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BEITRAG DES HL. STUHLS AUF DER KONFERENZ VON OSLO
 ANLÄSSLICH DER RATIFIZIERUNG DER KONVENTION
ÜBER STREUMUNITION

ERKLÄRUNG, DIE DER
RATIFIZIERUNGSURKUNDE BEIGELEGT WURDE

 

Mit der Ratifizierung der Konvention über die Ächtung von Streubomben möchte der Heilige Stuhl die gesamte internationale Gemeinschaft ermutigen, wirksame Verhandlungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle und die Konsolidierung des internationalen humanitären Rechts dadurch entschlossen zu fördern, daß sie immer wieder den hohen Wert der Menschenwürde, die zentrale Stellung der menschlichen Person und die »elementaren humanitären Rücksichtnahmen« bekräftigt – alles Elemente, die die Grundlage des internationalen humanitären Rechts darstellen.
Der Heilige Stuhl betrachtet die Vereinbarung über die Ächtung von Streubomben als einen bedeutenden Schritt, um während und nach kriegerischen Konflikten die Zivilbevölkerung vor den willkürlichen Folgen dieser unmenschlichen Waffengattung zu schützen. Die neue Konvention ist ein bemerkenswertes Ergebnis für die multilateralen Abrüstungsbemühungen, das sich auf die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Regierungs- und Nichtregierungsvertretern sowie auf die Verbindung zwischen dem humanitären Recht und den Menschenrechten stützt.

Der Heilige Stuhl möchte die folgenden Aspekte hervorheben:

1. Die Konvention nimmt eine umfassende Definition von Streubombenopfern vor, die direkt betroffene Personen, ihre Familien und Gemeinschaften einschließt, und verlangt von den Mitgliedsstaaten, ihnen Hilfe zu leisten. Der Heilige Stuhl ist sich bewußt, daß diese umfassende Hilfe das Recht auf Leben vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod respektieren muß, um sich den Grundprinzipien der Achtung vor dem menschlichen Leben anzupassen und die Anerkennung der Menschenwürde zu gewährleisten. Der Schutz des Lebens und die Schaffung von Bedingungen für ein menschenwürdiges Dasein sollten im Mittelpunkt der humanitären Hilfe stehen.

2. Wenn die zustimmenden Staaten in der Regierung einen Kernpunkt bestimmen (Art. 5.2[g]), werden sie garantieren müssen, daß die Koordinierung der nationalen Mechanismen und Rahmenstrukturen in bezug auf Menschenrechte, Entwicklung und Behinderung für alle Opfer eine wirkliche Hilfe sicherstellen. In diesem Zusammenhang möchte der Heilige Stuhl auch sein Verständnis und seine Auslegung von Artikel 5.2 (c) noch einmal bekräftigen, in dem die Konvention »die besondere Rolle und den Beitrag der betreffenden Akteure« anerkennt: Wenn ein Unterzeichnerstaat einen nationalen Plan und einen Kostenvoranschlag erstellt, um gemäß der Konvention Hilfsaktivitäten »mit der Absicht durchzuführen, sie in die nationalen Mechanismen und Rahmenstrukturen bezüglich Menschenrechte, Entwicklung und Behinderung einzubringen «, muß er den Pluralismus, der zu jeder demokratischen Gesellschaft gehört, und die Unterschiedlichkeit der betreffenden Nichtregierungsvertreter garantieren. Diese Form der »respektvollen « Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten der Regierungs- und Nichtregierungsvertreter entspricht der Präambel (PP 8).

3. Bei der Ratifizierung der Konvention zur Ächtung von Streubomben versteht der Heilige Stuhl den in der Präambel (PP 8) und in den Artikeln 5.1, 6.7 und 7.1 (k) der Konvention verwendeten Begriff »Geschlecht« entsprechend seiner Auslegung in der Erklärung von Peking und bei der in Peking anläßlich der Vierten Weltfrauenkonferenz errichteten Aktionsplattform.

4. Artikel 4.4 hebt die moralische Verantwortung in den Fällen hervor, wo vor Inkrafttreten der Konvention die verwendete oder zurückgelassene Streumunition zu Restbeständen von Streubomben geworden ist. Die Verantwortung der Staaten müßte im Rahmen der Zusammenarbeit und Hilfe wirksam zum Ausdruck gebracht werden.

5. In bezug auf Artikel 21 implizieren gemeinsam durchgeführte militärische Operationen keinesfalls eine Aufhebung der von der Konvention vorgesehenen Verpflichtungen. »Die Unterzeichnerstaaten, das militärische und zivile Personal« dürfen sich niemals zu Handlungen hergeben, die von der Konvention verboten wurden. Im Gegenteil, gemeinsam unternommene militärische Operationen sollten den Unterzeichnerstaaten Gelegenheit dazu bieten, die von dem neuen Instrument eingeführten Standards mit dem Ziel zu fördern, während und nach bewaffneten Konflikten die Zivilbevölkerung zu schützen. Der Heilige Stuhl anerkennt den Geist der Zusammenarbeit zwischen den Staaten, den Organen der Vereinten Nationen, den internationalen Organisationen, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und der Zivilgesellschaft, die durch ein kollektives Vorgehen den Prozeß förderte, der jetzt zur Annahme der Vereinbarung geführt hat.

Der Heilige Stuhl betrachtet die Umsetzung der Konvention als eine legale und humanitäre Herausforderung für die nächste Zukunft. Eine wirksame Durchführung sollte sich auf die konstruktive Zusammenarbeit aller Regierungs- und Nichtregierungsakteure stützen und den Zusammenhang zwischen Abrüstung und Entwicklung festigen. Das kann dadurch geschehen, daß man die materiellen und menschlichen Ressourcen auf die Entwicklung, die Gerechtigkeit und den Frieden ausrichtet, die wirksamten Werkzeuge zur Förderung der internationalen Sicherheit und einer internationalen Friedensordnung.

Im Einklang mit seinem Wesen, seiner besonderen Sendung und der speziellen Verfassung des Staates der Vatikanstadt und entsprechend seiner internationalen Gepflogenheit bringt der Heilige Stuhl durch den feierlichen Ratifizierungsakt die Verpflichtung zum Ausdruck, sich für eine friedliche internationale Ordnung einzusetzen, in welcher die Menschenwürde und die Grundrechte voll geachtet werden.

Aus dem Vatikan, 21. November 2008

 
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