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EXEQUIEN FÜR DEN ERZBISCHOF DONATO SQUICCIARINI 

PREDIGT VON KARD. ANGELO SODANO*

Petersdom
Dienstag, 7. März 2006

 

Liebe Konzelebranten,
Verwandte und Freunde des verstorbenen Erzbischofs,
Brüder und Schwestern im Herrn!

»Selig die Toten, die im Herrn sterben!«

Das ist die Seligpreisung, die uns der Apostel Johannes verkündet, nachdem er eine geheimnisvolle Stimme gehört hat, die vom Himmel zu ihm sprach: »Beati mortui qui in Domino moriuntur

Das ist die Verkündigung, die die heutige Liturgie uns noch einmal hat hören lassen in der Ersten Lesung dieser Exequien, die wir für den verstorbenen Apostolischen Nuntius Donato Squicciarini feiern.

Es ist die Seligpreisung des Menschen, der im Glauben an Christus stirbt, eine Seligpreisung, die alle anderen besiegelt, die er im Verlaufe seines irdischen Weges gelebt hat: die Seligpreisungen der christlichen Tugenden, die der göttliche Meister in der Bergpredigt verkündet und die uns die Liturgie in dieser Eucharistiefeier noch einmal in Erinnerung gerufen hat.

Wir verspüren im Innersten unseres Herzens den Trost der Worte, die den Menschen seligpreisen, der im Herrn gestorben ist; so sind wir hier versammelt, um von einem lieben Bruder Abschied zu nehmen. Der Herr hat ihn zu Beginn der Fastenzeit zu sich gerufen, einer Zeit der Reinigung für jeden Christen. Er hat ihn beim Anbruch dieser liturgischen Zeit zu sich gerufen, so als wollte er uns damit sagen, daß seine lange Krankheit ihn bereits in seinem Innern gereinigt und vorbereitet hatte auf die freudige Begegnung mit seinem Herrn.

Abschied von einem Bruder

Viele von uns standen ihm nahe im Verlauf seines Lebens im Dienst an der Kirche und insbesondere für den Heiligen Stuhl.

Auch ich denke mit Wehmut an die Jahre zurück, die ich damals gemeinsam mit ihm im Rat für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche verbracht habe, der unter der weisen Führung des damaligen Kardinalstaatssekretärs Villot und des unmittelbaren Vorgesetzten Msgr. Casaroli stand. Dann ging ich 1978 als Apostolischer Nuntius nach Lateinamerika, nach Chile, und einige Zeit später ging er als Apostolischer Nuntius nach Afrika, nach Burundi und dann Kamerun und Gabun; wir sind jedoch stets in Verbindung geblieben. Dann hatten wir häufig Kontakt während der dreizehn Jahre, in denen er Apostolischer Nuntius in Österreich war, von 1989 bis 2002. Bei mehreren Gelegenheiten war ich Zeuge der großen Verehrung, die ihm die verstorbenen Kardinäle König und Groër sowie der jetzige Erzbischof von Wien, Kardinal Schönborn, und die anderen österreichischen Bischöfe entgegenbrachten. Dabei will ich nicht vergessen, die tiefe Hochachtung zu erwähnen, die die Obrigkeiten des Landes ihm gegenüber empfanden, angefangen bei den Präsidenten der Republik, den Herren Kirchschläger und Klestil. Der Name von Nuntius Squicciarini wird in ganz Österreich in segensreicher Erinnerung bleiben, zusammen mit den Namen derer, die in letzter Zeit, nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahre 1946, in jenem Land dem Heiligen Stuhl dienten, also die verstorbenen Nuntien Giovanni Dellepiane, Opilio Rossi, Mario Cagna und Michele Cecchini.

Der Dienst an der Kirche

In seinem »geistlichen Testament« hat der liebe Erzbischof Squicciarini am Ende seiner irdischen Tage die Worte des hl. Paulus wiederholen können: »Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten« (2 Tim 4,7). Dann hat er hinzugefügt: »Der Glaube hat mir stets Mut, Kraft und Begeisterung geschenkt, so daß die Talente, die der Herr mir anvertraut hat, Früchte tragen konnten«.

Seine Worte sind auch für uns, die Diener der Kirche, eine Einladung, aus unserem Leben einen Dienst an anderen Menschen zu machen, einen Liebesdienst für unsere Brüder. Das ist der Sinn jedes Hirtendienstes. Das ist auch der Sinn des Dienstes, den die Priester und die Bischöfe der Kirche erfüllen, die berufen sind, Mitarbeiter des Papstes zu sein an der Römischen Kurie und bei den Päpstlichen Vertretungen im Ausland.

Ein Liebesdienst

Unser verstorbener Bruder war immer in erster Linie ein Hirte, der seiner priesterlichen und bischöflichen Berufung treu war, mit der Christus ihn berufen hat, gemeinsam mit ihm seine Herde zu weiden. Und heute danken wir Gott, weil Erzbischof Squicciarini diesen Dienst an der Liebe, der Liebe Christi, leben wollte und konnte. »Sit amoris officium, pascere dominicum gregem«, schrieb der hl. Augustinus in seinem Kommentar zum Johannesevangelium (In Joh. Ev., 123,5). Der Hirtendienst ist ein Ausdruck der Liebe, wie uns die Worte des auferstandenen Jesus im Gespräch mit Simon Petrus am Ufer des Sees von Galiläa in Erinnerung rufen: »Liebst du mich? … Weide meine Lämmer« (Joh 21,15). Hier liegt das Geheimnis der Berufung des Hirten: »Weide!«: Es ist ein »Auftrag« von Herz zu Herz, vom Herzen Christi zum Herzen seines Apostels. In diesem Gespräch, das so persönlich ist und dennoch offen für die Zukunft der ganzen Welt, liegt auch das Geheimnis des Lebens von Erzbischof Squicciarini: ein Leben, das aus Liebe hingegeben wurde, in der besonderen Form des Dienstes am Heiligen Stuhl als Päpstlicher Vertreter.

Und eben der Liebe als Wesen des Christentums hat der Heilige Vater seine erste Enzyklika gewidmet: Deus caritas est. Zeichen der großen Liebe Gottes für die Menschen von heute ist auch der Dienst eines Apostolischen Nuntius. Auch sein Dienst ist ein Hirtendienst; er unterscheidet sich in der Form von dem des Diözesanbischofs, ist aber in seinem Ziel mit diesem identisch. Auf dieser Linie hat Erzbischof Squicciarini seine ganze Sendung gelebt, vom 12. April 1952, dem Tag, an dem er in der Kathedrale von Altamura zum Priester geweiht wurde, bis zum Ende seines Dienstes und auch darüber hinaus, denn ein Hirte hört – wie ein Vater oder eine Mutter – niemals auf, ein solcher zu sein, nicht einmal in der Krankheit und nicht auf dem Sterbebett.

Friedensstifter

Wenn man an sein Leben und sein Zeugnis denkt, gehen die Gedanken unwillkürlich zurück zu den letzten Worten des Abschnitts der Offenbarung, den wir vorhin gehört haben: »Ja, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke begleiten sie« (Offb 14,13). »Ihre Werke«. Dieser Ausdruck läßt sich gut verbinden mit der siebten Seligpreisung des Matthäusevangeliums: »Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden« (Mt 5,9). Die Werke von Erzbischof Squicciarini, die ihn begleiten auf seinem Übergang von dieser Welt zum Vater, sind die eines wahren »Friedensstifters«, als Priester und als Bischof. Er hat es verstanden, in dieser bezeichnenden Tugend, die auf besondere Weise zu einem Apostolischen Nuntius paßt, alle anderen Tugenden zusammenfließen zu lassen, besonders die Demut, die Sanftmut, die Leidenschaft für die Gerechtigkeit, die Barmherzigkeit. Aber wie der hl. Paulus uns in Erinnerung rufen würde (vgl. 1 Kor 13), ist jede dieser Tugenden eine solche, weil sie auf der Liebe gegründet und von dieser beseelt ist.

Die Liebe Christi hat das ganze apostolische Wirken unseres verstorbenen Bruders getragen und beseelt, und es hat ihn fähig gemacht, den Dialog und das gegenseitige Verständnis in vielen verschiedenen Situationen zu fördern. Überall hat er dazu beigetragen, Konflikte zu überwinden, Wege der Begegnung zu öffnen, Menschen und Gemeinschaften der Kirche näherzubringen, besonders der Gemeinschaft mit dem Papst.

Schluß

Liebe Brüder und Schwestern, in diesem eucharistischen Opfer legen wir die auserwählte Seele von Erzbischof Donato Squicciarini in die Hände des Vaters im Himmel. Die Kirche lädt uns zum Bittgebet für alle Verstorbenen ein, weil nichts Unvollkommenes vor das Angesicht Gottes treten kann. Und so wird der liebe Don Donato auch dank unserer Gebete die Worte des Herrn hören können: »Komm, tüchtiger und treuer Diener, nimm teil an der Freude deines Herrn« (vgl. Mt 25,21).


*L'Osservatore Romano. Wochenausgabe in deutscher Sprache n.12. p.12.

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