zu vermeiden, an welchen häufig ihre harmonische Integration in das soziale Netz scheitert: den relativistischen Synkretismus, nach dem alle Religionen gleich seien, und eine mehr oder minder erzwungene Assimilierung. Des weiteren empfahl er, ein interkulturelles Dialogmodell zu entwickeln, in dem die Angebote, auch unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Mittel, im Verhältnis zum “Akzeptanzgrad” (“moralische Folgerichtigkeit”) ihrer Forderungen stehen sollten.
Der Erzbischof von Bobo-Dioulasso in Burkina Faso, Msgr. Anselme T. Sanon, - der ebenfalls verhindert war – hat seinen Bericht zur Situation der christlichen Flüchtlinge in westafrikanischen Ländern mit islamischer Mehrheit gesandt. Der Bericht wurde von S.E. Msgr. Béchara Raï, Bischof von Jbeil im Libanon, vorgelesen. In dem Bericht hat er in einer perspektivischen Aufgliederung die verschiedenen Situationen, welche mit solchen Zuwanderungen einhergehen, minutiös und übersichtlich aufgezeigt. Indem er weiter auf die wichtige Rolle hinwies, welche die Kirche in diesem Bereich spielt, listete er eine Reihe von pastoralen Antworten auf, unter denen insbesondere die Schaffung einer eigenen Seelsorgestelle für Flüchtlinge in den Diözesen hervorgehoben wurde, um den Bedürfnissen der Betroffenen zu begegnen. Weiter wurde ein verantwortungsbewusstes Engagement der internationalen Institutionen angefordert, sowie eine angemessene Sensibilisierungsarbeit der Massenmedien.  

Herr Dr. Michael Galligan-Stierle, Untersekretär für Hochschulseelsorge bei der US-Amerikanischen Bischofskonferenz, hat die Situation ausländischer (internationaler) Studenten dargestellt, die aus islamischen Ländern in die USA kommen. Nachdem er kurz die vielen Begegnungen sowie gemeinsamen Beratungen und Erklärungen von Muslimen und Katholiken seit 1987 rekapituliert hatte, erklärte er, dass laut einer statistischen Erhebung von den 16,3 Millionen Hochschulstudenten in seinem Land 591.188 ausländische (internationale) Studenten seien. Anschließend sagte er, dass eine der Hauptsorgen muslimischer Studenten die Erlangung eines Gebetsortes im Universitätscampus sei, und listete dann eine große Zahl von Initiativen auf, welche muslimischen Studenten angeboten werden, dank der Antworten auf einen Fragebogen, der an 1.200 Hochschulseelsorger gesandt worden war. Zum Schluss forderte er eindringlich, dass alle pastoralen Initiativen für ausländische Studenten sich an Respekt, Dialog sowie kultureller Offenheit und Freiheit orientieren müssen. 

P. Bernard Lapize de Salée, S.J., hat die Situation der zunehmenden Zahl von ausländischen Studenten in Algerien beschrieben. Er sagte, dass die Kirche in ihrer Präsenz ein großes Geschenk und ein vorzügliches Zeugnis im muslimischen Algerien sehe. Obwohl unter den ausländischen Studenten muslimische Studenten die Mehrheit bilden, gibt es auch viele Christen unter ihnen, die in der Hauptsache aus den französischsprachigen Ländern Westafrikas kommen. Diese Studenten nehmen aktiv am Leben der Kirche teil und sind das jüngste Element der Christengemeinden im Land. Außerdem vermitteln sie ihr Erfahrungsgut spontan der einheimischen, muslimischen Jugend, mit der sie engen Umgang an den Universitätseinrichtungen haben. Am Schluss seines Berichtes sagte P. Lapize de Salée, dass eine Zusammenarbeit oder zumindest ein Kontakt zwischen den Kirchen der Herkunftsländer und den Kirchen im Maghreb (Nordafrika) wünschenswert wäre, auch wenn dies teilweise bereits geschehe. 

Zum Thema Nomadismus aus und in Länder mit islamischer Mehrheit sagte Frau Dr. Hannelore Valier von der Organisation für Sicherheit und Kooperation in Europa, indem sie die Problematik der Roma ansprach, dass diese, Indien ausschließend, hauptsächlich in Mittel- und Osteuropa leben. Obwohl man sie verallgemeinernd mit dem Nomadismus in Zusammenhang bringt, sind sie seit vielen hundert Jahren in verschiedenen europäischen Ländern sesshaft. Die Probleme, mit denen sie zu kämpfen haben, sind Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Dazu kommen ein mangelhaftes Bildungsniveau, eine hohe Arbeitslosigkeit (50-90%), fehlende Gesundheitsversorgung und eine prekäre Wohnsituation. Trotzdem hat ein eiserner Überlebenswille die Roma die Jahrhunderte überstehen lassen. Die internationale Gemeinschaft bemüht sich, mit Respekt vor ihrer kulturellen Identität und geleitet vom Prinzip der Gleichbehandlung, ihre gesellschaftliche Integration zu fördern. Dazu ist notwendig, die Reife der demokratischen Gesellschaften und ihre Fähigkeit zu fördern, gesellschaftlich, die soziale, kulturelle und religiöse Andersartigkeit der Zigeuner zu verstehen und zu respektieren. 

Für den Sektor des Apostolates des Meeres (Seeleute) sprach der Diakon Ricardo Rodriguez Martos aus Barcelona (Spanien). Er sagte, dass sich die seelsorgliche Betreuung in diesem Bereich grundsätzlich an alle Seeleute wendet, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. Laut einer statistischen Erhebung sollen 18% der auf Handelsschiffen bediensteten Seeleute Muslime sein, was ca. 200.000 Personen entspricht. Gewöhnlich sind sie sehr religiös und praktizieren ihren Glauben. Muslime wollen keine geistliche Hilfe von Christen; wird sie ihnen trotzdem angeboten (z.B. indem man sich anbietet, sie mit einer Moschee in Kontakt zu setzen), lehnen sie sie gewöhnlich ab. Andererseits schätzen sie materielle Hilfe – wenn sie notwendig ist – sowie karitative Gesten und Freundschaftsbeweise. Obwohl das Apostolat des Meeres in der Vergangenheit erfolglos die Kooperation der Moscheen von Barcelona gesucht hat, hat sich der Islamische Rat der Stadt vor kurzem zu einer Zusammenarbeit bereit erklärt. Besagte Zusammenarbeit sieht vor, dass das Apostolat des Meeres muslimische Seeleute, die um religiöse Betreuung bitten, an ihre örtliche Gemeinde weiter vermitteln soll. 

Anschließend hat Rev. P. Xavier Pinto, C.Ss.R., Nationaldirektor für das Apostolat des Meeres in Indien, erklärt, dass 70% der Seeleute, welche dort die Zentren von Stella Maris aufsuchen, Philippinos sind, während sich die restlichen 30% größtenteils aus Seeleuten aus Indien, Bangladesh und Pakistan zusammensetzen. Laut dem Referenten ist Jesus für zahlreiche Muslime ein Beispiel der Heiligkeit und der Barmherzigkeit, der den wahren Islam gelebt hätte. Das sei der Ausgangspunkt, von dem man mit Muslimen ins Gespräch kommen und zusammenarbeiten kann. Er fügte hinzu, dass zur wirksamen Durchführung des Apostolats an Seeleuten, sowohl auf See als auch bei den Aufenthalten in den Häfen, es in erster Linie notwendig sei, dass man die Gesetze des Gastlandes respektiert. Zweitens müsse man sich bemühen, das Apostolat des Meeres in das Netz der Seelsorgearbeit der Ortskirche einzubinden. Das gelte auch für Länder mit islamischer Mehrheit. 

Schwester Patricia Ebegbulem, SSL, die sich mit dem Thema befasste, wie nigerianischen „Straßenmädchen” sowohl im Heimat- als auch im Ausland geholfen werden kann, erklärte, dass die meisten dieser Frauen ihren Körper aus Armut oder infolge von Diskriminierung verkaufen. Die Katholische Kirche leistet bei der Rehabilitation und bei der Förderung der Würde der Frau Pionierarbeit (hier zitierte die Rednerin ausdrücklich Johannes Paul II. aus dem Apostolischen Schreiben Ecclesia in Africa, Nr. 121). Schwester Patricia regte an, das Jahr 2010 zum Jahr der Würde der Frau zu erklären, und bat um Unterstützung für diesen Vorschlag. 

P. Martin McDermott, S.J., führte aus, dass es im Libanon derzeit zwei Arten von “Straßenmädchen” gebe: ehemalige Hausgehilfinnen, die sowohl von muslimischen als auch von christlichen „Zuhältern“ ausgebeutet werden, und die sogenannten Künstlerinnen. Prostitution ist im Libanon zwar in Theorie verboten, aber in der Praxis geregelt. Die betroffenen Frauen haben, sobald sie einmal im Libanon sind, keine Möglichkeit mehr, ihr Leben zu ändern. Vielfach können sie sich nicht einmal frei im Land bewegen, weil ihnen ihre Rechte, Papiere und damit die Freiheit genommen werden. 

Frau Thérèse Farra aus dem Libanon hat in ihrem Beitrag so genannte “gemeinsame” Wallfahrten, d.h. von Christen und Muslimen gemeinsam durchgeführte Wallfahrten, als eine Chance bezeichnet, dauerhafte Freundschaftsbande anzuknüpfen und ein Netz konstruktiver Beziehungen aufzubauen. Die Organisation “Darb Maryam” (Weg Mariens), die in diesem Bereich tätig ist, versteht und bietet sich als ein Ort der Begegnung an, in dem man den Teilnehmern hilft, den „Dialog des Lebens“ zu erlernen, und die Suche nach gemeinsamen Werten fördert. Die Teilnehmer entdecken den Glauben des Anderen und bilden eine Weg- und Gebetsgemeinschaft für den Frieden, indem sie ihn untereinander begründen und in ihrer Umwelt fördern. 

Msgr. Liberio Andreatta, Leiter des Römischen Pilgerwerkes, der sich mit dem Thema katholischer Pilgerreisen in Länder mit islamischer Mehrheit befasste, sagte, dass es auf vielen Etappen dieser Pilgerreisen zu Begegnungen mit Muslimen komme. Bei solchen Gelegenheiten komme man zwar miteinander ins Gespräch, aus dem sich mitunter Dialog und Diskussion entwickle, doch führe das aufgrund tiefverwurzelter Überzeugungen nicht zu einer Annäherung der religiösen Positionen bzw. Anschauungen. Pilgerreisen bieten dem Christen die Möglichkeit, seine Identität neu zu entdecken, und müssen als solche genutzt werden. Praktisch heißt das, dass man die eigene Jüngerschaft Christi und den Auftrag zur “Missio ad Gentes” neu erlebt, worüber natürlich nie vergessen werden darf, dass das Urmuster allen Pilgertums die Suche nach dem Antlitz Christi im Mitmenschen ist. 

Für den Bereich der Seelsorge in der zivilen Luftfahrt sprach P. Paschal Ryan, Flughafenseelsorger am Londoner Airport Heathrow. P. Ryan erklärte zu Beginn, dass die Flughäfen heute durch die “Globalisierung” zu Knotenpunkten der modernen Zivilisation geworden seien. Sie sind nicht nur mehr Spiegelbilder der lokalen, sondern auch der globalen Gemeinschaft. Flughäfen sind auch zu Durchgangsstationen für Gläubige aller Religionsgemeinschaften geworden. Ja, oft ist die Religion selbst der Reisegrund, weil die Pilgertradition Christen, Juden, Hindus, Muslimen genauso wie anderen gemeinsam ist. Im Islam herrscht außerdem für die Gläubigen das Gebot, dass sie zumindest einmal im Leben an die heiligen Stätten ihres Propheten Muhammad pilgern sollen. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass am Airport Heathrow zwischen 65.000 und 70.000 Menschen verschiedener Glaubensgemeinschaften beschäftigt sind. Gewiss ist das Hauptmerkmal von Flughäfen die flüchtige Begegnung von unzähligen Menschen, weil jährlich Millionen von Passagieren schnell durch sie hindurchgehen. Trotzdem bietet diese ungewöhnliche Situation die Möglichkeit, dem Fremden zu begegnen und zu verstehen, wie aus dem Kontakt zwischen Christen und Gläubigen anderer Religionsgemeinschaften sogar eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen kann. Wenn man außerdem Männer und Frauen verschiedenen Glaubens, verschiedener Rasse und verschiedener sozialer Herkunft zusammen arbeiten und denselben multireligiösen Gebetsraum teilen sieht, gehen einem die Augen auf, wie die Welt sein könnte, beziehungsweise sein sollte. 

Am Schlusstag der Vollversammlung gab Erzbischof Giovanni Lajolo, Sekretär für die Beziehungen des Heiligen Stuhls mit den Staaten, der Überzeugung Ausdruck, dass, wenn man Ängste und Kleinmut zu überwinden imstande sei, eine kluge und transparente Regelung der Migrationen sowohl den Herkunftsländern als auch den Zielländern zugute kommen würde. Damit sprach er ein Thema an, das heute in verschiedenen europäischen Nationen kontrovers diskutiert wird, insofern sie einerseits Angst haben, ihre Grenzen zu öffnen, andererseits aber dringend auf junge, flexible und billige Arbeitskräfte angewiesen sind, deren Beschäftigung außerdem nur beschränkt negative Auswirkungen auf die Beschäftigung einheimischer Arbeitnehmer zu haben scheint. “Die Kirche“ – erklärte der Erzbischof – “tritt, in Übereinstimmung mit der katholischen Natur ihrer Sendung und mit der Option für die Armen, für das Recht auf Emigration und für den Schutz der Rechte der Migranten ein.“ Daneben erkennt sie jedoch an, dass es Aufgabe der Politiker ist, mit Verantwortungsbewusstsein Umfang und Form der Migrationsflüsse derweise zu regeln, dass Zuwanderern eine humane Aufnahme garantiert und umgekehrt die einheimische Bevölkerung, welche diese Aufnahme leisten soll, nicht durch objektive Faktoren zur Ablehnung gedrängt wird, was nicht nur für die Zuwanderer verheerende Folgen hat, sondern auch für die humane Kultur der Gastgemeinschaft und für die Beziehungen zwischen den Staaten.” Angesichts der Tatsache, dass die Religion für viele Personen, die aus Ländern mit islamischer Mehrheit kommen, ein wichtiges Identifikationsmerkmal ist, forderte der Erzbischof strikten gegenseitigen Respekt für die Religionsfreiheit und den sich daraus ergebenden Schutz von Minderheiten und ihrer Menschenrechte. “Obwohl von vielen Seiten Reziprozität bei der Achtung und Zuerkennung von Rechten gefordert wird (Kultfreiheit, Bau von Kultorten)“ – führte Msgr. Lajolo weiter aus – „scheint dieser Gedanke unter zahlreichen Staaten auf verschiedenen Kontinenten in religiöser Hinsicht für einen Großteil muslimischer Länder bis heute fremd zu sein. Diese fordern für ihre Bürger im Ausland die volle Zuerkennung von Rechten ein, welche sie Zuwanderern anderer Glaubensgemeinschaften in ihrem Land hartnäckig verweigern.” Des weiteren betonte Msgr. Lajolo, dass sich der Heilige Stuhl weiterhin mit aller Kraft jedem Versuch widersetzen wird, Religion zur Rechtfertigung von Terrorismus und Gewalt zu missbrauchen. Abschließend hat der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten noch auf das delikate Problem der zunehmenden Schutzlosigkeit hingewiesen, in der Christen in Ländern mit islamischer Mehrheit leben, was Tausende von Gläubige dazu dränge, ihre Heimat zu verlassen. 

Zum Schluss erläuterte der Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Robert Sarah, nachdem er das Profil der Zuwanderer aus Schwarzafrika dargelegt hatte, dass sich die Gründe für ihre Auswanderung aus der Geschichte, aus sozialpolitischen Verhältnissen, dramatischen Gewalt- und Kriegssituationen, wirtschaftlichen Bedingungen und nicht zuletzt kulturellen Phänomen wie der Globalisierung erklären. Die verschiedenen Bürgerkriege in mehreren Ländern haben zudem dazu geführt, dass mehr als 4 Millionen Personen in andere Länder flüchten mussten. Der Erzbischof fügte hinzu, dass der Zustand chronischer Armut und Unsicherheit den afrikanischen Kontinent de facto zur permanenten Unterentwicklung verdamme, was sich wiederum negativ auf die Menschen und Institutionen auswirke, ausländische Investoren abschrecke, die Kriminalität verschärfe und vieles andere mehr. Anschließend beschrieb Msgr. Sarah den Weg und die Strapazen, welche die Migranten auf sich nehmen, um nach Maghreb zu gelangen, und bezeichnete die Tragödie dieser Menschen als einen wahren Kreuzweg. Zudem begegne man ihnen dann bei der Ankunft in demütigender und inhumaner Weise. Nach der Darstellung der Hautprobleme, denen die Migranten begegnen, zeigte Msgr. Sarah einige Lösungsansätze und Perspektiven auf. “Die Kirche, ganz besonders die Kirche in Afrika, muss in immer umfassenderer Weise die Rolle des Barmherzigen Samariters übernehmen”. Die Christen sollen ihrerseits mit Entschlossenheit und Hingabe ihre Aufgabe gegenüber Zuwanderern und Flüchtlingen wahrnehmen. Die Bischofskonferenzen der Herkunfts- und Zielländer können einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie diejenigen, die legal aus- bzw. einwandern wollen, informieren, unterstützen und begleiten. Besondere Aufmerksamkeit sollte flankierenden Hilfsmaßahmen zur Integration mit Achtung vor Kultur, Religion und grundlegenden menschlichen Werten gewidmet werden. Msgr. Sarah lud schließlich dazu ein, den gesellschaftlichen, interkulturellen wie auch interreligiösen Dialog zu fördern. 

Nach den oben wiedergegebenen Referaten und Berichten haben die Teilnehmer der Vollversammlung das ihnen in diesem Jahr vorgelegte Thema diskutiert und im Hinblick auf die Abfassung einiger Schlussfolgerungen und Empfehlungen, den nachfolgenden Text approbiert. 

Schlussfolgerungen und Empfehlungen 

Muslimische Migranten in Ländern mit christlicher Mehrheit

 

1)      In diesem Zusammenhang wurde eine steigende Zuwanderung von Muslimen nach Europa und Nordamerika, Länder mit alt christlicher Tradition (siehe EMCC 59 und 65), auf der Suche nach Arbeit oder Demokratie oder im Zuge von Familienzusammenführungen festgestellt.

2)      Angesichts dieser Tatsache ermunterte man dazu, die Integration (und nicht Assimilierung) muslimischer Zuwanderer zu fördern (siehe EMCC 2, 60-61).

3)      Folglich sollen speziell Katholiken solidarisch und zum Miteinander mit muslimischen Zuwanderern bereit sein, indem sie ihre Kultur und Religion besser verstehen lernen und zugleich in der Perspektive einer Neuevangelisierung, die Gewissens- und Religionsfreiheit achtet, Zeugnis für ihre christlichen Werte ablegen (siehe EMCC 59 und 69).

4)      Die Christen sollen also ihre Identität als Jünger Christi vertiefen (siehe EMCC 60), indem sie dafür in ihrem Leben Zeugnis geben und ihre Rolle bei der eben genannten Neuevangelisierung neu entdecken (siehe EMCC 86-88).

5)      Als ein wichtiges Ergebnis soll hier deswegen die Notwendigkeit gegenseitiger Achtung und menschlicher Solidarität in einem Klima des Friedens betont werden, in dem die menschliche Person mit ihrer Würde und ihren Rechten und Pflichten im Mittelpunkt steht.

6)      Selbstverständlich müssen dabei die Menschenrechte und Freiheiten der einen im Einklang mit den Menschenrechten und Freiheiten der anderen gesehen werden. 

Dialog

7)      Unter den Teilnehmern der Vollversammlung hat sich deutlich das Bewusstsein gezeigt, dass ein authentischer Dialog zwischen den Gläubigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften notwendig ist, ganz besonders zwischen Christen und Muslimen (siehe EMCC 69).

8)      In diesem Zusammenhang wurde eine Beziehung als wichtig erachtet, die auf “spirituellem Wetteifer” gründen soll.

9)      Der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist sicher überall notwendig, doch ganz besonders in den westlichen Gesellschaften zur Verbesserung der gegenseitigen Kenntnis, des Verständnisses, der wechselseitigen Wertschätzung und des Friedens.

10)     Während einerseits muslimischen Zuwanderern mit Respekt für ihre Religionsfreiheit begegnet werden muss, ist es umgekehrt genauso unverzichtbar, dass sie die kulturelle und religiöse Identität der Gesellschaften, die sie aufnehmen, respektieren.

11)     Darüber hinaus erschien es wichtig, dabei das, was diese Gesellschaften von der islamischen Kultur tolerieren können, von dem zu unterscheiden, was sie nicht tolerieren können, weiter zu unterscheiden, was im Hinblick auf die Gläubigen anderer Religionsgemeinschaften respektiert werden und gemeinsam sein muss (siehe EMCC 65 und 66) und sich die Möglichkeit offen zu halten, den Politikern entsprechende Empfehlungen für die korrekte Formulierung der Zivilgesetzgebung unter Beachtung der Kompetenzen jedes einzelnen zu geben.

12)     Das bedeutet, dass ein Modell des religiösen Dialogs entwickelt werden muss, das sich nicht auf das reine Gespräch oder einfache Zuhören beschränkt, sondern erlaubt, die jeweils eigenen tiefen geistlichen Überzeugungen zum Ausdruck zu bringen.

13)     In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass man den Dialogpartner nicht nur hin zur Äußerung seiner theologischen und religiösen Dimensionen, sondern auch seiner ethischen Dimensionen und ihrer Anwendung auf die Gegenwart begleitet und ihm die Konsequenzen seiner Forderungen an die Zivilgesellschaft bewusst macht, wobei selbstverständlich weiterhin zwischen zivilem und religiösem Dialog unterschieden werden muss.

14)     Angesichts der neuerlich deklarierten Bedeutung des Prinzips der Gegenseitigkeit (siehe EMCC 64), welches vom Heiligen Vater bei der Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung bekräftigt wurde, erscheint es notwendig, dass man auch in den islamischen Ländern eine Unterscheidung zwischen ziviler und religiöser Sphäre vornimmt.

15)     Auf jeden Fall ist es in diesem Kontext fundamental, zwischen Westen und Christentum zu unterscheiden, weil die christlichen Werte in der so genannten westlichen Welt häufig nicht mehr Haltungen, Positionen oder Handlungen (auch der öffentlichen Meinung) beeinflussen (siehe EMCC 60).

16)     Die Teilnehmer der Vollversammlung haben außerdem der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass dort, wo Christen und Muslime zusammenleben, es ihnen im gemeinsamen Bemühen mit den anderen Mitbürgern gelingt, allen ohne Unterschied von Religion die volle Ausübung ihrer jeweiligen Rechte und Freiheiten als Personen und Mitglieder einer Gemeinschaft zu garantieren. 

Situation in einigen Ländern mit islamischer Mehrheit

17)     Demgegenüber muss festgestellt werden, dass in Ländern mit islamischer Mehrheit Christen und allgemein arme Gastarbeiter, die praktisch keine Verhandlungsmacht haben, bei der Zuerkennung ihrer Menschenrechte großen Schwierigkeiten begegnen. Letztere haben außerdem kaum die Möglichkeit, ihre Rechte rechtmäßig einzuklagen, weil sie leicht bestraft oder ausgewiesen werden können.

18)     Die Kirche hat vor diesem Hintergrund in diesen Ländern, wie auch sonst überall auf der Welt, die Aufgabe, den christlichen Migranten, in der Achtung der Legalität und durch das Eintreten für die Verfassung einer gerechten Gesetzgebung im Bereich der menschlichen Mobilität und für den rechtlichen Schutz aller Beteiligten zu helfen. In diesem Zusammenhang wurde nicht zuletzt darauf hingewiesen, dass in den jeweils betroffenen Ländern Verhältnisse bestehen sollten, welche es nicht notwendig machen, dass die Bürger zum Überleben auswandern müssen.

19)     Außerdem muss die Kirche gemäß den Weisungen des Konzilsdekretes Christus Dominus (Nr. 18) dafür Sorge tragen, dass denjenigen, die aufgrund ihrer mobilen Lebensbedingungen die allgemeine ordentliche, d.h. territoriale Hirtensorge nicht genügend in Anspruch nehmen können oder sie entbehren, eine spezifische bzw. integrierte Seelsorge zugute kommt. Das gilt auch für die Länder mit islamischer Mehrheit.

20)     In diesen Ländern hat die Ortskirche trotz spärlichen Personals und der möglicherweise bestehenden Unzulänglichkeit ihrer Strukturen die Aufgabe, Zuwanderern und Menschen unterwegs eine entsprechende Aufnahmen anzubieten.

21)     Zu deren geistlicher Betreuung sind Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Ortskirchen der Herkunftsländer der Migranten und der Menschen unterwegs und den Kirchen in den Zielländern notwendig. Das sollte im übrigen eine allgemeine Regel für alle Länder sein (siehe EMCC 70 und 50-55).

22)     Außerdem muss den internationalen Migranten geholfen werden, ihren Beitrag zur Gemeinschaft, in der sie leben, und zum einheimischen Teil des Gottesvolkes zu leisten.

23)     Zugleich muss sich bei der Gastgemeinschaft ein Solidaritätsgefühl für Zuwanderer bzw. für all jene entwickeln, die sich in einer ähnlichen Lage befinden. 

Einsatz der Kirche in den verschiedenen Bereichen menschlicher Mobilität

Die Teilnehmer der Vollversammlung haben sich darüber hinaus mit den verschiedenen Sektoren der Migration und der Mobilität befasst. Für alle wurde der folgenden Überzeugung Ausdruck gegeben, dass bezüglich der Migranten:

24)     Die Kirche muss für eine korrekte Integration der Migranten mit gebührender Achtung vor der Kultur und der Religion aller Beteiligten eintreten (siehe Päpstliche Botschaft zum Weltfriedenstag 2001, Nr. 8, und Päpstliche Botschaft zum Welttag des Migranten und Flüchtlings 2005, Nr. 3).

25)     Deswegen fördert die Kirche mit Respekt vor den bestehenden Unterschieden den interkulturellen, sozialen und religiösen Dialog (siehe Päpstliche Botschaft zum Weltfriedenstag 2001, Nr. 12). 

Für die einzelnen Sektoren gilt es zunächst Folgendes hervorzuheben:

26)     Es müssen freundschaftliche Bande in einer Atmosphäre der Achtung für kulturelle und religiöse Unterschiede geschaffen werden, auch mit denen, die als Migranten an eine Rückkehr in ihr Heimatländer denken oder mit den ausländischen (internationalen) Studenten, welche die künftigen Führungsgestalten in ihren Ländern sein werden.

27)     Für Flüchtlinge und ausländische Studenten, aber nicht nur für sie, wäre die Schaffung eigener Seelsorgestellen wünschenswert.

28)     Im Bereich der Wallfahrten wurde die Notwendigkeit betont, dass die Pilger angehalten werden sollen, das Antlitz Gottes auch in den Gläubigen anderer Religionen zu erkennen.

29)     Auf Flughäfen, die zu Kreuzungspunkten für Menschen verschiedenster Herkunft geworden sind, sowie auf Bahnhöfen, wurde die Präsenz spezifisch katholischer Kapellen oder Orte des Gebetes als erstrebenswert bezeichnet, die auch multireligiösen Charakter haben können, sofern lediglich diese Möglichkeit besteht.

30)     In den Zentren “Stella Maris” (Apostolat des Meeres) soll man weiterhin auch muslimische Seeleute aufnehmen und ihnen, sofern verlangt, respektvoll geistliche Hilfe anbieten.

31)     Im Hinblick auf die Zigeunerbevölkerung, die Opfer von Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist, soll die kohärente Reife der demokratischen Gesellschaften gestärkt und ihre Fähigkeit gefördert werden, das gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Anderssein der Zigeuner zu verstehen und zu respektieren (siehe Orientierungen für eine Seelsorge der Zigeuner Nr. 50).

32)     Im Hinblick auf die „Straßenmädchen“ soll – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass häufig Armut und Menschenhandel der Grund zum Verkauf des eigenen Körpers sind und dass für Prostitution sowohl Christen als auch Muslime verantwortlich sein können – eine Bewusstseinsbildung gefördert werden, welche auf die gesamte Gesellschaft zielt.

33)     Auf jeden Fall bedarf es eines verstärkten Engagements, um die Frauen – besonders an den Entscheidungen, die sie direkt betreffen – zu beteiligen, und die Eltern davon zu überzeugen, dass Mädchen eine gleichwertige Bildung wie Jungen gegeben werden muss, zu der selbstverständlich auch die ethische Bildung gehören muss. 

Schule und Erziehung

Die Teilnehmer der Vollversammlung haben eindringlich folgendes betont:

34)     Die Verpflichtung zur Erziehung der neuen Generationen ist von grundlegender Bedeutung, nicht zuletzt weil die Schule eine fundamentale Rolle spielt bei der Überwindung des durch Ignoranz und Vorurteile verursachten Konflikts und bei der korrekten und objektiven Kenntnis der Religion Andersgläubiger unter besonderer Beachtung der Gewissens- und Religionsfreiheit (siehe EMCC 62). Christen sollen darüber hinaus die Grundlagen für eine im Licht des Evangeliums geführten Auseinandersetzung mit der religiösen Erfahrung Andersgläubiger (siehe EMCC 65) und mit den Zeichen der Zeit vermittelt werden.

35)     Deswegen erscheint es unumgänglich, sich für eine Prüfung der Schulbücher auch im Zusammenhang mit der historischen Darstellung der Religionen einzusetzen, damit diese die eigene Identität stärken und eine Vorstellung von der religiösen Identität anderer vermitteln.

36)     Auf jeden Fall wird es als notwendig erachtet, Studien, Lehren und Forschungen im Hinblick auf die verschiedenen Gesichter des historischen und/oder zeitgenössischen Islam zu vertiefen, auch unter Einschluss seiner unterschiedlichen Akzeptanz einer gesunden Moderne zu fördern (siehe EMCC 66).

37)     Muslimischen Eltern und ihren religiösen Verantwortlichen soll geholfen werden, die rechten Absichten der westlichen Erziehungssysteme zu verstehen und die konkreten Konsequenzen zu erkennen, welche eine Ablehnung der Erziehung in den Schulen dieser Systeme, in denen ihre Kinder leben, nach sich ziehen würde. 

Die Staaten und die Religionsfreiheit

38)     Da in gewissen Nationen mit islamischer Mehrheit es oft der Staat ist, der dem Islam seine „Form“ gibt, den Kult organisiert, seinen Geist interpretiert, das Gedankengut tradiert und so der Gesellschaft einen durch und durch islamischen Charakter aufprägt, fühlen sich Nichtmuslime in diesen Gesellschaften häufig wie Bürger zweiter Klasse. Für christliche Migranten sind die Schwierigkeiten noch größer.

39)     Deswegen ist es notwendig, sich dafür einzusetzen, dass sich überall, im Geiste gegenseitigen zivilen Verständnisses und Respekts für die Menschenrechte aller Beteiligten, eine Kultur des Zusammenlebens unter Einheimischen und Migranten durchsetzt. Weiter müssen wir Wege zur Versöhnung und zur Reinigung der Erinnerungen suchen (siehe EMCC 65), uns zu Verteidigern der Religionsfreiheit – das muss ein ständiger Imperativ für uns sein – und zu Verteidigern des Gemeinwohls machen sowie für die Achtung der Minderheiten eintreten, denn das ist ein unanfechtbares Zeichen wahrer Zivilisation.

40)     Mit Befriedigung wurde festegestellt, dass zahlreiche Staaten mit islamischer Mehrheit diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl aufgenommen haben. Das zeigt, dass sie empfänglicher für die Menschenrechte geworden sind und im Rahmen einer gesunden Pluralität den Wunsch nach einem interkulturellen und interreligiösen Dialog haben.

41)     In diesem Zusammenhang wird die Einschränkungen der Menschenrechte, die in einigen Ländern bestehen, beklagt, insbesondere gebunden an die religiösen Unterschiede und die fehlende Freiheit, seinen Glauben zu wechseln. Zugleich wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die öffentlichen Autoritäten der Herkunftsländer der christlichen Emigranten ihren Bürgern in den islamischen Ländern helfen, ihr Recht auf Religionsfreiheit effektiv ausüben zu können.

42)     Besagte Länder mögen vor diesem Hintergrund ermuntert werden, Räume des Dialogs mit den Ländern mit islamischer Mehrheit zu schaffen, zu Fragen des universalen Gemeinwohls, der Achtung der Minderheiten, der Menschenrechte und ganz besonders der Religionsfreiheit als Fundament aller Freiheiten.

43)     Die Kirche muss auf jeden Fall die Initiativen des interkulturellen und interreligiösen Dialogs auf den verschiedenen Ebenen fortführen, ganz besonders dort, wo er von den politischen Verantwortungsträgern gefördert wird.

44)     Die Kooperation zwischen christlichen und muslimischen Institutionen bei der Hilfe für Personen und Bevölkerungen in Not ohne jede Diskriminierung ist ein wirksames Zeichen, das dazu beitragen kann, Vorurteile und Verhärtungen zu überwinden und zu einer sinnvollen wechselseitigen Öffnung zu gelangen.

45)     Das immer größere Dimensionen annehmende Zusammenleben von Muslimen und Christen kann eine Chance zur Zusammenarbeit für eine friedlichere Welt sein, in der die Identität eines jeden geachtet wird und man stärker mit vereinten Kräften für das Gemeinwohl arbeitet in dem Bewusstsein, dass wir allesamt eine Menschheitsfamilie bilden, die Hoffnung braucht (siehe EMCC 101-103).

46)     In diesem Zusammenhang ist auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie, den Bischofskonferenzen und den Ortskirchen von fundamentaler Bedeutung.

47)     Der einigende Faktor bei allen legitimen Unterschieden muss das Bewusstsein für die Würde einer jeden Person ohne Ansehen ihrer Volkszugehörigkeit, Kultur, Nationalität oder Religion sein. Das ist ein Wert, der sich immer universaler durchsetzt, obwohl es im täglichen Handeln noch viel Inkonsequenz und konkrete Zuwiderhandlungen gibt.

48)     In diesem Kontext galt die besondere Aufmerksamkeit der Teilnehmer der Vollversammlung dem afrikanischen Kontinent, der ganz besonders politischer Stabilität und multilateraler Kooperation für eine friedliche und umfassende Entwicklung bedarf.

49)     Auch in diesem Zusammenhang wurden einige Ursachen von Spannungen und Konflikten benannt, wobei der Wunsch zum Ausdruck kam, dass diese Situationen im Zeichen von Gerechtigkeit bald einer Lösung zugeführt werden und es in Zukunft gelingt, Krieg, Gewalt und Terrorismus zu verhindern. Dabei muss insbesondere vermieden werden, dass Religion aus politischen oder ideologischen Gründen dazu missbraucht wird, Hass gegen die Gläubigen anderer Religionen zu säen.

50)     In diesem Sinn geben wir der Hoffnung Ausdruck, dass muslimische und christliche Denker im Namen eines gemeinsamen Humanismus und ihrer jeweiligen Glaubensüberzeugungen sich den dramatischen Fragen der Gewaltanwendung im Namen der Religion stellen. 

Rolle der Medien

51)     Den Medien kommt, wenn sie über religiöse Phänomene berichten, eine besondere Rolle bei der Schaffung eines Verständnis und Achtung fördernden Klimas zu. Deswegen darf sich das Verantwortungsbewusstsein von Journalisten und Medienarbeitern im allgemeinen in unserer globalisierten Welt von heute nicht nur auf die Meinungsfreiheit beschränken, sondern muss auch die Art der Informationsgebung einschließen.

52)     Die Massenmedien können auch einen wichtigen Beitrag zur “Bildung“ (oder umgekehrt bedauerlicherweise auch zur „Verbildung“) von Christen und Muslimen leisten.

 

           Zum Schluss dieser Mitteilungen möchten wir hervorheben, dass Inhalt, Arbeitsmethode und Aktualität der Vollversammlung großen Anklang und waches Interesse bei den Teilnehmern gefunden haben.

 

           Vatikanstadt, 19 Juni 2006

 

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