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 Pontifical Council for the Pastoral Care of Migrants and Itinerant People

People on the Move

N° 107, August 2008

 

 

Formen der Solidarität mit Fernfahrern

 

Msgr. Wolfgang Miehle

Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge

 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz

Deutschland

 

 

Eminenzen, Exzellenzen, liebe Schwestern und Brüder,

es ist mir eine große Ehre, bei dieser Vollversammlung über einige Aspekte der Fernfahrerpastoral, insbesondere über die vielfältigen Formen der Solidarität mit den Bedrängnissen der Fahrerinnen und Fahrer von LKWs und deren Familien berichten zu können. Meine persönlichen Begegnungen und Erfahrungen mit LKW-Fahrern stammen aus den Jahren 1998 bis 2003. In dieser Zeit hatte ich das Amt des Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und Leiters der katholischen Betriebsseelsorge in der Diözese Augsburg in Deutschland inne. Im Rahmen dieser Tätigkeit führte ich mit meinen Mitarbeitern regelmäßige Aktionen auf den uns bekannten Rastplätzen für LKW-Fahrer durch. Dabei kam es zu sehr offenen und vertrauensvollen Gesprächen. Einige Äußerungen von Fernfahrern belegen dies:

  • Schön, dass sich die Kirche um uns Fahrer kümmern will. Aber bei mir kommen Sie zu spät - mein Glaube und meine Ehe sind schon kaputt.
  • Das letzte Mal war ich in der Kirche, als meine Tochter zur Erstkommunion (zeigt Foto) ging. Aber ich bin trotzdem christlich. Ich habe ein Marienbild am Armaturenbrett (allerdings auch eine Hasenpfote). In mancher brenzligen Situation habe ich schon gesagt: Ich danke dir, lieber Gott, dass mir kein Unfall passiert ist.
  • Ob ich Ostern frei habe, weiß ich noch nicht. Es kann sein, dass ich kurzfristig noch ins Ausland fahren muss und dann nicht zuhause sein kann.
  • In unserer Firma musste es erst einen Toten geben, bis sich etwas an unseren Arbeitsbedingungen geändert hat.

Im Folgenden möchte ich zunächst etwas über die Arbeitsbedingungen von Fernfahrern (A) berichten, dann werde ich diese im Licht der biblischen Botschaft betrachten (B) und schließlich konkrete Handlungsfelder für eine solidarische Fernfahrerpastoral aufzeigen (C): 

A.-   Die Arbeitsbedingungen von Fernfahrern

1. Arbeitsplatz Autobahn

Seit Jahren nehmen die Zahl der Fahrer und die Menge der von ihnen transportierten Güter und Menschen ständig zu. So waren am 01.01.2007 lt. Erhebungen des Statistischen Bundesamtes 2.604.100 LKWs (zum Vergleich 1992: 1.936.551), 200.300 Sattelzugmaschinen und 83.500 Omnibusse in Deutschland offiziell zugelassen. Nach Angaben des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) sind täglich rund 210.000 in Deutschland registrierte Fernverkehrstransporter sowie rund 37.000 ausländische LKWs auf den Autobahnen in Deutschland unterwegs. Infolge des Wachstums des Internationalen Handels - insbesondere auch durch die EU-Osterweiterung -  und durch Veränderungen in der Produktionsweise (Just-in-Time-Belieferung, Verlagerung der Produktion von Fertig- und Halbfertigprodukten) wird die Bedeutung des Transportes von Gütern und Menschen auf den Straßen noch weiter zunehmen. Die  Europäische Union prognostiziert für 2015 eine weitere Zunahme des LKW-Verkehrs um 60%.

Dies bedeutet aber nicht nur eine Zunahme der Verkehrsleistung, sondern auch eine Verschärfung der Konkurrenzsituation sowohl für die Fahrer als auch für die Spediteure. Durch den zunehmenden Preis- und Kostendruck werden die Belastungen der Fahrer weiter steigen, während gleichzeitig die Entlohnung weiter sinken wird.

Die notwendigen und deswegen gesetzlich vorgeschriebenen Erholungspausen sind angesichts des zunehmenden Zeit- und Arbeitsdrucks immer schwerer einzuhalten. Weithin ist es üblich geworden, dass die Fernfahrer die von ihnen beförderten Waren auch selbst abladen müssen. Ansonsten droht ihnen Hofverbot durch das Unternehmen und infolgedessen Kündigung durch die eigene Spedition. Diese Zeit wird auf der Tacho-Scheibe formell als Ruhezeit erfasst, so dass der Fahrer nach dem Abladen wieder weiterfahren muss. Ausgeruht ist er aber nicht.

Zusehends problematisch wird in den letzten Jahren auch das Einhalten der vorgeschriebenen achtstündigen Ruhezeit, die von den Fahrern meist nachts genommen wird. Hier fehlt es aufgrund der ständigen Zunahme der LKWs inzwischen an geeigneten Parkplätzen, auf denen die Fahrer sicher und unter vernünftigen hygienischen Bedingungen ihre Ruhezeit verbringen können. Wer also nicht auf einem einsamen Autobahn-Parkplatz ohne Dusche und WC die Nacht verbringen will, muss die vorgeschriebene Lenkzeit auf der Suche nach einem menschenwürdigen Ruheplatz überschreiten. 

2. Physische und psychische Belastungen der Fernfahrer

Die wohl größte Belastung der Fahrer besteht in der oft unkalkulierbar langen Abwesenheit von zu Hause. Im Fernverkehr sind die meisten Fahrer die ganze Woche über allein unterwegs, von Sonntagabend bis Samstagnachmittag. Sie leiden darunter, ihre Freizeit nicht planen zu können, weil die Arbeitszeiten unkalkulierbar sind: Ein Stau auf der Autobahn, eine Kontrolle durch die Polizei, eine Verzögerung beim Be- und Entladen oder eine kurzfristige Neudisposition können jede Verabredung platzen lassen.

Vielen macht auch das Fehlen von Gesprächspartnern zu schaffen, mit denen sie ihre alltäglichen Erfahrungen teilen können. In ihrem Führerhaus sind die Fahrer häufig stundenlang mit sich und ihren Gedanken und Gefühlen allein. Nach Feierabend gibt es, wenn überhaupt ein kurzes Telefongespräch mit der Familie und beim Abendessen am Rasthof unverbindliches „Fernfahrer-Latein“ mit wildfremden Kollegen. Das Gefühl, von den menschlichen Beziehungen abgekoppelt und isoliert zu sein, ist dann umso bedrückender.

Diese Situationen stellen eine enorme Belastung für Beziehungen dar, in denen Fahrer leben. In erster Linie gilt dies für die familiären Beziehungen. Die (Ehe-)Partner von Fahrerinnen und Fahrern müssen sich an das Warten und an Handyanrufe von unterwegs gewöhnen, in denen Verzögerungen und Änderungen mitgeteilt werden. Sie teilen das Leben nicht nur mit einem Partner oder einer Partnerin, sondern gleichzeitig auch mit dessen Arbeitsplatz, dem LKW-Führerhaus und der Straße.

Noch schwieriger wird die ganze Situation, wenn Kinder in der Familie leben. Sie begegnen Vater oder Mutter nur an Wochenenden und auch dann nur sehr eingeschränkt: Vieles von dem, was sich während der Woche in der Familie ereignet hat, ist für den Fahrer nicht nachvollziehbar, denn trotz Handy und E-Mail fehlt es einfach am lebendigen Kontakt. Die Situation des Fremdseins in der eigenen Familie wird dadurch noch zusätzlich verstärkt.

Viele Fahrer belastet überdies ein schlechtes Gewissen, weil sie das Gefühl haben, sich nicht in ausreichendem Maß an der Erziehung der Kinder und am gemeinsamen Tragen der familiären Lasten beteiligen zu können. In vielen alltäglichen Aufgaben der Familie ist die Ehefrau des Fahrers auf sich allein gestellt. Angesichts dieser Belastungen ist verständlich, warum die familiären Beziehungen vieler Fahrer scheitern bzw. warum viele Fahrerinnen und Fahrer gar nicht erst eine engere Beziehung eingehen.

Ähnliches gilt auch für andere soziale Beziehungen wie Vereinsmitgliedschaften, ehrenamtliches Engagement, Freundschaften und Bekanntschaften: Auch hier können Kontakte nicht stabil geplant werden, auch hier fehlt aufgrund der Abwesenheit die gemeinsame Erfahrungsebene, auf der Gespräche und tragfähige Beziehungen entstehen.

Trotz aller technischen Hilfen bedeutet das Fahren eines LKWs nach wie vor Schwerarbeit. Zwar ist heute die physische Anstrengung geringer, dafür sind aufgrund des stetig dichter werdenden Verkehrs die Anforderungen an die Konzentration viel intensiver geworden. Hinzu kommen die außerordentlich langen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten. So liegt die durchschnittliche Arbeitszeit bei mehr als 75 % der Fernfahrer über 75 Wochenstunden und fast die Hälfte aller Fahrer gibt an, 85 Stunden pro Woche und darüber zu arbeiten. Diese psychischen Anforderungen über viele Stunden hinweg durchzuhalten, führen vielfach zu Ermüdungs- und Übermüdungserscheinungen, die zu den hauptsächlichen Unfallursachen gehören. Um diese Erscheinungen zu vermeiden, putschen sich Fahrer mit Koffein, Energydrinks oder Tabletten auf. Manche sind bereits alkohol- oder drogenabhängig geworden.

Bei all den belastenden Faktoren, die der Beruf Fahrer mit sich bringt, dürfen die positiven Erfahrungen und Empfindungen nicht übersehen werden. Da ist zum einen der Stolz auf die eigene Leistung, auf das Beherrschen eines PS-starken Hochtechnologie-Fahrzeuges, auf den eigenen unverzichtbaren Beitrag zum Funktionieren der Wirtschaft und zum Nutzen der Verbraucher. Da ist zum anderen das Unterwegs-Sein und das Kennenlernen fremder Länder und Kulturen, wenn auch oft nur aus der Autobahn-Perspektive. Und da ist nicht zuletzt auch das Gefühl, Teil der großen Trucker-Familie zu sein und einen Beruf auszuüben, um den man immer noch von vielen Menschen - wenn auch aus Unkenntnis der realen Bedingungen – beneidet wird. 

B.-   Der Gott der Bibel - unterwegs mit den Menschen

Fahrerinnen und Fahrer sind bei ihrer Arbeit besonderen Belastungen ausgesetzt. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, die Lebens- und Arbeitserfahrungen der Fahrer im Licht der biblischen Botschaft zu deuten und daraus Handlungsperspektiven für eine solidarische Pastoral zu entwickeln.

1. „Als Abbild Gottes schuf er sie.“ (Gen 1,26ff)

Schon auf der ersten Seite der Bibel lesen wir, dass Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen, mit einer einmaligen unveräußerlichen Würde ausgezeichnet und zur Teilhabe und Mitwirkung an seinem Schöpfungswerk berufen hat (vgl. Gen 1,26ff). Er macht dabei keine Unterschiede nach Geschlecht, Alter, Lebensumständen, Sprache oder Nationalität; für ihn sind alle Menschen gleich wertvoll. Deshalb ist die Kirche aufgefordert, allen Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft entgegen zu treten, in denen die menschliche Würde beeinträchtigt oder verletzt wird.

2. Fernfahrer - Volk Gottes unterwegs

Die erste biblische Selbstbezeichnung Gottes lautet „Ich bin der ‚Ich-bin-da‘ (Ex 3,14). Darin drückt sich die Zusage Gottes aus, seinem Volk immer nahe zu sein. In der Befreiung aus Ägypten und dem Zug ins Gelobte Land, die sich daran anschließen, wird diese Zusage greifbar. Sie hat in der Lebens- und Arbeitssituation von Fernfahrern eine spezielle Entsprechung. Unterwegs-Sein, keinen festen Ort haben, sich nach einer Heimat sehnen ist für sie alltägliche Erfahrung. Sie sehnen sich nach Überwindung des Allein-Seins und nach Linderung der Isolation. Wo es der Kirche gelingt, die Fahrer situationsgerecht und solidarisch zu begleiten, eröffnet sich ein Raum des Vertrauens, in dem glaubwürdig von der Begleitung Gottes auf dem Lebensweg gesprochen werden kann.

3.  „Ich habe das Schreien meines Volkes gehört ...“ (Ex 3,7)

Die Grunderfahrung des Volkes Israel, dass Gott mit ihm unterwegs ist, beginnt damit, dass Gott das Leiden seines Volkes an den sich verschärfenden Arbeitsbedingungen wahrnimmt: ‚Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört.“ (Ex 3,7). In dieser Situation ergreift Gott Partei für das unterdrückte Volk. Viele Fahrerinnen und Fahrer empfinden sich in einer ähnlichen Situation wie das Volk Israel in Ägypten. Aufgrund des Kostendrucks steigen die Anforderungen an ihre Arbeitsleistung ständig; trotzdem sind sie wegen fehlender Alternativen von ihrem Arbeitsplatz im LKW abhängig. Deshalb erfahren sie sich als strukturell und finanziell benachteiligt, also im biblischen Sinne arm und bedrängt (vgl. Mt 11,28). Wo sich die Kirche der Sorgen und Nöte der Fahrer annimmt, dort wird die Option für die Armen konkret.

4.  „Damit sie das Leben in Fülle haben ...“ (Joh 10,10)

Mit diesen Worten fasst Jesus Christus seine Sendung zusammen. In Kreuz und Auferstehung eröffnet er den Menschen neue Lebensmöglichkeiten. Er setzt den vielfältigen Todeserfahrungen in dieser Welt neue Lebenskraft entgegen und schenkt Hoffnung auf ewiges Leben - ein Leben ohne Tod, Ausbeutung, Ungerechtigkeiten und Leid. Viele Fernfahrer sind daran gehindert, ein Leben in Fülle zu führen - ein Leben in sozialen Beziehungen, ein Leben in einer Familie, in Geborgenheit und Heimat, bei gerechter Anerkennung ihrer Arbeitsleistung. Sie sehnen sich nach Heil und Heilung. Diese Heilung kann sich dort ereignen, wo die Bedrängnisse der Fahrer bewusst wahrgenommen werden, wo ihnen Christen auf Augenhöhe begegnen und ihnen helfen, sich aufzurichten und die Fülle des Lebens in Jesus Christus neu zu entdecken (vgl. Apg 3,1-10).

Viele Fahrerinnen und Fahrer finden keine menschengerechten Arbeitsbedingung und keine angemessene Entlohnung vor. Demgegenüber ruft Jesus uns im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (vgl. Mt 20,1-16) und im Gleichnis vom barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10,25-37) auf, niemanden als „Zu-spät-Gekommenen“ draußen zu lassen und sich den „Verletzten“ aller Art als Nächster zu erweisen. Sich solidarisch für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Fernfahrern einzusetzen, ist deshalb ein wichtiger Aspekt eines glaubwürdigen Einsatzes der Kirche für das Sichtbarwerden des Reiches Gottes in dieser Welt. 

C.- Handlungsfelder solidarischer Pastoral

Seelsorge mit und für Fahrer kann nur als Geh-hin-Seelsorge (vgl. Gaudium et spes Nr. 1) gelingen. Aufgrund der Arbeitsbedingungen können die Fahrer nur dort aufgesucht werden, wo sie sich ohnehin aufhalten - also auf Rasthöfen und Parkplätzen sowie in den Betrieben, in denen sie Ladung aufnehmen oder abladen. Die Seelsorge vor Ort muss deshalb ergänzt werden durch einfache Kommunikationswege, über die Fahrer von unterwegs Kontakt zu den Seelsorgern aufnehmen können, und durch Angebote, die jenseits des Arbeitsalltags stattfinden. Nachfolgend seien einige wichtige Handlungsfelder aufgezeigt:

1. Autohöfe / Rasthöfe

Der Rasthof ist ein bevorzugter Ort, um mit Fahrern in Kontakt zu kommen. Hier sind sie zwar bei der „Arbeit“, aber sie kommen zumindest äußerlich und manchmal auch innerlich zur Ruhe und sind ansprechbar. Mögliche Schritte sind:

  • Kontakt zum Rasthofbetreiber aufnehmen, um Kooperationsmöglichkeiten abzusprechen.
  • Zunächst können die Fahrer in ihren LKWs auf dem Rasthof/Parkplatz angesprochen werden. Als „Türöffner“ dienen dabei die Werbeschrift für KANAL K oder Geschenkaktionen zu Weihnachten oder Ostern.
  • An großen Rasthöfen kann ein „Kummerkasten“ für Fahrer installiert werden, in welchem sie schriftlich ihre Sorgen artikulieren können. Dieser Kummerkasten muss dann regelmäßig geleert und die Anfragen beantwortet werden.
  • Es gibt einige von Fahrern sehr stark frequentierte Rast- und Autohöfe in Deutschland. In Absprache mit den Betreibern könnten hier regelmäßige Sprechzeiten mit Seelsorgern eingerichtet werden.
  • An einigen Rasthöfen finden bereits regelmäßig Fernfahrerstammtische statt, die von der Autobahnpolizei in Kooperation mit Rasthofbetreibern, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und BAG/Gewerbeaufsichtsamt durchgeführt werden. Hier können sich die Seelsorger als Gesprächspartner beteiligen. Aus den dabei entstehenden Kontakten kann das Vertrauen für ein seelsorgerliches Gespräch wachsen.
  • An Feiertagen, an denen die Fahrer mehrere Tage auf dem Rasthof stehen müssen,  können eigene spirituelle Angebote  gemacht werden (Meditation, Liturgie, Glaubensfest).

2. Familie

Die familiären Beziehungen von Fahrern sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Umso notwendiger ist es, die Familien zu begleiten und ihnen Zeit füreinander in geschützten Räumen zu bieten.

  • Der Einstieg könnten niederschwellige Angebote, z.B. Oasentage oder Grillfeste mit Programm sein, bei denen man sich gegenseitig kennen lernt.
  • In einigen Diözesen gibt es bereits gute Erfahrungen mit Wochenenden für Fahrer und ihre Familien. Hier kann das Erleben gemeinsamer Freizeit verbunden werden mit dem Nachdenken über die eigene familiäre Situation und dem Austausch mit anderen Familien in einer ähnlichen Situation. Den Höhepunkt und Abschluss könnte ein Familiengottesdienst sein.
  • Wenn LKWs einen Unfall verursachen, sind dies in der Regel schwere Unfälle. Dies erfordert eine eigene seelsorgerliche Begleitung der Fahrer und ihrer Familien nach dem akuten Unfallgeschehen.

3. Kanal K / Sorgentelefon

„KANAL K - Sorgentelefon für Fernfahrer und ihre Partnerinnen“ ist aus einer Initiative der Süddeutschen Kommission der Betriebsseelsorge hervorgegangen. Hier können Fahrerinnen und Fahrer derzeit vier Stunden wöchentlich sowie per Mail einen Seelsorger erreichen, um in ihren persönlichen, familiären, beruflichen, behördlichen und religiösen Problemen Hilfestellung zu erfahren.

4. Religiöse Angebote für Fahrerinnen und Fahrer

  • Die Lebens- und Arbeitssituation der Fahrer machen eine regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten und Veranstaltungen der Pfarrgemeinden unmöglich. Dennoch haben die meisten Fahrer – auch im Bewusstsein der ständigen Lebensgefahr in ihrem Beruf - eigene spirituelle Sehnsüchte und Bedürfnisse. Sie sehnen sich nach Schutz und gedanklicher Begleitung; deshalb reagieren sie sensibel auf entsprechende Rituale und Symbole wie Fahrer- und Fahrzeugsegnungen, „Reisesegen“, Christophorus- oder Schutzengelplaketten mit entsprechenden Texten, eigene Gebetbücher für Fahrer, Truckerbibeln, spezielle Segnungen, Empfang des Aschenkreuzes am Aschermittwoch.
  • Eine besondere pastorale Chance könnten die bestehenden Autobahnkirchen oder ein sog. „Kirchentruck“ sein, der auf Rasthöfen präsent ist. Hier bietet sich die Möglichkeit zu Beratung, Seelsorgegesprächen, Bibelgesprächskreisen, Gottesdiensten und Sakramentenspendung vor Ort (Geh-hin-Kirche). Auch bei Truckerfestivals oder im Rahmen von Kampagnen (Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit) können diese „Stützpunkte“ von Nutzen sein. Durch entsprechende Hinweisschilder an der Autobahn wird auf diesen Dienst der Kirche aufmerksam gemacht. 

Zusammenfassung

Lassen sie mich abschließend die wesentlichen Aspekte zusammenfassen:

  • Aufgrund der weiteren Steigerung des Transports von Waren und Menschen wird die Zahl der Fahrerinnen und Fahrer in Deutschland und Europa stetig wachsen.
  • Mit der sich verschärfenden internationalen Konkurrenzsituation nimmt auch der Druck auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Berufsgruppe zu.
  • Überlange Arbeitszeiten, hoher Zeitdruck sowie Trennung von Familie und sozialen Kontakten gefährden die körperliche und seelische Gesundheit der Fahrer und ihrer Familien.
  • Das Leben der Fernfahrer ist geprägt vom Charakter des Veränderlichen und Vorläufigen, der Unsicherheit und Gefahr. Damit stellt es in gewisser Weise auch ein Abbild des pilgernden Gottesvolkes auf seinem Erdenweg zur Ewigkeit Gottes dar.
  • Die Arbeitsituation der Fernfahrer ist ein wichtiges Zeitzeichen in unserer globalisierten Welt. Im Licht des Evangeliums gedeutet, birgt sie vielerlei Chancen und Herausforderungen für eine solidarische pastorale Begleitung vonseiten der Kirche in sich.
  • Für diesen schwierigen, aber auch lohnenden Weg wünsche ich uns allen Kraft, Geduld, Beharrlichkeit und den reichen Segen Gottes.

 

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