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 Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People

People on the Move 

N° 95,  August 2004, pp. 33-35

Vorstellung der Instruktion

“Erga migrantes caritas Christi”

von Erzbischof Agostino Marchetto, bei Radio Vaticana

Fragen und Antworten

I:  Exzellenz, was ist der Grund für dieses neue Dokument?

A. Die heutigen Migrationsbewegungen sind die größten aller Zeiten. In den letzten Jahrzehnten hat sich dieses Phänomen, das heute zirka zweihundert Millionen Menschen betrifft, in eine strukturelle Wirklichkeit unserer Gesellschaft verwandet und stellt aus sozialer, kultureller, politischer, religiöser, wirtschaftlicher und pastoraler Sicht ein immer komplexeres Problem dar.

Die Instruktion Erga migrantes caritas Christi möchte die Migrantenseelsorge – unter Berücksichtigung der neuen Migrationsströme und ihrer Besonderheit – der heutigen Situation anpassen, denn es sind ja jetzt 35 Jahre vergangen seit der Veröffentlichung des Motu proprio Papst Pauls VI. Pastoralis Migratorum cura, und der entsprechenden Instruktion der Bischofs-Kongration De pastorali migratorum cura („Nemo est“).

II: Enthält der Text, im Vergleich mit der vorherigen Instruktion, besondere Neuheiten?

A. Die Zusammensetzung der heutigen Migration verlangt außerdem eine notwendige ökumenische Sicht des Phänomens, da doch viele christliche Migranten nicht in voller ‚communio‘ mit der Katholischen Kirche stehen, wie auch einen interreligiösen Dialog, aufgrund der immer größeren Zahl von Migranten anderer Religion, besonders der muslimischen, in traditionell katholischen Zonen, und umgekehrt. Eine vorzüglich pastorale Notwendigkeit zeigt sich auch in der Pflicht, eine getreue pastorale Aktion zu fördern, die aber gleichzeitig offen ist für neue Entwicklungen, auch was unsere Pastoralstrukturen angeht, die geeignet sein müssen die ‘communio‘ zwischen den spezifischen Seelsorgern und der Hierarchie des Aufnahmeortes zu gewährleisten, die ja die entscheidende Instanz der kirchlichen Sorge für die Migranten bleibt.

III: Analysiert die Instruktion auch die Gründe des Migrations-Phänomens?

A. Das Dokument, nachdem es eine schnelle Darstellung der eigenen Gründe des heutigen Migrations Phänomens gegeben hat (wie der Beginn der Globalisierung, der eingetretene demographische Wechsel besonders in den industrialisierten Ländern, das Auseinanderklaffen der Ungleichheit zwischen Norden und Süden, das Auftreten von Auseinandersetzungen und Bürgerkriegen), unterstreicht es die starken Entbehrungen, die im allgemeinen durch die Emigration bei den Einzelnen, besonders bei den Frauen und Kindern, wie auch in den Familien hervorgerufen werden. Aus diesem Phänomen zeichnet sich das ethische Problem der Suche nach einer neuen internationalen wirtschaftlichen Ordnung ab, für eine gleichförmigere Verteilung der Güter der Erde, damit die internationale Gemeinschaft wie eine Völkerfamilie gesehen wird und die Anwendung des Internationalen Rechtes genießt.

Das Dokument umreißt dann ein genaues biblisch-theologisches Bezugsbild, indem das Migrations Phänomen in die Heilsgeschichte einbezogen wird als “Zeichen der Zeit“ und der Präsenz Gottes in der Geschichte und der Gemeinschaft der Menschen, hin zu der universellen ‚communio‘.

IV: Würden Sie uns den Inhalt des Dokumentes allgemein etwas erläutern?

 

A. Ein synthetischer Geschichts-‚Excursus‘ der kirchlichen Dokumente, von Exsul Familia bis zum II. Vatikanischen Konzil und zur Instruktion De Pastorali migratorum cura und den nachfolgenden kanonischen Richtlinien, gibt dann ein Zeugnis von dem Bemühen der Kirche um die Migranten und Flüchtlinge. Diese Durchsicht offenbart einen wichtigen, theologische und pastorale Gewinn. Man bezieht sich auf die Person als Mittelpunkt und auf die Verteidigung der Rechte des Migranten, auf die kirchliche und missionarische Dimension der Migration selbst, auf die Bewertung des pastoralen Beitrags der Laien, der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des apostolischen Lebens, auf den kulturellen Wert mit Blick auf die Evangelisierung, auf den Schutz und die rechte Beurteilung der Minderheiten, auch innerhalb der Ortskirche, auf die Bedeutung des intra und extra  Dialogs, und endlich auf den spezifischen Beitrag, den die Migration dem Weltfrieden anbieten könnte.

Andere Punkte – wie die Notwendigkeit der ‚Inkulturation‘; die Sicht der Kirche, verstanden als ‚Communio‘, Mission und Volk Gottes; die immer aktuelle Bedeutung einer spezifischen Seelsorge für die Migranten; die dialogisch-missionarische Verpflichtung aller Glieder des mystischen Leibes Christi und die sich daraus ergebenden Pflichten einer Kultur der Aufnahme und Solidarität den Migranten gegenüber – leiten eine Analyse der spezifischen, seelsorgerlichen Instanzen ein, auf die zu antworten ist, sei es im Falle der katholischen Migranten, sowohl Anhänger des lateinischen wie auch des orientalischen Ritus, oder der Zugehörigen anderer Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, anderer Religionen, insbesondere des Islams.

Weiter wird die pastorale und rechtliche Konfiguration der Seelsorger – insbesondere des Kaplans/Missionars und seines National-Koordinators, der diözesan/eparchial Priester, der Ordensmänner und Ordensfrauen, der Laien, der laikalen Vereinigungen und kirchlichen Bewegungen – deren apostolischer Einsatz in der Sicht einer Gesamtpastoral der ‚communio‘ gesehen und beachtet wird, genau festgestellt oder wiederholt.

Die Integration der Pastoralstrukturen (der schon bestehenden, wie auch der vorgeschlagenen) und die kirchliche Aufnahme der Migranten in die allgemeine Seelsorge – mit voller Beachtung ihrer natürlichen Verschiedenheit und ihrem geistigen und kulturellen Erbe, auch im Hinblick auf die Schaffung einer konkret katholischen Kirche – ist eine weitere wichtige pastorale Charakteristik, die im Dokument dargelegt und den Teilkirchen vorgeschlagen wird. Diese Integration ist wesentliche Bedingung, damit die Seelsorge für und mit den Migranten bedeutungsvoller Ausdruck der universellen Kirche und „missio ad gentes“, brüderliche und friedliche Begegnung, und auch Haus aller, Schule der aufgenommenen und teilnehmenden “communio”, erbetene und gewährte Versöhnung, gegenseitige und brüderliche Aufnahme und Solidarität, wie auch authentische menschliche und christliche Förderung werden kann.

Mit einer vervollständigen und genauen “rechtlich-pastorale Weisung“ schließt die Instruktion, indem sie mit einer passenden Sprache an die Aufgaben, Aufträge und Rollen der Seelsorger und der verschiedenen kirchlichen Organismen, die für die Migrationsseelsorge vorgeschlagen sind, erinnert.
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